uni:erfahren II

In der Siedlungspolitik gibt es neueste Bestrebungen, unter den Bewohnern einen
gesunden und produktiven Mix zwischen Alt und Jung herzustellen. Dieser Mix
wird angewendet bei Wohnanlagen und in größerem Stil bei der Planung von ganzen
Straßenzügen, er gereicht Allen zum Vorteil. Man schafft keine Gettos mehr mit
dem Vorsatz, dies wird eine Wohnsiedlung für junge Leute und hierher bauen wir
eine Siedlung für ältere Leute. Man versucht die Bauvorhaben
ineinanderzuschieben, den Kindergarten neben dem Altersheim und neben der
Volksschule zu errichten. Heute muss man sich des Alters nicht schämen und kann
selbstbewusst auftreten. Wir, die ältere Generation, haben in unserer Jugend
Respekt und auch Furcht vor den älteren Leuten gehabt. Der jungen Generation
muss man zugestehen, dass sie mit älteren Leuten unbekümmert umgeht. Respekt,
im damaligen Sinne, hat die heutige Jugend nicht mehr. Man muss dies
akzeptieren, es ist die größere Freude, wenn man von den Jungen anerkannt wird.
Man sollte nicht darauf bestehen, dass man etwas besser weiß, es ist alles
offen, wenn man auch die längere Erfahrung hat.

Meine Erkenntnis ist, dass man als Seniorstudent zu den selbstgewählten
Lehrveranstaltungen etwas aus der eigenen Erfahrung beitragen kann. Aus der
Hausbibliothek  und aus dem eigenen Gehirn etwas einbringen. Es ist eine Freude
etwas vom eigenen Wissen weiterzugeben, anderseits Neues zu erfahren. Wichtig
ist die Bereitschaft sich auf eine fremde Welt einzulassen, die Welt der
Studenten und der Professoren. So ist der Besuch der Uni  schon nach
kurzer Zeit eine Bereicherung meines Alltags.

Aufgefallen ist mir, dass sind spezielle Aufgaben am PC gefordert, die über einfache
Wordanwendungen hinausgehen, die PC-Generation damit Schwierigkeiten hat. Sie
verlangt  genaue  Erklärungen, Versuche und Experimente sind nicht
ihre Sache.

Labor.

uni:erfahren

Bei den Lehrveranstaltungen an der UNI ist es ein Vorteil, wenn die Studierenden eine Mischung aus Junioren und Senioren sind. Bei manchen Themen können die Älteren etwas aus ihrer Lebenserfahrung, die in keinem Lehrplan enthalten ist, einbringen. Zählt der Beitrag auch nicht unmittelbar zum Lehrstoff, so lässt er den Lehrstoff aus einem anderen Blickwinkel erscheinen. Oft ist es gut, wenn ein Senior gegenüber dem Professor etwas vorschlägt, dass dann allen zugutekommt. Wendet sich der Professor mit einer Frage an die Studierenden, meldet sich oft niemand der als Erster auf die Frage eingeht. In solchen Situationen bewähren sich Seniorstudenten als Blockadebrecher. Das Schicksal der Benotung schwebt nicht über ihnen. Sie können die Note aus dem Blickwinkel, dass es in ihrem Leben auf die Eine Note nicht mehr ankommt, sehen.

Die jetzige Altersgruppe der Seniorstudenten gehört zusammen mit den älteren Professoren  zu jener Generation, 50+,  die mit dem PC und dem Internet nicht von Kindheit an aufgewachsen sind. Dies bedeutet, dass es für sie noch andere Wahrnehmungsmöglichkeiten gibt, als die Suche im Web: Schlag nach bei Google oder bei Wikipedia. Sie können aus den unterschiedlichsten Quellen ihr Wissen abrufen, aus Gehörtem, aus Gesehenem, aus Gelesenem und  aus Erlebtem.  Dies bedingt die längere Lebenszeit. Wer aufmerksam durch seine Zeit gegangen ist, der hat Skurriles und Absonderliches erlebt, was einstmals als der Fortschritt oder die Zukunft gefeiert wurde, hat sich inzwischen als Flopp erwiesen. Auf diese Ressourcen kann die Generation 20+ nicht zurückgreifen. Sie haben die  Fähigkeit, dass sie unheimlich geschickt sind, wenn es darum geht im Internet etwas zu suchen. Als Freier Student habe ich den Eindruck, sie sind zu perfekt, dass für sie die Welt nur im Web existiert. Was beim Googeln nicht gefunden wird, das existiert nicht. Sie scheuen anderseits bei einer Recherche auf Leute außerhalb der Uni zuzugehen, mit Leuten zu ihrer Aufgabe persönlich zu reden. Sie recherchieren lieber im Web, sie meiden den persönlichen Kontakt zu einem Studienobjekt. Im besten Fall werden per Email oder per Facebook Fragen gestellt. Diese Kultur oder ist es eine Unkultur, findet sich heute oft in den Nachrichtensendungen, dass die Gesprächspartner nicht mehr live im Studio sitzen, sondern per Videoschaltung eingeblendet werden. Das Bauchkribbeln bei einer Livebegegnung mit einem Interviewpartner wird nicht gesucht. Als freier Mitarbeiter für das Nachrichtenblatt der Gemeinde  habe ich, für eine Porträtreihe, eine Fülle von persönlichen Gesprächen mit den verschiedensten Personen geführt.

Man erntet Kopfschütteln, wenn man von eigener Erfahrung berichtet und die Jugend kann es beim Googeln nicht finden. Zum Anderem war man nicht auf der und der Veranstaltung, wenn man es nicht auf Facebook postet. Was nicht auf Facebook nachzulesen ist, das hat auch nicht stattgefunden.

Erfahrungen

leer:gefegt

Bei den mehrteiligen Fernsehfilmen, wie „Die Dornenvögel“, die man als Straßenfeger bezeichnet hat, waren während der Sendezeit die Straßen und Plätze in den Orten leer, alle saßen vor dem Fernseher. Heute trifft dies noch zu, wenn ein  Abfahrtslauf übertragen wird und die Ehre der österreichischen Nation auf dem Spiel steht oder für die erste Hochrechnung bei einer Nationalratswahl. Die ältere Generation bevölkert am frühen Vormittag und am späten Nachmittag die Stadtzentren, um zwei Semmeln einzukaufen. Als „leer gefegt“ empfindet man den Hauptplatz in der Draustadt während der „toten Zeit“, wenn keine Saison- und Eventzeit ist. Man fällt in ein tiefes, undekoriertes Loch, nachdem die Weihnachtsdekoration, die Faschingsdekoration und zuletzt die Osterdekoration entfernt wurden. Beim Gehen über den Hauptplatz macht einem die Leere ängstlich, andererseits gewinnt der Platz an Größe und Ausstrahlung.

Für die Generation 20+ gibt es die Straßenfeger“ nicht mehr, sie beziehen die aktuellen Informationen vom Handy oder IPod. Das Schlendern über den Hauptplatz ist nicht die erste Wahl, außer es gibt eine Veranstaltung. Ihre Treffpunkte sind die Tankstellen, die Cafés und die Pizzerias in den Einkaufs- und in den Kinozentren. Für sie hat der Platz vor einer Autowaschanlage mehr Anziehungskraft, als eine historische Häuserzeile am Stadtplatz. Um Museen machen sie einen Bogen, weil die meisten Ausstellungsobjekte aus der Zeit vor dem Web 2.0 stammen.

Videofilme.

bio: eier

Gerade ist der Skandal um nicht deklariertes Pferdefleisch in Wurstwaren verebbt, gibt es den Bioeierskandal. Nicht jedes Bioei stammt aus einer Freilandhaltung. Geflügelbetriebe haben die Eier aus Legehennenbatterien als Bioeier deklariert und diese zu einem besseren Preis verkauft. Filmaufnahmen von zusammengepferchten Legehennen sind für mich, da ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin, eine Qual. Gleiches  gilt von Mastbetrieben für Schweine. Ich bezweifle, dass alles was unter dem Etikett „Bio“ verkauft wird, aus  biologischem Landbau oder Tierhaltung stammt. So viele Biobauern,  wie es Produkte in den Geschäften gibt, kann es gar nicht geben. Als Konsument stellt man sich die Frage, sind Lebensmittel ohne das Bioetikett gesundheitsschädlich? Auch ein Lebensmittel ohne Biopickerl muss den menschlichen Ansprüchen genügen. Stammen die Lebensmittel nicht von einem Biobauern, dann werden in diese  Zusatzstoffe, wie Geschmacksverstärker, Haltbarmittel und Farbstoffe beigemengt.

Anderseits werden Landwirte oder Lebensmittelhersteller, welche Supermärkte beliefern dürfen dazu gezwungen, so billig wie möglich zu produzieren. Auch wir, als Konsumenten,  sind mitschuldig an den Lebensmittelskandalen. Als Verbraucher wollen wir immer weniger für die Lebensmittel, die der Treibstoff für unseren Körper sind, bezahlen. Uns ist unsere Nahrung nichts mehr wert. Wahrscheinlich liegt eine Ursache darin, dass wir  keinen Bezug mehr zur Herkunft der Lebensmittel haben. Die Wenigsten wissen, wie Lebensmittel angebaut und geerntet werden. Sie werden nicht in der Fabrik, der Fleischerei, Molkerei oder Obstverwertung künstlich hergestellt. Sie haben ihren Ursprung auf der Wiese, dem Acker oder in einem Viehstall.

In einem Museum in Sevilla sind nicht die Ausstellungsstücke zur  Astronomie,  der  Elektrizität  und der  Gentechnik die Anziehungspunkte, es sind zwei  Vitrinen, wo man live beobachten kann, wie aus den Eiern die Küken schlüpfen.  

Besuchermagnet.

oster : frieden

Vor dem Blumengeschäft standen die Menschen bis auf den Gehsteig und nur wenn ein Kunde das Geschäft verließ, konnte ein anderer eintreten. Dazu ist zu bemerken, dass es ein kleiner Laden ist, aber mit tollen Blumenkreationen aufwartet, sowie mit einer kompetenten und freundlichen Beratung.  Dieses Anstellen erinnerte mich an meine Anfänge als Papierhändler. Ich begann mit einer Verkaufsfläche von ca. 20 m2, der Platz für die Kunden betrug  gerade 4 m2. Damals ist es auch vorgekommen, dass an stärkeren Verkaufstagen die Leute vor dem Geschäft warten mussten. Ich ging weiter zum nächsten Blumenhändler um die Ecke und die dortige Auswahl an Gartenblumen entsprach meinen Kaufabsichten. Viele Gartenblumen hatten sie in Vasen, Schalen und kleinen Weidenkörben bereits zum Verkauf vorbereitet. Zusätzlich fertige Blumensträuße und Gestecke. Ich wurde bald fündig und reihte mich vor der Kassa ein. Zu den Blumenkörbchen brauchte ich noch einen Blumenstrauß und wendete mich an die Verkäuferin. Ich hatte keinen bestimmten Blumenwunsch und sagte, ich überlasse die Zusammenstellung des Blumenstraußes ihrem Geschmack. Nachdem die Verkäuferin, die sich später als Floristin bezeichnete, einige Blumen in die Hand genommen hatte, meldete sich die Dame hinter mir zu Wort. Sie äußerte sich gegenüber der Verkäuferin, dass die Farben der Blumen auf keinen Fall zusammen passen würden. Diese Farbzusammenstellung sei total unharmonisch. Die Floristin fühlte sich in ihrer Berufsehre gekränkt und konterte, dass sie eine zwanzigjährige Berufserfahrung hätte. Die Dame solle sich in ihre Arbeit nicht einmischen, dies sei ihr in ihrem Verkäuferdasein noch nicht vorgekommen. Es war eindeutig zu bemerken, dass sowohl die Verkäuferin und die Kassiererin, wie auch die wartenden Kunden und Kundinnen unter Stress litten und ungeduldig waren. Die Dame erwiderte, dass sie sehr wohl etwas von Farben verstehen würde, sie sei nämlich Malerin und habe ein Gefühl für Farbzusammenstellungen.

Ich versuchte zwischen den beiden Damen zu vermitteln und bemerkte, dass ein Blumenstrauß es nicht wert ist, dass man sich in die Haare gerät. Noch dazu feiern wir morgen das Osterfest, wo Jesus sagt, der Friede sei mit euch. Gerade in der Osterzeit wird man immer wieder aufgefordert für den Frieden in der Welt zu beten und jeder Friede beginnt im Kleinen. Die anderen Kunden reagierten auf meine Versuche den Streit zu schlichten und den Verweis auf Ostern mit Schmunzeln.

Die beiden Frauen ließen in ihrer Auseinandersetzung nicht ab, bis die Malerin das Blumengeschäft verließ. Die Verkäuferin rief ihr noch nach, dass sie kein Bild von ihr kaufen möchte, da sie sich vorstellen könne, wie sie malen würde. Der Blumenstrauß ist bei der  Empfängerin gut angekommen, auch die farbliche Zusammenstellung. Der Strauß entspreche dem derzeitigen Trend, wo die unterschiedlichsten Farben kombiniert werden.

Osterfriede.