…Studentenrevolution die Buchhandlung Petz in Spittal/Drau .
Für die Mittagsstunden während meiner Ausbildung, welche ich vorwiegend im Schlosspark Porcia oder im Kolpinghaus verbrachte, borgte ich aus dem Geschäft Literatur- und Kulturzeitschriften aus. Die Auswahl des Zeitschriftenangebots oblag meinem Bereich. Im Angebot hatten wir Zeitschriften die niemand kaufte, nur für meine Interessen : Twen, Konkret, Pardon, Neues Form, Wespennest, Manuskripte. Von meiner Lehrlingsentschädigung kaufte ich in der Bahnhofstrafik ab und zu die „Bildpost“. Durch mein Interesse an gesellschaftlichen Entwicklungen erreichten 1968 die Studentenrevolution auch die Bahnhofsbuchhandlung in Spittal/Drau. Bei den Bestellungen von Taschenbüchern konnte ich Titel aus den Verlagsverzeichnissen vorschlagen. So verirrten sich Taschenbücher von Heinrich Böll, Jean-Paul Sartre, Jürgen Habermas oder Erich Fromm in die Buchregale „Die Verbesserung von Mitteleuropa“ von Oswald Wiener gehört zu den Büchern, welche ich mir damals kaufte und welches noch heute in meiner Bibliothek steht. Die Berufsschule für Buchhändler befand sich in St. Pölten, dort gab es einen turnusmäßigen Unterricht. Meine theoretische Ausbildung zum Buchhändler erfolgte autodidaktisch, mit Hilfe von Skripten dieser Berufsschule.
Im vierten Lehrjahr nahm ich an der „Jungbuchhändler Woche“ in Strobl am Wolfgangsee teil. Dort gab es interessante Vorträge zur Gegenwartsliteratur, dem Verlagswesen und der Zukunft des österreichischen Buchhandels. Erstmals hatte ich Kontakt zu anderen Jungbuchhändlern aus ganz Österreich, knapp vor oder nach Abschluss der Ausbildung.
Auf der Sonnseite des Drau Tales, oberhalb von Ferndorf liegt die Ortschaft Politzen. Ein karger Boden für Bauern, für Buchhändler und für Literaten. Ein Gestrüpp aus Dorfgasthaus, Autorennen, Landkirchtag, Tischfußball und Kinofilmen. Aus diesem Wildwuchs entspross eine kreative Blüte, das Schreiben. Die eingesandten Prosatexte brachten mir 1969 eine Einladung zur 20. Österreichischen Jugendkulturwoche in Innsbruck. Literaten, Maler und Komponisten hielten Vorträge, lasen aus ihren Büchern und deren Kompositionen wurden aufgeführt. Mit dem ersten Preis für Lyrik und für Prosa wurde Elfriede Jelinek ausgezeichnet. Eine erste Talentprobe für die spätere Literatur Nobelpreisträgerin.
Anfang der 1970er Jahre las ich in der Kärtner Volkszeitung eine Anzeige „Nachfolger für ein Papierfachgeschäft in Arnoldstein gesucht“. Die Aussicht selbständig zu werden reizte mich und die nächsten Jahrzehnte lebte ich in die Industriegemeinde Arnoldstein. Das Warenangebot der Papierhandlung wurde ausgeweitet und das Papiergeschäft um eine Buchabteilung ergänzt. Von diesem Angebot an zeitgenössischer Literatur wurde, nach eigener Aussage, der damalige Gymnasiast Peter Zimmermann zum Lesen angeregt. Seit Jahren ist Peter Zimmermann Sendungsmacher der Ö1 Büchersendung „Ex Libris“ und wurde in diesem Jahr mit dem Österreichischen Literaturkritiker Preis ausgezeichnet.
Sechzig Jahre später warte ich vor dem Spittaler Bahnhof auf den Bus vom Schienenersatzverkehr um einen Besucher abzuholen. Davor bin ich die Bahnhofstraße hoch gegangen und bin vor den Schaufenstern der vormaligen Buch- und Papierhandlung Petz stehen geblieben. Die Fassade und die Größe der Schaufenster haben sich nach sechzig Jahren nicht verändert, im Laden werden jetzt internationale Lebensmittel verkauft.
Nicht am “1. Oktober 1968”, aber am “3. Oktober 1968” war ich, weil man meinen Geburtstag zu feiern gedachte, in ein Haus meiner amerikanischen High School von Barrington und Barrington Hills eingeladen. Als wäre es heute, habe ich die Stimmung in dem Haus vor mir, als man mich die Kerzen auf der Geburtstagstorte ausblasen hieß. Es waren Kerzen, die sich nicht ausblasen ließen, ich wußte nicht, daß es solche gibt. Für uns steht diese “sehr” lebhafte Erinnerung “immer” im Zusammenhang mit der Kerze für G u d u l a von N i v e l l e s , der P a t r o n i n von B r ü s s e l , die wir “immer” für die immerwährende Eucharistische Anbetung in der Gemeinde der THOMASKIRCHE beim Grazer Kalvarienberg anzünden. Die Gegend von Barrington Hills in Illinois erlangt im Augenblick ja vielleicht Bekanntheit als Heimat des M ä r t y r e r s C h a r l e s J a m e s K i r k . Meine amerikanischen Gasteltern schenkten mir eine in Leder gebundene “Holy Bible”. Die WORTE JESU sind in ihr mit roten Lettern gedruckt. Es ist vorgesehen, daß in die Ausgabe der Hochzeitstag des Betenden eingetragen wird. Aber die Ausgabe enthält eine Verwahrung gegen den Katholizismus, die Religion meiner Frau und der Mutter meiner Frau. In unser Exemplar der mir auch zu diesem Zweck geschenkten “Holy Bible” kam nie ein Hochzeitstag. Ein Streit ergab sich jedoch in Graz über JESU WORTE “Mt. 5,29”, die Bergpredigt: wenn jemanden sein rechtes Auge zur Sünde reizt, dann soll er es ausreißen und von sich werfen. JESU WORTE SEIEN NICHT WÖRTLICH AUFZUFASSEN.