stuben:rein

In den 60er und 70er Jahren war es selbstverständlich, dass in den Werkstätten, Magazinen und Verkaufslokalen die Lehrlinge für Sauberkeit sorgten. Dabei wurde zwischen männlichen und weiblichen Lehrlingen kein Unterschied gemacht, niemand blieb von den Putzarbeiten verschont. Hatte der Kundenbereich einen Terrazzo Boden, war er im Vergleich zu einem Bretterboden, leichter zu reinigen. In den Firmen gab es zumeist einen Staubsauger. In der Buch- und Papierhandlung am Spittaler Bahnhof war die Verkaufsfläche der kleinere Teil, größer war das Magazin. Als jüngster Lehrling war ich dort tageweise mit dem Auspacken von Waren, dem Aufräumen in den Schubladen und dem Staubwischen in den Stellagen beschäftigt. Das Kellermagazin der Papierhandlung und jenes vom Feinkostgeschäft von nebenan, befanden sich Tür an Tür, unter den Verkaufslokalen. Die Keller waren  von außen über eine Stiege erreichbar. Mit dem Lehrmädchen vom Feinkostgeschäft verabredete ich mich zum gemeinsamen Kelleraufräumen. Dabei gehörte der Verzehr von einem Salzweckerl mit sauren Essiggurken und ein Sunkist Orange dazu.

Das Stubenrein oder hieß es Besenrein während der Bundesheerzeit in der Grazer Belgierkaserne wurde per Befehl angeordnet. Die Unterkünfte wurden vor dem Wochenende geputzt, dazu kam das Stiegenhaus und die Toiletten. Die Holzböden der Zimmer wurden mit einer Stielbürste geschrubbt. Für die meisten Grundwehrdiener war dies eine ungewohnte Tätigkeit. Die Toiletten wurden von Rekruten mit einer Disziplinarstrafe gereinigt. Nur diejenigen durften die Kaserne zum Wochenende verlassen, deren Unterkünfte stubenrein waren. Kontrolliert wurde die Sauberkeit vom Stubenältesten. In Mietverträgen gibt es heute noch den Passus, dass bei Auflösung des Mietvertrages die Wohnung stubenrein beziehungsweise besenrein zu übergeben ist.

Wetzelsdorf

besen:rein

Das Wort besenrein wird für junge Ohren altväterisch klingen. Mich begleitet das Saubermachen und alles was dazugehört seit den Kindertagen am Bauernhof. Manche werden es anzweifeln, auch auf dem Bergbauernhof herrschte in den 60er Jahren eine Art von Sauberkeit. Nicht, wie Städter vielleicht vorsätzlich vermuten, dort versank alles im Schmutz. Als Kinder wurden wir angehalten im Viehstall, während des Melken, den Stallboden mit einem Birkenbesen zu fegen. In den Wintertagen, wenn die Feldarbeit ruhte, stellte der Vater Besen, Rechen und Buckelkörbe für den täglichen Bedarf her. Von Zeit zu Zeit kehrten wir auch auf der Tenne. Vom Frühjahr bis in den Spätherbst sorgten wir  im Hof und auf den Platz vor dem Haus für Sauberkeit. Im Bauernhaus waren wir dafür zuständig, die Laben und die Betonstiege in den ersten Stock, besenrein zu halten. Diese Reinigungsarbeiten waren bei uns Bubensache, Mädchen waren auf dem Hof die Minderheit.

In der Küche, der Mittelpunkt der Familie und dementsprechend groß, wurde täglich aufgekehrt. Hier wurde gekocht, gegessen, Brot gebacken, die Hausaufgaben gemacht, Karten gespielt, Radio gehört und mit Besuchern geplaudert. Der Holzboden wurde einmal in der Woche geschruppt. Im Haus gab es zu jener Zeit kein Fließwasser. Das Wasser wurde dem Brunnen vor dem Haus entnommen und in die Küche getragen. Beim Herd, der mit Holz beheizt wurde, gab es ein Wasserschiff, dort wurde das Wasser erhitzt. Auf der Holztruhe stand immer ein Eimer mit Frischwasser. Für Holz und Wasser sorgten wir Kinder.

In einer Ecke von der Küche stand eine Waschschüssel, für die kleine Körperpflege. Die Waschschüssel wurde durch ein Küchenfenster in die angrenzende Wiese entleert. Das Plumpsklo war an das Haus angebaut, als Klopapier wurden alte Zeitungen verwendet. Nachtsüber stand in jedem Schlafzimmer unter dem Bett ein Nachttopf, welcher von Zeit zu Zeit in den Abfluss von den Dachabwässern geschüttet wurde.

Brunnentrog

stuben:rein

Katzen gehören in den österreichischen Haushalten zu den beliebtesten Haustieren. Katzenbesitzer werden in zwei Gruppen eingeteilt: Tierhalter von freilaufenden Katzen oder von Wohnungskatzen, auch Stubentiger genannt. Bei den Stubentiger geht es darum, sie ohne Zwang stubenrein zu bekommen. Sie sollen ihre Notdurft in einem, in der Wohnung bereitgestellten Katzenklo verrichten. Die Katzen wollen instinktiv ihre Hinterlassenschaft vergraben. Dies erleichtert es, sie in eine Falle zu locken, in ein Katzenklo gefüllt mit Kalkbröseln. Diese Zeit der Eingewöhnung in den Haushalt ist eine heikle Phase. Wie schnell wird der Stubentiger das Katzenklo akzeptieren? Um den passenden Ort für das Kistl zu finden, gehört Fingerspitzengefühl. Dieses sollte an einem geschützten Ort, keinesfalls in der Nähe vom Fressplatz stehen. Wer lässt sich schon gerne beim Geschäft über die Schulter schauen. Akzeptiert die Katze ersteinmal ihr Katzenklo, dann wird sie es verlässlich benützen. Zumeist werden Abweichungen bei der Benützung des Kistl als Unzufriedenheit des Stubentiegers mit seinem zuhause und mit seinen Mitbewohnern gedeutet.

Ob Schwein, Kuh, Pferd, Schaf oder Katze, es sind reinliche Tiere. Auch unter einfachen Umständen trennen sie fein säuberlich den Fressbereich, den Schlafbereich und den Kotbereich voneinander. Sie werden in einer Box niemals wahllos Kot absetzen, sondern wählen sich dafür eine Ecke aus, damit der Fress- und der Schlafbereich sauber bleiben.

Erstbezug

hu:hu

Die Vorderseite des Glückwunschbillet ziert eine freundliche Eule, rundherum ein Kranz aus Herzen. Darunter der Text HuHu, wohl weil Eulen nachtaktiv sind. HuHu hat etwas Schreckhaftes in sich. Möchte man jemanden erschrecken, dann lauert man bei einer Hausecke auf und schreit beim Kommen huhu. Es gibt unheimlichere Orte als die nächste Haus- oder Straßenecke. Mein Heimweg führte während der Lehrzeit, vom Bahnhof zum Bauernhof am Berg, durch einen Hohlweg.Dieses Stück war besonders unheimlich. Der Hohlweg zweigte von den letzten Häusern im Tal auf die Anhöhe ab. Tief eingeschnitten in den Waldboden, rechts und links mit Sträuchern und Büschen bewachsen. Man bewegte sich wie in einem Tunnel vorwärts. Es gab keine Möglichkeit rechts oder links auf die höher gelegenen Wiesen auszuweichen. Im Herbst wurde es schon früh dunkel und im Hohlweg war es stockdunkel.

Es gehörte Mut dazu, den Hohlweg abends zu benützen. Jedes Mal war ich erleichtert, wenn ich auf der überschaubaren Wiese anlangte, obwohl auch hier weit und breit kein Haus stand. Schon die Möglichkeit, im Falle eines Falles, davonlaufen zu können, beruhigte mich. Eines Abends, ich war im oberen Drittel vom Hohlweg, hörte ich hinter mir undefinierbare Laute in verschiedenen Tonlagen. Es waren keine menschlichen Laute, nichts eindeutig Tierisches, ich konnte sie nicht einordnen. So schnell wie möglich brachte ich den Hohlweg hinter mir und versteckte mich auf der Wiese hinter einem freistehenden Busch. Kurz danach kam ein kleingewachsener Mann aus dem Hohlweg auf die Wiese und stieß dabei gurgelnde Laute aus. Beim Näherkommen erkannte ich den Hausl vom Nachbarhof. Um meinen Schrecken loszuwerden sprang ich, als der Hausl an mir vorüberging, hinter dem Busch hervor und schrie laut Huhu. Diesem ist das Grausen in die Glieder gefahren und so rasch er konnte, ist er den steilen Feldweg davongelaufen.

Haha

tropentage:turbohitze III

Manche Verhaltensweisen sind den Tieren angeboren und ändern sich auch in fünfzig Jahren nicht. Mehrere Jahrzehnte erscheinen uns, gemessen an unserer voraussichtlichen Lebenszeit, als lang. Im Sog der Evolution sind sie nicht vorhanden. Fünfzig Jahre später folgen die Kühe bei Federaun heute noch dem Beispiel der Kühe im Drautal. In Federaun gibt es seit einem Jahrzehnt eine Herde von Hochlandrindern. Sie fühlen sich hier sichtlich wohl, jedes Jahr im Frühjahr gibt es Nachwuchs. Gleich neben dem Radweg befindet sich das Weidegebiet, auf zwei Seiten umgeben von Laubbäumen und inmitten der Wiese ein Wassertümpel. Meinem Dafürhalten wird er vom Grundwasser gespeist, ansonsten wäre er sommersüber bei länger anhaltender Trockenheit und bei solchen Turbohitzetropentage ausgetrocknet. Der Wasserstand ist konstant und die Tiefe für die Tiere ungefährlich. Bei meiner Radtour von Villach nach Nötsch konnte ich am Vormittag sehen, wie zahlreiche Kühe mit allen vier Füßen regungslos im Wasser gestanden sind. So haben sie sich bei Tropentemperaturen mit ihrem natürlichen Instinkt Kühlung verschafft. Egal ob Mutterkuh oder Kalb, jede hatte ihre Füße bis zum Bauch im Wasser.

Wer die Kühe nachahmt und die Füße bis zu den Knien in eine mit Wasser gefüllte Badewanne stellt, findet in den eigenen vier Wänden Abkühlung.

Gut beraten.