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Am Beginn eines Entfremdungsprozesses steht die Ausbürgerung aus der Gesellschaft, dann die innerliche Abmeldung von den Mitmenschen und zuletzt steht man außerhalb der Gemeinschaft. Der Selbstmord ist in unserer Gesellschaft ein Tabuthema, er ist nicht diskutabel. Er existiert außerhalb des Wahrnehmungsgeflechts, er wird gerne verleugnet. Man akzeptiert ihn in Künstlerkreisen, bei Schauspielern oder Musikern, nicht bei Alltagsbürgern. Ist jemand gescheitert bedeutet dies, dass etwas in der Gemeinschaft nicht funktioniert hat. Niemanden gesteht man ein Scheitern zu, dies ist immer ein gesellschaftliches Manko, erst recht in der modernen Hochleistungsgesellschaft. Es gibt diesen Überfluss, wie soll man da an Selbstmord denken. Nie würde man sich gegenüber anderen dazu äußern, dass man selbst mit Selbstmordgedanken spekuliert hat. Der besten Freundin würde man bestenfalls anvertrauen, dass man den hübschen Mann aus dem nächsten Stiegenaufgang verführt hat. Wie aufregend es am Wochenende mit dem Freund nach dem Besuch des Schwimmbades in der Umkleidekabine gewesen ist.

Heute gibt es Fluchtmöglichkeiten, man kann aus der Ehe ausbrechen, den Mann verlassen und sich scheiden lassen, man muss nicht beim Mann bleiben bis zum bitteren Ende. Die Lieblosigkeit, die Gefühlskälte ertragen, wo für den Jagdhund und für das Kalb mehr Gefühle und Streicheleinheiten frei werden, als für die Ehefrau. Während der Ehejahre ist man durch die Arbeit unansehnlich geworden, hat etwas an Körperformen eingebüßt. Die Bekleidung ist mit den Jahren gealtert. Neu hinzugezogen ist in der Nachbarschaft eine junge Jägerin, welche den Männern schöne Augen macht.

Bei einer Frau ist der Tod weiblich. Die großen Gewässer haben eine magische Anziehungskraft auf  Frauen. Vom Wasser geht eine Geborgenheit aus, im Wasser fühlt man sich aufgehoben. Drei von mehreren Drautaler Selbstmörderinnen sind in die Drau gegangen. Eine Scheidung kam nicht in Frage,  es ist ehrenhafter den Ausweg des Selbstmordes zu wählen.

Badesaison.

nach:hall

Viele PensionistInnen benehmen sich als sei es selbstverständlich, dass ihnen das Paradies auf Erden zusteht. Sie schauen nur auf ihren Vorteil, sie beanspruchen dies, verdient durch die hohe Beamtenpension ihres Mannes. Jetzt können sie das Fünfsterne Kurhotel genießen. Die Bedienung kann es ihnen nicht recht machen, das Frühstücksbuffet ist nicht gut genug, es sollte noch besser und reichhaltiger sein. Obwohl man sich darunter nichts Konkretes vorstellen kann, aber man wäre ein paar Tage weniger gelangweilt. Unter uns leben auch die Zufriedenen, die es zu schätzen wissen, dass sie einen gesicherten Lebensabend genießen können. Nach menschlichen Vorstellungen ein kleines Paradies.

Befindet man sich im Pensionsdrive, dann fließen an einem oftmals die Meldungen aus der Politik, der Wirtschaft oder der Gesellschaft achtlos vorbei, als gäbe es kein Außen. Da nimmt man auch vom politischen Sommergewitter, von den Streitereien über die Einführung einer Millionärssteuer und Erbschafssteuer oder wer blutet für die Schulden der Hypo Alpen Adria Bank, nichts wahr. Mehr Aufmerksamkeit gibt es, kommt ein Anruf, dass in der Nachbarschaft ein bekannter älterer Herr gestorben ist. Eine solche Nachricht zählt nicht zu den Alltäglichkeiten, der Tod  eines Bekannten bekommt eine neue Bedeutung, ist man selbst im Pensionsalter. Noch deutlicher stellt sich dann die Frage nach der Nachhaltigkeit der Pensionstage. Man sucht nach Alternativen zum Apfelmusessen, bevor man sich mit dem Istzustand abfindet. Der Widerstand kostet Kraft. Es ähnelt dem Aufbegehren in der Jugendzeit, damals war es ein Protest gegen die Strukturen der Erwachsenen, die uns ihre Welt vorgegeben haben. Heute wüsste ich gerne etwas über die  Denkinhalte der Jungen und bin doch weit entfernt. Ich suche in den Medien, manches Mal in den Filmen, nach Aussagen, wo ich an die eigene Jugend anknüpfen könnte. Dazwischen liegen vierzig Jahre Berufsalltag und ein gewisser Sehwinkel. Bei aller Offenheit der ich mich verpflichtet fühlte, ist es darum gegangen wirtschaftlich zu überleben.

Zielpunkt.

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Bei der Lehrveranstaltung „Natur und Technik“ wurde der Mensch unter anderem auch durch sein Bewusstsein von seiner Sterblichkeit definiert. Wir unterscheiden zwischen Vergangenheit und Zukunft und können uns im Spiegel selbst erkennen. Martin Heidegger sagt, „der Mensch ist weltbildend und das Tier, welches über oben genannte Fähigkeiten nicht verfügt, ist weltarm. Der Mensch kennt die Langweile, das Tier die Benommenheit. Das Tier sei getrieben, immer ruhelos auf der Suche nach Nahrung und Fortpflanzung. Der Mensch könne über sein „nichts tun“ entscheiden.“  Ich halte dagegen, dass sich auch Tiere dem Nichtstun hingeben, der Muse, auf jeden Fall Katzen.

In der Fachliteratur gibt es das oft zitierte Beispiel von Jakob von Uexküll. Er hat einer Biene eine Tasse Honig vorgesetzt und als diese gierig mit ihrem Rüssel am Honig saugt, den Hinterleib entfernt. Die Biene hat davon unbeeindruckt weitergesaugt, der Honig ist aus dem Hinterleib geflossen. Ein Beispiel, um die stumpfe „Verfressenheit“ bei den Tieren zu beweisen. Mein Einwand war, dass auch wir sehr Essens orientiert sind. Es gibt Berichte über Todeskandidaten, die kurz vor ihrer Hinrichtung ihr Lieblingsgericht bestellt und verzehrt haben. Welchen Sinn macht ein Festmahl im Angesicht des Todes?  Ich habe natürlich nicht das Recht, der ich, Gott sei gedankt, nie in einer ähnlichen Situation war, darüber zu befinden. Ähnliches wird von den Rauchern über ihre letzte Zigarette berichtet.

Wie kam Heidegger zu dem Ergebnis, dass die Tiere weltarm und die Mensch weltbildend sind?

Letzten Endes.

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Die TV-Sendung war zu zwei Drittel vorbei, da wurde im Fernsehen ein Steinmarder gezeigt, ein Einzelner, sie sind Einzelgänger. Als dieses Tier mit seinem  buschigen Schwanz zwischen den Steinblöcken herum hüpft, springt die Katze Undine vom Sofa auf, rennt zum Fernseher und setzt sich davor. Dann hüpft sie auf das Podest des Fernsehers und beginnt am Bildschirm mit der Pfote zu kratzen. Der Steinmarder verschwindet langsam aus dem Bild, zuletzt der Schweif, da guckt die Undine hinter den Fernseher, dann wieder nach vorne. Sie wechselt auf die andere Seite vom Bildschirm und blickt dort hinter den Fernseher. Es war klar zu erkennen, dass sie zuerst versucht hat den Steinmarder zu fangen und als er aus dem Bildschirm verschwunden ist, suchte sie ihn hinter dem Fernseher. Dieses Verhalten konnte ich  eindeutig zuordnen. Ergänzend muss ich noch erzählen, dass Undine schon des öfteren bei Naturdokumentationen zum Fernseher gelaufen ist und mit den Tieren am Bildschirm spielen oder sie wahrscheinlich jagen wollte. Nicht bei allen Tieren, sondern ihrer natürlichen Jagdbeute.

Ich überlege mir, wie ist dieses Verhalten zu beurteilen. Undine ist keine Rassekatze, sondern als Mischling  auf einem Bauernhof geboren. Am Bildschirm nach Beute zu jagen gehört nicht zu den natürlichen Jagdinstinkten.  Auch nicht, nachdem der Schweif vom Steinmarder als letztes langsam vom Bildschirm verschwunden ist, mit dem Kopf hinter den Fernseher zu blicken. Für sie war es logisch, dass hier der Steinmarder auftaucht. Nach diesem Vorfall meine ich, dass man der Katze ein räumliches Denken zugestehen muss.

Hinter den Dingen.

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In den vergangenen Monaten habe ich einiges aus philosophischer Sicht über das Spannungsfeld zwischen Tier und Mensch gehört. Was sie untereinander unterscheidet, aus philosophischer, nicht aus biologischer Sicht. Von biologischer Seite würden wir uns nur durch ein zwei Gene unterscheiden. Ironisch betrachtet, zwei Gene bei mir anders und ich wäre eine blöde Kuh, wie man es oft fälschlicher Weise von der Kuh behauptet. Es geht mir so, dass ich zwischen wissenschaftlichen und philosophischen Thesen, sowie meinen persönlichen Erlebnissen mit unserer Wohnungskatze Undine vergleiche.

Ein Anlass dazu war eine Universum Fernsehdokumentation: Ein  Fernsehfilm über das Tier- und Pflanzenleben im Jahreskreislauf, im Nationalpark Nockberge in Kärnten. Durch die Nockberge führt eine Panoramastraße und die Nockberge sind vom Frühjahr bis in den Herbst ein beliebtes Ausflugsziel. Wir haben schon selbst Wanderungen in den Nockbergen unternommen. Sobald der erste Schnee fällt wird die Nockalmstraße gesperrt und  ist erst wieder Anfang Mai geöffnet. Diese Region ist für den Wintertourismus  nicht erschlossen, es gibt keine Skilifte. So sind die Tiere unter sich und dies macht Eindruck. Ganz toll fand ich die Winteraufnahmen und  wenn es Frühling wird, die Tierbeobachtungen.

Winterstarre