wasserfall

Balsam für die Rentnerseele.

Von mir gefragt, ob sie einen persönlichen Bezug zu Arnoldstein haben oder ob diese Wanderung etwas Einmaliges war, sagte eine der Frauen: „Ich bin Ende der 1980er Jahre mit fünf Jahren nach Arnoldstein gekommen, die Eltern haben beim Eingang zum Wasserfall ein Haus gekauft.“ „Dann war es nicht weit in meine Papier- und Buchhandlung“? Da ist ihr Gesicht aufgeblüht und lächelnd hat sie erklärt, jetzt erkennt sie mich, als den Supersberger. Sie und ihr Bruder sind gerne in der Papierhandlung gekommen und haben sich über die vielen Dinge gefreut: Stickers, Süßwaren, Schreibsachen, Spielwaren, sie konnte gar nicht alles aufzählen. Oftmals waren sie vor Schulbeginn im Geschäft etwas kaufen.

Eine Episode ist ihr in guter Erinnerung. Bei einer 1. Maifeier der Kinderfreunde haben sie bei der Lotterie einen dreihundert Schilling Gutschein zum Einkaufen in der Papierhandlung gewonnen. Diesen Gutschein haben sie zuallererst im Kinderzimmer an die Wand geheftet und darüber spekuliert und davon geträumt was sie mit dem Gutschein alles kaufen können. Mehrmals waren sie im Geschäft und haben sich gründlich überlegt was könnten wir mit dem Gutschein kaufen. Eine ganze Woche hat die Suche gedauert, gekauft haben sie eine Dartscheibe. Besucht sie ihre Mutter in Arnoldstein, dann kommen mitunter in beiden Erinnerungen an ihre Schulzeit und an das Papiergeschäft zum Vorschein. Solche Zufalls Begegnungen sind Balsam für die Rentnerseele. Zum Geburtstag ihrer Mutter wird sie sie auf jeden Fall wieder in Arnoldstein sein. Für ihre Mutter hatte ich eine Buch Empfehlung, wo der Kosmos von Arnoldstein und der Zauber, welcher von der Buchhandlung ausgegangen ist in einem Roman beschrieben wird: „Der Himmel ist ein sehr großer Mann“ von Peter Zimmermann. Ein Roman über Arnoldstein, die Buchhandlung und den Buchhändler.                                                                                         

dreiländereck

Zwischen den Polen Abnützung und Stellungskrieg.

Vielfach wird angenommen, dass die Rentenjahre nur von Spaß und Fröhlichkeit geprägt sind, in vielen Passionisten Haushalten sieht es anders aus. Das Alter bringt den einen und anderen körperliche Einschränkungen. Manches Mal sind sie nicht relevant oder sind mit Hilfe der Medizin gut beherrschbar. Bei mir waren die Schmerzen in der linken Hüfte zuletzt nicht mehr konventionell therapierbar. In kurzen Abständen musste ich zu Schmerztabletten greifen. Für manche Rentner ist dies nicht erwähnenswert, für mich war es nach einem fast schmerzfreien und medikamentenfreien Leben eine beinahe Katastrophe. Ich haderte mit Gott und der Welt, dies ließ mich nicht davon abhalten, die documenta xv in Kassel zu besuchen. Dafür nahm ich einige schmerzhafte Tage gerne in Kauf. Das Interesse an der neuen Ausrichtung der documenta, vom Geniekult zum Gemeinschaftswerk ließ mich die zeitweisen Schmerz Phasen in Kauf nehmen. Nicht immer müssen es körperliche Schmerzen sein, die den flotten Rentneralltag beeinträchtigen. Es gibt Abnützungserscheinungen innerhalb der Partnerschaft und Stellungskriege in der Lebensgemeinschaft, zu meist nicht erklärbar und sinnlos. Zwischen den Polen Abnützung und Stellungskrieg liegen freudige Erlebnisse.

Persönliche Begegnungen wo die Vergangenheit aufleuchtet. Verklärt, wie sie von Fremden wahrgenommen wurde. Ein solcher magischer Moment war eine Zufallsbegegnung in einem Innenstadt Café von Villach. Am Nebentisch unterhielten sich zwei jüngere Frauen über ihr Wandererlebnis am Dreiländereck, der Rückweg führte sie beim Arnoldsteiner Wasserfall vorbei. In meinem Innersten haben die Alarmglocken geläutet, nebenan gibt es ein Gespräch über den Arnoldsteiner Wasserfall in meiner jahrzehntelangen Wohngemeinde. Den Wasserfall kenne ich von meinen Spaziergängen. Vom alten Ortsteil führt eine schmale Straße Richtung Wasserfall, wird zuletzt unwegsam, gesäumt von desolaten, unbewohnten Häusern und einer stillgelegten Mühle. Bei den Frauen habe ich höflich angeklopft und von mir erzählt: „Ich habe Jahrzehnte im Ort gelebt und kenne den Arnoldsteiner Wasserfall.“

Dorftratsch

Schon vor Facebook und anderen Social-Media-Kanälen wurde bei einer schlechten Bedienung, wenn der gewünschte Artikel nicht lagernd war oder es war einem jemand einfach unsympathisch eine böse Nachred im Ort verbreitet. Beim Vorläufer der Social-Media, dem Dorftratsch, war alles dabei: Ob der Stabilo Bleistift mit dem Härtegrad 6B und die schwarze Mine für den Pelikan Vierfarbkugelschreiber erst besorgt werden muss, genauso mit wem ich Freitagsabend einen Kaffee getrunken habe. Mit den flüchtigen Kunden denen es anzusehen war, dass sie auf der Durchreise waren, ist man lockerer umgegangen. Diese Kunden werden kein drittes Mal vorbeikommen, höchstens ein zweites Mal bei der Heimreise. Heute lässt sich eine schlechte Kritik weltweit und für lange kommunizieren.

Früher hatten Kleinhändler und Gewerbebetriebe damit zu kämpfen, dass ihr Warenangebot oder ihre Arbeit nicht objektiv, sondern subjektiv nach Empathie bewertet wurden. Ein Vorteil der Pension ist, dass ich im Social-Media-Zeitalter nicht mehr geschäftlich bewertet werden kann. In den Fachzeitschriften für Handels- und Gastronomie werden Tipps gegeben wie man mit Onlinebewertungen, vor allem Negativen, umgeht. Das Hotel- und Gastgewerbe wird oft bewertet. Diese Betriebe lechzen nach Bewertungen und Punkten. Jede Fremdenpension und jedes Dorfgasthaus hat im Eingangsbereich oder im Schankbereich eine Tafel von TripAdvisor hängen, wo man die Bewertungspunkte ablesen kann. In letzter Zeit schlägt die Freude an den Bewertungen in Ärgernis um, weil manche der Bewertungen zu kritisch sind. Ich habe auch schon Benotet, selten kritisch oder es war nicht einsehbar warum Brandflecken bei der Tischplatte oder im Teppich nicht behoben wurden.

guten tag

Ohne Aufheben werden von Microsoft die Programme aktualisiert. Gerade erlebte ich, als ich eine neue Word Seite öffnete, dass in der obersten Leiste „Guten Tag“ stand. Damit bin ich gemeint und von mir ist ein Foto auf jeder Wordseite im Menüband eingebettet. Das Programm, welches sich heute öffnet, dürfte mit dem ursprünglich installierten Programm Word 2016 wenig Gemeinsames haben. So gesehen altert das Programm nicht und die Veränderungen erfolgen unmerklich, nicht von einem Tag auf den Anderen. Verbesserungen, um Befehle schneller zu finden, Funktionen neu zuordnen oder für ein übersichtlicheres Layout. Die Tabs, Menüband ausblenden und Menüband einblenden wurden mit neuen Symbolen ausgestattet.

An mir erlebe ich auch Veränderungen, aber diese sind zumeist keine Verbesserungen. Plötzlich vergrößern sich die Kahlstellen am Hinterkopf, ein Gelenk am Kleinen Finger verdickt sich und die Ferse schmerzt beim Auftreten. Diese Veränderungen passieren beim Modell 1951, lange Zeit wurden sie nicht bemerkt. In den ersten Jahrzehnten wird alles als Zugewinn gesehen. Man wird größer, in der Schule und in der Ausbildung eignet man sich Wissen an und verdient sein eigenes Geld. In den späteren Jahren gibt es einen Zugewinn bei der Lebensstabilität, die Pension sichert ein gewisses Auskommen.  Nicht davon abhängig wieviel Umsatz man gerade erwirtschaftet oder das Risiko durch eine Krankheit eine gewisse Zeit im Betrieb auszufallen. Dadurch kam es zu Schwierigkeiten mit Kunden, nicht unerheblich die gute oder schlechte Nachrede.

Lastenauto

Die Fachmärkte am Stadtrand sind ohne Auto nicht erreichbar.

Die gefühlsmäßig kürzeste Zeitspanne ist die Zeit in der ich Gedanken und Beobachtungen zu Papier bringe. Dabei erlebe ich, dass die Zeit für die Niederschrift meiner Gedanken immer zu knapp ist. Irgendwann stellt sich im Kopf eine Erschöpfung ein. Eine solche Erschöpfung gibt es auch in anderen Zusammenhängen, liegt vor mir etwas Unangenehmes. Als Rentner hat dies mit dem Körper zu tun, der viel beschworenen und sehr gewünschten Gesundheit. Zeigen sich im gesunden Körper Risse, dann kreisen die Gedanken um mögliche Folgen. Gibt es eine Möglichkeit diese Risse zu reparieren? Die Spalten im Körper abzudichten, damit der gesunde Bereich nicht von den infizierten Stellen angesteckt wird. Unter solchen Umständen kehren die Gedanken immer wieder zu den Rissen zurück und lösen die Frage aus: Entsprechen die Befürchtungen der wirklichen Situation?

Im Alltag bin ich derzeit in meinem Bewegungsradius eingeschränkt, daher schätzen wir es, dass uns ein Auto zur Verfügung steht. Wir wohnen am Stadtrand und trotz der Bestrebungen den öffentlichen Verkehr in Villach auf Vordermann zu bringen bedeutet dies nicht, dass es in jeder Straße eine Haltestelle gibt. Auch rücken nicht alle Supermärkte näher an die Wohnanlage heran. Wer für einen zwei Personen Haushalt für eine Woche einkauft wird feststellen, dass man dies zu Fuß nicht bewerkstelligen kann. Bei einem Fußweg von einer halben Stunde zum nächsten Lebensmittelmarkt würde dies für einen Wocheneinkauf bedeuten mehrmals diese Strecke zurückzulegen. Von Fachmärkten, die am anderen Stadtrand liegen, ist man ohne Auto abgeschnitten. Wer könnte mit dem öffentlichen Verkehr, im fortgeschrittenen Alter, vierzig Liter Blumenerde und zwei Sträucher transportieren? In der Warteschleife auf einen Operationstermin habe ich das eigene Auto neu schätzen gelernt. Wir haben darüber diskutiert, brauchen wir ein Auto? Es gibt Freizeit- und Besuchstermine, die weitab von der Stadt liegen und mit einem dem Pkw um vieles bequemer erreichbar sind. Wie könnten wir Bekannte, welche in Mitschig im Gailtal, fernab von Eisenbahn und Busstation wohnen, spontan besuchen. Beim Bücherabstauben im Frühsommer habe ich manche aussortiert. Die aussortierten Bücher, welche zu den schweren Kalibern zählen, bringe ich zu einer Büchertauschbörse. Für die Zweckmäßigkeit eines Lastenauto am Stadtrand oder im ländlichen Gebiet gäbe es weitere Beispiele. Aus dem Tageheft…