franz:michael:felder II

Nach der Pflichtschule möchte Franz Michael Felder studieren, erfüllt aber den Wunsch seiner Mutter und bewirtschaftet den Bauernhof. Das Bedürfnis zu lesen bleibt bestehen und er bestellt sich Bücher von einer Bregenzer Buchhandlung. Dort, wird ihm erzählt, gibt es Regale vom Boden bis zur Decke, die alle mit Büchern gefüllt sind. In den Wintermonaten verdiente er sich, beim Dachschindeln fertigen, ein paar Kreuzer dazu. Dieser Nebenerwerb erlaubte es ihm aus Leipzig die Gartenlaube, eine Wochenzeitschrift, zu bestellen. Nach dem Kirchgang versammelten sich die Dorfbewohner in seiner Bauernstube, so viele darin Platz haben, um von ihm die neuesten Nachrichten zu hören. Jeder will einmal selbst die Bilder in der Gartenlaube betrachten.

Auf der Adressschleife sieht F. M. Felder seinen Namen zum ersten Mal in gedruckter Form, davon ist er ganz fasziniert. Als ich meine Kurzgeschichte Die Brille, sowie meinen Namen in der Volkszeitung abgedruckt sah, war ich tief berührt. Felder stellte in Frage, ob das Leben in immer denselben Bahnen verlaufen muss, ob es nicht bessere Möglichkeiten gibt? In seinen Aufsätzen, die er an die Redaktion der Gartenlaube schickte, formulierte er neue Lösungsansätze. Wege, außerhalb der gottgewollten Ordnung, wie es der Pfarrer von der Kanzel predigte. Mühselig versuchte er im Bregenzerwald Geistesverwandte zu finden, mit denen er sich austauschen kann. Für die meisten Dorfbewohner bleibt er ein Sonderling.

Bei mir war es der Roman von Heinrich Böll, Ansichten eines Clowns und Berichte im Der Spiegel, die aufklärerisch wirkten. Darin wurden die bürgerliche Ordnung und die katholische Lehre hinterfragt. Ist alles, wie es sonntags von den Pfarrern gepredigt wird, auch so von Gott gewollt?  Wird damit eine Hierarchie unterstützt, die den Wohlhabenden ihren Wohlstand sichert?

Kirchgang

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