graz:reise

In der Morgendämmerung erwache ich an meinem Geburtstag im Hotel Emmaquelle in Bad Gleichenberg bei Vogelgezwitscher aus einem Traum: „Der Mensch ist ein Fragender, ein Suchender, bis an sein Lebensende.“ Beim Frühstück gibt es für mich eine Geburtstagskerze und Geburtstagswünsche von der Hoteliers Familie Tropper. Die Chefin hat mir geraten beim Ausblasen der Kerze etwas zu wünschen: Ich wünsche der Partnerin einen erholsamen Aufenthalt. Der Siebziger kommt mir nicht bedenklicher vor als der 60er oder 50er. Zum sechzigsten Geburtstag war die Freude groß, ich konnte in Pension gehen und das Papiergeschäft verpachten. Es besteht bis heute. Das Gute am Ruhestand ist, dass ich mir einige besondere Wünsche erfüllen konnte und jetzt auf freiwilliger Basis weitermache.

Mit der S-Bahn fahre ich von Feldbach nach Graz, meine Geburtstagsreise. Der siebzigste Geburtstag klingt ein wenig nach alt. Mit dreißig Jahren habe ich über einen Siebzigjährigen gedacht eine ehrenwerte, zumeist gebrechliche Person. Müde und gezeichnet vom Leben, geschätzt in der Gemeinde oder bei seinem Verein. Als Jugendlicher war ich diesen Personen gegenüber bei allem behilflich. Gerade Gleisdorf bei Graz passiert. Bis hierher bin ich während der Bundesheerzeit vor fünfzig Jahren beim Fahrschulunterricht mit dem LKW gefahren. Davor war ich noch nie am Steuer von einem Auto gesessen und jetzan absolvierte ich mit einem LKW meine Fahrstunden. Während der ersten Fahrstunden beschränkte ich mich auf das Lenken, Bremsen und Gas geben. Das Kuppeln und Schalten erledigte zu Anfang der Fahrlehrer. In den siebziger Jahren war das Getriebe bei den Lkws nicht synchronisiert, das bedeutete beim Schalten Zwischengas zu geben. Dieser Vorgang ist bei den heutigen Lkw und Pkw völlig unbekannt. Auf dem Jakobminiplatz trafen der Pkw- und Lkw-Verkehr auf die Straßenbahnlinien. Von allen Seiten staute sich der Verkehr, alle wollten den Platz überqueren, einzig geleitet von der Rechtsregel.

Welche Hoffnungen hatte ich damals als Zwanzigjähriger? Im journalistischen Bereich, im Buchhandel oder in der Werbung tätig zu werden. Nicht erwartet habe ich einmal selbstständiger Buchhändler in Arnoldstein zu sein. Den Ort habe ich nur aus dem Heimatkundeunterricht gekannt. In meiner vierzigjährigen Zeit als Kaufmann und kultureller Impulsgeber habe ich manches in der Gemeinde mitgestaltet, im besten Sinne umgestaltet…