land:gang II

Ich hatte gewisse Zweifel an der Geschichte, auf jeden Fall sah ich darin eine grenzenlose Sorglosigkeit. Wir wollten ihnen keine Moralpredigt halten, aber an Bord wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass man beim Landgang nur die Bordkarte und ein Minimum an Bargeld mitnehmen soll. Für die sichere Aufbewahrung von Bargeld, Kreditkarten und Wertsachen gibt es in jeder Kabine einen Tresor. Mit Vorwürfen auf ihr unkluges Verhalten und Mitschuld hielten wir uns zurück. Das Abendessen verlief gedrückt. Am Ende vom Abendessen wandte sich der Bestohlene an ein anderes Ehepaar am Tisch, dieses war aus demselben Land.  Beide unterhielten sich im Flüsterton. Ich ahnte, dass sie diese bitten würden, ihnen Geld zu borgen. Nach dem Abgang wurde uns dies bestätigt. Der Mann schob die Entscheidung über eine Unterstützung auf seine Frau, die Schatzmeisterin wie er betonte, ab. Wir machten den Vorschlag, wenn sie Geld borgen, dann beteiligen wir uns daran. Die Angesprochenen hielten sich mit einer Zusage bedeckt. Wie erwartet fehlte das Ehepaar am nächsten Tag beim Abendessen. Sie werden sich auf Deck Neun beim Buffet schadlos gehalten haben.

Nachdem das bestohlene Ehepaar beim Tisch Platz genommen hatte, erklärten wir von uns aus, dass wir sie für einen Landgang mit einem Geldbetrag unterstützen. Zugleich verzichteten wir auf eine Rückerstattung des Geldes. Zu den vielen Nebenspesen, welche bei einer Kreuzfahrt entstehen, war dies ein entbehrlicher Betrag. War dieser ansonsten aufbrausende und dominante Mann ein guter Schauspieler oder rührte ihn unsere Geste von Herzen? Nach unserem Vorschlag brach er in Tränen aus, sodass ihm seine Frau ein paar Taschentücher reichen musste.

Tempo Taschentücher

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