gut:mensch I

Erleben wir uns im engsten Familienkreis, in der Wohnanlage oder im Bundesland noch als Gemeinschaft?  Von den Gutmenschen wird uns vorgehalten, dass wir uns weltweit für die Einhaltung von Menschenrechten, die Beseitigung von Hunger, von mangelnder Schulbildung und medizinischer Versorgung, einsetzen müssen. Wie weit geht unsere Solidarität, in Worten, Werken und Taten,  mit den in den Kriegs- und Hungergebieten Betroffenen?  Es hat manches Mal den Anschein, je weiter weg, umso stärker ist unsere Anteilnahme. Wohl auch, weil wir davon nicht unmittelbar betroffen sind, die Hilfe mit einer marginalen Spende abgetan werden kann. Wir werden damit im Alltag nicht wirklich konfrontiert. Dafür sorgen die Kontrollen an den EU Außengrenzen. Unmittelbar betrifft es uns, wenn Österreich als EU- Mitglied aufgefordert wird, einen wirtschaftlichen Strafbeschluss gegen einen Aggressor mitzutragen. Zumeist bedeutet dies einen Verlust im Exportgeschäft. Durch den Export ist es möglich den Arbeitsmarkt stabil zu halten. Bricht ein Teil der Exportmärkte ein, dann ist bei der österreichischen Budgetpolitik Feuer am Dach. Man geht zumeist von zu optimistischen Wirtschaftsprognosen aus. Ich bin auch für Optimismus, aber die Politiker sind Berufsoptimisten, das bedeutet,  dass sie oft gegen besseres Wissen Optimismus verbreiten. Bei einer Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland verlieren viele unserer Agrarbetriebe ihren wichtigsten Exportmarkt. Baufirmen, welche im Infrastrukturbereich tätig sind ihre Auslandsaufträge. Egal ob Krise in Russland oder Ukraine, viele heimische Banken zittern um ihre Ostkredite.

So kommt es zu der Überlegung, ob uns die Herstellung der  Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine einige Milliarden Euro wert ist. Milliarden, die von uns mitfinanziert werden oder ist uns das eigene Hemd näher und wir überlassen die Wiederherstellung der Weltordnung anderen Gutmenschen. Im besten Fall schimpfen wir über sie, dass sie sich überall einmischen.

Exportschlager.

aus:zeit II

Eine Auszeit durch eine Grippe wird von den meisten angenommen, von den einen widerwillig, von den anderen bereitwillig. Sich dem Arbeitsprozess  ganz zu entziehen gelingt den wenigsten, dafür sorgen die Modernen Kommunikationsmittel. An erster Stelle das Handy, damit bleibt man für dringende Auskünfte erreichbar. Lässt sich ein Teil der Arbeit am PC erledigen, so werden viele zwischendurch daheim am PC arbeiten. Unter den Grippepatienten wird es einige geben, welche es nicht länger als einen halben Tag ohne Handy oder PC aushalten. Sie wären doppelt krank, wenn sie vom Internet ausgeschlossen wären. Anderseits wird sich kaum jemand weigern Anrufe aus der Firma, während des Krankenstandes, nicht anzunehmen. Heutzutage erwartet man ständige Verfügbarkeit. Ein Tribut an die moderne Zeit, an ihre Technik, die nichts Technisches ist. Langzeitfolgen der technischen Entwicklung, welche schon lange nicht mehr von uns gesteuert werden können. Wir haben die Handhabung der Technik schon  nicht mehr im Griff.

Während meiner Beschäftigung in einer Spittaler Schuhfabrik, in den siebziger Jahren, hat der Personalchef nach dem Arbeitsbeginn um sieben Uhr, alle nicht gestempelten Zeitkarten an sich genommen. Danach ist er mit seinem Pkw losgefahren um nachzuforschen, warum die Beschäftigten nicht zur Arbeit erschienen sind.Gleichzeitig diente dies zur Kontrolle, dass niemand unerlaubt von der Arbeit fernbleibt. In dieser Zeit hatte ich einmal in der Nacht heftige Magenschmerzen und fühlte mich am Morgen unfähig zum Arbeiten. Gleich nach dem Aufstehen machte ich mich zu Fuß auf den Weg zum Arzt. Ich war auf halben Wege nach Ferndorf, da kam mir der Personalchef mit seinem VW Käfer entgegen. Er stoppte und fragte mich, warum ich nicht zur Arbeit erschienen bin. Ich erklärte ihm, dass ich mich unwohl fühle und auf dem Weg zum Arzt bin. Was mir fehlt und wann ich wieder zur Arbeit komme, wollte er als nächstes von mir wissen. Ich bin kein Arzt und über die Dauer des Krankenstandes wird der Arzt nach der Untersuchung entscheiden, erwiderte ich ihm. Daraufhin ist er mit seinem VW Käfer davongebraust.

Verfügbar.

aus:zeit I

Wir klagen: Reißt ein Fingernagel ein und wir bleiben dann  mit der  Hand in der Westentasche hängen. Stoßen wir mit dem Oberarm bei einem  Kasten  an und der Arm schmerzt. Fügen wir uns beim Öffnen einer  Fleischschmalzdose am Daumen einen kleinen Schnitt zu. Diese harmlosen Verletzungen verursachen bereits Schmerzen und wir sehen darin eine Behinderung, die uns den Alltag vergrämt. Noch aufgeregter verhalten wir uns, schmerzt ein Zahn und es wird zu einem Problem, die Zahnschmerzen zu ignorieren. Zahnschmerzen treffen uns an einer empfindlichen Stelle, wenn es deshalb zu Schwierigkeiten beim  Essen kommt. Jeder weis um den Zustand, wenn man nach einer Zahnbehandlung sehnsüchtig darauf wartet, dass die zwei Stunden in denen man nichts essen soll, vorbei sind. Während diesen zwei Stunden plagt einen der Hunger, gerade so, als hätte man zwei Tage nichts mehr gegessen. Ähnliches empfindet man, wenn man zu einer Untersuchung beim Facharzt oder zu einer Blutabnahme nüchtern kommen muss. Nie ist die Lust zu essen größer, als wenn wir enthaltsam sein müssen, dies kennen wir auch an Fasttagen.

Ich habe den Eindruck, je geringer die Beschwerden, umso ärgerlicher empfinden wir sie. Zu der betreffenden Körperstelle verhalten wir uns unwirsch. Wir sehen sie als lästige Störfaktoren, die unsere Aktivitäten und unseren Lebensfluss stören. Gerade ist die winterliche Grippewelle vorbei und man kann einen Vergleich herstellen. Es regt einem ein Schnupfen oder ein leichter Husten ungemein mehr auf, als eine wirkliche Grippe. Täglich stellt man sich die Frage, wann der Schnupfen vorbei sein wird. Die Heilung versucht man mit Vitamin C Tabletten zu beschleunigen. Eine alte Volksweisheit sagt, ein Schnupfen dauert bei Einnahme von Medikamenten eine Woche und ohne Medikamente auch eine Woche. Bei einer echten Grippe erkennt man, dass jeder emotionale Widerstand zwecklos ist, man muss sich der Krankheit ergeben. Alles, was man in den nächsten Tage erledigen wollte, verlieren an Bedeutung.  Von dem einen werden sie mit leichten Herzen, von den anderen mit schweren Herzen verschoben. Manche merken bei der unfreiwilligen Bettruhe unter welchen Anspannungen und Arbeitsdruck sie die letzten Monate gelebt haben. Jetzt kann die Bettruhe zugleich eine Auszeit sein.

Dahindösen.

sünden:fall II

Lässt sich zwischen einem Papst und einem Landeshauptmann eine Verbindung herstellen? Beide sind Fürsten, der Kirchenfürst und der Landesfürst. Beide gewählt, der eine von einer kirchlichen Elite, der andere vom Volk. Der Papst auf Lebenszeit und unfehlbar, der LH abwählbar und fehlbar. Der Sündenfall ist im Kärntnerparadies oftmals geschehen, beschleunigt durch den Satan in der Person einer Schlange. Politiker, Wähler und Wählerinnen haben sich von der Schlange verführen lassen. Durch die Gier, die Verblendung und weil sie werden wollten wie Gott. Sie waren fasziniert von der Aussicht auf hohe Spekulationsgewinne in den südosteuropäischen Ländern. Von der Verlockung auf Ruhm, für zwei Spiele bei der Fußball Europameisterschaft, ein Stadion für zirka dreißigtausend Zuschauer zu bauen. Ein Stadion, welches ansonsten nie, auch nicht annähernd, gefüllt werden kann. Eine sechsseitige Expertise eines Steuerberaters war zwölf Millionen Euro wert, um unterm Tisch damit Parteienfinanzierung zu betreiben.  Nach einem medialen Aufschrei gab es dafür einen Patriotenrabatt von sechs Millionen Euro. Bei einem Gerichtsverfahren wurde festgestellt, dass diese Expertise durch den Steuerberater maximal dreihunderttausend Euro wert war. Von den kleinen Vergehen, den nachlässigen Sünden weiß man nichts.

Wenn ich ehrlich bin, hatte sich ein Großteil der Kärntner  Wähler an diese Verhältnisse gewöhnt. Zum Teil hatten die Aussagen und die Versprechungen der regierenden Politiker einen gewissen Unterhaltungswert.

Aus dem Tagebuch, Feber 2013…