HOF:lieferant

Noch heute gibt es Firmen, die ihr Firmenpapier und ihre Produkte mit der Aufschrift, „Kaiser- und Königlicher Hoflieferant“, versehen. Viele Jahre war in Österreich jede Erwähnung von kaiserlichen, von monarchistischen Gedankengut verboten. Jetzt sehnt sich mancher nach Ordnung, nach einem Machtwort, nach Symbolen, die länger Bestand haben als eine Frühjahrs- oder Herbstkollektion. In unserer nüchternen Gegenwart flüchten viele in eine Nostalgiewelle. In Kärnten verweist eine Firma die Senf herstellt darauf, dass man Kaiser- und Königlicher Hoflieferant war. Kauft man dieses Produkt, dann hofft man, dass man ein Naturprodukt kauft, ohne chemische Zusätze, die nur die Haltbarkeit verlängern.

Zum Hoflieferanten kann man werden, wenn man spezielle Waren im Sortiment hat. Als „Vielseitiger“ Artikel anbietet, die in den Einkaufszentren ausgelistet wurden, weil die Umschlaghäufigkeit nicht gegeben ist. Da wird jeder Kunde zu einer kaiser- königlichen Person. Selbst kommt man in den Status einer Majestät, der gegenüber Höflichkeit bewahrt wird, wo man aus Tradition vorbeikommt.

Höflichkeitsformeln.

HAUS:arzt

Die Kompetenz des Hausarztes wird oft angezweifelt.  Das meiste Vertrauen gilt den Fachärzten, egal ob es sich dabei um einen Urologen, einen Internisten, einen Orthopäden oder einen Hautarzt handelt. Dabei ist die Vielseitigkeit des Hausarztes unbestritten, er gehört zu denjenigen, welche einen ein ganzes Leben lang begleiten. In jungen Jahren braucht es selten einen Arzt, außer es gibt einen Unfall. Man baut auf die natürlichen Ressourcen des Körpers, vertraut auf das  Immunsystem. Die Arztwahl wird ab Dreißig akut und man begibt sich auf die Suche nach einem Arzt, dem man vertraut. Manchmal spielt dabei der Zufall eine Rolle und es zeigt sich erst im Laufe der Jahre, ob man die richtige Wahl getroffen hat. Stellt sich Vertrauen ein, dann hat man einen wichtigen „Partner“ für das Leben gefunden, eine Lebenssäule. Vom Hausarzt erfährt man die Aufklärung, die einem die Spezialisten schuldig bleiben. Er erläutert, in welchem Wechselspiel die verschiedenen Beschwerden zueinander stehen.

Dabei geht es nicht  um den Darm oder die Hüfte, da werden  auch die Gefühle und die Belastungen des Alltags bei der Beurteilung des Krankheitsbildes herangezogen. Beim Hausarzt ergeben die Befunde ein Gesamtbild, er kennt das soziale Umfeld, die Lebenssituation und findet ein menschliches Wort, dass zur Genesung beiträgt. Von ihm wird man nicht leichtfertig in ein Krankenhaus eingewiesen oder mit einem Befund abgestempelt. 

Eine neue Situation ergibt sich, wenn der Hausarzt in Pension geht oder wenn man einen Wohnungswechsel vornimmt,  da schätzt man die Jahre umso mehr, die einen  der selbe Hausarzt betreut hat.

Risikogesundheit.

VER:rückt

Auf einem Maskenball oder bei einem Faschingsumzug nehmen viele eine andere Identität an, sie besetzen eine andere Rolle oder wie gerne gesagt wird, sie schlüpfen in eine andere Haut. Manchmal wäre es gut man könnte aus der Haut fahren. Beim Faschingstreiben ist man außer sich, maskiert,  geschminkt und verrückt. Wie viele verschiedene Leben können wir hier auf Erden haben und wie viele Rollen verträgt unsere Psyche, dabei sind nicht Theaterrollen gemeint. Dabei gibt es die Rolle des guten Ehemannes und strengen Abteilungsleiters, die andere Seite ist  der verschwenderische Unterhalter in einer Bar. Der allseits beliebte Bankdirektor und zu hause der missmutige Ehepartner.

Ist es verrückt, wenn bei der rockigen Faschingsmesse in der  Dreifaltigkeitskirche in Völkendorf bei der Predigt der Versuch unternommen wurde, die Auferstehung als eine Verrücktheit des Lebens zu bezeichnen. Es wird von uns verlangt an etwas zu glauben, was außerhalb unserer  Normalität und Erfahrung steht. Die „Dreifaltigkeit“, drei Personen in einer Person vereint, kann als Verrücktheit bezeichnet werden. Fasching und Ostern haben vieles gemeinsam. Nehmen die Kirchenbesucher maskiert an der heiligen Messe teil, so wird das Außersichsein, das dem Glauben innewohnt, auch äußerlich dokumentiert. Auf einem Hut findet sich der Bericht von der Eröffnung der olympischen Spiele in Vancouver. Dort findet der irre Kampf um Medaillen statt, dabei wird mit Tausendstelsekunden gemessen, eine Bewegung, die mit dem menschlichen Auge nicht  wahrnehmbar ist. Niemand leistet gegen diese verrückte Art der Leistungsbemessung Widerstand. Vieles was uns im Alltag bewegt, bewegt sich im Bereich des Närrischen. Im Evangelium nach Lukas, am sechsten Sonntag im Kirchenjahr, heißt es: “Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet satt werden. Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen. Die Normalität wird auf den Kopf gestellt. 

Aus dem Tagebuch, 14.2.2010

EIN:heit

Bei vielen Umgangsformen die wir heute als normal empfinden, denken wir, dass diese schon seit einem Jahrhundert so sind. Dabei liegen deren Durchsetzung oft nur einige Jahrzehnte zurück. Heute bemühen sich die evangelische und die katholische Religionsgemeinschaft um einen Konsens.  Vor ein paar Jahrzehnten war es undenkbar, dass Protestanten und Katholiken gemeinsam eine Messe gefeiert hätten. Den Islamisten ist es noch heute verboten, dass sie eine katholische Kirche besuchen oder einem katholischen Pfarrer die Hand geben.

Es war früher unmöglich, dass ein Katholik und eine Evangelische kirchlich geheiratet hätten, außer, eines von den Eheleuten ist zum anderem Glauben übergetreten und hat sich verpflichtet, die Kinder in diesem Glauben zu erziehen. Das Übertreten vom evangelischen Glauben zum  katholischen Glauben wegen Eheschließung, wie es vor einigen Jahrzehnten noch verpflichtend war, lässt die Frage zu, ernsthaft gestellt bei einem Besuch in Politzen, wie es nach dem Tod weiter geht?  Die Oma war zwanzig Jahre evangelisch und ist dann bei der Heirat zum katholischen Glauben übergetreten, somit war sie bis zu ihrem Tod sechzig Jahre katholisch. Kommt sie in den evangelischen oder in den katholischen  Himmel? Wenn die beiden Kirchen hier auf Erden getrennte Wege gehen, dann wird es auch im Himmel eine Trennung geben. Entscheidet die Dauer der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft darüber, in welchen Himmelbereich man kommt? In Österreich erhält man von jener Versicherung die Pension, bei der man am längsten versichert war.

Enkelkinder.

TODES:zone

Nähert sich der Sterbetag von einem Familienangehörigen, so wie jetzt vom Vater, dann denke ich darüber nach, wo er sein wird und wie er jetzt „leben“ wird? Könnte er sich dazu äußern, dann wüsste ich, wie ich voraussichtlich einmal „leben“ werde. In den Berichten über Nahtoderfahrungen liest man, dass man im Sterben in ein Stadium des Wohlfühlen kommt, obwohl mir die Tatsache, dass die Sterbenden die Umgebung wahrnehmen, sehr irdisch vorkommt. In der Bibel gibt es sehr viele Stellen über das Jenseits, und für alle Auserwählten wird es himmlisch sein. Da ich es in diesen Tagen nicht schaffe sein Grab zu besuchen, so benütze ich die Mittagspause um in der Kirche eine Kerze anzuzünden und ein“ Vater Unser“ zu beten. Der Vater war ein gläubiger Mensch, wenn es möglich war hat er an den Sonntagen die Heilige Messe besucht. Im Sommer konnte es durchaus passieren, dass bei Schönwetter die Heuernte wichtiger war. Er hat eine Zeit lang als Mesner in der Pfarre Dienst versehen.

Um das Einkommen vom Bergbauernhof etwas aufzubessern, hat er als Grabmacher gearbeitet, im Volksmund als „Totengräber“. Es war eine anstrengende Arbeit, mit Pickel und Schaufel, händisch ein Grab auszuschaufeln. Erschwerend waren die Bedingungen bei Regen oder im Winter, wo die oberste Erdschicht gefroren war. Ich habe ihm auf den Friedhof eine Jause, Speck und Käse, sowie eine Flasche Most, gebracht. Ob der Vater durch diese Arbeit, die er solange durchgeführt hat, bis sie ihm körperlich zu schwer geworden ist, dem Tod nähergekommen ist, sozusagen mit dem Tod Frieden geschlossen hat, weiß ich nicht. Man sagt von Menschen, die viel mit Sterbenden oder Toten zu tun haben, wie die Ärzte oder die Bestatter, dass sie nicht über den Tod sprechen wollen. Bei schrecklichen Erlebnissen verwenden wir das Wort „Todesangst“, so befinden wir uns Zeit unseres Lebens in der Todeszone.

Absprungbasis.