ver:hext II

Als ich in das Haus des Onkels in Judendorf  komme, sitzt in der Küche eine gesellige Rund. Auf dem Tisch Speck, Hauswürste und Käse, die Zutaten für eine Kärntner Brettljause. Die Anwesenden haben eine Flasche Bier vor sich, bei manchen ist es schon die Zweite und die Dritte. Der Jubilar liegt bleich und verstört im Nebenzimmer, er ärgert sich grün und blau darüber, dass er das Bett hüten muss. Seine Frau hat bereits den Arzt verständigt. Sie ist gerade dabei alle Medikamente, etwa zehn, welche er täglich einnimmt, auf das Nachtkastl zu stellen. Damit verschafft sie dem Arzt gleich einen Überblick. In der Küche wird es immer lauter und turbulenter, da hilft keine Aufforderung leiser zu treten. Der herbeigeeilte Arzt verordnet dem Jubilar zuallererst Ruhe und Schonung, eine Geburtstagsfeier hat nicht immer nur Vorteile.

Die Event-Gesellschaft hat noch nie auf das Befinden anderer Menschen Rücksicht  genommen, man versucht sich bestmöglich zu unterhalten. Dabei eventuell auch einander zu übervorteilen. Nicht oft gibt es die Gelegenheit, so schnell und so einfach, einen Großteil der Verwandtschaft anzusprechen. Diese mit Sonderkonditionen für eine Freizeitunfallversicherung zu locken. Jeder versucht bei der Zusammenkunft für sich das Bestmögliche herauszuschlagen. Für familienferne Besucher, welche über eine einflussreiche Position verfügen, gelten Verwandte als Dosenöffner. Diese sind die bevorzugten Beutetiere. Aufbauend auf die Integrität des Verwandten verwickelt man offizielle Besucher leicht in eine geschäftliche Diskussion. Sie stimmen weiteren Konsultationen gerne zu. Gleich einem guten Schnaps sind die vorhandenen Kontaktmöglichkeiten eine Einstiegsdroge für halbseidene Geschäfte. Familiäre Verbindungen hindern niemanden daran sich gegenseitig auszutricksen, um das Bestmögliche aus der Verwandtschaft herauszuschlagen. Das Familienbiotop gehört zu den besten Fischereirevieren.

Petri Heil.

ver:hext I

In Kärnten werden, Datenschutzbestimmungen hin oder her, in den lokalen Nachrichtenblätter der Kommunen die Geburten, die Todesfälle und die Eheschließungen verlautbart. Ab dem Fünfundsechzigsten Geburtstag, dem offiziellen Antrittsalter für die Rente,werden in der Gemeindezeitung auch Glückwünsche zum Geburtstag übermittelt. Ergänzt werden diese beliebten Verlautbarungen mit Fotos, wenn der Bürgermeister die Glückwünsche zu einem neunzigsten Geburtstag oder einer Goldenen Hochzeit selbst überbracht hat. Meistens ergibt sich dasselbe Bild, der Bürgermeister als Gratulant neben den zu Gratulierenden.

Der Hinweis auf die Datenschutzbestimmungen brachte die Krankenbesuche von Mitgliedern einer Villacher Pfarre zu Fall. Engagierte Personen vom Sozialkreis besuchten, vor allem die Alleinstehenden und älteren Personen im Krankenhaus. Sie sprachen ihnen Trost und Hoffnung zu. Nach Jahren einverständlicher Zusammenarbeit wurde die Datenübermittlung der stationären Patienten vom Krankenhaus eingestellt.

Es ist nicht selbstverständlich, ist man zu einer Feier geladen, das Geburtstagskind vor strotzender Lebensfreude anzutreffen. Bei älteren Personen verursacht der Besuch des Bürgermeisters, handelt es sich um eine fromme Person kommt der Besuch eines Geistlichen hinzu, ein hohes Maß an Aufregung. Sie versuchen sich von der besten Seite, von der humorvollen und gesunden Art, zu zeigen.Trotzdem können sie die Nervosität, welche durch diese hohen Besuche ausgelöst werden, nicht zur Seite schieben. So überstehen sie den Besuch des verehrten Bürgermeisters und des ehrwürdigen Pfarrers, am Vorabend vom Geburtstag, mit Bauchweh.

Am Geburtstag selbst, wo am Nachmittag die Kinder und Enkelkinder und ein Teil der Verwandten kommen wird, fühlt man sich zu Mittag übel und schwindelig. Das chronische Blasenleiden macht sich bemerkbar, fast hätte man es vergessen. Ein  schlechter Zeitpunkt um immer wieder die Toilette aufzusuchen.

Blasentee

the:end II

Zu Wohnungstieren hat man eine emotionalere Beziehung, sei es eine Katze, ein Meerschweinchen oder ein Hund. Unabhängig  davon, ob man im dörflichen oder städtischen Bereich lebt.Durch das Zusammenleben in der Wohnung, den persönlichen Umgang, kann ein Hund ebenso zur Familie gehören wie ein Kind oder der Partner. Bekanntlich fördert es die Entwicklung von Kindern, wenn sie mit einem Haustier aufwachsen. Ein Tier macht keinen Unterschied zwischen alt oder jung, zwischen gesund oder gebrechlich, hübsch oder unschön. Es urteilt nach anderen Kriterien, sucht sich die Menschen, denen sie ihre Zuneigung zukommen lassen, nach ihrem Instinkt  aus.

In Wohnungsnähe befindet sich eine Seniorenwohnanlage. Nur in Ausnahmefällen sind in Altersheimen Haustiere erlaubt. Sehr beliebt sind mobile Haustierbesuche, welche von den Bewohnern schon sehnsüchtig erwartet werden. Wieviel Bewegungsraum gibt es für die Insassen? Man bewegt sich in einer kleinen Wohnung, zumeist Zimmergröße. Man spitzt die Ohren, wenn am Gang etwas zu hören ist, ein Besucher der lauter als üblich spricht. Ein andermal ein Blick aus dem Fenster, wenn in einiger Entfernung ein Auto die Bergstraße hochfährt. Morgens wartet man auf das Frühstück, danach auf das Mittagessen und abends auf das Nachtmahl. Ist man mobil, gibt es sozusagen den Freilauf in den Speisesaal und etwas Zuwendung vom Servierpersonal. Nachts ein wenig Fernsehschauen…

Mobilisation.

the:end I

Nach zwanzig Fahrradkilometern sitze ich auf einer Bank unter der Linde von der St. Georgskapelle  und denke über die Hasenhaltung nach. Zu Füßen der Anhöhe liegen ausgedehnte Getreide- und Maisfelder. In meinem Blickfeld befindet sich ein Hasengehege, von wo mich ein Hase mit weißem Fell und schwarzen Löffeln durch das Eisengitter beobachtet. Seine Koje ist etwa zwei Meter mal einen Meter groß, ganz ordentlich finde ich für einen Hasenstall. Ich kann nicht beurteilen, ob er auch Freigang hat. Auslauf  wäre vorhanden, der Hasenstall befindet sich in Stallnähe. Dann und wann spitzt er seine Ohren, wenn Wanderer plaudernd vorbeigehen und blickt den vorbeistrampelnden Mountainbiker nach. Zuweilen schläft er, dann hoppelt er eine Runde durch den Stall, um am Trockenfutter zu knappern und aus der Wasserschüssel zu trinken. Ist dies eine Artgerechte Haltung, ein ständiges Freigehege wäre wünschenswert?

Ich erinnere mich, dass ich schon einmal einen Eintrag  über Hasen gepostet habe. Welche Zukunft erwartet diesen Hasen? In Stallnähe  scheint er nicht ein Kuschelhase für den Streichelzoo zu sein. In einem Kuhstall geht es um den Erwerb zum Lebensunterhalt. Dabei kommt in den kleinen landwirtschaftlichen Betrieben die menschliche Fürsorge für die Haustiere nicht zu kurz. Für den Bauern bedeutet dies eine emotionale Herausforderung. Sie wenden sich den Haustieren, wie Schweine, Hasen, Schafe oder Kälber über Monate fürsorglich zu, erwerben ihre Zutraulichkeit und dann kommt The end.

Warum denke ich über das The end des Hasen nach?  Als ich noch als Kind am Bergbauernhof  lebte, war dies kein Thema. Das Füttern der  Hasen, die Versorgung mit Wasser und das Stallausmisten war eine typische Kinderarbeit. Frühmorgens vor dem Gang in die Schule, abends vor dem Schlafengehen. Für uns Kindern hatten die Hasen eine handliche Größe und  ein Fell, welches sich wunderbar streicheln ließ. Mit Zuneigung versorgten wir sie. Eines Tages endeten sie als Hasenbraten in der Pfanne und als Mittagessen auf dem Teller. Zumeist an einem besonderen Tag, wie Kirchtag oder Feiertag. Der Tod des Hasen wurde als etwas Notwendiges gesehen, einige Tage bedauert, dann wandten wir uns den anderen Tieren zu. Einem jungen Fohlen, Kalb oder Kitz, letztes Ende reduzierte sich vieles auf das Essen.

Wienerschnitzel.

bettler:in III

Über einen größeren Zeitraum stand ich jeder öffentlichen Bettelei kritisch gegenüber und dies hatte seinen Grund in einem persönlichen Erlebnis. Wir befanden uns auf der Heimfahrt nach Kärnten. Auf der Autobahn in Slowenien ist mir ein langsam fahrendes Auto aufgefallen. Beim Überholen winkte der Fahrer mit der Hand aus dem Fenster. Ich verstand es als Signal für ein Problem mit ihrem Auto und als eine Bitte zum Stehenbleiben. Im Rückspiegel sah ich einen älteren Mercedes mit einem deutschen Kennzeichen. Ich dachte mir, wahrscheinlich handelt es sich um ein älteres Ehepaar, welches auf der Rückreise vom Urlaub ein Problem bekommen hat. Der Mercedes bleibt hinter uns stehen und vom Beifahrersitz steigt ein Herr im mittleren Alter aus und kommt zu uns nach vorne. Meine Frau öffnet das Autofenster und der Herr bittet in gutem Deutsch, mit ausländischem Akzent, um Hilfe. Er sei mit der Familie, einschließlich zwei Kindern, auf der Heimfahrt in die Türkei. Leider haben sie die Kreditkarte verloren und kein Guthaben am Handy, so könnten sie  ihre Freunde nicht verständigen. Ob wir nicht Geld leihen würden, damit sie das Handy aufladen und den Kindern etwas zu trinken kaufen könnten. Er würde uns dafür Schmuck geben und hat dabei ein paar Perlenketten (Imitate) durch das Fenster gereicht. Mir ist die Schilderung zwar fragwürdig vorgekommen, trotzdem habe ich ihm 20 Euro in die Hand gedrückt. Daraufhin hat er durch das Fenster in das Wageninnere geschaut  und gefragt, ob wir nicht etwas mehr geben könnten?  Dabei hat er seine Visitenkarte hereingereicht, eine Auto Import und Export Firm mit Sitz in Berlin. Ob wir ihm nicht 100 Euro vorschießen könnten? Wenn ich ihm meine Bankverbindung bekanntgebe, würde er diesen Betrag, ist er  wieder in Berlin, zurücküberweisen. Ich habe ihm 100 Euro gegeben und ihm versichert, wenn er in einer wirklichen Notlage ist, mache ich dies freiwillig. Ich brauche keine Rückzahlung und auch keinen Schmuck. Wir sind vom Pannenstreifen schnellstmöglich weitergefahren und bei der nächsten Raststätte stehengeblieben. Ich habe im Kofferraum kontrolliert ob unser Gebäck noch vollständig ist. Während er mit uns verhandelt hat, hätte es ja sein können, dass einer von der Familie etwas aus dem Kofferraum entwendet. Nach diesem  Erlebnis hatte ich eine Zeitlang eine Bettlerallergie.