Über schlagloch

Er hat es sich zur Aufgabe gemacht mehrmals die Woche eine kleine Studie zu verfassen und teilt dies per Weblog „schlagloch“ einer stetig wachsenden Internetgemeinde mit. Einzelne Leser treten auf der Internetplattform mit ihm auch in eine Diskussion über das Geschriebene ein. Vom Deutschen Literaturarchiv Marbach werden ausgewählte Online-Publikationen, so auch das Blog „schlagloch“ auf der Plattform Literatur-im-Netz langzeitarchiviert. Einige „Schlaglöcher„ hat er materialisiert und zu Büchern gemacht: Zeitenwandel (2009); Die Beobachtungen (2011); Bruchstellen (2015).

zeissaktien

Zehn Sekunden im Blindflug unterwegs.

Nach der Verordnung einer Brille durch den Augenarzt ist die Auswahl einer neuen Brillenfassung etwas Besonderes. Die Dioptrien sind vorgegeben, für die Gläser wähle ich Qualität, im europäischen Raum Zeiss Gläser. Diese haben sich bei meinen Gleitsichtbrillen bewährt. Auf die Verwendung von Zeiss Gläsern lege ich Wert, da ich als Alternative zum Sparbuch ein paar Zeiss Aktien besitze. Das Sparbuch ist in den letzten Jahren in Verruf geraten, gilt als altmodisch. Gerade als Angehöriger der älteren Generation habe ich gute Erfahrungen mit dem Sparbuch gemacht. Heute steht es unter dem Motto: „Es war einmal…“.  Die Zeiss Aktien erweisen sich seit dem Kauf als keine gute Alternative zum Sparbuch, sie rutschen immer mehr in das Minus.  Dagegen waren die drei bis fünf Prozent Zinsen am Sparbuch ein Erfolgserlebnis. Ob mein Betrag von etwa siebenhundert Euro etwas zur Kurssteigerung der Aktien beitragen wird, werde ich in drei Monaten feststellen. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es.

Ich bin schon seit sechzig Jahren Brillenträger, je nach Ausbildung des Optikers erfahre ich zu den Gläsern etwas Neues. So auch bei meinem letzten Besuch, dass durch die Blau Tönung der Gläser ein Großteil der UV-Strahlen herausgefiltert werden. Dies ist ein Schutz für die Augen, damit sie nicht mit UV-Strahlen bombardiert werden. Bei einer optischen Sonnenbrille erweitert sich die Funktion um den Blendschutz, durch die dunkle Färbung wird man nicht von den Sonnenstrahlen geblendet. Vorneweg, ich bin kein begeisterter Sonnenbrillenträger. Ich finde es unhöflich, wenn ich oder das Gegenüber bei einem Gespräch die Sonnenbrille nicht abgelegt wird. Meinerseits habe ich das Gefühl, diese Person will vor mir etwas verheimlichen. Bei einem Gespräch will ich meinem Gegenüber in die Augen schauen. Ich kann mich an eine kurze Zeit erinnern, wo ich eine Brille getragen habe, welche sich bei starkem Sonnenschein verfärbt hat. Im Freien war sie ein vollwertiger Ersatz für eine Sonnenbrille. Betrat ich einen Raum bildete sich die Tönung zurück. Bei dieser Variante ist im Straßenverkehr ein Handicap aufgetreten. Nach der Einfahrt in einen Straßentunnel hat es gefühlt eine Ewigkeit gedauert bis sich die Gläser angepasst haben. Kein angenehmes Gefühl, wenn ich etwa zehn Sekunden im Blindflug, unterwegs war.  Wer den Autobahnabschnitt zwischen Villach und Udine kennt, kennt auch die vielen Tunnels und hier ist es ein Vorteil, wenn ich Sehens unterwegs bin.

redaktionsaspirant ll

Zeitungsdrüberflieger zwischen Buttersemmel und Kaffee.

Bei meinen Recherchen musste ich ein wenig neugierig sein, will sagen unverschämt sein, um von den Beteiligten oder den Anwesenden mehr über den Unglückhergang zu erfahren. Die Zeit, dass bei einem Verkehrsunfall oder Wohnungsbrand dreizehn Smartphones gezückt werden und jeder stellt seine Fotos online sollte erst kommen. Waren die Nachforschungen ergiebig, dann zierte den Bericht unter der Schlagzeile der Hinweis „Eigenbericht der Volkszeitung von Franz Supersberger“.  Nahm ich am nächsten Tag die druckfrische Zeitung in die Hand und las meinen Namen, dann war ich stolz darüber. In den ersten Monaten machte ich mir Gedanken, wer wird in meiner Heimatgemeinde Ferndorf meine Berichte lesen? Umso mehr namentliche Berichte von mir in der Zeitung erschienen, umso mehr Informationen bekam ich zugespielt. Dem Journalistenberuf eilte schon damals der Ruf voraus, ein hektischer Job zu sein. Der Prototyp des damaligen Journalisten war ein Kettenraucher, Kaffeetrinker und erlag einem Herzinfarkt. Nach meiner heutigen Einschätzung war es gegenüber dem Sekundentaktjournalismus von heute eine beschauliche Zeit. Als pensionierter Zeitungsleser empfinde ich, vieles schon einmal gelesen zu haben, dies können sich die Zeitungsdrüberflieger zwischen Buttersemmel und Kaffee nicht vorstellen.

Wer als Rentner tagsüber dem ORF Fernsehprogramm huldigt, kann sich mit „Guten Morgen Österreich“ wecken lassen. Aus den wenigen Sendungen welche ich konsumiert habe kann ich das Schema erkennen, die Inhalte folgen den Brennpunkten der Jahreszeiten und den Festen wie sie in den meisten Familien in Österreich gefeiert werden. Dabei gibt es von einem Jahr zum nächsten kaum wirklich neues. Lieber als täglich noch mehr News zu vereinnahmen besteht bei den Senioren das Bedürfnis sich mit jemanden über das Gelesene und das Gesehene zu unterhalten. Hier gibt es im Pflegesystem eine Schwachstelle, dass die Pflege Kräfte welche in das Haus kommen die Zeit dafür nicht haben. Deren Zeit Management ist genau auf die Pflegehandgriffe abgestimmt, dabei bleibt keine Minute für nicht notwendige Sätze übrig. Ersatz könnte ein KI-Medium sein, als neuer Gesprächspartner. Wer in einem Museum oder auf einer Future Messe sich mit einer KI unterhalten hat, empfindet das Gespräch wie mit einem Menschen. Menschliches Wissen, Erfahrungen und Erlebnisse verbergen sich in jeden Fall hinter den Antworten.

redaktionsaspirant

Die Verkehrsunfälle, Einbrüche und Raufereien werden zur Routine.

In der Zeit des intensiven Arbeits- oder Familienprozesses gibt es oft den Seufzer, hätte ich nur mehr Zeit um ausführlich die Tageszeitung oder gemütlich ein Buch zu lesen. In der Rente ist man abrupt nicht mehr so glücklich darüber, dass jetzt dafür genug Zeit zur Verfügung steht. Wer die Möglichkeit hat über Monate die Tageszeitung ausführlich zu lesen wird dies als langweilig erleben. Ereignen sich keine außerordentlichen Ereignisse wie Wahlen in Österreich und USA, Regierungskrisen, kriegerische Konflikte und Naturkatastrophen, dann gibt es ein großes Potenzial an Wiederholungen. Bei den Lokalnachrichten, den Gerichtsreportagen oder den wieder kehrenden Vertröstungen der Politiker,  dass in den nächsten Monaten und Jahren dies und jenes umgesetzt wird.  Die Erneuerung der Bildungspläne, die Energieversorgung optimiert wird und die vielen neuen Arbeitsplätze welche die Bundesregierung schaffen will. Zum Jahresbeginn hagelt es an neuen Versprechungen vom Politikerhimmel. Als Rentner langweile ich mich darüber, weil ich dies schon oft gehört habe. Es klingt banal, auch die täglichen Verkehrsunfälle,  Einbrüche oder Raufereien werden zur Routine. Die Wiederholungen der Lokalereignisse erlebte ich als Redaktionsaspirant der Kärntner Volkszeitung Anfang der siebziger Jahre. Täglich um sechs Uhr abends rief ich telefonisch bei den Bezirksgendarmeriekommandos an um zu erfahren, was sich in ihrem Bezirk an Einbrüchen, verirrten Wanderer, ausgebüxten Weidevieh oder vermissten Pensionisten aus dem Altersheim ereignet hat. Am nächsten Tag hatten diese Vorkommnisse ihren Platz auf der Lokalseite unter Kurzmeldungen.

Es gab damals keine 5minuten News oder Nachrichten um drei Minuten vor jeder vollen Stunde. Bei dramatischen Ereignissen wie Raubüberfall, folgenschweren Verkehrsunfall oder bei einem Brand eines Wirtschaftsgebäudes wurden wir von einem Spezi, der im Bezirkskommando saß, über das Ereignis zeitnah in Kenntnis gesetzt. Die alten Hasen unter den Journalisten hatten ein Funkgerät mit dem sie den Gendarmerie Funk abhören konnten. Versprach es eine gute Story zu werden, dann setzte sich ein Lokalredakteur und ein Pressefotograf in das Auto und fuhren an Ort und Stelle.

pflegedienst

KI gesteuertes Pflegebett.

In der Blüte unseres Lebens, in der Lebensmitte, wagen wir ein wenig voraus zu blicken und zu planen. Dabei lassen wir Ereignisse außerhalb unseres Einflusses außer Acht und beziehen nur unser engeres Umfeld ein, welches wir gestalten können. Dabei stützen wir uns auf Vorgaben von denen wir annehmen, dass sie kalkulierbar sind. Schwieriger wird der Blick in die Zukunft je älter wir werden. Ich nehme an ab fünfundsechzig plus, da wir bis fünfundsechzig Jahren fest im Berufsleben verankert sind. Ab fünfundsechzig beginnen die unsicheren Zeiten, obwohl wir dies nicht wahrhaben wollen. Der Kärntner Udo Jürgens hat mit seinem Schlager, „ab 66 Jahren fängt das Leben erst an“, einen Erfolgshit gelandet. In den kommenden Jahren sind wir stark im Verdrängen, was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Ich weiß nicht und will es nicht wissen was die Zukunft bringen wird. Anderseits werden plötzlich Oma und Opa interessant, wenn es sich im Verwandtschaftsbereich herumgesprochen hat, dass die Senioren kränkeln. Erst recht, wenn vermutet wird, dass sie etwas am Sparbuch haben. Die jetzige ältere Generation besitzt zumeist noch das gute alte Sparbuch. Sie hat nichts am Hut mit Aktien und Fonds, wenn das Sparbuch jetzt auch ausnahmslos durch ein Blatt Papier ersetzt wird. Pflegekräfte erzählen, dass es plötzlich gute Ratschläge für die Pflege gibt von Angehörigen, welche in den letzten Jahren kaum Interesse an den Aktivitäten der Großeltern gezeigt haben. Nach dem Motto, wir Jungen haben so viel zu tun, da bleibt wenig Zeit für die Großeltern.

Zumeist lastet die Pflege der Betagten einseitig auf einem Familienmitglied und dazu kommen aus einer entfernten Ecke gut gemeinte Ratschläge.  Diese beziehen sich auf den Allgemeinzustand vor ein paar Jahren und auf sporadische Telefonate von fünf Minuten. Jemand hat etwas gehört, dies könnte für den Pflegefall gut sein, ohne den Angehörigen mehrere Tage erlebt zu haben. Dabei werden vom Pflegedienst täglich der Blutdruck und die Haut beobachtet und eingecremt. Dazu kommen Vorschläge für technische Hilfsmitteln. Außenstehende ahnen nicht wie wichtig es ist, in der Nacht jemandem an seiner Seite zu haben, der einem die Hand hält und die Decke richtet, wenn sie verrutscht ist. Dies zählt mehr als ein von der KI gesteuertes Pflegebett. Ein KI gesteuertes Pflegebett lässt die Sehnsucht nach körperlicher Nähe ungestillt.  

börsenrally

Es geht um Konflikte und Handelsblockaden.

Wer schafft es den Tag so zu verbringen, als gäbe es kein morgen oder übermorgen? Was in drei oder fünf Jahren sein kann, können wir nicht wissen, unabhängig von der wechselnden Weltlage. Diese lässt sich nicht vorhersagen. Zeitweise habe ich den Eindruck, dass die Börsenkurse ein exakteres Polit- und Stimmungsbarometer sind, als die Politik- und Wirtschaftsforscher. Es könnte sein, dass sich die Börsianer und die Analysten über die Auswirkungen einer politischen Aussage oder Veränderung mehr den Kopf zerbrechen als die Politikwissenschaftler. Geht es um Konflikte zwischen einzelnen Staaten, Handelsblockaden oder dem Ausbruch einer Seuche, fast zeitgleich verändern sich die Börsenkurse. Das Kursbarometer zeigt synchron die Auswirkungen vom Fund eines Rohstoffvorkommen und damit die Chancen auf neue Industriebetriebe. Warum die Börsianer sich detailgenauer den Kopf bemühen dürfte eine Ursache haben, es geht um Geld. Das Geld jedes einzelnen Anlegers und der großen Player, welche Millionen Euro investiert haben.  Ein Großteil der Menschen wird Hellhörig oder Hellsichtig, wenn es um ihr Geld geht. Dabei hinken Politiker, Sektionschefs und Beamte weit hinterher, es ist nicht ihr Geld welches sie investieren, verteilen und ausgeben. Dabei hapert es beim Denken wie das Steuergeld zum Wohle aller Bürger sinnvoll ausgegeben werden kann. Die sogenannten Wirtschaft- und Börsenexperten bezahlt man dafür, dass sie ihre Prognose in den Zeitungen oder im Fernsehen kundtun.

Finanziell werden sie nicht zur Rechenschaft gezogen, haben sie mit ihrer Expertise gefehlt. Müssten sie ihr Honorar zurückzahlen, würden sie mehr Gehirnschmalz einsetzen.

Mir geht es beim automatischen Schreiben ähnlich wie den Börsenkursen, haben diese eine gewisses Level überschritten, eine Schmerzgrenze durchbrochen, dann explodieren sie. Genauso geht es mir beim Schreiben, komme ich über eine Seite hinaus, dann spüre ich das es mehr wird, eine Kursexplosion beim Schreiben.