An einem warmen Nachmittag, Anfangs September, sitze ich in der Loggia und vertiefe mich in die Wochenendausgabe der Presse. Die ersten Seiten mit den Berichten über die Kriegsschauplätze im Nahen Osten und in der Ukraine, die neuerliche Diskussion über die Steuerreform und wie viel Milliarden braucht das Bundesheer, habe ich nur überflogen. Ich vertiefe mich in die Beiträge der Beilage Spectrum, da unterbricht die Feuerwehrsirene meine Gedanken, sie macht einen Schnitt in das Gehirn, wie ich es vom Sezieren kenne. Aus den Reagenzgläsern wird die gefaltete schwabbelige Masse herausgenommen und in Scheiben geschnitten. Die heutigen und gestrigen Akademiker schneiden mit derselben Absicht die Gehirnmasse in Stücke und sind verblüfft, wenn sie die Schnittfläche betrachten. Werden aus dieser Schnittfläche die Gedanken auf den Tisch tropfen, oder sieht man in einen menschlichen Abgrund? Die Teile werden gewendet unter das Mikroskop gelegt und ähneln dem Verhalten der Katze Undine. Bei der Fernsehsendung Universum, über das Tierleben in den Wäldern Polens, hat sie gebannt auf den Bildschirm geblickt. Jedes Mal, wenn eine Wildkatze oder ein Fuchs aus dem Bild verschwindet, blickt sie rechts oder links hinter den Fernseher. Irgendwo hinter dem Fernsehgerät, müsste die Wildkatze oder der Fuchs wieder auftauchen. So ähnlich blicken die Wissenschaftler auf die Hirnhälften, irgendwo müssten die Gedanken, das Bewusstsein zu sehen sein.
Ein paar Minuten vergehen und von der Bundesstraße ertönen die Signalhörner des Feuerwehrautos, gefolgt vom Notarzt- und dem Rettungswagen. Die Sirenen rasen in Richtung Autobahn. Auf der Alpen Adria Autobahn gehören die ersten Septembertage zu den starken Reisezeiten. Scharenweise fahren Familien mit schulpflichtigen Kindern aus dem Mittelmeerraum zurück in den Norden, für die Kinder steht der Schulbeginn unmittelbar bevor. In die andere Richtung fahren Späturlauber, welche die jetzt etwas ruhigeren Strände an der oberen Adria genießen. Noch einmal rast ein Rettungswagen durch das Kurgebiet. Ich befürchte einen Megaunfall auf der Autobahn, möglicherweise in einem Tunnel, wo es immer wieder zu Auffahrunfällen kommt. Viele sind zu schnell unterwegs oder auch von der langen, eintönigen Fahrt auf der Autobahn übermüdet. Inzwischen habe ich die Arme gesenkt und die Wochenendausgabe der Presse liegt auf den Oberschenkeln. Die üblichen Straßengeräusche setzen ein, ein leises Rauschen vom fließenden Verkehr. Nur die Geräusche der Motorrader sind als solche einzeln zu erkennen. Ich hebe meine Arme und nehme die Lektüre wieder auf, vertiefe mich in die Buchbesprechung von Alexandra Millner, Aus dem Kopf klopfen. Der neue Roman von Josef Winkler.
Am nächsten und am übernächsten Tag studiere ich die lokalen Meldungen in der Zeitung genau, es gibt keinen Bericht, der einen Zusammenhang zu den Rettungsfahrten herstellt. Möglicherweise bin ich einer spätsommerlichen Fata Morgana aufgesessen.
Aus dem Kopf klopfen.
Hallo Schlagloch,
wir rutschen in ein Leben, das in einer behaglichen Komfort Zone eingerichtet ist.
Da ist es von Zeit zu Zeit notwendig,eine Sirene zu hören, die einen Schnitt ins Gehirn macht. So gesehen, haben auch Katastrophen und Krankheiten einen Sinn.
Ich sehe mir die Gedanken, die auf den Tisch tröpfeln näher an und beschließe etwas zu ändern. M o r g e n fang ich gleich an.
Eine Fata Morgana, die am Horizont schimmert???
Hallo Jeremia!
Die Komfortzone ist in Oesterreich fuer die meisten Bewohner betraechtlich. Aber die “Sirenen” bleiben fuer einen Grossteil nicht aus. Oft ist dies keine Fata Morgana, sie ist am naechsten Tag noch da.
Schauen wir auf die Problemzonen in anderen Laendern, dann zumeist als zahlende Besucher, mit einem Willkommensbonus.
Gruss schlagloch.
Hallo Jeremia!
Die Komfortzone ist fuer die meisten Oesterreicher gross. Aber die Sirenen bleiben den wenigsten erspart.
Schauen wir auf die Problemzonen in anderen Laendern, dann zumeist als zahlende Touristen, mit Willkomensbonus.
Gruss schlagloch.