echo:lot II

Interessant ist woher die ersten äußeren Signale kommen, dass man älter wird. Bei mir war es die Verständigung einer großen österreichischen Tageszeitung. Zwei Monate vor dem Einstieg in das siebente Jahrzehnt wird mir als Aufmerksamkeit zum siebzigsten Geburtstag ihre Tageszeitung für einen Monat gratis zugesandt. In meinen Überlegungen kommt mir der siebzigste Geburtstag nicht bedenklicher vor als der Fünfzigste oder Sechzigste. Beim 50er kann ich mich erinnern habe ich mir auf Grund der immer aggressiver werdenden Einkaufszentren Gedanken, wenn nicht Sorgen, gemacht, wie lange meine Papier- und Buchhandlung überleben kann. Es war die Zeit wo das Fachhändlersterben sein Finale gefunden hat. Im Lebensmittel-, Textil-, oder Drogeriebereich war der Wettbewerb schon zu Gunsten der Handelsriesen mit ihren Filialen entschieden. Die selbstständigen Lebensmittelgeschäfte hatten bereits vor zwei Jahrzehnten ein feierliches Begräbnis, trotz Dorferneuerung und Nahversorgungsprämie. In meinen Gedanken ging es darum, wie kann ich mich mit meiner Papier-& Buchhandlung behaupten. Dabei auch um meine Person, wo würde ich als Mittfünfziger eine Arbeitsstelle finden und als was? Bei einem Gespräch über meinen Gesundheitszustand und wie kann ich die Arbeitskraft bis zur Pensionierung erhalten, gab es ein Angebot vom Hausarzt. Bei Gelenksbeschwerden und ein wenig Psyche, sei die Bewilligung einer Frühpension kein Problem. Für meine Zukunft war dies kein Wunschziel, eher ein Schamziel .

Deshalb gehörte der sechzigste Geburtstag und die Tatsache, dass es einen Nachfolger für meine Papier- und Buchhandlung gab, zu den freudigen Erlebnissen. Auch zehn Jahre nach der Übergabe existiert die Papier- und Buchhandlung weiterhin. Rückblickend nehme ich an, dass meine Arbeit geschätzt wurde und der Nachfolger hat neue Ideen eingebracht .

echo:lot

Beim monatlichen Senioren Café in der Pfarre klagen ältere Menschen darüber, Ältere würde ich mit sechzig plus festsetzen, dass vieles im Alltag beschwerlicher wird. Das Stiegen steigen, das Öffnen der Brandschutztür im Kellerbereich oder das Bücken um die Strümpfe anzuziehen. Die Ausdauer beim Sport lässt nach, noch Spaß hat man bei der Gymnastiksendung „Fit mit Philipp“.  Bei der Arbeit wird man schneller müde und die Lust an einem Freitagabend ein wenig in der Stadt zu flanieren ist nicht vorhanden. Andere kämpfen mit ersten Abnützungserscheinungen am Knochengerüst oder es gibt Einschränkungen bei der Leberfunktion. Oftmals ist es nur mit Hilfe von Medikamenten möglich den Blutdruck zu regulieren und das Herz zu schonen.

Die Spirale an Einschränkungen und Verlusten gegenüber den Jahrzehnten davor lässt sich noch lange fortsetzen. Ich gehöre nicht zu den Berufsoptimisten, möchte aber einige gute und erfreuliche Beispiele hinzufügen. Es ist nicht unbedingt notwendig in den letzten Jahren im Berufsleben noch eins draufzulegen, außer man will es. Im Berufsalltag, passen die Umstände, beginnt jeder Morgen mit Freude. Vieles kann man aus der Erfahrung besser einschätzen und wird man von Kollegen gefragt, diesen mit einem Rat zur Seite stehen. Dies bedeutet eine Wertschätzung für die eigene Person. Vielleicht spürt man schon, dass es sich bezahlt macht im mittleren Alter mit gesunder Ernährung und Bewegung zu beginnen, um im Alter eine gewisse Elastizität zu bewahren. Damit die Organe nur dem normalen Alterungsprozess anheimfallen. Gab es den Willen neben der Fokussierung auf die Berufsarbeit einen persönlichen, privaten Bereich zu schaffen, dann erweist sich dies als Glücksfall. Bei Handwerkern und Selbstständigen besteht oft die Gefahr, dass es keinen Platz und keinen Sinn für bestimmte Liebhabereien bestehen. Vorlieben, wie die Pflege von Blumen, der Umgang mit Bienen, das Basteln von Weihnachtsgrippen oder die aktive Mitarbeit bei Vereinsfesten. Viele Hobbys als Spinnereien abgetan machen glücklich und schlagen sich für eine gute Nachtruhe nieder.

letzte:dinge

Zum Siebziger zeichnet sich eine Veränderung ab. Unbeeindruckt von der Lage in Europa sage ich, dass Besitz ein wenig Sicherheit vermittelt. Eine Liegenschaft ist aber mit verschiedenen Verpflichtungen gegenüber den Mietern verbunden, wie Kontrolle der Infrastruktur, Instandhaltung und Sauberkeit. Es ist ein Akt der Vernunft, wenn man mit fortschreitendem Alter sich von Besitz und Aufgaben löst. Dies muss man nicht als einen Verlust sehen, als Akt der Vergänglichkeit. Mit diesem Schritt kann man sich neue Freiheiten erwerben. Vor allem jene, welche mit der neu gewonnenen Freiheit etwas Erfüllendes anfangen können. Anderseits lässt sich, hat man verschiedene soziale Kontakte bewahrt, gut und gern bei einem Glas Bier auf die Auswüchse und Tollheit der modernen Welt blicken. In den letzten drei Jahren wurde noch einmal eines draufgelegt, globale Umstände wie die Klimaerwärmung und die Corona Pandemie und aktuell der Ukraine Krieg können Ängste erwecken Diese Vorkommnisse können einen bis in den Schlaf nachrennen.

Das Beruhigende in meinen späten Jahren ist, dass ich einige meiner Wünsche welche ich für die Pension gehegt habe, Wissen aufzufrischen, zu reisen und große Kulturevents zu besuchen erfüllen konnte. Meine momentane Gefühlslage ist, auf dieser Basis bei meinen Vorlieben weiterzumachen. Ich beschäftige mich auf universitärer Basis mit den sogenannten letzten Dingen, mit der Sterblichkeit, der Seele, dem Jenseits oder wie hilft Beten im täglichen Leben? Etwas von meinen neuen Erkenntnissen folgen auf diesem Blog…

baby:boomer II

Bei uns hieß es seinerzeit, wir hatten die letzten Tage sehr viel zu tun oder in den nächsten Wochen müssen wir die Wasserleitung im Abschnitt Seltschach erneuern. Dies war es. Über die vielen Aufträge in der Firma hat man sich gefreut und dabei seine Arbeitskraft unter Beweis gestellt. Teenager verkünden heute mehrmals täglich, sie haben Stress. Vielleicht meinen sie damit, sie haben in den nächsten Tagen zwei Schularbeiten oder in der Firma stehen drei Lkw zur Reparatur an. Bei der Babyboomer Generation hat das Wort Stress und Burnout einen schimmligen Beigeschmack. Gleich entsteht ein Krankheitsbild, welches mit Psychiatrie verbunden wird. Hier stößt man auf einen Vorgang des Verbergen. Alle Andeutungen die ein Verwandtschaftsverhältnis zu einer psychischen Krankheit herstellen werden hinter den Vorhang geschoben. Oftmals kann man die psychische Beeinträchtigung, vor anderen und dem Partner, gut verstecken. Dies kostet mehr an Kraft, als die Bewältigung der Krankheit selbst. Eine Ursache für dieses Verhalten ist, weil kaum jemand über die Bandbreite von seelischen Krankheiten Bescheid weis. Schlussendlich wird alles in einen Topf geworfen. Im nächsten Jahrzehnt könnten wir die Ausfahrt aus dem Kreisverkehr schaffen. Jeder, der sich entschließt das verurteilende Denken zu verlassen, kann mit einem Handzeichen den Kreisverkehr verlassen.

Man pflegte verschiedenen Umgang mit der Verrücktheit. In den Landgemeinden wurde es toleriert, wenn jemand ein wenig verrückt war, aber niemanden etwas zu leide getan hat. Bei einem Bauern gute Hilfsdienste leistete. Dafür gab es eine ausreichende Verpflegung und eine Schlafstelle die vor Regen und Kälte schützte. Manchmal war es nur eine Koje im Viehstall und eine Decke. Zumindest war es auch an kalten Wintertagen warm. Gab es bei den Bauern keine Arbeit, sind sie durch das Dorf gezogen, von Haus zu Haus und haben um Kleider und ein wenig Essen gebettelt.

Notunterkunft

baby:boomer

Bei den Verwandten bewegen sich die körperlichen Beschwerden im üblichen Rahmen. Die ersten Krankenbesuche werden fällig, wenn sich eine operierte Person in der Rehabilitation befindet. In den Rehas wimmelt es von Patienten. Die Aufenthalte erfolgen nach Herzoperationen, Hüft- und Knieoperationen. Zumeist wollen die Patienten ihre neue Fitness unter Beweis stellen. Bei der Demonstration von der Beweglichkeit des implantierten Hüftgelenks komme ich mir krank und unbeweglich vor. Der Bekannte erzählt, welches weitreichende Bewegungsprogramm er vorhat. Zu den erlernten Gymnastikübungen kommen Schwimmen, Gehen und Radfahren am Heimtrainer, dazu. Bei mir verschafft dies ein schlechtes Gewissen, weil ich korpulent  und nicht täglich sportlich aktiv bin. Zwickt es in der Hüfte oder im Kniegelenk, dann kommt es zu einer Selbstbeschuldigung, da ich mir seit langem vorgenommen habe, den wöchentlichen Kalorienbedarf zu reduzieren. Es ist ein ewiges auf und ab. Gerade habe ich es geschafft die zusätzlichen zwei Kilo, vom letzten Aufenthalt am Meer zu verlieren, nähert sich die nächste Kalorienfalle, die Osterjause. In Kärnten ist man den verschiedenen Genussfallen,  diese sind gleichmäßig über das Jahr verteilt, ausgeliefert. Ich schwanke zwischen Zunahme und Abnahme hin und her.

Vor einem Fest versucht man alle körperlichen Beschwerden, welche nicht gravierend  sind, auf die Seite zu schieben. Just zu dem Zeitpunkt, wenn man topfit sein soll, plagen einen Magen- und Gelenkschmerzen. An der Verkaufsfront wird ein Teil der Arbeitsenergie dafür verwendet, sich von seiner lächelnden Seite zu zeigen. Als Generation Babyboomer kannten wir Stress und Burnout nicht. Einer der Gründe dafür ist, die vielen Ablenkungen der Social Media erreichten uns erst im letzten Lebensdrittel.

facebook