verkehr:notiz I

Es gab eine kleine Notiz, Russischer Lkw-Fahrer getötet, auf der Regionalseite der Kleinen Zeitung. Zumeist schweifen meine Augen, ist es keine größere Überschrift sofort zum nächsten Artikel. Gibt es nicht etwas Spektakuläreres, blättere ich um. Angezogen hat mich der Ortsname Gailitz und Seltschacher Straße, beides kenne ich aus meiner Berufszeit. Der Unfallhergang ist schnell erzählt, man möchte meinen, wie so oft auch anderswo. Ist keine Person aus der Verwandt- oder Bekanntschaft involviert, dann gehört dies sozusagen zu unserer täglichen Dosis an Verkehrsnachrichten, wie wir eine tägliche Dosis an Gemüse zu uns nehmen. Auf der schneeglatten Fahrbahn kommt ein Autofahrer in das Rutschen und drückt eine Personengruppe aus Weißrussland gegen eine Leitschiene. Dabei wird ein dreißigjähriger Mann getötet und eine Frau und ein Mann schwer verletzt. Es sind LKW-Fahrer, die über das Wochenende Fahrverbot haben und auf dem Weg zum Billa  in Gailitz sind, um sich ein paar Lebensmittel zu besorgen. Jetzt ist einer von ihnen tot und die zwei Kollegen schwer verletzt.

Ein alltäglicher Unfallhergang und doch lässt mich dieser Unfall in Gedanken nicht los. Einerseits kenne ich die Ortschaft und die Unfallstelle, zum Anderem wäre dies ein Unfall zwischen zwei Fahrzeugen gewesen und einer der Lkw-Fahrer wäre tot, so hätte dies zum Berufsrisiko gehört.  Für alle Autofahrer gilt dieses Unfallrisiko, es ist uns zumeist nicht bewusst, wir können es gut verdrängen. Wer einige Jahrzehnte auf der Straße unterwegs ist, vertraut auf seine Erfahrung und Routine. Manche legen sich im Laufe der Jahrzehnte eine defensive Fahrweise zurecht, eine vorbeugende Maßnahme.

Bremsweg

klima:wandel II

Die Regen- und Schneefälle scheren sich keinen Deut um die Schutzwälder, um die Lawinen- und Wildbachverbauungen und die Hangsicherungen. Es kommt alles in Fluss, in das Rutschen, im wahrsten Sinn des Wortes. An vielerlei Orten ist es im Herbst 2019 zu Murenabgängen gekommen, Häuser sind mit Schutt und Schlamm überschwemmt worden. Einige Wirtschaftsgebäude sind eingestürzt und Straßenstücke abgerutscht. Der Schienenverkehr auf der exponierten Hanglage durch das Mölltal war wegen entwurzelter Bäume und Vermurrungen für zwei Wochen unterbrochen.

Wir schaffen eine nach unserem Geschmack, der ständig wechselt, geformte Landschaft. Denken sie an den Werdegang bei den Parkanlagen, jede Zeitepoche hatte eine andere Vorstellung von einem gepflegten Park. Diese Moden wechselten wie die Kleidermode oder die Moden in der Malerei.

Die Natur kennt den Begriff Schönheit nicht, für sie gibt es auch kein normal oder nicht normal. Keinesfalls braucht die Natur den Menschen, wir brauchen sie für unser Dasein, für unsere körperlichen Existenz, zur Arterhaltung. Wenn von Natur die Rede ist, dann meinen wir zumeist die pflanzliche und tierische Natur. In unserem Alltag unterscheiden wir gerne zwischen schön und schiach. Ein hellblaues Kostüm kann einer Frau gefallen, einer anderen nicht. Der eine Mann empfindet eine korpulente Dame liebenswert, eine anderer bevorzugt schlanke Typen. In der Natur gibt es kein falsch oder richtig, es ist so wie es ist. Die Unordnung, auch wenn wir es als Gestrüpp bezeichnen, in einem ungepflegten Waldstück, hat seine Funktion. Bei einem Waldspaziergang höre ich oft Äußerungen von anderen Benützer, dieser Wald gehöre durchforstet und aufgeräumt. Die Natur hat für alles eine Verwendung, sie stört sich nicht an umgefallenen Bäumen, herunterhängenden Ästen und undurchdringlichem Gestrüpp.

Ameisenhaufen

klima:wandel

Getreu dem Spruch von Obelix er fürchtet, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen wird, können wir sagen, dass uns der Klimawandel im nächsten Jahrzehnt auf den Kopf fallen wird. Auch denen, die nicht aus dem Haus gehen begegnet das Thema Klimaveränderung. Ob im Kellergeschoss, zu ebener Erde, im Dachgeschoss, auf dem Balkon oder auf der Terrasse, nirgendwo sind wir vor den Wettereinflüssen sicher. Unter den Nachbarn ist eines gewiss, früher war das Wetter besser. Es ist noch nicht lange her, da war in Mitteleuropa das Waldsterben ein Thema, in der Nähe von Fabrikanlagen oder entlang der Autobahnen. Zwei vom Waldsterben stark betroffene Gebiete in Kärnten waren der Raum Arnoldstein und Radenthein. Durch das erstarkte Umweltbewusstsein wurden die Betreiber der Werksanlagen gezwungen ihre Abgase zu Filtern. Der Ausstoß von Schwefeldioxyd wurde stark reduziert, einige Anlagen waren unrentabel und wurden abgeschaltet. Das Waldsterben ist aus der Wahrnehmung der Menschen und aus den Schlagzeilen der Medien verschwunden. Bei den Autoabgasen gab es durch den Einbau des Katalysators Fortschritte.

Welche Haltung haben wir gegenüber der Natur? Sind wir ehrlich, dann müssen wir uns eingestehen, dass die Natur uns nicht braucht. Es wird darüber gesprochen, es braucht die Land- und Forstwirtschaft. Diese müssen finanziell unterstützt werden um die Natur, die Landschaft zu pflegen. Dabei müssen wir eingestehen, dass wir nicht die ungezähmte Natur, sondern eine Kulturlandschaft meinen, die wir nach unserem Schönheitsideal modellieren.

Die Natur gehorcht uns nicht so, wie wir es gerne hätten. Obwohl wir Schutzwälder, Lawinen- und Wildbach Verbauungen anlegen, kann das Wetter diese Vorsorgemaßnahmen über den Haufen werfen, mit einem Unwetter hinwegfegen. Dies haben wir zuletzt im Herbst 2019 in Oberkärnten erlebt.

Oberes Drautal

notiz:buch II

Nach einer Gesprächsrunde zum Bedingungslosen Grundeinkommen sitze ich in der Aula der Alpen Adria Universität und ziehe ein neues Moleskin Notizbuch aus meiner Jacke. Für mich bedeutet es einen besonderen Reiz inmitten wurliger Menschen meine Einträge zu machen. Dies kann wie jetzt die Uni Aula, ein frequentiertes Caféhaus, eine Sitzbank in der Fußgeher Zone oder ein Zugabteil sein. Ich kann nicht begründen woher die Vorliebe zum Schreiben im öffentlichen Raum kommt? Beobachte ich in der Öffentlichkeit etwas Auffallendes, halte ich dies in den Tageheften prompt fest. Anderseits dürfte es ein exhibitionistischer Zug sein, der mich unter vielen Menschen zu Papier und Bleistift greifen lässt. Seht her, ich habe etwas Bedeutsames zu notieren. Dabei ist ein gewisses Alleinstellungsmerkmal gegeben, da heute nur wenige Menschen in der Öffentlichkeit Notizen machen. Hantiert jemand am Smartphone, so schauen die Umstehenden im nächsten Augenblick gelangweilt weg, dies ist Normalität. Die Masse setzt aktuell auf Kurznachrichten und auf die Spracheingabe am Smartphone.

Beobachte ich jemanden beim Schreiben in einem Notizbuch, so erzeugt dies bei mir Neugierde. Diese Person entzieht sich dem allgemeinen Mainstream, dem Gebrauch von Handy und Laptop in der Öffentlichkeit. Dazu kommt Bewunderung, notiert jemand seine Gedanken handschriftlich. Dies hüllt den Schreibenden in eine rätselhafte Aura. Manchmal könnte der Eindruck entstehen, es handelt sich um eine Aufsichtsperson, welche sich über die Zustände vor Ort Notizen macht. Dazu ein schlechtes Gewissen, weil jeder von uns hat die eine und andere Übertretung im Hinterkopf. In den Kurzparkzonen war es lange üblich, dass die Parkplatzwächter die Strafzettel händisch ausgestellt haben. Dieser Akt ist obsolet, weil heute die Strafverfügungen von einem mobilen Rechner ausgedruckt werden.

Aus dem Tagebuch…

notiz:buch

Haben Kinder ein Interesse an den Notizbüchern der Eltern? Das Interesse dürfte nicht groß sein, da sie die Eltern direkt erleben. Größer wird die Neugier an den Aufzeichnungen in der dritten Generation, zwischen Urgroßeltern und Urenkeln, sowie noch weiter zurück sein. Zwischen damals und heute gab es viele Veränderungen in der Technik, im Essen, in den Umgangsformen, in unzähligen Alltagsdingen. Ein Alltag, von dem die Urenkelgeneration vieles nicht weis: Wie funktionierte die Kommunikation ohne Handy, Fahrkarten konnten nur beim Schalter am Bahnhof gekauft werden. Vor siebzig Jahren gab es keine Selbstbedienung in den Lebensmittelgeschäften.

Die Aussicht gelesen zu werden besteht dann, wenn die Tagesnotizen zeitlich, sachlich oder geografisch verortet sind. Einträge zu einer Region, ihren Menschen und ihrer Befindlichkeit vorhanden sind. Dadurch geschieht eine Zuordnung, die Notizen schweben nicht im geografisch unbekannten Raum herum. Als Tagebuchschreiber nütze ich heute auch der digitalen Möglichkeiten. Es ist beschämend, was auf Facebook gepostet wird, wie sich die User im eigenen Sud wälzen. Vielleicht erleben die schriftlichen Tagebücher eine neue Wertschätzung, wenn es keine Notizhefte und Bleistifte mehr geben wird. Das Schreibzeug zu einem Museumsstück wird.

Eine seltene Begegnungen mit einem Kollegen, er machte Notizen in einem Tagebuch, hatte ich vor kurzem in einer Villacher Kaffeerösterei. In einer Ecke saß der Organist von der Stadtpfarrkirche und machte in seinem Diarium Eintragungen. Immer wieder setzte er den Bleistift an, um ein paar Zeilen einzutragen. Auf seine Schreiberei habe ich ihn angesprochen, da  ich dieser Leidenschaft fröne. Für ihn bietet das Tagebuch schreiben die Möglichkeit seine Gedanken zu ordnen. So verhindert er, dass sie außer Kontrolle geraten und den Kopf in die Luft sprengen. In diesem Sinne hat er sich geäußert…

Kolbenfüllhalter