prosit neujahr

“Sinnstiftung durch soziale Einbettung” ll

Michael Kühler hadert mit den Thesen von Susan Wolf: „Selbst die ausdrückliche Erwähnung unserer sozialen Natur und unseres Wunsches, nicht alleine zu sein, bringt Wolf am Ende allerdings nicht dazu, die soziale Einbettung des eigenen Handelns und Lebens als solche ins Auge zu fassen. […] Stattdessen argumentiert sie einmal mehr für eine werttheoretisch unterfütterte Überwindung dieser Herausforderung“.[1] Mit der werttheoretischen Frage allein wird nach Meinung Kühler die sinntheoretische Frage nicht gelöst. Von ihm wird das Leben eines Singles, dessen Denken und Handeln nur um seine Person kreist, als nicht sinnvoll angesehen. Warum er die soziale Einbettung für einen wesentlicher Faktor für die Sinnstiftung hält, erläutert er in einem Negativbeispiel: „Ein sinnloses Leben ist im Wesentlichen eines, das so empfunden oder beurteilt wird […], dass es keinen Unterschied macht oder zu machen scheint, ob es gelebt wird oder nicht“.[2]

Ein sinnvolles Leben bedeutet für Kühler, dass es wesentlich ist, mit den eigenen Handlungen andere in ihren Zielen und Projekten zu unterstützen. Diese These will ich mit einem lebensnahen Beispiel bestätigen. Der Transitverkehr nach Italien erreichte im Ort Arnoldstein Ende der 1970er Jahre, während der Urlaubszeit, einen schmerzlichen Höhepunkt. Erst die Fertigstellung der Alpen Adria Autobahn im Juni 1984 sorgte für eine Verkehrsentlastung. Dies führte aber beim Handel und in der Gastronomie zu Umsatzeinbußen. Der Handel versuchte dem gegenzusteuern und durch meine Anregung wurde der Club aktiver Kaufleute Arnoldstein, CAKA, gegründet. Die Vereinsgründung bewirkte zuallererst eine Vertiefung der menschlichen Beziehungen unter den Mitgliedern, regte den Meinungsaustausch und die gegenseitige Unterstützung an. Gemeinsam versuchten wir mit einem Weihnachts- und Ostergewinnspiel, einer jährlichen Leistungsschau, die Bevölkerung der Region vermehrt an den Ort zu binden. Unter dem Aspekt einer sinnstiftenden Handlung mit sozialer Einbettung in etwas Größeres empfand ich mein Wirken positiv.


[1] Seite 160, Michael Kühler, Sinnstiftung durch soziale Einbettung, Zeitschrift für Praktische Philosophie, Heft 2, 2018 [2] Seite 161, Ebenda

“Sinnstiftung durch soziale Einbettung”

Der deutsche Philosoph Michael Kühler erweitert in seinem Aufsatz „Sinnstiftung durch soziale Einbettung“[1] die Debatte, was gibt dem Leben Sinn, um den Aspekt der sozialen Einbindung von Handlungen. Die Sinnfrage wird in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts von der Philosophie wiederentdeckt. Neben Moral und Ethik wird Sinn als eine eigenständige Kategorie für ein sinnerfülltes Leben gewertet. Deute ich den Aufsatz von Krüger richtig, setzt soziale Einbettung nicht voraus, dass die Aktivitäten moralisch wertvoll sein müssen. Bei der sozialen Einbettung kann es sich um die Mitarbeit beim Roten Kreuz, aber genauso um die Mitarbeit in einem Rauschgiftring handeln. Der Effekt einer sozialen Einbettung ist für die Sinnstiftung gleichwertig, einerlei ob es sich um eine humanitäre Organisation oder um eine kriminelle Organisation handelt. Beide mal ist für die Beteiligten die Mitgliedschaft sinnstiftend und kann zu einem sinnvollen Leben beitragen. Kühler nimmt Abstand von der These: „Ein sinnvolles Leben sei demnach grundsätzlich eines, in dem die Person bestimmten als wertvoll und daher sinnstiftend angesehenen Tätigkeiten nachgeht oder bestimmte zur Sinnstiftung geeignete Werte zu befördern sucht“.[2] Kühler meint: „Zum anderen stellt sich der Zusammenhang zwischen sinnvollem und wertvollem Leben so dar, dass ein sinnvolles Leben eben dadurch, dass es Sinn im Leben enthält, als ein für die Person in dieser Hinsicht wertvolles angesehen werden kann“.[3]

Michael Kühler macht darauf aufmerksam, dass bei der gegenwärtigen analytischen Debatte um ein sinnvolles Leben, der Wert der sozialen Einbettung der handelnden Person übersehen oder unterschätzt wurde. Allein mit der werttheoretischen Frage zum Sinn wird nach seiner Meinung die sinntheoretische Frage nicht gelöst. „Vor diesem Hintergrund entpuppen sich sinnstiftende Elemente im Leben für uns durchaus als wertvoll. Sie sind aber nicht deshalb sinnstiftend, weil sie von vornherein in bestimmter Weise, etwa moralisch oder ästhetisch wertvoll sind, sondern umgekehrt verleiht erst die sinnstiftende Funktion sozialer Einbettung ihnen den spezifischen Wert des Sinns im Leben“.[4]

Von einem Paradigma für Sinnerfüllung durch soziale Einbettung erzählte der Querschnittgelähmte „Alfi“: „Rückblickend betrachtet war es wichtig, dass ich mich nicht von der Umwelt abgekapselt habe. Schon in den ersten Tagen nach der Heimkehr aus dem Krankenhaus sind Freunde gekommen und haben mich zu den Veranstaltungen in der Gemeinde mitgenommen. In Seltschach bin ich in die Dorfgemeinschaft voll einbezogen. […] Ich bin Obmann des Fußballclubs Seltschach und organisiere die Vereinsmeisterschaften. Durch meine Funktion habe ich sehr viele Kontakte und Freunde in ganz Österreich“. [5]


[1] Michael Kühler, Sinnstiftung durch soziale Einbettung, Zeitschrift für Praktische Philosophie, Band 5, Heft 2, 2018; [2] Seite 152; [3] Seite 155; [4] Seite 177; [5] Alfons Brosch, Arnoldsteiner Porträt von Franz Supersberger; LVS “Sinn des Lebens, Sinn der Welt”, Prof. Clemens Sedmak, Uni Salzburg;

weihnachtsfrieden

Über die bewaffneten Konflikte die derzeit zwischen verschiedenen Nationen herrschen bin ich entsetzt und auf der Suche nach dem Frieden, der uns vor zweitausend Jahren mit der Geburt Christi geschenkt wurde. Regelmäßig wird in den Kirchen für den Frieden in der Welt gebetet und den Gottesdienstbesucher wird wie zu Christi Geburt verkündet: „Der Friede sei mit euch. Gebet einander ein Zeichen des Friedens“. Außerhalb der Kirchenmauern ist die Welt eine andere. Die Waffenlieferungen an die Kriegsparteien werden verstärkt. Eine massive militärische Aufrüstung erscheint vielen Staaten ein geeignetes Mittel mögliche Gegner einzuschüchtern. Kann damit die Verständigung zwischen den Staaten gefördert werden? Statt die Kriegsursachen friedlich zu beseitigen, droht der Rüstungswahnsinn diese zu verschlimmern. Bei den derzeitigen kriegerischen Auseinandersetzungen beginnt der Gedanke an einen Weihnachtsfrieden zu verblassen und Erinnerungen an die Jugendzeit treten stärker hervor. 

Einige Tage vor dem Heiligen Abend schneite es damals kräftig und meine Lieblingskatze Murli war danach abgängig. Die Suche in der Scheune und im Viehstall war ergebnislos, er blieb verschollen. Der schwarze Kater war etwa fünfzehn Jahre alt und hatte es immer geschafft von seinen Streifzügen trotz Bisswunden, verletzten Pfoten oder angeschossenem Hinterteil nach Hause zu kommen. Am Tag des Heiligen Abend herrschte auf dem Bergbauernhof eine gelöste Stimmung. In Haus und Hof wurde gekehrt, geputzt und gekocht. Verschiedene Arbeiten hatten genau auf diesen Tag gewartet. Der Holzboden in der Küche wurde geschruppt, das Stiegenhaus und die Labn von oben bis unten gekehrt, die Spinnweben aus den Mauernischen entfernt. Am späten Nachmittag überquerten wir den verschneiten Hof, öffnen die Stalltüre und begannen mit der Fütterung der Haustiere. Jedes Haustier bekam zu der üblichen Futtermenge am Heiligen Abend einen besonderen Leckerbissen.  War es eine Sinnestäuschung von mir, wenn ich glaubte, dass die Tiere das Besondere des Abends spürten? Die Kühe begannen am Heu behaglich zu kauen. Diese Zufriedenheit und Ruhe, welche die Kühe ausstrahlten, übertrug sich auch auf uns. Kein Ereignis vermochte das Leben auf diesem Fleckchen Erde zu beeinflussen. Nach der Schneeschmelze haben wir Murli an der Hausmauer tot aufgefunden.

FROHE WEIHNACHTEN

„ Gibt es einen Fortschritt in der christlichen Religion” ?

Den geschichtlichen Zeitraum für diese Frage werde ich ab der Neuzeit belassen. Der Duden erklärt die Bedeutung von Fortschritt[1] so: „Unter Fortschritt versteht man eine positive Weiterentwicklung, im idealen Fall eine höhere Stufe der Entwicklung.“

Zu den positiven Weiterentwicklungen bei den christlichen Religionen zähle ich die Bereitschaft, dass sie sich mehr den Menschen zuwenden, den Nöten der Menschen mehr Raum geben. Geht man von den Berichten in den Evangelien aus, dann ist das Eintreten von Jesus für die Hilfsbedürftigen, seien es Aussätzige, Ehebrecher, Hilfslose und Kranke, ein Eckpfeiler seines Wirkens. Die Ordensgründungen im Frühmittelalter gehen mit der Krankenpflege einher. In Österreich gibt es einige namhafte Ordenskrankenhäuser, wie jene der Barmherzigen Brüder, der Elisabethinen, der Kreuzschwestern u. a. Den Fortschritt bei den Ordensspitäler sehe ich darin, dass sie die Modernisierung in der Medizintechnik mitgemacht haben und trotzdem die christliche Zuwendung zum Menschen nicht vernachlässigen.

Auf der Patientenmappe des „Kardinal Schwarzenberg Klinikum“ steht: „Geht nie mit den Kranken nachlässig um, sondern versorgt sie mit warmherziger Liebe“ [2]. Bei meinem Aufenthalt in der Kardinal Schwarzenberg Klinik in Schwarzach im Pongau erlebte ich den sorgsamen Umgang des Krankenhauspersonal mit den Patienten. Bereits in der Ambulanz sitzt niemand in einer „Endlosschleife“, es wird versucht zu vermitteln, wann jeder drankommt. Beim Warten auf die Operation gab es viele tröstende Worte. Im Klinikalltag stellte sich jeder Mitarbeiter mit seinem Namen vor und erklärte was und warum er dies macht. Im Krankenzimmer: „Guten Morgen Herr Supersberger, ich bin Elvira, Krankenschwester im 2. Ausbildungsjahr. Darf ich ihnen den Blutdruckmessen oder soll ich später noch einmal vorbeikommen“?[3] Die ärztlichen Visiten endeten mit der Frage: „Gibt es bei jemanden noch eine Unklarheit, gerne beantworten wir ihre Frage[4]“?


[1] Duden, positive Weiterentwicklung [2] Hl. Luise von Marillac [3] Tageheft Nr. 275, Franz Supersberger, Hüftoperation Kardinal Schwarzenberg Klinikum [4] Ebenda

einsteiger:droge

Vom Schongedanken zum Aktivgedanken übergehen.

Die ärztlichen Untersuchungen verlaufen heute schonend, dies ändert nichts an der Frage, welches gesundheitliche Ergebnis gibt es? Sind die erhobenen Werte im Normbereich oder sind sie überzogen und wo beginnt das Krankhafte. Genügen dafür eine medikamentöse Behandlung, Infusion und ähnliche Einsteigerdrogen in den Behandlungsmarathon. Diese Verordnungen können zumeist ambulant durchgeführt werden. Bei alarmierenden Werten gibt es eine Zuweisung zum Facharzt und als Endpunkt einer langen Untersuchungsreihe einen Termin im Krankenhaus. Für mich war das Aufwachen nach der Hüftoperation wie das Wachwerden am frühen Morgen nach einer erholsamen Nachtruhe.

Ist eine Operation im Krankenhaus notwendig, dann ist man auf diesen Eingriff fokussiert. Die übrigen, altersbedingten Wehwehchen, werden zur Seite geschoben. Umso dringender melden sich die Wehwehchen zurück, ist die Operation erfolgt und man ist wieder zu Hause. Deshalb häufen sich in den Wochen vor Jahresschluss die alljährlich wiederkehrenden Termine, wie Hautärztin, Urologe oder Augenarzt.  Der Kontrolltermin bei der Ambulanz und der Radiologie. Behelfsmittel im Bad, welche nur vorübergehend, für die Zeit nach der Hüftoperation gedacht waren, sind zur Dauereinrichtung geworden. Ein Haltegriff in der Dusche, der uns vor einem Ausrutscher bewahrt oder ein Badehocker für ein bequemes Waschen der Kopfhaare. Die WC-Sitzerhöhung habe ich sehr geschätzt, aber inzwischen kann ich auf sie verzichten. Manches Mal verwende ich noch den Trick von einem YouTube Video. Darin wurde gezeigt, wie man Mithilfe eines Handtuches problemlos, bei einer Einschränkung der Hüfte, mit ein paar Handgriffen die Socken anzieht. Es braucht keine mechanische Sockenanziehhilfe und keine fremde Person. Eine Physiotherapeutin zeigt dies in einem kurzen Video und es funktioniert. Den Physiotherapeutinnen oder -Therapeuten zolle ich nach meinen Reha Aufenthalt großen Respekt, unter ihren Anleitungen gewinnt man sehr viel von der Beweglichkeit und Selbstbestimmtheit zurück. Dazu kommt die mentale Unterstützung, dass man seinem Körper, in meinen Fall dem neuen Hüftgelenk, immer mehr zutrauen kann. Vom Schongedanken zum Aktivgedanken übergehen.