lebenssinn lll

 Ist “Sinn” verbunden mit den im Leben verfolgten Aktivitäten und Zielen?

Die Frage nach dem Sinn im Leben stellen sich wohl die meisten erstmals, wenn sie die schulische oder betriebliche Ausbildung abgeschlossen haben und in die Arbeitswelt hineinwachsen. Soweit ich die Diskussionen in der Familie miterlebe geht es heute den jüngeren Arbeitnehmern auch darum, dass sie eine sinnstiftende Beschäftigung ausüben. Bevorzugt wird eine Arbeit, welche für die Gesellschaft einen Mehrwert bringt. Eine leistungsgerechte Entlohnung allein genügt nicht, sie wollen mit ihrem Job ein sinnvolles und kreatives Leben führen können. Ein Versprechen der neuen Arbeitswelt ist, dass die gleichbleibenden, die stupiden Arbeiten von Robotern und von Automaten erledigt werden. Während meiner Arbeit am Montageband der Damenschuhfabrik Gabor in den siebziger Jahren war dies für mich nicht der Fall. Das Fließband hat uns das Arbeitstempo vorgegeben. Am Montageband habe ich auf die halbfertigen Schuhe, mit Unterstützung einer Maschine, im Accord die Absätze geschraubt.  Absatzschrauber, war die Berufsbezeichnung. In einem Achtstundentag habe ich etwa zweitausendachthundert Stück Absätze verschraubt, Tag für Tag. Als sinnstiftende Tätigkeit habe ich diese Arbeit nicht erlebt.

Im fortgeschrittenen Alter, die bevorzugte Zeit wo nach dem Sinn des eigenen Lebens gefragt wird, ist es bei der Rückschau wesentlich, wie man zu seinen Aktivitäten im Leben steht. Welche Ziele man erreicht hat und welche Erfolge man feiern durfte. Wobei ich dem materiellen Erfolg nicht an die oberste Stelle stellen möchte. Es gibt wesentlichere Kriterien, dass man eine Tätigkeit aus sinnstiftender Überzeugung, aus moralischer Notwendigkeit und emotionaler Hingabe umgesetzt hat.

Ein wesentliches Sinnerlebnis war die vierzigjährige Tätigkeit als Papier- und Buchhändler mit eigenem Geschäft in Arnoldstein. Die Bevölkerung, speziell die Schuljugend, hatte damit ein Angebot an Papierwaren und Büchern, welches für eine Marktgemeinde nicht selbstverständlich ist. Die Papier- und Buchhandlung besteht seit meiner Pensionierung weiter. Bei zufälligen Begegnungen mit früheren Kunden bekomme ich anerkennende Rückmeldungen für meine Kaufmannszeit in Arnoldstein. Damit verlängert sich die von mir als sinnvolle erlebte Selbstständigkeit bis in den Ruhestand hinein.

LV: Sinn der Welt, Sinn des Lebens, Universität Salzburg, Prof. Clemens Sedmak

lebenssinn II

Vernünftig über die Frage nach dem Sinn des Lebens unterhalten?

Mit mehreren Personen sich rational, der Vernunft gehorchend, über den Sinn des Lebens zu unterhalten kann außerhalb einer philosophischen Gesprächsrunde sehr verwirrend werden. Jeder wird aus seiner Berufs- und Lebenswelt emotional seine Lebenserfahrungen einbringen. Entscheidend dürfte sein, welche weltanschaulichen, religiösen oder politischen Positionen die beteiligten Personen einnehmen. Bei einem fiktiven Gespräch zwischen einem Atheisten und einem Christen ist anzunehmen, dass die Sinnoptionen weit auseinanderliegen. Der Atheist wird die Frage nach dem Sinn des Lebens in seinem Wirken und in seinen Handlungen im Diesseits sehen. Der Christ, versteht er sich als wahrer Christ, wird den Sinn des Lebens darin sehen, nach den zehn Geboten zu leben, um für seine Seele das ewige Leben zu erlangen. In Pfarr- und Kurheimen gibt es noch die Lichtbildervorträge von Weltreisenden. Erdachter Sinndiskurs zwischen einem Weltenbummler und Workaholic. Der Weltenbummler sieht den Sinn im Leben im Unterwegs sein und die dafür notwendigen Arbeitseinheiten als ein Mittel zum Zweck. Der Workaholic erlebt die Arbeit rund um die Uhr als sinnerfüllend und bedauert die notwendigen Unterbrechungen für Essen und Schlafen.

„Beim sonntäglichen Wirtshausstammtisch der Bauern und der Unternehmer sind auch die Eigenheimbesitzer geduldet. Wer handwerkliches Geschick beim Hausbauen zeigt und es zu mehreren Häusern bringt, wird für seinen Fleiß gerühmt. Für jemanden der Geschichten schreibt zeigt man wenig Verständnis. Die wenigsten im Dorf können sich darunter etwas vorstellen“.[1] […] „Was macht Sinn: Drei Häuser zu bauen oder drei Bücher zu veröffentlichen“? [2]


[1] Seite 25, Bruchstellen, Franz Supersberger, Verlag Bod, 2015 

[2] Ebenda

LV: Sinn der Welt, Sinn des Lebens, Universität Salzburg, Prof. Clemens Sedmak

lebenssinn l

Ist Sinn eine dritte Dimension neben Wert und Wohlergehen?

Susan R. Wolf (* 1952), eine US-amerikanische Philosophin hat in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts die Sinnfrage in der philosophischen Diskussion wiederbelebt. Ihre These ist, wenn ich sie richtig verstehe, dass Sinn im Leben eine eigene Kategorie ist, die subjektiv für die handelnde Person Sinn macht und objektiv für andere einen Wert darstellt. Sinnvolles Leben muss nicht einhergehen mit genussvollem oder angenehmem Leben. Susan Wolf geht noch eine Stufe weiter und stellt fest, Handlungen aus motivierten Gründen können auch ohne Erfolg, bei einem Misserfolg für die Person einen Sinn haben. Diese Aussage belege ich mit einem persönlichen Erlebnis. An der Eröffnung des umgebauten Arnoldsteiner Gemeindeplatzes in den 1980er Jahren beteiligte sich auch die Initiative „Kultur-Impulse-Schütt“, KIS[1], mit einerInstallation. Es wurden von uns Schautafeln mit Zitaten von P. Handke zum Dorf aufgestellt.

Aus meinem Tagebuch[2]: „Zur Installation am Gemeindeplatz, es gab fast kein Echo. Montagfrüh, nach drei Tagen, haben die Arbeiter vom Bauhof die Tafeln abgeräumt und sie vor die Geschäftstür meiner Papier- und Buchhandlung geworfen. […] Ein Arbeiter vom Bauhof hat zu mir gesagt, die Tafeln verderben den ganzen Platz, es sieht aus wie am Friedhof. […] Der ganze Volkszorn richtete sich gegen mich.“  Es gab starken Gegenwind, aber meine Motivation weitere KIS – Veranstaltungen zu organisieren war ungebrochen und für mich sinnstiftend.

Die Philosophie variiert zwischen „der Sinn des Lebens“ und „Sinn im Leben“. Für Letzteres braucht es subjektiv nicht unbedingt eine moralisch vorzeigewürdige Handlung. In der Lehrveranstaltung wurde die Frage, hatte das Leben Hitlers einen Sinn, emotional diskutiert. Eine aktuelle Version ist die Frage, hat das Leben von Waldimir Putin einen Sinn? Betrachte ich die Sinnfrage losgelöst von Moral und Ethik, wie bei der Diskussion um die Person Hitlers, dann muss ich annehmen, dass nach subjektiver Erfahrung für Putin der Überfall auf die Ukraine Sinn macht. Eine für die Person sinnhafte Handlung kann objektiv eine moralisch sehr verwerfliche Handlung sein.


[1] 23. September bis 10. Oktober 1988, Installation im öffentlichen Raum, Gemeindeplatz Arnoldstein, KIS, Kultur-Impulse-Schütt

[2] Aus dem Tagebuch: „Zur Installation am Gemeindeplatz: Es gab fast kein Echo. Montagfrüh, nach drei Tagen, haben die Arbeiter vom Bauhof die Tafeln abgeräumt und sie vor meine Geschäftstüre geworfen. Mit Bürgermeister Steinlechner konnte ich die Situation klären, dass die Tafeln vierzehn Tage stehen bleiben. Sie mussten die Tafeln wieder aufstellen. Ein Arbeiter vom Bauhof hat zu mir gesagt, die Tafeln verderben den ganzen Platz, es sieht aus wie am Friedhof. Die wenigsten haben die Texte gelesen und verstanden. Der ganze Volkszorn richtet sich gegen mich.“ 

LV: Sinn der Welt, Sinn des Lebens, Universität Salzburg, Prof. Clemens Sedmak

würde:rechte

Legt die katholische Soziallehre eine vegetarische Ernährung nahe?

Eine Theorie zum Aufstieg des Menschen besagt, dass erst mit dem Fleischkonsum die menschliche Rasse zum Höhenflug ansetzte. Der Verzehr von Fleisch wirkt lange sättigend und ist energiereicher als eine pflanzliche Ernährung. Die Zeitersparnis konnte für den Erwerb anderer Fähigkeiten genützt werden. Sich vegetarisch zu ernähren ist eine neuzeitliche Forderung.

Explizit legt die katholische Soziallehre keine vegetarische Ernährung nahe. Gefordert werden die Ressourcen dieser Welt unter allen Menschen gerecht zu verteilen. Papst Franziskus forderte in seiner Enzyklika Laudato Si (2015) eine integrale, eine ganzheitliche Ökologie. Eine neue Ausrichtung der Beziehungen zwischen Menschen, Tiere und Umwelt, was Klima, Rohstoffe und Ernährung einschließt.

Bekannt ist, dass der hohe Fleischkonsum im Westen zur Gefährdung des Weltklima beiträgt. In Südamerika werden großflächig Urwälder gerodet. Dort wird dann Soja und Mais für die Rinderzucht angebaut. Der Großteil des Rindfleisches ist für den Export nach Europa bestimmt. Hierzulande protestiert man gegen die Massentierhaltung bei Hühnern, Schweinen und Rinder, welche den hohen Fleischkonsum befriedigen. Eine Umstellung auf pflanzliche Ernährung würde weniger an Ressourcen verbrauchen und könnte klimaschonender produziert werden. 

Vor einer Falle sei gewarnt, dass hinter den Begriffen Vegetarisch, Bio und Vegan teilweise nur eine neue Geschäftsidee der Lebensmittelindustrie steht. Dabei die langen Transportwege, schöne Verpackungen und der Einsatz von gezielter Werbung nicht immer dem Einsatz von sparsamen Ressourcen entsprechen.

LVS: Menschenwürde und Menschenrechte, Prof. Clemens Sedmak, Uni Salzburg

würde:rechte

Die zweite Bibelstelle, welche nach meiner Intention auch gegen das Solidaritätsprinzip verstoßt: „Das Gleichnis von dem anvertrauten Silbergeld“.

Ein Kaufmann geht auf Reisen und vertraut seinen Dienern einen Teil seines Vermögens an. Dem Einen gibt er fünf Talente Silbergeld, dem Anderen zwei und dem Dritten einen. Der mit den fünf Talente Silbergeld erwirtschaftet noch fünf dazu, der mit den Zwei erwirtschaftet zwei dazu. Der mit einem Talent Silbergeld vergrub dieses in der Erde. Nach langer Zeit kehrte der Kaufmann zurück und verlangte Rechenschaft. Der mit den fünf Talente Silbergeld sagte: „Herr fünf hast du mir gegeben und weitere fünf habe ich dazugewonnen“. Der mit den zwei Talente Silbergeld sagte: „Herr zwei hast du mir gegeben und weitere zwei habe ich dazugewonnen“. Zu beiden sagte der Herr: „Über weniges wart ihr treu, über vieles werde ich euch setzen“. Dann kam der Diener welcher ein Talent erhalten hat und sagte: „Herr du bist ein strenger Mensch, aus Angst vor dir habe ich das eine Talent Silbergeld versteckt, hier hast du es wieder“. Der Herr sagte zu ihm: „Du bist ein fauler und schlechter Diener“. Er befahl nehmt ihm das eine Talent weg und gebt es dem, der zehn Talente hat. Denn wer hat dem wird gegeben und wer nichts hat, dem wird auch das genommen, was er hat.  […]

Es passt nicht zu den Leitsätzen der katholischen Soziallehre, dass denjenigen, welche fast nichts haben auch dieses noch weggenommen wird und denen gegeben wird, welche im Überfluss leben. Hinzufügen möchte ich, dass beide Gleichnisse mehrdeutiger sind, als hier dargestellt.

ÜBUNG zur LV: Menschenwürde und Menschenrechte