schock:raum

Seit meiner Führerscheinprüfung gehören Sicherheitsgurte im Auto zum Standard, zuerst nur bei den Vordersitzen und dazu die Kopfstützen. Es gab keine Pflicht zum Anschnallen, in Österreich wurde die Gurten Pflicht im Jahre 1976 eingeführt und darüber heftig diskutiert. Von der Beschneidung der persönlichen Freiheit war die Rede, die Verweigerer wurden Gurtmuffel genannt. Ihr Argument war ein Szenario, wo ein Auto in einen See stürzt und der Fahrer es nicht schafft den Gurt zu lösen, um aus dem Auto auszusteigen. Er geht mit dem Auto im See unter und ertrinkt. Dieses Unfallbeispiel verhinderte lange die allgemeine Anwendung vom Sicherheitsgurt. Kam hier die Rationalität zum Tragen, weil wie viele Unfälle gibt es anteilsmäßig bei denen dies der Fall sein könnte? Jeder kann darüber nachdenken, wie oft er im Monat an einem See oder einem größeren Fluss entlangfährt. Im Jahre 1984 wurde das Nichtanlegen mit einer Organstrafe belegt.

Wie der banale Griff zum Sicherheitsgurt im Auto über Verletzungen, Schmerzen und Genesung entscheiden kann, zeigte sich im Rosental. Die Nachlässigkeit keinen Sicherheitsgurt anzulegen, wir fahren nur eine kurze Strecke, kann fatale Auswirkungen haben. Ein Lenker bog mit seinem Pkw  auf die Bundesstraße ein und wurde von einem herannahenden Lkw seitlich gerammt und die Fahrerseite zertrümmert. War der Lenker unaufmerksam, sodass er den herannahenden Lkw übersehen hat? Der Fahrer musste von der Feuerwehr mit der Bergeschere aus dem Pkw befreit werden. Seine schlimmsten Verletzungen waren Blutergüsse, verursacht durch die Sicherheitsgurte, welche den Lenker am Sitz festgenagelt haben. Durch den Zusammenprall wurde der Airbag, eine Komponente seit den 80er Jahren, ausgelöst.

Der Beifahrer war nicht angeschnallt. Sein Oberkörper prallte ungebremst gegen den Airbag und dadurch wurden ihm ein Dutzend Rippen gebrochen, die Lunge geschädigt, sowie Kopfverletzungen. Der Schwerverletzte musste im Krankenhaus künstlich beatmet und ernährt werden, seine vollständige Genesung steht noch aus. 

Schockraum

glück:sofort

Im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten sind die Menschen heute Diesseitsorientiert, wir erwarten unser Glück jetzt, am besten sofort. Niemand gibt sich heute damit zufrieden, wenn ihm versprochen wird im Jenseits wird er für seine Entbehrungen entschädigt. Etwa ab dem dreizehnten Jahrhundert kommen in breiten Bevölkerungsschichten Zweifel an der vergoldeten Ewigkeit auf. Zu dieser Zeit, im Jahr 1282, wird unser Bauernhof, vulgo Unterdabernig, erstmals in den Büchern des Klosters Millstatt urkundlich erwähnt. Der Großteil des Gehöfts stammt noch aus dieser Zeit. In meiner Kindheit befanden sich über dem Erdkeller die Troadkästen. Es wird angenommen, dass die Bauern ihr Zehent für das Kloster Millstatt, Getreide, hier abgeliefert haben.

Der Auslöser für mein in mich gehen, ob wir unsere Wünsche immer steigern müssen, ist der allerorten lauter werdende Ruf und die Feststellung, wir müssen das Wirtschaftswachstum vom Vorcoronaniveau erreichen. Seit die Bekämpfung der Coronapandemie Fortschritte macht, setzten viele Händler ihre Hoffnungen darauf, dass die Kundenfrequenz im Einkaufscenter Atrio steigt. Die Auslastung in den Tourismusbetrieben soll in diesem Sommer das Vorcoronaniveau übersteigen. Ich erinnere mich an Aussagen welche zur Zeit der Hochblüte der Coronapandemie gefallen sind: Es macht Sinn nach der Pandemie über nachhaltiges Wirtschaften, über den übermäßigen Konsum, nachzudenken. Die Zeit der Lockdowns und Einschränkungen wurde als Zeit zum Innehalten propagiert, wo wir über unseren Ressourcenverbrauch nachdenken können. Nach der Pandemie können wir über unser künftiges Wohlbefinden neu entscheiden. Unser Glück nicht allein im Konsum suchen, sondern im sozialen Frieden, im netten Miteinander, im bedachtsamen Verbrauch. Nach diesen Werten wird man derzeit vergeblich suchen, ihre Präsenz ist aus den Medien verschwunden.

e:mobilität

Meiner Absicht ein Fahrrad mit einem tiefen Einstieg ohne Batteriebetrieb anzuschaffen folgte eine Überraschung, die Auswahl bei den lagernden Fahrrädern besteht zu zwei Drittel aus E-Bike. Verschiedene Geschäfte beschränkten sich auf einige Mustermodelle und boten die Möglichkeit an im Katalog ein passendes Modell ohne E-Motor auszusuchen und dieses dann zu bestellen. Bei den E-Bikes beginnt der Irrtum der umweltfreundlichen E-Mobilität und wird zurzeit durch den Hype um Elektro Autos verstärkt. Bei der Herstellung der Batterien werden seltene Ressourcen an Rohstoffen und viel Energie verbraucht. In Europa gibt es keine nennenswerten Herstellerfirmen für Batterien. Wir sind auf Importe angewiesen und genießen auf Kosten von billigen Arbeitskräften und schlechten Arbeitsbedingungen in den Herstellerländern unseren Fortschritt. Wir sehen uns als die Klimahelden und übersehen dabei, dass wir die europäische Kolonialisierung fortsetzen. Zudem ist unklar, wie diese übergroßen Batterien entsorgt werden können.

Einmal jährlich ist es um den Wörthersee autofrei, je nach Witterung entweder in der Vorsaison oder in der Nachsaison. Dieses Jahr wurde der autofreie Sonntag Coronabedingt abgesagt. Am autofreien Sonntag haben die Radfahrer das Sagen, auf den Straßen, den Plätzen und in den Restaurants. Im letzten Jahr waren es vor allem die E-Bike Fahrer, welche die Tour dominierten.  Nach einer zeitweise körperlich anstrengenden Rad Runde um den Wörthersee erreiche ich den Ausgangspunkt Velden. Am Ortsanfang, am Südufer, setze ich mich auf eine Bank. Unter einem Strauch, der die sitzenden wie ein Sonnenhut beschirmt. Jetzt verzehre ich meine restlichen Wurstbrote mit einem Schluck Coca-Cola.

Radlerwadln

e:bike

Nach der Quarantänezeit und damit einhergehend an einem Überfluss an Essen und Trinken während dem Höhepunkt der Pandemie, ist jede sportliche Betätigung gefragt. Bei der Fahrradbekleidung treiben es manche bis zum Äußersten, teilweise gewinne ich den Eindruck, die Radfahrerinnen und Radfahrer nehmen an einer Modeschau teil. In modischer Bekleidung wird man in Velden am Wörthersee von den mondänen Urlaubern akzeptiert. Vor dem Casino geht es darum, sehen und gesehen zu werden. Hier lässt sich die Zeit angenehm vertrödeln, um den vorbeifahrenden Motorrädern und den offenen Sportwagen nachzuschauen, darin die modischen Damen unter den Sonnenbrillen hervorlächeln.

Jahrelang war es meine einfache Bekleidung, mit der ich mich von den Stars der Fahrradszene unterschied, so tut sich seit einem Jahr eine neue Kluft auf. Diese war in diesem Sommer nicht mehr zu leugnen, besonders bei einigen Steigungen, welche der Radweg rund um den Wörthersee beinhaltet. Der Großteil der Radfahrer benützt ein E-Bike, besser gesagt kommt angedüst. Vor einigen Jahren wurde noch versucht  zu verbergen, dass man ein elektrisches Fahrrad fährt. Teilweise dadurch, dass man den Akku unter einem Einkaufskorb verstreckt hat, jetzt kehrt man diesen Trend hervor. Mitleidig blicken die E-Bikefahrer auf die nicht Motorisierten herab, wenn sich diese abmühen eine Steigung zu bewältigen. Um hervorzukehren wie trainiert sie sind, treten sie schnell in die Pedale und schalten den E-Antrieb um eine Stufe höher. Eine Selbsttäuschung, auf dessen glitschigen Boden ich mich nicht begeben will.

Muskelkraft

rad:fahren

Vor einigen Jahren sind wir mit dem Zug nach Pörtschach gefahren, um uns von der Zukunft inspirieren zu lassen, um uns die Zukunft vorführen zu lassen. Ein paar Monate gab es in Pörtschach eine Versuchsstrecke für einen autonom fahrenden Kleinbus, ein Bus ohne Lenker. Die Strecke führte vom Bahnhof in Richtung See und retour, sie dürfte etwa drei Kilometer lang sein, eine Schnupperstrecke. Wie kam es zu dieser Teststrecke? Einerseits hat sich eine Firma für Zukunftslösungen im Verkehrswesen in Pörtschach niedergelassen und anderseits sieht sich Pörtschach nicht nur als Fremdenverkehrsort, sondern möchte auch an die Technologie mit künstlicher Intelligenz anschließen. Das Hotel Miralago, wo einst die Schwester beschäftigt war, beherbergt in den Sommermonaten immer noch Gäste. Bei einem kurzen Lokalaugenschein hatte ich den Eindruck, dass es noch denselben Charakter und dasselbe Interieur wie vor fünfzig Jahren hat.

Im Corona Frühjahr- und Sommer näherte ich mich dem Wörthersee am liebsten mit dem Fahrrad. Zuerst mit dem Zug von Villach nach Velden, um ihn im Uhrzeigersinn zu umrunden. Dabei schaffe ich alle Höhen und Tiefen die der Radweg bietet. Beim Radfahren gehöre ich nicht zur Prominenz, weder von der Figur, noch bei der Bekleidung und auch nicht bei der sommerlichen Bräune. In Radfahrerkleidung, welche  bescheiden ausfällt. Keine enganliegenden Radfahrerhosen und T-Shirt mit knalligen Farbtönen, als wäre ich ein Radprofi und Teilnehmer der Österreichrundfahrt. Meine Bekleidung besteht aus einem dünnen, klimafreundlichem Hemd mit langen Ärmeln, diese schützen vor einer Sonnenallergie. Dazu eine kurze alltags taugliche Hose. Trotz dieser werktags mäßigen Bekleidung fühle ich mich der großen Zahl an Radfahrern zugehörig und mische mich ohne Scham unter die Urlauber. Radfahren boomt, in Zeiten der Corona Pandemie erlebt es einen großen Zuspruch.

Radfahrerparadies