heilige:hemma

Über einige Stufen gelange ich in die Krypta, zum Grabmal der heiligen Hemma.

Bevor ich in Gurk den Dombezirk, der ein Kloster und einen Friedhof miteinschließt betrete, setze ich mich in den kleinen Park davor. Ich beobachtete den Eingangsbereich. In der nächsten halben Stunde betraten nicht mehr als eine Handvoll Menschen den Dombezirk. Darunter waren sicher einige Einheimische, die einen Friedhofsbesuch machten. Unwillkürlich denke ich, ist der Dom heute geschlossen? Haben die Kirchen auch ihre Ruhetage? Gerade nähern sich ein Herr und eine Frau, beide mit einem Rollator, dem schmiedeeisernen Eingangstor.  Zuerst betritt man den Friedhof und muss ihn überqueren, um dann in den Dom eintreten zu können. Wird ihnen der Besuch bei der Heiligen Hemma, der Landesfürstin von Kärnten, Mut und Trost geben? An diesem Nachmittag gibt es keine Busreisende oder Pilgergruppen, es ist kein Sonn- oder Feiertag. Es ist ein gewöhnlicher Freitag. Was die Besucherströme im Dom betrifft, Vorsaison. Nach dem Eintreten in den Dom bin ich fasziniert von dem vergoldeten Hochaltar und seinen vielen Statuen. Ein Glücksfall ist, dass die Sonne verschiedene Altäre ausleuchtet. Ich bleibe lange der einzige Besucher im Dom. Über einige Stufen gelange ich in die Krypta, zum Grabmal der Heiligen Hemma. Meinen Dank, aber auch Wünsche lege ich in ihr Grab. Etwas verwundert bin ich über einen Felsstein an dem zwei Krücken lehnen. Wie ich dem Domführer entnommen habe, saß Hemma auf diesem Stein, wenn sie den Bauarbeiter des Domes ihren Lohn auszahlte. Die Krücken stellvertretend für jene, welche durch die Fürbitte von der Heiligen Hemma geheilt wurden. Krücken werden nach einer Hüftoperation gebraucht, jeder hofft so kurz wie möglich.

Beim jetzigen Besuch fühle ich mich wie damals, als ich vor dreiunddreißig Jahren vom St. Veiter Krankenhaus aus Dankbarkeit hierher gefahren bin. Die Ursache für die Durchfälle war eine harmlose Gastritis.

müll:sorgen II

Durch unsere Zwangsbeglückung wird die afrikanische Textilindustrie zerstört.

In meinem Papierladen sammelte ich das Altpapier, dies waren vor allem Verpackungskartons und die alten, geköpften Zeitungen und Zeitschriften. In den 70er Jahren wurden nur die Titelseiten der Zeitungen und Zeitschriften zurückgesandt, der Rest der Zeitungen und Zeitschriften blieb beim Händler. Eine flächendeckende Altpapiersammlung oder Altpapiertonnen waren damals eine ferne Zukunftsmusik. In Villach existierte eine kleine Firma, welche Alteisen- und Altpapier gesammelt hat. Diese habe ich verständigt, wenn ich eine größere Menge an Altpapier und geköpften Zeitungen hatte. Damals wurden Firmen für das Einsammeln von Alteisen, Schrott und Altpapier belächelt, heute ist die Abfallwirtschaft ein boomendes Geschäft.

Bei den Container für Altglas stehen auch die grünen Container für Altkleider. Meine Einstellung zum Sammeln von Altkleidern hat sich seit meinem Besuch der documenta xv in Kassel verändert. In mehreren Videos und bei einer Diskussion habe ich aus erster Hand erfahren, wie negativ sich der Export unser Kleiderspenden für die afrikanische Textilbranche und das Selbstbewusstsein der Afrikaner auswirkt. Wir nehmen an, dass wir mit dem Export von gebrauchten Kleidern nach Afrika eine gute Tat vollbringen. Wir finden uns großartig, wenn wir den armen Afrikanern unsere Altkleider spenden. Unsere Vorstellung ist, dass sie durch Recycling neue Stoffe gewinnen könnten. Die Wirklichkeit ist eine andere, wie es in den Videos auf der Documenta gezeigt und von Wirtschaftsprofessoren erläutert wurde. Die Hälfte der Kleider sind ob ihrer schlechten Qualität nicht wieder verwertbar und werden oftmals auf ungesicherten Mülldeponien illegal verbrannt. Beim restlichen Kreislauf der Wiederverwertung ist der Schaden für die afrikanische Wirtschaft und der Bevölkerung um vieles größer als der Nutzen. Durch unsere Zwangsbeglückung wurden und werden die afrikanische Textilindustrie, welche ihre landestypischen Stoffe herstellt, zerstört. Ebenso die Folgebetriebe, wie Schneidereien und Handelshäuser. Zudem gibt es keine eigenständige afrikanische Mode, welche für den Nationalstolz und das Selbstbewusstsein, förderlich wäre. Zum Großteil schämen sich die Leute, wenn sie sozusagen gezwungen sind die europäischen Klamotten zu tragen, eine neue Form der Kolonialisierung. Auch die Chance zerstört, dass afrikanische Mode die westliche Welt erobern könnte, Textilien aus Afrika ein Exportschlager sein könnten.

müll:sorgen

Wo Tauben sind da fliegen Tauben zu.

Um den Anteil von Sperrmüll auf der Deponie zu reduzieren, organisierte der lokale Wirtschaftshof jährlich im Sommer eine flächendeckende, damals noch kostenfreie, Sperrmüll Entsorgung in der Untergailtaler Gemeinde. Durch das Engagement der Feuerwehrmänner wurde der Sperrmüll vor der Abholung nach brauchbaren, gut erhaltenen Gegenständen durchstöbert. Gleichzeitig konnten die Bewohner im Arnoldsteiner Feuerwehrhaus Kleider und Schuhe abgeben. Bilder, Geschirr, Bücher, Radios, Spiel- und Werkzeug, Kleider und Schuhe wurden dann im Sommer auf einen Flohmarkt verscherbelt. Das erwirtschaftete Geld wurde zum Ankauf von Geräten oder Ausrüstungen für die Feuerwehr verwendet. Der Flohmarkt bildete die Kulisse für einen Frühschoppen mit Musik, Bier und Würstel, ein echtes Dorffest.

In die landesweiten Schlagzeilen kam Arnoldstein, weil die Mülldeponie für Villach Land und Villach Stadt sich erschöpfte und ein neuer Standort für eine Restmülldeponie gefunden werden musste. Ein geplanter Ort war das Grenzgebiet zwischen Arnoldstein und Hohenthurn. Es gab emotionale Auseinandersetzungen im Kulturhaus von Mülldeponiebefürworter und – Gegner. Dagegen unter dem Motto keine Hausmülldeponie in der Gemeinde, die Umweltbelastungen durch die Industriebetriebe sind schon groß genug. Wie lautet ein Spruch, wo Tauben sind da fliegen Tauben zu, hier lautete das Motto, wo Dreck ist da kommt Dreck dazu. Während der hitzigen Diskussionen um einen geeigneten Standort hatten sich die Vorschriften von Seiten der EU zur Mülltrennung und Restmüllentsorgung verändert. Es durfte kein Müll mehr deponiert werden, vorgeschrieben wurde das Verbrennen des Restmülls. Einer der bevorzugten Standorte in Kärnten für eine Müllverbrennung war der Industriepark in Arnoldstein. Dort wurden wegen der starken Umweltbelastungen, auch wegen Preisverfall bei den erzeugten Rohstoffen, einige Betriebe geschlossen. Der Standort war danach ein umweltökologischer Sanierungsfall auf Grund der Bleibelastungen im Boden und in den Gebäuden. Bei einer Bürgerabstimmung entschied sich eine knappe Mehrheit der Bevölkerung für die Errichtung der Müllverbrennung am Industriestandort. Die Abwärme der Müllverbrennung versorgt den neu belebten Industriestandort mit Energie und das Kerngebiet der Gemeinde mit Fernwärme. Inzwischen wird Fernwärme aus der Arnoldsteiner Müllverbrennung bis in die Bezirkshauptstadt Villach geliefert und dort in das Fernwärmenetzt eingespeist.

ordi:nation

Ein unerforschtes Feld sind die aufliegenden Zeitschriften für die wartenden Patienten.

Es ist zumeist dieselbe Formel mit der einem der Ordination Assistentin, nachdem man sich schon halb entblößt hat, vertröstet: „Es dauert noch ein wenig bis man zum Arzt vorgelassen wird, man muss ein wenig Geduld haben. Man soll im Wartezimmer Platz nehmen, man wird aufgerufen“. Die Möblierung der Wartezimmer sind kein Ort für Wohnungsjournale, je länger ein Arzt ordiniert, umso abgewohnter die Möbel. Selten habe ich erlebt, dass in die Renovierung der Wartezimmer investiert wurde. Arztpraxen, welche neu eröffnet oder neu übernommen werden, verfügen zumeist über ein attraktives Wartezimmer. Angenehm, wenn es eine räumliche Abtrennung zwischen Patientenaufnahme und dem Wartebereich gibt. Die Wartezimmer von Gemeinschaftspraxen, mehrere Ärzte benützen dieselben Ordinationsräume, folgen eigenen Regeln. Hier ist das Mobiliar so zusammengewürfelt wie die Fachgebiete. Da treffen Hippe Sessel, hypermoderne Sitzbänke auf Retro Möbel aus den 70er Jahren.

Ein noch unerforschtes Feld sind die aufliegenden Zeitschriften, das Lektüreangebot für die wartenden Patienten. Ein Teil der Zeitschriften sind Werbebroschüren von Pharmafirmen, medizinische Aufklärungsschriften zu bestimmten Gesundheitsrisiken. Etwaigen Illustrierten sieht man ihr Erscheinungsdatum an, manches Mal entdeckte ich in diesen Zeitschriften ein Senfkorn. Die Auswahl an Zeitungen und Zeitschriften verliert heute immer mehr an Bedeutung. Es gibt kaum jemandem unter Fünfzig, welche nicht sofort nach dem Platz nehmen ihr Smartphon aus der Gesäßtasche ziehen. Darauf nach Meldungen und Nachrichten surfen und mit dem Antworten beginnt. Eines hat sich durchgesetzt, im Unterschied zu anderen Bereichen, wie bei Behörden, in Supermärkten oder Cafés, haben alle das Handy auf lautlos gestellt und verzichten auf ankommende Gespräche.

wasser:rechte

Laudato Si, die Wasserfrage. Wie gehe ich mit dem Wasserverbrauch um?

In der Einleitung zu Enzyklika Laudato Si erwähnt Papst Franziskus, dass diese einen Stein in der katholischen Soziallehre hinzufügt. Ein Kapitel befasst sich mit der Verfügbarkeit und der Verwendung von Trinkwasser. Dieser Aspekt ist mit den anderen Themen der Enzyklika, wie Klima und Umweltverschmutzung, verbunden. Explizit wird von Papst Franziskus darauf hingewiesen, dass unter den Auswirkungen des Trinkwassermangels und der Umweltverschmutzung am meisten die ärmeren Schichten in den betroffenen Regionen leiden. In der Streitschrift wird aufgezeigt, dass dort, wo reichlich Wasser zur Verfügung steht dieses durch Industrieabwässer, Chemikalien aus dem Haushalt und Pestizide aus der Landwirtschaft verunreinigt wird. Betont wird das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser. Von den wasserarmen Regionen wird Afrika genannt, in der Enzyklika gibt es aber dafür keine Lösungsvorschläge. Sehr global wird von den Ärmsten gesprochen ohne weitere Regionen, außer Afrika, zu benennen.

In unserem Rentner Haushalt achten wir darauf, dass nur biologische Putz- und Waschmittel verwendet werden. Beim Geschirr- und Waschautomaten begnügen wir uns mit den Kurzwahlprogrammen. Ein Vollbad hat Seltenheitswert, wenn, aus einem medizinischen Grund,  ansonsten wird zur Körperreinigung geduscht. Mir ist nichts bekannt, wie der Wasserüberschuss aus dem alpinen Raum in wasserarme Gegenden der Welt transferiert werden könnte.

Wasserverbrauch spielt auch beim Konsumverhalten eine Rolle. Auch wenn im Alltag Wasser gespart wird kann es sein, dass durch großzügiges Konsumverhalten der persönliche Wasserverbrauch steil in die Höhe steigt. Durchschnittswerte an Wasserverbrauch bei der Herstellung von Konsumgütern:

Von der Rohstoffgewinnung bis zur Endmontage werden für ein Auto 400.000 Liter Wasser benötigt. Die Herstellung eines Baumwoll-TShirts verschlingt 4100 Liter Wasser. Die tägliche Tasse Kaffee benötigt 140 Liter und für die Produktion eines Smartphones werden 910 Liter Wasser verbraucht. Auch beim täglichen Speiseplan lässt sich Wasser sparen: Die Fleischherstellung benötigt viel Wasser: Rindfleisch schlägt mit 15.490 Litern, Schweinefleisch mit 4.730 Litern und Geflügel mit 4.000 Litern pro Kilo zu Buche.

ÜBUNG zur LV: Menschenwürde und Menschenrechte