klosterzelle

Wer aus Interesse an Kunstaustellungen, an neuem Wissen oder nach einer Möglichkeit sucht im Urlaub etwas für das Gehirn zu tun, der findet eine Fülle von Angeboten. Diese weichen von den pauschalen Urlaubsangeboten, Radfahren, Wandern, Sonne und Meer ab. Schnell fündig wird man bei einem Blick in die Programmhefte der Bildungshäuser oder von Kulturinitiativen. Die Palette reicht von Malkursen, Töpferkursen, Sprachkursen bis zu Singakademien. Mein Interesse in den Sommermonaten gilt Seminaren wo es um Bücher und Literatur oder um Symposien zu grenzübergreifenden Themen wie Wahrheit oder Vertrauen geht.

Öfters besucht wurden von mir die Vorauer Literaturtage im Zisterzienser Kloster Vorau. Für eine Woche haben wir uns mit dem Inhalt und dem Schreibstil von drei, im Vorfeld zu lesende Bücher, beschäftigt. In den Klöstern werden zumeist einfache Übernachtungsmöglichkeiten geboten. Im Stift Vorau stehen während der Sommermonate den Seminarteilnehmern die Schülerzimmer der Landwirtschaftlichen Berufsschule zur Verfügung. Die Ausstattung ist spartanisch, aber auf der Order ganz oben steht der Austausch unter Bücherfreunden. Reicht die Zahl der verfügbaren Zimmer nicht für alle Teilnehmer so gibt es eine Notlösung. Männliche Seminarteilnehmer können eine Klosterzelle in der Klausur erhalten. An eines dieses Appartement kann ich mich erinnern. Ich habe es über eine Flügeltüre betreten, es gab ein großes Zimmer mit einem mächtigen Schreibtisch und einigen herrschaftlichen Stühlen. Dazu einen Sekretär und einen Schrank für Bücher. Aus den Fenstern hatte ich einen prächtigen Blick auf die umliegende Hügellandschaft. Bei jedem Schritt knarrte der Holzboden. Eine Tür führte vom Arbeits- und Wohnzimmer in das Schlafzimmer. Darin ein einfaches Bett, daneben ein Betstuhl und an der Wand ein übermächtiges Kreuz. Im Bad befand sich ein übergroßer Boiler und eine Badewanne. Über dem Waschbecken war ein Allibert Toilettenschrank mit Spiegel und eingebauter Beleuchtung montiert. Der Schrank hatte drei Türen und die Standardfarbe grün.

Schutzmantelmadonna

Zu den Routinehandlungen bei einem Arztbesuch zählt das Messen des Blutdruckes, des Blutzucker und des Sauerstoffgehalt im Blut. Der Blutdruck muss ein magischer Parameter sein. Mir wurde bei jedem Hausarztbesuch der Blutdruck gemessen. Um den Arzt zu entlasten wird dies in den meisten Fällen von der Ordinationshilfe durchgeführt. Dabei gibt es ein Phänomen, dass der Blutdruck in der Ordination zumeist höher ist, als wenn ich den Blutdruck entspannt zu Hause messe. Diese Differenz ist bekannt und wird berücksichtigt. Bei meinem letzten Besuch im Warmbader Thermalbad sah vor der Kurarztordination neben den Stühlen einen kleinen Tisch und darauf ein Blutdruckmessgerät. Für mich gab es zwei Möglichkeiten, die Assistentin misst bei den wartenden Kurgästen vorab den Blutdruck oder hat das Gerät hier abgelegt. In Kurzentren ist es öfters üblich den Kurgästen außerhalb der Ordinationszeiten ein Blutdruckgerät zur Verfügung zu stellen. Gibt es noch eine andere Variante?  Auf einem Flyer wurden die Kurgäste aufgefordert vor dem Aufruf zum Kurarzt selbst den Blutdruck zu messen und auf einem Blatt zu notieren. Dieser Wert soll dem Kurarzt vorgelegt werden. Danach das Blutdruckgerät zu desinfizieren. Die Selbstbedienung im Gesundheitswesen nimmt konkrete Formen.

anfassen

Benötigt jemand in der Familie eine schwerwiegende ärztliche Behandlung, dann verunsichert dies nicht nur den Patienten, sondern auch die Angehörigen. Der Eingriff legt sich davor und danach wie ein Schatten über die Tage. Es kommt der Moment, wo man bei der Erstaufnahme aufgerufen wird. Unsichere Stunden für den, welcher hierbleibt und für den, der nach Hause gehen darf. Die Begleitperson trägt die notwendigen Utensilien für den Patienten und landet damit in den Armen der Aufnahmeschwester: „Sie können mir alles geben, ich nehme ihnen alles ab, die Befunde, die Jacke, den Koffer, alles.“ Auch die Frau, sie ist eine gründliche Krankenschwester. Auf die vielfältigen Leiden hat der Glaube keine Antwort. So viel, dass Gott seinen eingeborenen Sohn hat leiden und sterben lassen. Wer sind wir, dass wir uns anmaßen das Leiden und als letzten Akt das Sterben zu besiegen. Uns bleibt, dass wir wie Jesus bitten können, der Krankheitskelch könne an uns vorübergehen. Wie Jesus uns fügen, nicht mein sondern Gottes Wille geschehe.

Die Ärzte vertrauen nicht mehr auf ihre Hände, zur Abklärung von gesundheitlichen Beschwerden bei den Patienten. Die Patienten werden routinemäßig zum Röntgen und zum Ultraschall überwiesen. War dies immer so oder hat sich seit der Coronapandemie das nicht anfassen in unsere Psyche und unser Benehmen eingetragen. Bei jedem Anfassen könnte ein neues oder ein altbekanntes Virus eingefangen werden?  In der Bibel werden etliche Male über die Heilung von unreinen Menschen berichtet. Dabei sind es die von bösen Geistern verunreinigten Seelen. Heute fürchten wir uns vor unreinen Handläufen, Türgriffen und Essbesteck mehr als vor unreinen Geistern. Bei den Dämonen erweist sich Jesus Wort stark, immer wieder befiehlt er den Dämonen von den Menschen loszulassen.

lebensgeschichte

Ich erinnere mich an die Aufbruchstimmung nach dem 2. Vatikanischem Konzil, wo danach die Kirchenbesucher in den Gottesdienst eingebunden waren, wo jeder sein Anliegen in den Fürbitten vorbringen konnte. Für uns Jugendliche gab es einen Jugendseelsorger, der etwas auf dem Hut hatte, der Gitarre und Fußball spielen konnte, mit einer Jazzmesse Schwung unter die Kirchenbesucher brachte. Jugendseelsorger, dieses Wort habe ich lange nicht mehr gehört, vielleicht steht es noch auf der Gehaltsliste der Diözese. Die Aufbruchstimmung weicht dem Beharren. In der Sonntagsmesse fehlt bei der Verkündigung des Evangeliums der letzte Schritt, bei dem die Menschen in die Predigt eingebunden werden.

Ein Bereich wird von der Kirche noch gut abgedeckt, was kommt nach dem Tod? Was kann uns die Angst vor dem Sterben nehmen, die Angst vor dem Sterben ist wohl größer als die Angst vor dem Tod? Vom Sterbeprozess hat jeder andere Vorstellungen, wenn es dazu schmerzvolle Erfahrungen in der Familie oder im Bekanntenkreisgibt. Glücklich wer Menschen erlebt hat, die sich gegen das Sterben nicht gewehrt haben, friedlich eingeschlafen sind. Die letzten Worte von dem Philosophen L. W. sollen gewesen sein: „Sagt allen, ich habe ein gutes Leben gelebt“. Der Tod schafft eine Einheit, etwas was uns alle verbindet, er ist uns allen gewiss. Der Sterbeprozess ist unterschiedlich, so individuell wie jede Persönlichkeit, wie jede unverwechselbare Lebensgeschichte. Wer einen starken Glauben hat, wie es in der christlichen Praxis heißt, einen starken Glauben geschenkt bekommen hat, der wird die Verheißung des Pfarrers in der Predigt dankbar aufnehmen: Wir können gewiss sein, dass es für jeden von uns nach dem Tod eine Heimat bei Gott gibt. Die Art und Weise liegt jenseits unserer Vorstellungen. Wer im Leben von den Mitmenschen viel Liebe erfahren hat und sich den Menschen mit Liebe zugewandt hat, der kann auf Erden etwas spüren, wie es im Umfeld Gottes sein wird.

Caravaggio

Wie kann ein Pfarrer über Phänomene predigen, die außerhalb unserer Wahrnehmung liegen? In dieser Situation greifen sie gerne zu Zitaten oder kurzen Ausschnitten von Literaten, wie Heinrich Böll, Peter Handke oder Rainer Maria Rilke. Die Bibel ist voll von Gleichnissen, weil es Jesus so möglich war das Wesen seines göttlichen Vaters dem Volk verständlich zu machen. Ohne die Gleichnisse vom Sämann, vom Weinbauer oder vom Fischer wäre dies nicht möglich gewesen. Ist uns die christliche Botschaft zumutbar, wenn sie nur mit Hilfe von Gleichnissen zu vermitteln ist und verständlich ist? Was der Wille des göttlichen Vaters ist, was wir tun und was wir unterlassen sollen, was uns nach dem Tod erwartet? Das Gleichnis vom ungläubigen Thomas ist den meisten Gläubigen bekannt. Thomas glaubte den anderen Jüngern nicht, dass ihnen der auferstandene Jesus erschienen ist. Er will dies erst glauben, wenn er seine Finger in die Wundmale von Jesus legen kann. So ist es dann geschehen, berichtet die Bibel. 

Der „Ungläubige Thomas“ ist bei der Kommunikation im Alltag ein fester Begriff. Kann man jemanden von einem Geschehen nicht überzeugen, dann nennen wir ihn gerne einen ungläubigen Thomas. Manche Menschen neigen zur Ungläubigkeit, sie erkennen Ereignisse oder Aussagen, welche sie nicht selbst erlebt haben, nicht an. Andere sind, ist ihnen etwas sympathisch, gleich Feuer und Flamme. Welche Methode kann ein Prediger anwenden, um diese biblische Begebenheit seinen Zuhörern nahe zu bringen? Dabei nicht in die Routine einiger zu verfallen und die Sätze aus dem Evangelium zu wiederholen. Ein Prediger in der Stadtpfarrkirche Villach hat mit einer Bildbeschreibung den Versuch unternommen, die Bibelstelle vom „Ungläubigen Thomas“, den Kirchenbesuchern nahezubringen.

Der Prediger lieferte eine Bildbeschreibung von „Der ungläubige Thomas“, wie es der italienische Maler Caravaggio in der Barockzeit gemalt hat. Auf dem Bild greift Thomas mit einem Finger tief in die Seitenwunde von Jesus, dass mir das Frösteln kommt. Er fährt mit dem Finger ungeniert in die Seitenwunde, man spürt den Schmerz, den er damit Jesus bereitet haben muss.