Über schlagloch

Er hat es sich zur Aufgabe gemacht mehrmals die Woche eine kleine Studie zu verfassen und teilt dies per Weblog „schlagloch“ einer stetig wachsenden Internetgemeinde mit. Einzelne Leser treten auf der Internetplattform mit ihm auch in eine Diskussion über das Geschriebene ein. Vom Deutschen Literaturarchiv Marbach werden ausgewählte Online-Publikationen, so auch das Blog „schlagloch“ auf der Plattform Literatur-im-Netz langzeitarchiviert. Einige „Schlaglöcher„ hat er materialisiert und zu Büchern gemacht: Zeitenwandel (2009); Die Beobachtungen (2011); Bruchstellen (2015).

dom:buchhandlung II

Am Vortag habe ich an der Universität Salzburg an der Lehrveranstaltung, „Die Zukunft der Religion“ bei Professor Clemens Sedmak teilgenommen. Mich interessiert, welche Bücher die Dombuchhandlung von einem der interessantesten Salzburger Theologen und Ethiker auf Lager hat. Professor Sedmak hat am Kings College London Philosophie gelehrt und ist derzeit Lehrstuhlinhaber für Sozialethik an der Universität Notre Dame in den USA. Er ist Leiter des Zentrums für Ethik und Armutsforschung der Universität Salzburg. Der Verkäuferin, eine Buchhändlerin, war der Autor Clemens Sedmak unbekannt. Hauptsächlich war sie damit beschäftigt Cappuccino und Mehlspeisen zu servieren. Nicht verzagen, den Computer fragen. Nach dessen Angabe sollten zwei Stück von Sedmak Buch, „Das gute Leben“, lagernd sein. Wo dieses Buch zu finden ist hat sie nicht gewusst. Auch nach einer zehnminutigen Suche konnte die Verkäuferin die Exemplare nicht finden. Ich war erstaunt, dass die Dombuchhandlung Salzburg von ihrem bekannten Ethikprofessor nur einen Titel vorrätig hat, sowie der Buchhändlerin der Name Clemens Sedmak unbekannt war. Ich bin anderwärtig fündig geworden. Professor Sedmak hat am Vortag das religionskritische Buch von C. S. Lewis, „Pardon, ich bin ein Christ“ zur Lektüre empfohlen. Aus Anlass des 50. Todestages von C. S. Lewis wurde das Buch aus dem englischen neu übersetzt und in einer Neuauflage herausgegeben.

Nach meinem Dafürhalten hat sich durch die elektronische Datenerfassung, im Vergleich zur Lagerhaltung mit Karteikarten und Protokollbüchern, nicht vieles verändert. Mich hat die vergebliche Suche nach dem Buch „Das gute Leben“ an meine Tätigkeit in den siebziger Jahren in der Posteinlaufstelle im Gruppenkommando II in Graz erinnert.  Während meiner Bundesheerzeit war ich im Vorzimmer vom Oberst Tomschitz für den Posteinlauf und Postausgang zuständig. Jedes Schriftstück wurde penibel mit einer Nummer versehen und im Posttagebuch vermerkt, an welchen Wirtschaftsoffizier das Schriftstück zur weiteren Erledigung weitergeleitet wurde. War der Sachverhalt des Briefes erledigt, wurde das Antwortschreiben dem Eingangsbrief zugeordnet. Im Brieftagebuch wurde der Betreff, Absender und Empfänger verzeichnet. Während meines Grundwehrdienstes war ich damit Tag für Tag beschäftigt. Es war ein beschauliches Dasein. Von Zeit zu Zeit hatte ich auch die Aufgabe, wurde von Oberst Tomschitz ein Firmenvertreter empfangen, für diese Besprechung aus der Offizierskantine Getränke und Knabbergebäck zu servieren. An den Überresten konnte ich mich bedienen. Gab es vom Oberst eine Rückfrage nach einem bestimmten Schriftstück konnte es brenzlig werden. Penible Aufzeichnungen hin oder her, im schlimmsten Fall befand sich das verlangte Schriftstück nicht in dem Referat, wo es laut Posttagebuch hätte sein sollen. So stimmig fand ich die Suche nach den Büchern laut Bestandsliste.

dom:buchhandlung

Bei einem Spaziergang über den Kapitelplatz in Salzburg, auf der Suche nach einem öffentlichen WC, bin ich an der DOM-Buchhandlung vorbeispaziert. Vor der Fassade stehen kleine runde Tische und Sessel, die meinem Dafürhalten dazu dienen sollen, bei Schönwetter im Freien in einem Buch zu schmökern. Zwei Personen sitzen in der Nähe vom Geschäftseingang, vor sich einen Apfelstrudel und eine Tasse Caffè sitzen. Angespornt durch meinen erschöpften Gesichtsausdruck, nach einigen Stunden flanieren durch die Salzburgervorstadt, hat mich die Frau darauf hingewiesen, dass man seit dem Umbau in der Dom-Buchhandlung auch einen Cappuccino und einen Kuchen bekommt. Sie würde mir empfehlen einen Cappuccino mit Apfelstrudel zu genießen und dann in der neu renovierten Buchhandlung zu stöbern. Das offene Ambiente, die Regale nicht mit Büchern vollzustopfen und die Beschriftung der Hinweisschilder in Schreibschrift, wirkt sehr einladend. Eine Trendwende, über die letzten Jahrzehnte war die Beschriftung von Hinweisschildern zu den Sortiment Schwerpunkten mit Handschrift verpönt, alle Schilder wurden am PC erstellt. Unterschiedliche Personen geben ehrlich zu, dass sie das Schreiben mit der Hand verlernt haben. Einen zentralen Platz beim Eintreten in die Buchhandlung nehmen religiöse Bücher für das nahende Osterfest ein. Dort finden sich auch die Osterbilderbücher für Kinder. Als profanes Gegenüber gibt es eine Ecke mit Osterservietten, Oster Billett und Dekorartikeln zum Osterfest.   

Dem Kinderbuch wird im Laden breiter Raum eingeräumt. Das erste Lebensjahrzehnt ist eine bevorzugte Zeit für das Angebot an religiösen Büchern. Dies erstreckt sich von Erinnerungsbüchern zur Taufe bis zu den Erinnerungsalben zur Firmung. Bilderbücher mit Geschichten aus der Bibel, Kinderbibeln und Bücher mit den Lebensgeschichten der Heiligen. In der Dombuchhandlung gibt es auch eine kleine feine Spielecke.

Die Zuordnung der Bücher folgt den Aktivitäten, wie glauben, leben oder meditieren. Die klassische Zuordnung nach dem Alphabet hat hier ausgedient. Dazwischen Bereiche mit verschiedenen Devotionalien, Rosenkränze, Kruzifixe, Ikonentafeln und Gebetsbüchlein. Der Kassenbereich in der Buchhandlung ist um eine Theke verlängert, wo man verschiedene Sorten von Caffè, Mehlspeisen und Snacks bestellen kann. Ein Cappuccino vor oder nach dem Bucheinkauf, je nach Geschmack.

23.03:2020

Die Corona Beschränkungen haben mir nicht mehr Zeit verschafft, gefühlsmäßig weniger, wahrscheinlich habe ich zu viele Pläne. Ab kommenden Montag will ich einen strengen Stundenplan einhalten. Für mich gleichen sich die historischen Maßnahmen aus der Pestzeit des Mittelalters mit den heutigen Maßnahmen gegen die Corona Pandemie. Die Häuser der Pestkranken wurden markiert und die Menschen unter Quarantäne gestellt, teilweise in Massenquartiere gebracht und von speziellen Pestärzten, heute Corona Ärzten, betreut.

Wir hoffen, dass an uns der Kelch einer Virusinfektion vorübergehen wird. Insgeheim geht man davon aus, dass das Coronapandemie im Sommer ausblutet, wie eine Grippewelle. Bei uns kommt es zurzeit zu keinen Problemen, der alltägliche Rhythmus. Außer unserem höheren gesundheitlichen Risiko gehören wir einer privilegierten Gruppe an, Pensionisten. Unsere Wohnungskatze Sissi hat zu Mittag auf der Loggia ein Rotkelchen erwischt und in das Wohnzimmer gebracht. Von mir wurde es wieder in die Freiheit entlassen. Wir rätseln noch darüber, wann die Ausgehbeschränkungen wieder aufgehoben werden? Nach Ostern dies ist Mitte April oder erst Ende April?  Anderseits sind wir bereits zufrieden, wenn es in unserer Verwandtschaft und Nachbarschaft zu keiner Ansteckung kommt. Heute Mittag wurde bekanntgegeben, dass die Beschränkungen bis Ostermontag, den 13. 04. 2020 verlängert werden.

Mein Blick richtet sich auf die Straße, welche eine Verbindung vom Drautal zum Gailtal bildet. In einiger Entfernung gibt es eine Abfahrt zum Einkaufszentrum Atrio.  An einem Nachmittag ist normalerweise ein Auto nach dem anderem auf der Tangente unterwegs, heute kann ich jedes Auto zählen. Einzelbetrieb, ein Auto und nach ein paar Minuten wieder eines. In diesem Ausnahmezustand erweist es sich als Segen wer einen Garten hat und dabei   Beschäftigung und Ablenkung findet. In Politzen wird eine Nichte zur Gärtnerin, welche bisher wenig für die Gartenarbeit übrig hatte und unterstützt ihre Mama. Aus dem Tageheft…

20.03:2020

Den warmen Nachmittag, 25 Grad im Schatten, für eine Ausfahrt mit dem Fahrrad genützt. Überall entlang des Gail Radweges beginnen die Wiesen zu grünen und bei den Ästen sprießen zarte hellgrüne Blätter hervor, am Dreiländereck schimmert es weiß, es weht ein Südwind. Vor der Ortschaft Oberschütt steht eine Bank nahe der Straße am Waldrand. Diese war über mehrere Jahrzehnte einer der Rastplätze bei meinen Rad Runden: Arnoldstein, Schütt, Oberschütt, Neuhaus, Pöckau, Arnoldstein. Von hier habe ich eines meiner wohltuenden Bilder für das Gemüt: Herbst, eine Herde von weidenden Kühen, mit der Zunge fangen sie die Grasbüschel ein, einige liegen zum Wiederkäuen auf der Wiese, dazwischen junge Kälber vom Wurf dieses Jahres.  

Die Verbreitung des Coronavirus, die damit einhergehenden Einschränkungen und neuen Umgangsformen im Alltag schaffen eine ungewohnte Lebenssituation. Dazu kommt die intensive mediale Berichterstattung. Es wundert mich nicht, dass es das eine und andermal dazu kommt, dass ich von einem Coronavirus bis in den Traum verfolgt werde: Ab Anfang Mai beginnen in Kärnten landauf und landab die Kirchweihfeste, Kirchtag. In einem Traum sitze ich bei einem Kirchtag in einem Bierzelt, zusammen mit Bekannten und Dorfbewohnern.  Auf den Biertischen liegen einfache Speise- und Getränkekarten, von den Kellnerinnen und Kellner werden die Bestellungen aufgenommen und serviert. Die vielen Besucher unterhalten sich ausgelassen bei Musik und Tanz, bei Speis und Trank. Zwischen den Tischen ist medizinisches Personal in Schutzkleidung mit Mundnasenschutzmasken unterwegs. Ihre Apparatur schaut einem mobilen Röntgenapparat ähnlich. Wie beim Kieferröntgen muss ich das Kinn auf eine Stütze legen und mit der Stirn ganz nach vorne rücken. Das Gerät liest von der Stirn die Körpertemperatur ab und entnimmt im Mund eine Speichelprobe. Allerdings werde ich mehrmals, von jeweils einer anderen Person in Schutzkleidung aufgefordert, mich vermessen zu lassen. Der Hinweis, dass ich bereits getestet wurde, wird nicht akzeptiert. Der Hintergrund dafür ist, dass das Sanitätspersonal nach der Anzahl der durchgeführten Fiebermessungen bezahlt wird. Aus dem Tageheft…

19.03:2020

Der Besuch des Josefimarkt in Nötsch, am Josefitag, war in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Tradition. Corona bedingt wurde er dieses Jahr abgesagt. Bei dem schönem Wetter heute würden sich hunderte Menschen zwischen den Marktständen durchschlängeln, Groß und Klein. Bewohner aus entlegenen Orten im Gailtal, für sie ist der Besuch des Josefimarkt ein fester Bestandteil im Jahresablauf. Die Hoffnung besteht, dass im Herbst das Polenta Fest möglich sein wird. Stattdessen sitze ich beim Kriegerdenkmal in Müllnern auf einer Bank im Schatten. Ich mache beim Radfahren eine Pause und höre das Rauschen, kräftige Töne, vom Abfluss des Faakersee. Heute habe ich die Betriebskostenrechnung für das Haus in Arnoldstein abgesandt, trotz Corona Krise. Ist es der richtige Zeitpunkt? Auch einen Monat später könnte es unpassend sein, zu früh ebenso wie zu spät. Die Bundesregierung hat angekündigt die Umsatzeinbußen des Handels, Gewerbe und Industrie zu ersetzen? Kreditgarantien und Steuerstundungen sind für mich keine wirklichen Betriebshilfen.

Zwei Drittel der Radfahrer auf dem Faakersee Radweg sind mit einem E-Bike unterwegs, ich habe wenig Sympathien für die E-Bike Fahrer. Radfahren bei Sonnenschein, dann geht es mir gut, eine Wohltat für die Seele in Pandemiezeiten. Von mir gegenüber wurde der ehemalige Gasthof, er hat etwa die halbe Größe unserer Wohnanlage zu zwölf Wohneinheiten umgebaut. Heute mit einem Freund in Hermagor telefoniert, seine Frau befindet sich nach einem mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt in Klagenfurt in der Rehaklinik in Hermagor. Die Restbeschwerden sind Seh- und Sprachprobleme. Er und ich hoffen, dass es noch Fortschritte gibt. Die Wohnungsnachbarin hat für uns Corona bedingt Lebensmittel eingekauft. Mehrmals hat sie versucht Kopierpapier zu besorgen, derzeit ist es Mangelware. In einer Trafik ist sie heute fündig geworden für € 9.80. Dabei dürfte der Trafikant einen Corona Preisaufschlag verrechnet haben. Aus dem Tageheft…