be:obachten I

Als heranwachsendes Kind findet man es normal, dass man von den Eltern dabei beobachtet wird, was man gerade spielt oder lernt. Es gehört zum Kindesalter dazu, von den Eltern, der Kindergärtnerin, Lehrern, Tanten und Onkels beaufsichtigt zu werden. Diese Personen, Erziehungsberechtigte wie es im Amtsdeutsch heißt, beschützen einen auch vor Verletzungen und Unfällen. Sie warnen einen, bevor man sich mit der Schere oder dem Messer verletzt, auf die Balkonbrüstung steigt oder auf einen hohen Baum klettert. Dass man beim Spielen am Wildbach vorsichtig ist. In der Schule gibt es in den Unterrichtspausen die Gangaufsicht durch einen Lehrer. Je größer die Gruppe der spielenden und lärmenden Kinder, umso größer die Unfallgefahr. Den Mädchen will man beweisen, dass man schneller laufen und über mehr Stiegen stufen springen kann, als die anderen Buben. Dabei passiert es schnell, dass man gegen eine Mauerkante prallt oder sich den Knöchel beim Aufprallen auf den harten Fliesenboden verstaucht. In der Pubertät will man sich den Beobachtungen der Eltern und der Erziehungspersonen entziehen. Mit seinen Kumpeln trifft man sich an geheimen Orten, unter einer Brücke, im Schrebergarten, in der Burgruine oder in einer ungenützten Garage. Zumeist heckt man dabei etwas Verbotenes aus. Einer von der Runde bringt eine Flasche Bier aus Mutters Kühlschrank mit, ein anderer ein paar Marlboro aus der Zigarettenpackung vom Onkel. In der Garage wird getestet, wer Alkohol und Zigaretten besser verträgt und darüber spekuliert, wie groß der Busen der Klassenältesten sein wird? Ob sie unten schon Haare hat, wie die jungen Fotomodelle in der Praline. Mit jedem Jahr kann man sich aus den Beobachtungen der Erwachsenen mehr herausschälen. Die Abnabelung endet mit der Bitte der Mutter : „Möchtest du mir nicht erzählen, mit wem du das Wochenende verbracht hast“?

Wie viel Überwachung verträgt der Mensch, ab wann fühlt man sich unwohl? Dies ist eine Diskussion, die auf verschiedenen Ebenen geführt wird. Heute denkt man an erster Stelle an die Videokameras auf dem Bahnhof, auf öffentlichen Plätzen, am Bankschalter und in der Tiefgarage. Die Diskussion über die digitale Überwachung jedes Einzelnen ist ein Dauerbrenner in der Öffentlichkeit. Einerlei was man benützt, das Handy, den Laptop, den Krankenkassenchip oder die Stammkundenkarte beim Einkauf, alles wird irgendwo gespeichert. Einige versuchen ihre digitalen Spuren zu verwischen oder zu verschlüsseln. Die Meldung, dass die Nachrichtendienste wahllos die Daten von Millionen unbescholtenen Bürgern speichern, schlägt wie eine Bombe ein.

Kundenkarte

ver:gessen I

Seit Jahren gingen wir sonntags an einem Haus in der Milesiestraße vorbei und rätselten darüber, ob es möglich ist, dass in diesen Haus noch jemand wohnt? Wenn, dann wahrscheinlich eine ältere Pension, eine alleinstehende Frau, deren Mann verstorben ist, wie es hier bei einigen Villen der Fall ist. Wobei es den Witwen, ob ihres Alters, nicht mehr möglich ist die großen Gärten zu betreuen. Auch kleine Reparaturen am Haus werden vernachlässigt. Zumeist reicht die Witwenrente nicht aus, um einen Hausbesorger zu engagieren oder einen Handwerker zu bezahlen. Diese Generation Frauen war bei den Kindern zu Hause und hatte kein eigenes Einkommen. Die Nachkommen sind schon lange ausgezogen und haben ihren Lebensmittelpunkt in einer anderen Stadt. Bei manchen kommt es zwischen den Eltern und den erwachsenen Kindern zu Streitigkeiten. Niemand ist bereit in das Elternhaus heimzukommen. Die Kinder sehen die Liegenschaft als eine gut dotierte Geldreserve, die sie einmal verkaufen können.

Inzwischen haben wir erfahren, dass die Witwe seit Jahren auf der Geriatrie in LKH Villach Tag und Nacht gepflegt wird. Das Haus musste gegen Willkürakte gesichert werden. Alle Türen und Fenster sind jetzt zugenagelt. Der Strom unterbunden und der Garten eine willkommene Schuttablagerung. Vor einigen Monaten ist die Frau im LKH verstorben und jetzt hat ein Bagger das Haus abgebrochen. Es wurde alles eingeebnet und begrünt. Wahrscheinlich wird es nicht lange dauern und hier steht eine Tafel: Grundstück zu verkaufen. An der Grundgrenze steht noch der Betonpfosten wo die Gartentür einschnappte. Dort erinnert die Taste für die Hausklingel an die Frau. Man kann auf die Klingel drücken, aber niemand meldet sich.

Abgemeldet

post:it

Von Menschen aus unterschiedlichen Bevölkerungsschichten wird das Internet und das Smartphone auf das heftigste verteufelt. Das Handy wird als das Böse gesehen, ein Schleichweg, auf dem der Satan in die Welt gekommen ist. Andere behaupten keine Minute ohne diese neuen Kommunikationsmittel verbringen zu können. Vor dem Internetzeitalter, welches gerade den fünfundzwanzigsten Geburtstag gefeiert hat, gab es schon die Post-it, die kleinen selbstklebenden gelben Zettel. Eine Zeitlang hat man diese über jedem Bürotisch, auf jedem Garderobeschrank und auf jeder Kühlschranktür gesehen. Auf dem Frühstücksteller und auf dem Armaturenbrett klebten täglich ein Post-it, mit verschiedenen Aufforderungen zum Tag. Alles, was man in den nächsten Stunden erledigen sollte. Hätte es sie nicht gegeben, dann hätte man wohl vieles vergessen. Ab und zu gab es auf den gelben Zetteln auch eine persönliche Nachricht, dass man geliebt wird und sich auf die Rückkehr freut.

Es wirkt schon etwas antiquiert, als eine Villacher Apotheke auf ihrem Schaufenster mit vielen Post-it Zettel das Wort Stress formte. Mit vielen Hinweisen, was alles Druck auslösen könnte. Darunter Kurioses und Einmaliges. Zum Einen was Stress verursacht, zum Anderen was eigentlich Glücksgefühle auslösen müsste. Eine kleine, feine Auswahl: Mit Alex in das Kino gehen. Der Geburtstag vom Onkel. Pillen kaufen. Antigelsen-Spray besorgen. Strafzettel einzahlen. Wohnung putzen. Urlaub buchen. Auch hier fehlt nicht der Hinweis auf den Antistresskiller, Dr. Schreibers Kraftquelle. Stressfrei, statt für € 17.95 um € 15.95 in der Apotheke zu erwerben.

Pillen kaufen

furz:verbot

Eine Alternative um Istrien ohne Privatauto zu erkunden, sind die öffentlichen Verkehrsmittel. Vornehmlich die Busverbindungen. An der Küste verkehren die Busse an Wochen- und Sonntagen in  viertel- bis halbstündigen Intervallen. Zwischen den meist verstreut liegenden Orten im Hinterland sind die Verbindungen spärlicher. Oft findet man an den Haltestellen keine Fahrpläne und weiß nicht, wann der nächste Bus fährt. Nähern sich Einheimische der Bushaltestelle, ist dies ein sicheres Zeichen dafür, dass bald ein Autobus vorbeikommen wird. Bei der Fahrt in einem öffentlichen Bus ist mein Blick auf den Verbotstafeln oberhalb des Fahrersitzes hängengeblieben. Neben allgemein bekannten Verbotstafeln wie, Rauchen verboten, Telefonieren verboten und Bigmac essen verboten habe ich ein einmaliges Verbotszeichen entdeckt. Umgangssprachlich ausgedrückt, Furzen verboten.

Jetzt werden sich manche fragen, wie dies graphisch dargestellt wurde? Ich hoffe meine Beschreibung ist allgemein verständlich: Es ist eine gebückte Person abgebildet und dem Hinterteil entströmt eine Wolke. Obligatorisch wird die Wolke mit einem roten Kreuz durchgestrichen.

Siebenter Himmel.