nach:haltig l

Mir kommt es vor, als wäre ich schon eine Ewigkeit in Pension. Dabei liegt mein Pensionsantritt gerade drei Jahre zurück. Unvorstellbar ist es für mich, wie es Menschen, welche schon mit fünfzig Jahren und darunter aus dem Berufsleben ausgeschieden sind schaffen, die Jahre ihrer Pension mit Mehrwert zu füllen. Nicht so zu  füllen, dass man sagt, es gibt jeden Tag etwas zu tun. Dreimal in der Woche einen Spaziergang in der Stadt mit einem abschließenden Cafehausbesuch und dabei vertieft man sich in die Tageszeitung. Ein anderer Weg ist, mit den Nordic Walkingstöcken oder mit dem Fahrrad mehrmals in der Woche die benötigte Fitness zu steigern. Solche Tage kommen mir manches Mal unerfüllt vor. Von allen Seiten bekommt man zu hören, dass man sich jetzt die Tage selbst gestalten kann. Mir ist es nicht danach nach den Mahlzeiten den Tagesablauf zu planen und Apfelmus zu essen. In meinem Leben möchte ich noch etwas Nachhaltiges machen, dass Spuren in der Gemeinschaft, im Bezirk, in meinem Leben hinterlassen. Die Öffentlichkeit soll nicht abrupt abbrechen, immer vorausgesetzt, dass die körperlichen und geistigen Fähigkeiten es erlauben. Dies kann alles bedeuten, wie täglich am Vormittag eine Stunde in einem Buch zu lesen oder einer Ö1 Konzertübertragung zuhören. Monate sind, ohne diese Möglichkeiten, verstrichen.

Wer hofft, dass der Pensionsalltag störungsfrei verläuft, wird bald durch den Alltag enttäuscht. Zum einem treten verschiedene körperliche Störungen auf, die man als lästig empfindet und von denen man gehofft hat, dass sie mit dem Beginn des Rentenalltags ein für allemal aus der Welt sind. Während des Erwerbsleben hat man sie verdrängt, mit dem Vorsatz, im Ruhestand wird Zeit sein, diese Wehwehchen auszukurieren. Jetzt habe ich das Gefühl, dass diese Wehwehchen Störenfriede sind, die mir kostbare Pensionszeit rauben, die Zeit zum Auskurieren finde ich nicht. Obwohl ich nicht erkenne, was das Wertvolle an der Zeit ist, worin das Wertvolle versteckt sein kann.

Stromstörung

aus:fahrt

In Beziehungen öffnen sich manches mal die Klüfte der Vergangenheit. Es können sich Frauen/Männer, auch wenn sie schon lange Witwen/Witwer sind, nicht aus ihren Ehekerkern, aus ihren erlebten Ehehöllen, befreien. Sie leiden noch immer unter der Strenge und Dominanz ihres wunderbaren, lieben, verstorbenen Partner. Diese Zwänge, denen sie damals ausgesetzt waren, werden sie auch durch intensives Schütteln nicht los. Eher verläuft es so, dass sie alle Männer/Frauen pauschal als Egoisten und Rechthaber bezeichnen. Auch solche die es nicht sind oder die sie gar nicht näher kennen. Oftmals bauen sie eine Wehrmauer auf, sodass kein Mann/Frau das Bedürfnis verspürt ihnen näher zutreten. Sie halten die Anwesenheit eines Mannes/Frau für eine Belastung, sie bleiben nach ihren Erfahrungen lieber unter sich. Sie öffnen ihre Gruppe auch bei geselligen Anlässen nicht für den Partner, sie sehen im Mann/Frau nur ein Ärgernis.

In einer neuen Beziehung soll der Partner/Partnerin alle Wünsche, die in einer anderen Beziehung unerfüllt geblieben sind, reichlich ausfüllen, ein Drüberpartner sein. Sie bleiben zumeist in den alten Geleisen und bringen alle schlechten Erfahrungen in die neue Beziehung ein.

Notbremsung.

web:friedhof

In der Mittagsstunde sitze ich in Caorle  vor dem Museum in der Sonne. Immer wieder kommen hierher Paare um sich auszuruhen. Derweil strömen aus den verschiedenen Richtungen die Trauergäste in die Kirche. Der Tod kennt keine Ferien, er zwingt uns sein Handeln auf. Dem Toten in der Kirche, männlich oder weiblich, hat Gott das Wort entzogen. Er tritt ohne Hab und Gut vor Gott, alles Irdische wird unter den Erben aufgeteilt. Meine Hoffnung für das Jenseits ist, dass uns Gott das Wort zurückgibt. Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.

Wie können die vielen Wörter, welche ich in die Welt gesetzt habe in Ehren gehalten werden, wem kann ich vertrauen?  Sie sind nicht zum Verkauf gedacht, wie die materiellen Güter. Der Fortbestand meiner Wörter ist mir ein tieferes Anliegen, als die Vererbung der täglichen Gebrauchsgegenstände. Bis heute sind die Hüter der Wörter die Bücher, traditionell von den Bibliotheken archiviert. Im Internet sind die Server die Bewahrer der Wörter, sie herrschen zumeist in Übersee. Welches Interesse haben sie, die vielen Wörter zu archivieren?  Wird es, so wie es für den Leib einen Friedhof gibt, dereinst für die Webseiten einen Internetfriedhof geben? Für wie lange und zu welchen Friedhofsgebühren.

Fragliche Zukunft.

Allen Besuchern ein schoenes Osterwetter, einen braven Osterhasen,

und erholsame Feiertage. 

bettler:in III

Über einen größeren Zeitraum stand ich jeder öffentlichen Bettelei kritisch gegenüber und dies hatte seinen Grund in einem persönlichen Erlebnis. Wir befanden uns auf der Heimfahrt nach Kärnten. Auf der Autobahn in Slowenien ist mir ein langsam fahrendes Auto aufgefallen. Beim Überholen winkte der Fahrer mit der Hand aus dem Fenster. Ich verstand es als Signal für ein Problem mit ihrem Auto und als eine Bitte zum Stehenbleiben. Im Rückspiegel sah ich einen älteren Mercedes mit einem deutschen Kennzeichen. Ich dachte mir, wahrscheinlich handelt es sich um ein älteres Ehepaar aus Deutschland, welches auf der Rückreise vom Urlaub in Slowenien ein Problem bekommen hat. Bei einem polnischen, ungarischen oder rumänischen Kennzeichen wäre ich nicht auf den Pannenstreifen gefahren und hätte unser Auto abgestellt.  Der Mercedes bleibt hinter uns stehen und vom Beifahrersitz steigt ein Herr im mittleren Alter aus und kommt zu uns nach vorne. Meine  Frau öffnet das Autofenster und der Herr bittet in gutem Deutsch, mit ausländischem Akzent,  um Hilfe. Er sei mit der Familie, einschließlich zwei Kindern, auf der Heimfahrt in die Türkei. Leider haben sie die Kreditkarte verloren und kein Guthaben am Handy, so könnten sie  ihre Freunde nicht verständigen. Ob wir nicht Geld leihen würden, damit sie das Handy aufladen und den Kindern etwas zu trinken kaufen könnten. Er würde uns dafür Schmuck geben und hat dabei ein paar Perlenketten (Imitate) durch das Fenster gereicht. Mir ist die Schilderung zwar fragwürdig vorgekommen, trotzdem habe ich ihm 20 Euro in die Hand gedrückt. Daraufhin hat er durch das Fenster in das Wageninnern geschaut und gefragt, ob wir nicht etwas mehr geben könnten?  Dabei hat er seine Visitenkarte hereingereicht, eine Auto Import und Export Firm mit Sitz in Berlin. Ob wir ihm nicht 100 Euro vorschießen könnten? Wenn ich ihm meine Bankverbindung bekanntgebe, würde er diesen Betrag, ist er  wieder in Berlin, zurück-überweisen. Ich habe ihm 100 Euro gegeben und ihm versichert, wenn er in einer wirklichen Notlage ist, mache ich dies freiwillig. Ich brauche keine Rückzahlung und auch keinen Schmuck. Wir sind vom Pannenstreifen schnellstmöglich weitergefahren und bei der nächsten Autobahnraststätte stehengeblieben. Ich  habe den Kofferraum kontrolliert, ob unser Gebäck noch vollständig ist. Während er mit uns verhandelt hat, hätte es ja sein können, dass einer von der Familie etwas aus dem Kofferraum entwendet hätte. Nach diesem  Erlebnis hatte ich eine Zeit-lang eine Bettlerallergie.

Wer ist der Böse.

schulden:jahr

Vor drei Monaten waren in Österreich Parlamentswahlen. Zwei neue Parteien, die Neos und das Team Stronach, haben den Einzug in das Parlament geschafft. Aus Neugier habe ich einige TV-Konfrontationen vor der Wahl verfolgt, dabei ist mir eine Aussage der Politiker besonders aufgefallen. Diese, dass sie Dies und Jenes in der Zukunft verändern werden, zitiert auch von den Kandidaten der regierenden Parteien. In den letzten fünf Jahren hätten sie dazu die Möglichkeit gehabt, in wesentlichen Bereichen wie Bildung, Verwaltungsreform, Wirtschaftsimpulse, Gesundheitswesen und Pensionsversorgung. Im entscheidenden Moment ist ihnen immer etwas dazwischen gekommen oder der Regierungspartner hat dies verhindert. Vorsichtiger geworden ist man mit dem Versprechen von mehr Wohlstand. Mehr Wohlstand bedeutet nicht automatisch ein glücklicheres oder besseres Leben, Randgruppen ausgenommen. Bei den Wahlversprechen war die Rede davon, dass die erreichten Sozialleistungen und der Lebensstandard gehalten werden sollen. Garantien wurden abgegeben, dass sich bei der Gesundheitsversorgung und den Pensionen in diesem Jahrzehnt nichts ändern wird. Wahltaktisch verständlich, da die ältere Generation die treuesten Stammwähler sind. Diese sind von der ärztlichen Versorgung, den Pflegediensten und der Pensionsgarantie am meisten betroffen. Keine Partei will diese verlässliche Stimmenklientel verärgern. Dieses Jahrzehnt zukunftssicher. 

Die regierende Koalition ist massiv gegen alle Bedenken aufgetreten, dass der Staat verschuldet sein könnte. Nach der Wahl wird es kein Sparpaket geben, die Finanzen sind in Ordnung. Es wurde davon gesprochen, innerhalb der nächsten drei Jahre eine Steuerreform durchzuführen und die kleinen Einkommen zu entlasten. Die Wahl ist vorbei und die beiden großen Parteien haben eine Stimmenmehrheit erreicht. Bei der Überprüfung der Staatsfinanzen fehlen, in den nächsten fünf Jahren, jetzt plötzlich circa 20 Milliarden Euro. Wahrscheinlich etwas mehr, weil Schulden aus dem normalen Budget ausgelagert werden, um keine Horrorzahlen präsentieren zu müssen. Es hat den Anschein, als sind bei den Koalitionsverhandlungen die Parteispitzen selbst vom Ausmaß des Defizits überrascht. So wurde es uns von den Politikern präsentiert. 

Haben sie es vor der Wahl wirklich nicht gewusst, wie unfähig sind dann die Minister samt ihren Mitarbeitern? Zum Anderem, vielleicht wurden die Zahlen unter Verschluss gehalten um diese Wahl zu gewinnen. Jedem einzelnen Bürger wird von diesem Schuldenberg etwas aufgeladen. Wie zukunftssicher ist dann unser Lebensstandard? Wir sind die erste Generation die ein Bedürfnis nach einer Zukunftsgarantie hat.

Zukunftsgläubig.