jung:unternehmer

Das zahlenmäßige Alter wird heute nicht mehr als das Alter empfunden und verstanden, wie es noch vor fünfzig Jahren war. Diese Veränderung gibt, der Zeit der Jugend einen immer größeren Spielraum. Was man vor fünf Jahrzehnten als ein gesetztes Alter betrachtet hat, gilt heute noch als jung. In den achtziger Jahren konnte man sich bis zum fünfunddreißigsten Lebensjahr, nach Definition der Wirtschaftskammer, als Jungunternehmer bezeichnen. Solange konnte man Mitglied der Jungen Wirtschaft sein. Heute werden frischgebackene Unternehmer, Ende vierzig, als Jungunternehmer bezeichnet. In einer Presseaussendung werden zwei Firmengründer und Entwickler für ein Sportgerät, um die fünfzig, als Jungunternehmer bezeichnet. Dieser Terminus ist ganz selbstverständlich, weil heute Siebzigjährige noch als die Jungen bezeichnet werden.

Meine Selbstständigkeit, das Jungunternehmertum, begann mit zwanzig Jahren. Nach dem damaligen Gesetz war ich noch nicht Volljährig. Mit der Zustimmung des Vaters erklärte mich der Bezirksrichter für volljährig. Mit diesem Bescheid wurde ich aus der elterlichen Gewalt und Obsorge, wie es damals hieß, entlassen. Ich konnte einen Gewerbeschein lösen, einen Kredit aufnehmen, Heiraten und kaufmännische Geschäfte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches abschließen. Für die Ausstellung des Gewerbescheines, Kleinhandel mit Waren aller Art, bedurfte es zusätzlich einer Alters Dispens von Seiten der Gewerbebehörde, weil für die Erteilung einer Gewerbeberechtigung das Mindestalter von vierundzwanzig Jahren galt. Rückblickend auf vierzig Jahre Selbstständigkeit sehe ich mich damals als Jungunternehmer.

Reifeprüfung

park:platz II

Ich hatte einen italienisch Sprachkurs gebucht und fuhr mit dem Pkw nach Florenz. Bislang kannte ich nur den Stadtverkehr der Kleinstadt Klagenfurt, die Stadteinfahrt in Florenz war faszinierend. Die Autobahn mündete in eine Stadtautobahn mit fünf Fahrstreifen. Ich fuhr am äußersten Fahrstreifen und versuchte, schaltete die Ampeln auf grün, einen Formel eins Start hinzulegen, wie meine Autonachbarn. Mit hoher Geschwindigkeit steuerte man auf die nächste Ampel zu, um dann bei Rot Grand Prix reif abzubremsen. Bei Grün startete man mit qualmenden Reifen in den nächsten Rennabschnitt. Meinem geografischen Gedächtnis folgend, erwischte ich die passende Ausfahrt, um vor dem nächsten Rätsel zu stehen. Statt drei Straßen, wie auf dem Stadtplan eingezeichnet, gab es sechs Straßen. Instinktiv benützte ich die Straße ganz rechts und hatte Glück. Auf dieser Straße war es ruhiger und ich konnte mich entspannen. Ich fand einen Parkplatz, für die nächsten vierzehn Tage, ganz in der Nähe meiner Unterkunft.

Es war ein Privatzimmer, von der Sprachschule vermittelt. Ich wohnte mit anderen Studenten bei zwei älteren Damen. Als erstes machten sie mich darauf aufmerksam, beim Zusperren der Wohnungstür alle Riegel vorzuschieben. Als nächstes zeigten sie mir Urlaubsfotos von ihrer Fahrt durch Österreich. Die Reise lag einige Jahrzehnte zurück. Unter anderem waren sie auch am Fuße des Großglockners, in Heiligenblut. Die Unterrichtssprache war ausschließlich italienisch, weil es von der Herkunft der Sprachschüler keine gemeinsame Sprache gab. Mexikaner, Schweden, Holländer, Franzosen, Österreicher, ein bunter Haufen.

Um die zugeparkten Parkflächen zu reinigen wandte man in Florenz folgendes Verfahren an. Am Wochenende musste ich mein Auto auf die andere Kanalseite stellen, da zu Wochenbeginn der hiesige Parkplatz gereinigt wurde, danach wieder zurückstellen.

Hüben und Drüben.

park:platz

Parkplätze in der Innenstadt gehören zu den gefragten Dingen. Ich vermute, je mehr Einwohner eine Stadt hat, umso schwieriger ist es einen freien Parkplatz zu finden. Zumeist gibt es nur kostenpflichtige Parkplätze, Tiefgaragen oder Parkhäuser. Ich krame in meinem Gedächtnis und schildere in Erinnerung gebliebene Parkplatzpannen.

An einem verlängerten Wochenende besuchte ich die Hafenstadt Triest an der Oberen Adria. Über fünf Jahrhunderte gehörte sie zum Habsburgerreich. Man findet in der Innenstadt Bauten wie auf der Ringstraße in Wien. Beeindruckend ist auch die Piazza dell’Unità d’Italia, welche das Meer in die Stadt hereinnimmt. Nach dem 2. Weltkrieg verlor Triest sein Hinterland, die Stadt und der Hafen dümpelten vor sich hin. Nur wenige Kilometer entfernt verlief die Grenze zum ehemaligen Jugoslawien. Ein Jahrzehnt lang wurde zwischen den Siegermächten gestritten, ob Triest bei Italien bleibt oder ob es zu Jugoslawien wandert. Ein Aufflammen der Kämpfe zwischen dem Westen und dem Osten stand kurz bevor. Vor der Einfahrt in die Stadt liegt das Schloss Miramar. Den Spuren von Altösterreich und der Stimmung von Fulvio Tomizza wollte ich in Triest nachgehen. Das Hotel lag zentrumsnah, in der Nähe vom Hotel befand sich auf einem größeren Grundstück eine Tankstelle. Man muss sich in die achtziger Jahre zurückversetzen und der in Italien üblichen Geschäftsstruktur. Es gab keinerlei Bezug zu aufgeräumten Werkstätten in Österreich oder Deutschland. Die Tankstelle stand auf einer Gstetten, auf gut österreichisch, mit viel ungenützter Fläche. Ein idealer Platz, um mein Auto für die nächsten drei Tage abzustellen.

Es war Freitagnachmittag und die Tankstelle bis Montag früh geschlossen. Am Montagmorgen wollte ich das geschäftliche Treiben, den Geruch und Lärmpegel eines Wochentages in Triest spüren und ging nach dem Frühstück zu Fuß in die Innenstadt. Für Villacher Verhältnisse gab es erschreckend viele Autos und es war furchtbar laut. Um die Mittagszeit schlenderte ich auf einer Seitenstraße zurück zum Hotel. Mir kommt  ein Abschleppwagen entgegen, dem ich keine größere Aufmerksamkeit schenke. Auf der Ladefläche sehe ich dasselbe Automodell, wie ich es fahre. Als ich vor dem Hotel bei der Gstettn ankomme, steht mein Auto nicht mehr da. Der Pkw auf dem Abschleppauto war nicht nur das selbe Fabrikat, es war mein Auto. Der Hotelportier, von mir in mangelhaften Italienisch darauf angesprochen, zuckte mit dem Schultern und übergibt mir eine Adresse. Garage, sagte er auf schlechtem Deutsch. Mit einem Taxi bin ich zu der Adresse gefahren und habe für eintausend Schilling mein Auto ausgelöst.

Pfandgeld

villacher:kirchtag II

In der  Kirchtagswoche gibt es allerlei Aktivitäten wie: I bin a Kirchtagsladen. Die Geschäfte der Innenstadt gestalten Schaufenster mit Bezug zum Kirchtagsgeschehen. Dafür genügt eine Palette leerer Villacher Bierkisten im Schaufenster. Das Villacher Bier spielt beim Kirchtagsgeschehen eine wichtige Rolle. Klettern die Temperaturen auf dem Bierthermometer über die dreißig Gradmarke, dann ist ein kühles Bier gefragt, um diesen Wert herunterzukühlen. Mit dem Bierdeckel kann jeder eine Vorauswahl treffen, will er noch ein Kleines oder ein Großes.

Ein Höhepunkt ist die Prämierung der besten Kirchtagssuppe. Welche Gastwirtschaft oder Restaurant kocht die beste Kirchtagsuppe? Eine kulinarische Spezialität im Raum Villach, Gailtal, Rosental und Gegendtal, als Suppeneinlage dienen fünf verschiedene  Fleischsorten. Als Zuspeise gibt es ein Stück Kärntner Reindling. Jeder Gastwirt, jede Hausfrau hütet ihr persönliches Rezept für die Suppe und den Reindling. Um die Kirchtagssuppe in die heutige Eventkultur einzubauen werden von einem Gremium die verschiedenen Kirchtagssuppen verkostet und ein Sieger gekürt. Gleiches passiert beim Schaufensterwettbewerb. Humorvoller geht es bei der Kür der schönsten Lederhose zu.

Bei der großen Zahl von Schaustellern, Gastronomen und Vergnügungsbetrieben geht es um die besten Standplätze entlang der Drau und der Innenstadt. Dabei wird auf die langjährige Tradition gepocht, seit wie viel Jahren man am Villacher Kirchtag teilnimmt. Ein Heer von Helfern ist tageweise damit beschäftigt, das Autodrom, das Riesenrad, die Schießbuden, die Hochschaubahn und das Ponyringelspiel aufzubauen. Das Aufstellen der Eventzelte besorgen die Arbeiter vom Zeltverleih und für die Montage der technischen Ausstattung gibt es einen neuen Berufszweig, den Eventtechniker. Die Mittagssonne setzt allen Schaustellern und Besuchern zu. Am Villacher Hauptplatz befindet sich die Genussmeile, ein Schmankerlwirt reiht sich an den Nächsten. Dazwischen befinden sich die Bühnen für die Auftritte der Volksmusikanten. Am Nachmittag des Kirchtagssamstag gibt es den farbenprächtigen Trachtenumzug mit etwa siebzig Trachtengruppen aus dem Alpen Adria Raum.

Saure Suppn.

villacher:kirchtag I

In den Sommermonaten stehen in Kärnten die Veranstaltungen Kopf. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, Veranstaltungen mit kulinarischen Genüssen: Gackern, dabei dreht sich alles um Hendln; Honigfest, zu Ehren der fleißigen Bienen; Speckfest, mit dem butterweichen Gailtaler Speck; Brotfest, verbunden mit der Besichtigung von alten Getreidemühlen; Gulaschfest, nicht nur in Ungarn. Abseits von leiblichen Genüssen unterhalten viele andere Events, Einheimische und Gäste: Nachtwasserschishow, mit tollen Lichteffekten; Strandflohmarkt, für Badehosen- und Bikiniträger;  Literarische Drau Schifffahrt, mit Kärntner Nachwuchsautoren; Nacht der Klostergärten, Gespenstergeschichte inklusive; GTI-Treffen, Gummi, Gummi; Wer es ländlich will, Wischbamaufstellen.

Zu den traditionsreichen Volksfesten zählen in Kärnten die Kirchtage. In anderen Bundesländern werden sie Kirchweihfeste oder Patrozinium  genannt. Auch die unscheinbarsten Dörfer feiern ihren eigenen Kirchtag. Vorausgesetzt, das Dorf verfügt über eine Kirche, zumindest über eine Kapelle. Der Kirchtag findet zu Ehren des Namenspatron der Kirche statt, in der Woche seines Namenstages. Im Juli und im August gibt es in Österreichs südlichstem Bundesland  zumeist eine Hitzewelle, mit Temperaturen bis fünfunddreißig Grad und höher. Diese Temperaturen finden ihren Niederschlag in der heißen Stimmung am Villacher KirchtagIn der ersten Augustwoche wird ausgelassen gefeiert. Über die Plätze und Straßen der Innenstadt sind Schnüre mit kurzen, färbigen Papierstreifen, rot, weis und gelb, gespannt. Der Wind sorgt für die notwendige Bewegung und Aufmerksamkeit. Diese einfache Dekoration verbreitet schon seit Jahrzehnten eine fröhliche Stimmung.

Volksmusik