corona:abstinenz

Wie soll ich die Corona Abstinenz weiter durchhalten, wenn die Titelschlagzeilen der Zeitungen wieder aggressiver werden: „Regierung schickt Österreich in den zweiten Lockdown“, „Was wir noch tun dürfen“ oder „Jetzt geht es um alles“. Dies ist nur ein Medium, dazu kommen die Berichte und Reportagen im Fernsehen und Radio. Wenn diese auch unter dem Mantel der Objektivität, des Informationsbedürfnisses der Leser, der Zuseher und der Zuhörer berichten, kann ich auf die überbordende Corona Berichterstattung verzichten. Letztendlich befassen sich die meisten Sendungen mit den Tragödien des Menschen, bei den privaten Fernsehsender sind die Dramen noch ein wenig blutiger. Das Fernsehen ist bekannt für seine vielen Bilder, dafür wurde es geschaffen, die Sprachbeiträge fallen sehr kurz aus. Als Fernsehkonsument ist man im Wohnzimmer mit der Fülle der Bilder allein.

Unsere Situation während der ersten Coronamonate habe ich in den Erzählungen von anderen Literaturkursteilnehmern wiedergefunden. Bei der Nachbarschaftshilfe oder bei der Unterstützung in der eigenen Familie. Eine Teilnehmerin erzählte von der Oma, welche von den Enkeln mit Lebensmitteln versorgt wurde. Bei ihrem ersten Besuch nach dem Ende des Lockdowns war der Kühlschrank und die Vorratskammer übervoll mit Lebensmitteln. Die Oma wurde regelmäßig von den Enkeln angerufen, ob sie etwas für sie besorgen sollen? Um keinen von den Enkeln zu beleidigen hat sie bei jedem etwas bestellt, mehr als sie als Einzelperson verbrauchen konnte.

Teigwaren und Kloopapier

corona:aussetzer

Drei Monate, August, September und Oktober habe ich enthaltsam gelebt und keine Beiträge zur Corona Krise auf dem Blog veröffentlicht. Den Coronavirus Aussetzer einzuhalten war schwierig, gleich wenn ich mir vornehme weniger zu essen oder wieder das Interwallfasten zu praktizieren. Dies habe ich in einem Kurhotel in Bad Goisern im letzten Abdruck kennengelernt, bevor der erste Showdown zur Eindämmung der Corona Pandemie verkündet wurde. Das hat damals bedeutet alle Kurgäste mussten prompt abreisen, die Kureinrichtungen und das Kurhotel wurden geschlossen. Optimistisch haben sich damals die Betreiber des Kurhauses bei den Kurgästen mit der Ankündigung verabschiedet, am 14. April 2020 sehen wir uns wieder, geworden ist es der Juni 2020. Niemand hat sich zu dieser Zeit vorstellen können, dass solche Maßnahmen gesetzlich möglich sind. Den meisten Menschen ist bewusst geworden, die Sommermonate werden uns einen kurzen Freiraum verschaffen, um vom Thema aller Themen loszulassen. Vielleicht auch die Möglichkeit zu nützen, um sein heimatliches Umfeld für eine Woche zu verlassen, mit einem Wort zu verreisen. Zum Lebensstandard der Mitteleuropäer gehört eine Urlaubsreise dazu. Laut Angaben der Caritas fällt man unter die Armutsgrenze, wenn man sich keinen Urlaub leisten kann.

Über die Notwendigkeit von Fernreisen möchte ich mich nicht einlassen, ich habe  damit keine Erfahrung. Meine Urlaubsreisen galten Europa und dem Mittelmeerraum. Für mich ist es beglückend, wenn bei den Reisereportagen im Fernsehen Städte und Landstriche vorkomme, die mir bekannt sind. Manchmal war es nur ein Tagesausflug, gerade in solchen Fällen werden unsere kurzen Eindrücke um einiges ergänzt.

Horizonterweiterung

corona:begräbnis

Eine besondere belastende Situation in Pandemiezeiten ist ein Todesfall und das Begräbnis. In vielen Familien musste man auf ein größeres Begräbnis verzichten und sich mit der Mitteilung begnügen, der Verstorbene wurde in engsten Familienkreis beigesetzt. Zwischenzeitlich wurden die Vorschriften für Begräbnisse gelockert, sodass außer den engsten Familienangehörigen auch Bekannte und Verwandte an der Verabschiedung teilnehmen konnten. Es bleibt eine unwirkliche Situation, dies beginnt damit, dass wer es stilvoll haben will, zum schwarzen Trauerkleid auch eine schwarze Mundnasenschutzmaske trägt. In der Aufbahrungshalle, muss der Babyelefantenabstand eingehalten werden. Dazu kommt die menschliche Distanz, es ist mir nicht gestattet den Angehörigen meine Anteilnahme mit einem Händedruck auszudrücken. Der letzte Gruß von den Sangesbrüdern kommt aus der Musikkonserve, die Anwesenheit eines Chores ist untersagt. Sie war eine sangesfreudige Person. Die schwermütigen Kärntnerlieder sind geeignet um Trauer auszudrücken, sie handeln oft von Schmerz und Verlust, von irdischer Vergänglichkeit.

Die Menschen, welche in der Totenhalle versammelt sind bleiben schemenhaft. Zumeist erkennt man unter der Gesichtsmaske auch ferne Bekannte nicht. Das Schemenhafte erinnert unter diesen Umständen an unsere Vergänglichkeit. Darauf deuten auch die fast unsichtbaren Figuren des Villacher Künstler Valentin Oman in der Totenhalle am Villacher Zentralfriedhof hin. Die Tafeln hängen an der Stirnwand der Verabschiedungshalle. Diese Erscheinungen versuchen Einblick auf das rätselhafte Wesen des Mensch zu geben. Wir wissen so viel über unseren Körper, unsere Umgebung und unsere Welt. Trotzdem bleibt es rätselhaft warum wir zum Menschen geworden sind, welche Kraft uns antreibt und was uns nach unserem Leben, nach dem Tod, erwartet.  Während der priesterlichen Verabschiedung fällt mein Blick immer wieder auf die Sgraffitos von Oman, mir ist als blicke ich in ein weit entferntes Teil des Universums. Bis zu den Spiralnebeln, wo unser Blick auch mit den besten Teleskopen nicht mehr durchdringt, in die Ursuppe des Universums. In einen Nebelschleier gehüllt bleibt unser Wissen um das Jenseits. Die Texte im Rahmen der Verabschiedung aus dem Neuen und Alten Testament sind sehr bildreich, es passiert aber nichts anderes als, dass sie unsere Vorstellungen vom Jenseits noch mehr einnebeln. Der Nebel lichtet sich, wenn die Türen von der Totenhalle geöffnet werden und den Blick auf den Friedhof freigeben. In diesem Moment ist uns allen klar, dass der Sarg hinausgeführt wird auf den Friedhof und in einem Grab der Leib des Toten seine letzte Heimstätte findet. Alles, was mit dem Bewusstsein, dem Geist und der Seele passiert, bleibt im Urnebel des Universum verborgen.

internet:leiche

Obwohl die Suchmaschine Google ein junges Medium ist, findet man dort viele Internetleichen. Erst kürzlich informierte ich mich über die Öffnungszeiten eines von mir sporadisch konsultierten Ohrenarztes. Er ist ein älterer Herr, aber als Konsulent des hiesigen Bezirkskrankenhauses hatte er seine Qualitäten. Seine antiquierte Ordinationseinrichtung ist mir in Erinnerung geblieben. Mehrere Glasschränke mit einer Fülle von chirurgischen Instrumenten oder Foltergeräten? Um meine diffusen Beschwerden abzuklären suchte ich die Ordination zur angegebenen Öffnungszeit auf. Beim Näherkommen sah ich, dass am Eingang vom Stadthaus seine Ordinationstafel entfernt wurde. Ich trat in das Haus ein und stieß dort auf eine Bewohnerin. Bei ihr erkundigte ich mich nach dem Verbleib des Doktors. Sie erzählte mir, dass der Facharzt schon seit Jahren in Pension ist, es würden aber immer noch Patienten hierherkommen, da seine Ordination noch immer im Web gelistet ist.

Bei der Suche nach einem bestimmten Facharzt, Firma, Verein und Institutionen passiert es öfters, dass die Webseiten noch immer abrufbar sind, obwohl die Ordination, die Firma schon lange geschlossen wurde. Dies sind die Internetleichen und niemand sorgt sich um deren Bestattung, in diesem Fall um die Löschung der Einträge bei den Suchmaschinen. Von meiner Buch- und Papierhandlung weiß ich, dass auf verschiedenen Auskunftswebseiten meine Firma, mein Angebot, noch immer angezeigt wird, obwohl ich seit einem Jahrzehnt in Pension bin. Der Schaden für die Surfer ist minimal, da am selben Standort ein Nachfolger mit demselben Sortiment anzutreffen ist.

Beethoven