Über schlagloch

Er hat es sich zur Aufgabe gemacht mehrmals die Woche eine kleine Studie zu verfassen und teilt dies per Weblog „schlagloch“ einer stetig wachsenden Internetgemeinde mit. Einzelne Leser treten auf der Internetplattform mit ihm auch in eine Diskussion über das Geschriebene ein. Vom Deutschen Literaturarchiv Marbach werden ausgewählte Online-Publikationen, so auch das Blog „schlagloch“ auf der Plattform Literatur-im-Netz langzeitarchiviert. Einige „Schlaglöcher„ hat er materialisiert und zu Büchern gemacht: Zeitenwandel (2009); Die Beobachtungen (2011); Bruchstellen (2015).

tod&auferstehung

Wie fest kann ein Mensch an seine Auferstehung glauben?

Der Tod drängt ganz unvermittelt in das eigene Leben, in die Vorkehrungen für die nächste Woche. Oftmals können die Ärzte bei einem schwerkranken Menschen sagen, dieser wird etwa soundso lange zu leben haben. Diese Diagnosen müssen sich nicht immer erfüllen. Als wüsste der Patient, der zum Sterben verurteilte Mensch von seinem Schicksal und überlegt es sich nochmals Anders. Es könnte auch sein, dass er spürt, hinter den Krankenbesuchen versteckt sich die Frage, wann wird sein Vermögen für die Erben verfügbar sein? Wann gibt er den Weg frei, damit sie seine Kleider verteilen können? Zu guter Letzt würfelten die Soldaten darum, wer welches Kleidungsstück vom Gekreuzigten bekommen wird. Es hat Symbolkraft, wenn uns die Nachricht von einem Sterbefall zu Ostern erreicht.  Hinter uns liegen die Tage des Leidens und des Sterbens Jesus. Dessen Tod, ob gläubig oder ungläubig, exemplarisch für Verurteilung, Leiden und Todesqualen steht. Am Ostersonntag feiern die Katholiken die Auferstehung Christus von den Toten, er bezeugt damit, dass wir alle von den Toten auferstehen werden.

optimierungsgewinn

Eine Folge der um sich greifenden Terminreservierungen sind die Verrechnung von einer Stornogebühr, wenn man zu einem Termin nicht kommt und diesen nicht rechtzeitig absagt hat. Dies kann eine Tisch Reservierung in einem Gasthof, eine Untersuchung bei einem Internisten oder Radiologen sein.  In der jetzigen Phase der katholischen Kirche in Österreich weiß ich aus eigener Erfahrung, für den Besuch der Sonntagsmesse braucht es keine Sitzplatzreservierung.  An den gewöhnlichen Sonntagen ist das Platzangebot groß genug. Eventuell an den hohen kirchlichen Feiertagen wie Weihnachten und Ostern, kann das Platzangebot eng werden. Der Besucherstrom wird vielfach vom musikalischen Zusatzangebot beeinflusst.

Wer ein Automobil besitzt weiß um die regelmäßigen Serviceintervalle und um die Zeiten für den Reifenwechsel.  Der Wechsel zwischen Winterreifen versus Sommerreifen. Diese Termine sind zumeist planbar. Nicht vorhersehbar ist ein Gebrechen bei der automatischen Feststellbremse oder ein Seitenfenster lässt sich nicht mehr schließen. Bei der Werkstatt meldete ich das Gebrechen, die erste Frage des Werkstattmittarbeiter war, ob ich einen Reparaturtermin für das Auto reserviert hätte.? Sie haben keinen freien Termin für einen plötzlichen Defekt. Bedeutet dies, im März einen Termin zur Behebung der Blockade vom Bremszylinder, der im Mai auftritt, vor buchen? Wie kann ich im März wissen, dass es im Mai einen Defekt beim Auto gibt? Sie haben keine personellen Reserven um einen akuten Defekt am Auto sofort zu beheben. Eine Alternative ist, das Auto bei ihnen abzustellen und sie werden in einer Arbeitslücke den Fehler beheben. Nach der Reparatur werde ich telefonisch verständigt und kann das Auto abholen.

Dabei schließt sich der Kreis, heute braucht es nicht nur für planbare Arbeiten eine Voranmeldung, sondern auch für unplanbare Ereignisse. Die Arbeitszeit der Mitarbeiter wird optimal ausgeschöpft. Diese beklagen sich darüber, dass sie zu wenig verdienen, um gut leben zu können. Wer bekommt den Optimierungsgewinn. Die schöne neue Welt, nicht 1984 sondern 2025.

lebenssinn lll

 Ist “Sinn” verbunden mit den im Leben verfolgten Aktivitäten und Zielen?

Die Frage nach dem Sinn im Leben stellen sich wohl die meisten erstmals, wenn sie die schulische oder betriebliche Ausbildung abgeschlossen haben und in die Arbeitswelt hineinwachsen. Soweit ich die Diskussionen in der Familie miterlebe geht es heute den jüngeren Arbeitnehmern auch darum, dass sie eine sinnstiftende Beschäftigung ausüben. Bevorzugt wird eine Arbeit, welche für die Gesellschaft einen Mehrwert bringt. Eine leistungsgerechte Entlohnung allein genügt nicht, sie wollen mit ihrem Job ein sinnvolles und kreatives Leben führen können. Ein Versprechen der neuen Arbeitswelt ist, dass die gleichbleibenden, die stupiden Arbeiten von Robotern und von Automaten erledigt werden. Während meiner Arbeit am Montageband der Damenschuhfabrik Gabor in den siebziger Jahren war dies für mich nicht der Fall. Das Fließband hat uns das Arbeitstempo vorgegeben. Am Montageband habe ich auf die halbfertigen Schuhe, mit Unterstützung einer Maschine, im Accord die Absätze geschraubt.  Absatzschrauber, war die Berufsbezeichnung. In einem Achtstundentag habe ich etwa zweitausendachthundert Stück Absätze verschraubt, Tag für Tag. Als sinnstiftende Tätigkeit habe ich diese Arbeit nicht erlebt.

Im fortgeschrittenen Alter, die bevorzugte Zeit wo nach dem Sinn des eigenen Lebens gefragt wird, ist es bei der Rückschau wesentlich, wie man zu seinen Aktivitäten im Leben steht. Welche Ziele man erreicht hat und welche Erfolge man feiern durfte. Wobei ich dem materiellen Erfolg nicht an die oberste Stelle stellen möchte. Es gibt wesentlichere Kriterien, dass man eine Tätigkeit aus sinnstiftender Überzeugung, aus moralischer Notwendigkeit und emotionaler Hingabe umgesetzt hat.

Ein wesentliches Sinnerlebnis war die vierzigjährige Tätigkeit als Papier- und Buchhändler mit eigenem Geschäft in Arnoldstein. Die Bevölkerung, speziell die Schuljugend, hatte damit ein Angebot an Papierwaren und Büchern, welches für eine Marktgemeinde nicht selbstverständlich ist. Die Papier- und Buchhandlung besteht seit meiner Pensionierung weiter. Bei zufälligen Begegnungen mit früheren Kunden bekomme ich anerkennende Rückmeldungen für meine Kaufmannszeit in Arnoldstein. Damit verlängert sich die von mir als sinnvolle erlebte Selbstständigkeit bis in den Ruhestand hinein.

LV: Sinn der Welt, Sinn des Lebens, Universität Salzburg, Prof. Clemens Sedmak

lebenssinn II

Vernünftig über die Frage nach dem Sinn des Lebens unterhalten?

Mit mehreren Personen sich rational, der Vernunft gehorchend, über den Sinn des Lebens zu unterhalten kann außerhalb einer philosophischen Gesprächsrunde sehr verwirrend werden. Jeder wird aus seiner Berufs- und Lebenswelt emotional seine Lebenserfahrungen einbringen. Entscheidend dürfte sein, welche weltanschaulichen, religiösen oder politischen Positionen die beteiligten Personen einnehmen. Bei einem fiktiven Gespräch zwischen einem Atheisten und einem Christen ist anzunehmen, dass die Sinnoptionen weit auseinanderliegen. Der Atheist wird die Frage nach dem Sinn des Lebens in seinem Wirken und in seinen Handlungen im Diesseits sehen. Der Christ, versteht er sich als wahrer Christ, wird den Sinn des Lebens darin sehen, nach den zehn Geboten zu leben, um für seine Seele das ewige Leben zu erlangen. In Pfarr- und Kurheimen gibt es noch die Lichtbildervorträge von Weltreisenden. Erdachter Sinndiskurs zwischen einem Weltenbummler und Workaholic. Der Weltenbummler sieht den Sinn im Leben im Unterwegs sein und die dafür notwendigen Arbeitseinheiten als ein Mittel zum Zweck. Der Workaholic erlebt die Arbeit rund um die Uhr als sinnerfüllend und bedauert die notwendigen Unterbrechungen für Essen und Schlafen.

„Beim sonntäglichen Wirtshausstammtisch der Bauern und der Unternehmer sind auch die Eigenheimbesitzer geduldet. Wer handwerkliches Geschick beim Hausbauen zeigt und es zu mehreren Häusern bringt, wird für seinen Fleiß gerühmt. Für jemanden der Geschichten schreibt zeigt man wenig Verständnis. Die wenigsten im Dorf können sich darunter etwas vorstellen“.[1] […] „Was macht Sinn: Drei Häuser zu bauen oder drei Bücher zu veröffentlichen“? [2]


[1] Seite 25, Bruchstellen, Franz Supersberger, Verlag Bod, 2015 

[2] Ebenda

LV: Sinn der Welt, Sinn des Lebens, Universität Salzburg, Prof. Clemens Sedmak

lebenssinn l

Ist Sinn eine dritte Dimension neben Wert und Wohlergehen?

Susan R. Wolf (* 1952), eine US-amerikanische Philosophin hat in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts die Sinnfrage in der philosophischen Diskussion wiederbelebt. Ihre These ist, wenn ich sie richtig verstehe, dass Sinn im Leben eine eigene Kategorie ist, die subjektiv für die handelnde Person Sinn macht und objektiv für andere einen Wert darstellt. Sinnvolles Leben muss nicht einhergehen mit genussvollem oder angenehmem Leben. Susan Wolf geht noch eine Stufe weiter und stellt fest, Handlungen aus motivierten Gründen können auch ohne Erfolg, bei einem Misserfolg für die Person einen Sinn haben. Diese Aussage belege ich mit einem persönlichen Erlebnis. An der Eröffnung des umgebauten Arnoldsteiner Gemeindeplatzes in den 1980er Jahren beteiligte sich auch die Initiative „Kultur-Impulse-Schütt“, KIS[1], mit einerInstallation. Es wurden von uns Schautafeln mit Zitaten von P. Handke zum Dorf aufgestellt.

Aus meinem Tagebuch[2]: „Zur Installation am Gemeindeplatz, es gab fast kein Echo. Montagfrüh, nach drei Tagen, haben die Arbeiter vom Bauhof die Tafeln abgeräumt und sie vor die Geschäftstür meiner Papier- und Buchhandlung geworfen. […] Ein Arbeiter vom Bauhof hat zu mir gesagt, die Tafeln verderben den ganzen Platz, es sieht aus wie am Friedhof. […] Der ganze Volkszorn richtete sich gegen mich.“  Es gab starken Gegenwind, aber meine Motivation weitere KIS – Veranstaltungen zu organisieren war ungebrochen und für mich sinnstiftend.

Die Philosophie variiert zwischen „der Sinn des Lebens“ und „Sinn im Leben“. Für Letzteres braucht es subjektiv nicht unbedingt eine moralisch vorzeigewürdige Handlung. In der Lehrveranstaltung wurde die Frage, hatte das Leben Hitlers einen Sinn, emotional diskutiert. Eine aktuelle Version ist die Frage, hat das Leben von Waldimir Putin einen Sinn? Betrachte ich die Sinnfrage losgelöst von Moral und Ethik, wie bei der Diskussion um die Person Hitlers, dann muss ich annehmen, dass nach subjektiver Erfahrung für Putin der Überfall auf die Ukraine Sinn macht. Eine für die Person sinnhafte Handlung kann objektiv eine moralisch sehr verwerfliche Handlung sein.


[1] 23. September bis 10. Oktober 1988, Installation im öffentlichen Raum, Gemeindeplatz Arnoldstein, KIS, Kultur-Impulse-Schütt

[2] Aus dem Tagebuch: „Zur Installation am Gemeindeplatz: Es gab fast kein Echo. Montagfrüh, nach drei Tagen, haben die Arbeiter vom Bauhof die Tafeln abgeräumt und sie vor meine Geschäftstüre geworfen. Mit Bürgermeister Steinlechner konnte ich die Situation klären, dass die Tafeln vierzehn Tage stehen bleiben. Sie mussten die Tafeln wieder aufstellen. Ein Arbeiter vom Bauhof hat zu mir gesagt, die Tafeln verderben den ganzen Platz, es sieht aus wie am Friedhof. Die wenigsten haben die Texte gelesen und verstanden. Der ganze Volkszorn richtet sich gegen mich.“ 

LV: Sinn der Welt, Sinn des Lebens, Universität Salzburg, Prof. Clemens Sedmak