rot:grün II

Wer denkt bei solchen Augenblicken an das Draußen, welches man bewusst zurückgelassen hat, um sich im istrianischen Kosmos auszuspannen. Draußen patrouilliert die Polizei in London und Hamburg, als wäre Krieg, um zum Wochenende die Menschen vor Selbstmordattentäter zu schützen. Dazu kommen neue Berichte von ertrunkenen Flüchtlingen im Mittelmeer. Draußen schlägt eine zusehends in Bedrängnis gekommene Terrormiliz wild um sich. Um sich von allen abzugrenzen, von allen Freunden und Feinden.

Wo bleiben die Auswirkungen des christlichen Gebetes, der aktuellen Fürbitten in den katholischen Kirchen, die um Gotteshilfe für einen Frieden im Nahen Osten bitten?  Von unserer Seite ist es eindeutig an wem wir unsere Fürbitten richten, aber vielleicht versteht ER unsere Sprache nicht? Oder die Apostel und andere Kirchenväter haben IHN nicht richtig verstanden? Unser Manko besteht darin, dass wir glauben von IHM alles zu wissen, alles zu verstehen?  Über welche Kanäle soll dies möglich sein?  Allen voran haben wir alles in Konzepte und Regeln gesteckt, Formeln entwickelt, die wahrscheinlich für seine Bandbreite keine Gültigkeit haben. Wir bewundern seine Kreativität, welche wir in der Vielfalt und in den Lösungen der Natur finden. Selbst beschneiden wir unsere Kreativität, krasser, wir fürchten uns vor unserer Kreativität. Für uns ist es nahe liegend den Tagesablauf in bestimmte Sequenzen einzuteilen, jedem Wildwuchs einen Riegel vorzuschieben. Mit unseren Denkmustern wollen wir es schaffen, unsere Fürbitten an SEINEN Thron heranzutransportieren. Damit kommen wir höchstens bis an seine Haustüre.

Sprachproblem.

rot:grün I

Der Wanderweg von Strunjan über Fiesa nach Piran erfordert einiges an Kondition. Zeitweise geht es steil bergan und es ist Ausdauer gefragt. In der Höhe genießt man einen schönen Blick auf die Bucht bei Triest. Bei einer Weggabelung, wovon ein Weg als Sackgasse gekennzeichnet war, sorgte eine mobile Verkehrsampel für Verwirrung. Der Weg war höchstens autobreit, wobei er nur von Radfahrern und Wanderern genützt wird. Unschlüssig harrten vier bis fünf Radfahrer vor dem Rot der Ampel aus. Sie waren unsicher, ob diese Verkehrsregelung ihnen gilt. Dazu gestoßene Wanderer diskutierten darüber, wie weit diese Verkehrsampel auch für sie Bedeutung hat. Dabei handelte es sich bei den Freizeitsportlern um Urlaubsgäste. Unser Vorschriftsdenken geht soweit, dass wir uns in einem Rad- und Wanderparadies, wo es kaum Autoverkehr gibt einspannen lassen, eine unverständliche Regelung einzuhalten. Es war nicht ersichtlich, von wem diese Ampel aufgestellt wurde und für wen sie gedacht war. Im besten Fall konnte ich mir vorstellen, dass die Ampel privater Natur ist, um die Zufahrt zu einer Baustelle zu regeln. Keiner öffentlichen Funktion diente. Bei einiger Vorsicht sah ich keine Gefährdung, wenn die Strecke von uns Radfahrern und Wanderern benützt wird. Die Benützung, der als gesperrt signalisierten Strecke, erwies sich für uns unbekümmert, weil es keinen Autoverkehr gab.

Wie schnell Vorschriften an Wirksamkeit verlieren und nur unserer Angst entsprungen sind, erlebte ich bei der Ankunft am Meeresstrand in Fiesa. Die Unbekümmertheit wie zwei Frauen und ihre drei Kinder sich in der Wiese auf einer Decke niedergelassen hatten, war ansteckend. Sie bedienten sich der mitgebrachten Getränke und Imbisse aus der Kühlbox. Die beiden Volksschulkinder vergnügten sich im Meer. Das Baby wurde, nachdem es sich kräftig zu Wort gemeldet hatte, an der Brust der Mutter versorgt. Alle fünf Personen strahlten und lachten um die Wette, eine ansteckende Stimmung. Bis hierher tönt die laute Musik eines nahen Imbissstandes. Den Blick auf das Meer kreuzen immer wieder Segler und schnittig dahin rasende Motorboote. Am Ende der Bucht von Strunjan geht das Blaue des Meeres und das Weiß der Segelmasten in das Grün der Abhänge über.

Aus dem Tagebuch…

ver:kehrt II

Zumeist resignieren die Mitbewohner vor dem lautstarken Auftreten der Zugezogenen und räumen ihnen kleine Vergünstigungen ein. Sei es ein kleiner Abstellraum oder ein mehr an Kellerabteil. Nach einem Monat kommt der Anspruch, der ganze Keller gehört nur einer Familie. Bei aller Nachsicht, ist man gut beraten, wenn man darauf besteht, dass sich auch Menschen aus anderen Volksgruppen die Regeln der Mehrheit einhalten. Ein Miteinander wird wahrscheinlich nur dann funktionieren wenn es gemeinsame Vereinbarungen gibt und nicht einfach der Aggressivere das Sagen hat. Bemüht sich ein einfühlsamer Mensch um einen Ausgleich, hat es zudem für ihn den Nachteil, dass er zumeist einige Tage darüber grübelt, wie Konflikte auf friedliche Art, nachbarschaftlich, gelöst werden können. Ungelöste Konflikte auch in die Träume einfließen und die Nachtruhe beeinträchtigen. Wahrscheinlich leidet er mehr darunter, als derjenige welcher die Übertretungen begangen hat.

Eine verkehrte Situation ist, wenn im Regionalexpress von Wiener Neustadt nach Vorau bei sommerlichen Temperaturen die Klimaanlage ausfällt. Zuerst vertröstet man sich, wenn der Zug in Fahrt kommt, dann wird sich die Klimaanlage schon aktivieren. Umgekehrt, nach einer Viertelstunde wird es im Abteil immer heißer. Bis jetzt, versichert mir eine Zugnachbarin, sie fahre regelmäßig mit diesem Zug, hat es noch keinen Ausfall der Klimaanlage gegeben. Auch in den Nahverkehrszügen ist laut ÖBB freies W-LAN verfügbar, die Klima funktioniert nicht. Während der Fahrt öffnet die Nachbarin eine Tragtasche und entnimmt dieser einen Karton mit einem Elektrogerät. Insgeheim habe ich gehofft, es könnte sich um einen Ventilator handeln, Steckdosen wären vorhanden. Stattdessen packt die Nachbarin einen mehrstufigen Föhn aus.

ver:kehrt I

Leben wir in einer verkehrten Welt?  In einer Fachzeitschrift für Psychologie lese ich, dass die guten Menschen, Menschen mit guten Absichten, im Alltag in den meisten Fällen bei einem Konflikt den bösen Menschen unterliegen. Das bedeutet, dass sich zumeist diejenigen, welche im Garten ohne Rücksicht auf die Nachbarn lauthals am Wochenende ein Spanferkel grillen, behaupten können. Zumeist breiten sich diese Gerüche über ein ganzes Viertel aus und setzen sich in den Zimmern und Wohnungen der Anrainer fest. Die Verursacher triumphieren über alle anderen Nachbarn. Dazu eingeladen ist das breite Spektrum der Verwandtschaft, die bei fortgeschrittener Zeit sich in  lautstarke Auseinandersetzungen verbeißt, teilweise bei einem Handgemenge in den Haaren liegen.

Was nützen behördliche Anweisungen und Anrainerwünsche, dass sie sich an ortsübliche  Regeln halten soll, wenn die Feier weit nach Mitternacht dauert. Zumeist stoßen verschiedene Wohn- und Lebensvorstellungen aufeinander. Bedürfnisse der neu Hinzugezogenen können sich diametral von den Ansässigen unterscheiden. So nützt es wenig, wenn man in freundlicher Weise mit den neuen Nachbarn redet. Sie verwechseln ihre Mietwohnung mit Gartenanteil mit einem Haus am Waldes- oder Ortsrand. Die Reaktion der Angesprochenen besteht darin, dass sie darauf pochen in ihrem Garten tun und lassen zu können, was sie wollen. Sie anerkennen keine Hausordnung. Dazu kommt der Einwand, man könne nicht so gut deutsch und habe manches im Mietvertrag nicht verstanden.

Nix vasteahn.

tage:gesund II

Beim Messestand der Kärntnermilch wurden Kostproben der Biowiesenmilch und Biojoghurt angeboten. Der Name Biowiesenmilch machte mich stutzig, weil in meinem bäuerlichen Kopf Wiese, Kühe und Milch eine Einheit bilden. Worin sollte die Steigerung Bio bestehen? Ich fragte die aufgestylte  Dame, man könnte sagen Marketingfrau danach, was ein Bauer für ein Liter Milch von der Kärntenmilch  bekommt? Die Dame war im ersten Moment etwas überrascht, konnte sie aber beantworten. Nach ihrem Wissen bekommt ein Landwirt für ein Liter Biomilch  siebenunddreißig Cent und für ein Liter Normalmilch zweiunddreißig Cent. Dabei betonte sie, diese Preise gelten bei der Lieferung von Spitzenqualität. Heute werde jeder angelieferte Liter Milch auf seine Qualität überprüft. Meine Recherche, was ein Liter Milch bei einem österreichweit tätigen Lebensmittelhändler kostet, ergab folgendes: Ein Liter Bergbauern Heumilch wurde um € 1.09  und ein Liter Vollmilch um 85 Cent angeboten. Dies zum Vergleich.

Bei der Aussage, dass heute jeder Liter Milch im Molkereilabor analysiert wird, hackte ich ein. Ich erwähnte, dass ich in meiner Jugend unsere Kuhmilch in einer Kanne, auf dem Rücken, früh morgens von Politzen zur Sammelstelle Beinten, in das Tal gebracht habe. Hier versah die Walderkathl ihren Dienst. Dort wurden die Liter gemessen und die Qualität der Milch von ihr händisch  kontrolliert. Dies geschah, indem die Walderkathl ihren Zeigefinger in die angelieferte Milch steckte und im Mund abschleckte. Damit erhielt sie ein zweifaches Analyseergebnis, zum einem ob die Milch frisch und zum anderem ob die Milch nicht verwässert war. Die Kathl war das lebende Milchlabor in den sechziger Jahren. Meine Anekdote hat die Businessfrau mit einer Handbewegung zur Seite geschoben. Dies ist eine Ewigkeit her. Dies würde bedeuten, dass die heutigen Sechzigjährigen schon eine Ewigkeit auf der Welt sind und je nach Blickwinkel reif für die Ewigkeit sind. Ist dies der Fortschritt in der Zeitwahrnehmung, dass alles was dreißig oder fünfzig Jahre zurückliegt schon zur Ewigkeit zählt? Beginnt die neue Ewigkeit schon nach dreißig oder fünfzig Jahren?

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