ruhe:stand

Verwandte resonieren darüber, dass sie noch immer Kundenanfragen erhalten, obwohl sie ihren Handels- oder Gewerbebetrieb schon vor bis zu fünf Jahren geschlossen haben. Sie hadern damit, dass sich jetzt Stammkunden melden, um etwas zu bestellen. Nach Jahrzehnten schwieriger Aufbauarbeit, bei der sie große Überzeugungsarbeit geleistet haben und um jeden einzelnen Kunden kämpfen mussten, fallen ihnen die Kunden heute in das Haus. Weil die Firma gelöscht, das Gewerbe abgemeldet wurde, können sie die Bestellungen nicht mehr annehmen und dies schmerzt einer Krämerseele. Außenstehende können dies kaum nachvollziehen, muss man seinen Betrieb nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern weil es keinen geeigneten Nachfolger gibt, schließen. Obwohl Aufträge und Ertragslage im grünen Bereich sind, will keines von den eigenen Kindern oder aus der Verwandtschaft den Betrieb fortzuführen. Die Jahre, wo eines der Kinder ganz selbstverständlich die elterliche Fleischerei, das Elektroinstallationsunternehmen, den Maschinenhandel oder eine Drogerie übernommen hat, sind vorbei.

Die Unternehmer haben versucht den Kindern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. In der Mittelschicht war bei den Eltern der Drang vorhanden, für den Nachwuchs einen akademischen Beruf zu ermöglichen. Traditionelle gebildete Berufe wie Arzt, Rechtsanwalt oder Bauingenieur. In den 80er Jahren wusste man nicht, dass Informatiker, Programmierer und Netzwerktechniker, Berufe für die Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz im 21.Jahrhundert aktuell sein werden. Zurzeit ist bekannt, dass Juristen und Notare von der künstlichen Intelligenz, in Fachkreisen spricht man derzeit von schwacher künstlicher Intelligenz, abgelöst werden. Die entsprechenden Programme formulieren Mietverträge oder Einsprüche gegen eine Verkehrsstrafe besser als altgediente Rechtsanwälte.

Die Erwartungen der Ehefrau oder Lebensgefährtin sind andere. Sie hat erwartet, dass in der Pension beim gemeinsamen Frühstück der große Plausch beginnt, sich genüsslich in den Vormittag verlängert. Mit der Frage endet, was kochen wir heute oder was gibt es zum Mittagessen? Die Stunden bis zum Mittagessen verbringt man turtelnd in der Küche, wie vor dreißig Jahren. Damals konnte der Raum nicht eng genug sein, je kleiner umso lieber. Man war bestrebt auf Tuchfühlung zu sein, der Kussmund war nur eine Handbreite entfernt. In den Jahren, wo eine neue Zeit der Zweisamkeit anbrechen soll geht man sich aus dem Weg.

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