mobilität

Groß war die Freude, als ich nach der Hüftoperation das erste Mal im Freibecken der Sonderkrankenanstalt Warmbad schwimmen konnte. Zuerst vorsichtig, als würde ich dem neuen Hüftgelenk nicht trauen. Das Alter hat auch seine Vorteile, man braucht sich niemandem gegenüber beweisen. Den Beweis für die Lebenstüchtigkeit hat man schon erbracht, ansonsten ist es zu spät. Der Schwerpunkt liegt auf einigermaßen, niemand will sich vor der Zeit aufgeben.  Ganz oben steht bei älteren Leuten der Wille gehfähig zu bleiben, heute spricht man vom mobil bleiben. Ein vielgebrauchtes Wort ist die Mobilität, auch gegen die uneingeschränkte Mobilität wie sie in den siebziger und achtziger Jahren begrüßt und gefördert wurde.  Dem Auto- und Flugverkehr kehrt man den Rücken zu. Dazu möchte ich anmerken, dass besonders in der Jugend und gerade in der Pension die Mobilität, das Autofahren, eine besondere Aktualität hat.

Wer es selbst erlebt weiß, dass es mit zunehmendem Alter mühsamer wird größere oder steile Wegstrecken mit vollen Einkaufstaschen zurückzulegen. Es gibt öfters Termine in der Innenstadt, die zwar mit dem Bus erreichbar sind, aber schon der Weg bis zur nächsten Bushaltestelle kann eine Herausforderung darstellen, der man nicht mehr gewachsen ist. Dies, obwohl man in der Vorstadt von Villach lebt. In Politzen, wo ich aufgewachsen bin, beobachte ich wie Bekannte altern. Am Land spielt die eigene Fahrtauglichkeit zum Arzt, zum Kaufhaus, zur Kirche oder zu einer Veranstaltung eine besondere Rolle. Nur die topfitten Achtzigjährigen schaffen es zu Fuß zum Gemeindezentrum nach Ferndorf. Der Weg dorthin ist etwa vier Kilometer lang. Hinunter ist es manchen möglich, aber auf den Politzner Berg hochzugehen ist eine Herausforderung. Glücklich jene Haushalte, wo mehrere Generationen im Haus wohnen und einer der Bewohner einen Shuttledienst anbietet.

bodenpersonal

Ich beobachte ein interessantes Phänomen, zu bestimmten Zeiten erinnere ich mich an bestimmte Aussagen und Erfahrungen von früher. Nach dem Betreten der Arztordination, bei der Anmeldestation entscheidet sich vieles. Hat man die Hürde bei der Ordinationsassistentin geschafft, bekommt man einen Platz im Warteraum zugewiesen. Vor Jahrzehnten war es die Ordinationsgehilfin, diese Bezeichnung wird heute nicht mehr verwendet. Eines haben viele Praktische- und Fachärzte gemeinsam, die Freude sehr zeitig mit der Ordination zu beginnen. Ist dies ein Attribut an früher, wo es selbstverständlich war, dass die Menschen um sechs Uhr morgens mit der Arbeit begonnen haben? Ein Relikt der Krankenhaus Gene, wo die praktische Ärzteausbildung beginnt, bevor sie sich selbstständig machen können. Wer schon einmal den Krankenhausalltag erlebt hat weiß, dass die Patienten von der Nachtschwester morgenfit gemacht werden. Ob es sich um Blutdruck-, Fiebermessen, Verbandswechsel oder um das Frühstück handelt. Ein Sprichwort sagt, der frühe Vogel fängt den Wurm. Die erste halbe Stunde gehört den Ordinationsgehilfinnen um die Frühstarter aufzunehmen, Rezeptwünsche zu erfüllen und mit den ersten Versorgungen, wie Blutabnahmen, Infusionen und Massagen zu beginnen.

Beim Betreten der Ordination steht die Tür zum Arztzimmer offen und ist unbeleuchtet. Ich stelle mich bei der Ordinationsassistentin mit einem freundlichen Guten Morgen vor und der wohlmeinenden Feststellung: „Das Bodenpersonal ist schon bei der Arbeit“. In meiner ersten Lebenshälfte gehörte der Ausspruch, die Ärzte sind die Götter in Weiß zum Alltag.  Damit verknüpfe ich die Vorstellung von überirdischen Wesen, sie schweben über unseren Köpfen und sind für die Erdung auf ein Bodenpersonal angewiesen. Unter den landläufigen Christen ist die Bezeichnung, das Bodenpersonal vom lieben Gott für Priester und Ordensleute weit verbreitet. Für die Missstände in den christlichen Kirchen trifft die Schuld nicht Gott, sondern schuld daran ist das Bodenpersonal. Im Warteraum vom Arzt gebe ich mich allen möglichen Gedanken hin und es fehlt am Überblick, warum ich noch nicht aufgerufen wurde? Eine Intervention beim Bodenpersonal ob es sein kann, dass Rentner zurück gereiht werden, diese haben ja Zeit? Vom Bodenpersonal kommt ein Dementi, dies sei nicht der Fall, es passiert alles der Reihe nach.

zugfahrt

Sofort, nach Freiwerden eines Sitzplatzes im überfüllten Zug hat sich jemand, zumeist mit einem Seufzer, auf den freien Platz gesetzt. Die erste Äußerung war zumeist ein Rundumschlag über die Zustände im Zug und eine Schuldzuweisung an die ÖBB. In Zeiten der vielgepriesenen und geforderten Mobilitätswende schafft die ÖBB es nicht, ausreichend Zugsgarnituren bereitzustellen.  Dazu gibt es Züge mit einem schlechten Komfort, welcher nicht mehr zeitgemäß ist. Dies ist keine Einladung zum Zugfahren. Meine Sitznachbarin berichtete, dass sie es schon öfters erlebt hat, dass an Sonntagen die Reisezüge in den Süden überbucht sind. Auch, so wie heute, nicht alle angeführten Zugsgarnituren vorhanden sind.

Für eine von ihr geführte Fahrradtour, von Salzburg bis an die obere Adria, war sie unterwegs um den Streckenverlauf, die Sehenswürdigkeiten und die Haltepunkte zu erkunden.  Orte, welche sie mit ihrer Gruppe besuchen will und wo sie eine Pause machen will. Für heute hat sie sich den Abschnitt von Mallnitz bis Spittal an der Drau vorgenommen. Der Abschnitt von Spittal bis Villach war ihr bereits bekannt. Diesen Abschnitt bin ich auch schon mehrmals mit meinem Fahrrad gefahren. Dieses Teilstück gehört zu den Anspruchslosen, man fährt ziemlich ereignislos die Drau entlang, das Landschaftsbild verändert sich kaum. Die Sehenswürdigkeiten beziehen sich hauptsächlich auf die Einkehrmöglichkeiten, Imbissbuden, Buschenschenken und Traditionsgasthöfe. Meine Radtouren absolviere ich mit einem Trekking Rad ohne E-Motor. Diesen Sommer habe ich gemerkt, dass ich zu den Wenigen gehöre, welche kein E-Bike verwenden. Die Fahrrad Gruppen sind fast ausschließlich mit E-Bikes unterwegs. Die Rad Guide hofft, dass alle Teilnehmer an der Fahrt mit einem E-Bike kommen. Ein harmonisches Miteinander ist, gibt es Teilnehmer ohne E-Bike, nicht möglich. Es sind hauptsächlich ältere Personen, welche sich zu einer Gruppe zusammenschließen.  Dabei würden Radfahrer ohne E-Motor schnell unter die Räder kommen, in diesem Fall in das Hintertreffen. 

sommerferien II

Für die Grundschüler und die Studierenden hat sich auch im 21. Jahrhundert an den Sommerferien nichts geändert. Für sie ist dies eine Zeit, um an einer Sportwoche, einem Musikfestival oder einem Symposium teilzunehmen. Mit den Eltern auf Urlaub zu fahren ist zumeist schon für Zwölfjährige uncool. Bei den Verkehrsmitteln ist die Eisenbahn die erste Wahl. Im Anblick der vielen Wartenden am Bahnsteig in Salzburg bin ich froh, dass ich eine Platzkarte gebucht habe. Der Leiter einer Jugendgruppe irrt am Bahnsteig von Wagon zu Wagon und sucht den Wagon mit der Nummer 260.  In diesem hat er für die Gruppe Plätze reserviert. Es gibt diesen Wagon einfach schlicht nicht. Aus Mangel an einsatzfähigen Zuggarnituren fehlen beim Intercityzug von München nach Klagenfurt schlichtweg zwei Wagons. Damit wird für viele Reisende die Reservierungskarte zur Makulatur. Was bei den Autofahrten der Stau vor einem Autobahntunnel oder vor einer Baustelle ist, dies ist bei den Bahnreisen die Möglichkeit, dass Wagons fehlen. Ein Pendant zum Stau auf der Autobahn. In den vorhandenen Zugsgarnituren staut es sich im Mittelgang und den Übergängen, da es an Platzkapazitäten fehlt. Für alle die ihre reservierten Plätze erreichen wollen, wird dies zu einem Hindernislauf, von Lauf ist keine Rede mehr. Es ist ein unangenehmes Durchzwängen und Vorbeischieben an stehenden Mitfahrenden. Mein vorreservierter Platz ist besetzt und mit einer Geste muss ich die Person auffordern den Platz zu räumen. Es ist eine jüngere Person als ich, ansonsten hätte ich ein Auge zugedrückt und wäre mit einem Stehplatz zufrieden gewesen.

Zu den Höhepunkten beim Zugfahren zählen für mich die unverhofften Gespräche mit den Mitreisenden. Bei der Fahrt von Salzburg nach Villach waren die älteren Zugsgarnituren geradezu ideal um in das Gespräch zu kommen. Bei den Viererplätzen waren die Sitze einander zugewandt. Sofort, nachdem eine Person aufgestanden ist, hat sich jemand Neuer, zumeist mit einem Seufzer auf den freien Platz gesetzt.

sommerferien

Ist die Rede von der schönsten Zeit des Jahres hat jeder andere Präferenzen. Es gibt unterschiedliche Vorlieben, manche orientieren sich an den vier Jahreszeiten. Für die einen ist es der Frühling, wenn die Aussicht besteht sich zu verlieben. Im fortgeschrittenen Alter wird der Frühling zu einem Lichtblick, der einem die Beschwernisse und die Gefahren des Winters vergessen lässt. Über Jahrzehnte war es eine Tatsache, dass der Sommer die schönste Zeit des Jahres ist. Der Sommer hat sich für immer damit verewigt, dass in den Sommermonaten die großen Schulferien stattfinden. Wenige unter uns haben die Schule mehr geliebt als die Ferien. In der Jetztzeit gibt es eine Beobachtung von mir, dass sich immer mehr Schüler während der Ferien auf den Schulbetrieb freuen. Dann begegnen sie ihre Mitschüler wieder in Echtzeit. In meiner Schulzeit war es selbstverständlich, dass wir uns auch in den Ferien mit den Mitschülern im Freien beim Spielen getroffen haben. Es gab kein Smartphone, kein WhatsApp und Instagram. Die Verlagerung von einem realen Treffen in das Internet war nicht möglich. Heute beobachte ich, treffen sich mehrere Jugendliche bei der Bushaltestelle, so verlassen sie dabei ihre virtuelle Welt nicht mehr. Sie behalten ihre Gepflogenheiten bei und kommunizieren über WhatsApp, so als würde ihr Freund ihnen nicht gegenübersitzen. Die Unterhaltung erfolgt über das Internet, als ob es nur mehr eine virtuelle Welt gibt.  

Im Sommer verbringen viele ihren Jahresurlaub, damit verbunden sind schöne und spannende Erlebnisse oder interessante Besichtigungen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war im Urlaub das vorrangige Ziel sich zu erholen. Viele der Sommerfrischler hatten an den Montagebändern in den Automobil- und Maschinenfabriken anstrengende Monate hinter sich. Heute beugen sich bei der Fertigung von Fahrzeugen an einem Montagepunkt mehrere Roboterarme über ein halbfertiges Fahrzeug. Der gebückt hantierende Montagearbeiter hat ausgedient. Nach Kärnten schwappte eine große Reisewelle über, wenn im Süddeutschen Raum die großen Automobilfabriken Betriebsurlaub machten. Ein Flaschenhals in den Süden, bei der Fahrt an die Obere Adria war der Grenzübergang Thörl Maglern. Der Stau reichte bis an den Stadtrand von Villach, welcher fünfundzwanzig Kilometer entfernt war, zurück. Für die Bewohner in Arnoldstein war es ein kriminelles Unterfangen die Bundesstraße zu überqueren.