wie:weiter I

Wie ist es nach dem Schulabbruch in meinem Lebensalter weiter gegangen. Es wurde eine Buchhandelslehre in der Buchhandlung Petz in Spittal Drau. Dort hat mich Tanzenberg noch einmal eingeholt. Während des Probemonats kam an einem Nachmittag mein ehemaliger Biologieprofessor Hartl in die Buch- und Papierhandlung. Beide zeigten wir uns überrascht. Der Professor war ein Schwiegersohn vom Chef. Mit Stolz wurde ich von den weiblichen Angestellten dem Professor als der neue Lehrling präsentiert. Zudem war ich der erste männliche Lehrling und der Erste, welcher eine Ausbildung zum Buchhändler machte. Zum Herrn Harald, wie der Chef von uns genannt wurde hatte ich ein gutes Verhältnis, welches bis in meine Selbstständigkeit fortdauerte. Sporadisch besuchte ich ihn und seine Frau in ihrem Bungalow in Pesenthein. Von der Terrasse bietet sich ein ergreifender Blick auf den Millstättersee. Die Terrasse, der Steingarten sowie die Stiege zum See wurden von Herrn Harald selbst verlegt. Das Verlegen von Natursteinplatten war für ihn Hobby und Ausgleich zum Geschäft. An Samstagen habe ich ihm bei den Verlegearbeiten geholfen und dafür ein kleines Entgelt bekommen.

In Arnoldstein eröffnete ich Anfang der siebziger Jahre eine Papier- und Buchhandlung. Nach ein paar Jahren Selbstständigkeit besuchte mich mein ehemaliger Lehrherr. Er berichtete mir von seiner Geschäftsaufgabe und fragte, ob ich an Teilen von noch vorhandenen Papierwaren zu einem günstigen Preis interessiert wäre? Mehrmals hat er mit dem Opel Caravan Waren nach Arnoldstein geliefert. Genau betrachtet waren es nicht so geläufig Artikel, solche, welche nach einem Schlussverkauf in Spittal/ Drau übriggeblieben sind. Mit viel Geschick habe ich diese Raritäten in mein Sortiment integriert. Sein Sohn hat Bodenkultur studiert und war in der Bleiberger Bergwerksunion für die Forstwirtschaft zuständig. Ab und zu ist er in das Papiergeschäft gekommen oder ich habe ihn beim Mittagessen im Gasthof Wallner in Gailitz gesehen.

krise:chance II

Die Diskrepanz beim Menschen, zwischen geistiges Wissen und tätigem Handeln, gibt es seit Jahrhunderten. Für mich ein innerlicher Widerspruch und daher meine Frage an den Vortragenden: „Haben die vielen Schriften, Bücher und Belehrungen für einen würdigen Lebenswandel versagt? Wir müssten ansonsten dem Paradies sehr nahe sein, dem Paradies über die Jahrhunderte wenigstens nähergekommen sein?“  Die Antwort des Psychologen und Theologen war keineswegs hoffnungslos, auf jeden Fall ehrlich: Er sah die Ursache für diese offen zutage tretende Diskrepanz darin, dass die Verbesserungen der Lebensgewohnheiten nicht von einer Generation zur Nächsten weitergegeben werden können. Jede größere Gemeinschaft, jede neue Generation muss jeden Tag aufs Neue damit beginnen die Welt besser und sinnvoller zu gestalten. Wir können uns nicht zurücklehnen und davon zehren, dass vor uns schon soundso viele an einer menschlicheren Gesellschaft gearbeitet haben.

Dabei kommt mir Sisyphus, der König von Korinth, in das Gedächtnis. Er war von den Göttern dazu verdammt täglich einen Stein den Berg hochzustemmen. Im letzten Moment rutschte er ihm wieder aus der Hand und den Abhang hinunter. Der Mensch ist dazu genötigt täglich mit seinen Aufgaben neu zu beginnen mit der Hoffnung, dass es ihm gelingen wird.  Mit der Ablöse der Vielgötterei durch den Monotheismus sind die Aufgaben und Unbilden für uns dieselben geblieben. Gnädig ist keine Eigenschaft des Göttlichen.  Aus dem Tagebuch vor Corona…

krise:chance

Sind es die täglichen Schreckensmeldungen in den Medien oder ist es der bekannte Name des Therapeuten, welche die Menschen zum Vortrag, Krise als Chance, magnetisch anzieht. Der Vortragssaal in der Berggemeinde Fresach war bis auf den letzten Platz gefüllt. In seinen Ausführungen zählte der Psychologe alle aktuellen Krisen auf: Die Klima- und Umweltkrise, die Hungersnöte, die Kriegsherde, die Flüchtlinge auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen. Im Mittelpunkt stehen die leiblichen Krisenszenarien, weniger die Einschränkungen der Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit und der politischen Freiheit. Die westliche Gesellschaft und wir als europäisches Individuum verbrauchen immer noch mehr von den Ressourcen der Welt. Die Bereitschaft die Vorräte mit anderen zu teilen zerfällt. Das soziale Bedürfnis unentgeltlich zu helfen, dem Nächsten etwas zurückzugeben, schwindet in der Gesellschaft. Dabei ist das Miteinander für den Einzelnen über lebenswichtig. Daraus kann man die Kraft schöpfen sich gegen aufkeimende negative Gedanken zu wappnen. Diese gehören zum Menschsein dazu, einige sind stärker betroffen, andere weniger. So wie beim Immunsystem, die einen besitzen ein stärkeres, andere ein angegriffenes.

Seine Tipps für ein starkes seelisches Immunsystem waren: Für etwas Begeisterung zeigen, was macht mir Freude, welches Ziel habe ich für die Zukunft? Übermäßiges Leistungsdenken vermeiden und Zeit für die Nächstenliebe zu haben. Eine Liebe ohne Gegenleistung, wo ein Dankeschön, genügt. Für diese menschlichen Lebensweisen gibt es Vorbilder in der griechischen Antike, Anleitungen aus der Philosophie, Beispiele in den östlichen Schriften und der Bibel. Ermahnungen bei den Gelehrten im Mittelalter, wie Erasmus von Rotterdam oder Hildegard von Bingen. Friedensbotschaften von Mahatma Ghandi und Dalai-Lama, Jugendliche als Umwelt- und Klimaaktivisten. Die Geschichte in den letzten zweieinhalbtausend Jahren war reich an Mahnern und Weisheitslehrer, trotzdem stehen wir vor immer größeren Krisen und neuen Herausforderungen. Mein Eindruck ist, mit der Zunahme der Weltbevölkerung und der Mobilität nehmen auch die Krisen zu…

hamster:falle

Rentner, die nicht mehr im Berufsleben stehen, tappen oft in die Hamsterfalle. Sie glauben sie müssen dies und jenes Pensum erledigen, welches weit über den täglichen Bedarf hinausgeht. Damit wollen sie anderen beweisen, sie schaffen es noch. Bis ein Organ sich meldet, ich schaffe es nicht mehr, weniger wäre kein Problem gewesen. Ganz wichtig ist es im Alter Begebenheiten die stören oder bei denen wir uns unwohl fühlen, auszusprechen. Bei größeren Anschaffungen, wie dem Kauf eines Gefrierschrankes, eine Nachdenkpause einzulegen, obwohl dies von den power Verkäufern in den Fachmärkten nicht geschätzt wird. Sie verstehen nicht, dass wir bei einer Anschaffung um die fünfhundert Euro zu keinem schnellen Entschluss kommen. Zuweilen kommen ihnen die Bedenken der Rentner altvaterisch vor. Es ist nicht Bosheit oder Missachtung der lokalen Geschäftswelt, wenn ältere Semester neuerdings im Internet nach alternativen Einkaufsmöglichkeiten suchen. Zum einen, niemand versucht ihnen einzureden, dies ist auf jeden Fall der passende Gefrierschrank und niemand erwartet die Kaufentscheidung in der nächsten viertel Stunde.

Vortrefflich für einen guten Schlaf ist den Tag in Gedanken an ein schönes, ein lustiges oder ein freudiges Ereignis abzuschließen. Diese Momente in den Schlaf mitzunehmen. Am Morgen bin ich aus dem Schlaf aufgeschreckt, weil im Traum wurde ich vom Zimmermädchen des Kurhotels aufgefordert mein Zimmer zu räumen. Meine Kur wäre zu Ende, ich habe den zehn Uhr Räumungstermin verschlafen. Meine wirkliche Abreise war erst in einer Woche.

Ein besonderes Szenario ist nach der Sommersaison der Termin bei der Hautärztin. Mit der Lupe nimmt sie die schuppenartigen Hautflecken in Augenschein. Im Gehirn ist eine Situation gespeichert, wo sie die Spritze unter die Kopfhaut zwängt und für kurze Zeit die Empfindungen lahmlegt. Danach das kratzende Geräusch mit dem Skalpell, um die Pustel zu entfernen. Das schabende Geräusch überträgt sich direkt in das Gehirn, der Kopf wirkt wie ein Resonanzkasten bei der Geige.

mäuse:phobie

Bei einem Kuraufenthalt, ob nach einer Herz- oder Darmoperation, einer Hüft- oder Knieoperation gibt es einen oder mehrere Termine zur mentalen Gesundheit. Seitdem ich auf Kur fahre haben sich die Ratschläge wenig verändert. Es beginnt mit einer Schuldzuweisung, wir muten uns zu viel zu, unsere Gedanken sind an vielen Orten gleichzeitig oder kreisen zu sehr um unsere Beschwerden. Ein Großteil macht den Fehler vor einem beruflichen oder privaten Termin, vor einem Gespräch mit einem potenten Kunden oder dem oft zitierte Zahnarzttermin sich zu sehr auf ein mögliches Scheitern zu konzentrieren. Es kommt vor, dass man in den Tagen davor vor lauter Nervosität beim Essen in die Schleimhäute oder in die der Zunge beißt. Mit Bisswunden in der Mundhöhle zum Zahnarzt kommt.

Wie werden die beruflichen und privaten Termine ablaufen, zumeist hat man eine pessimistische Erwartung? Davor schützt auch das fortgeschrittene Alter nicht, obwohl man dutzende solcher Termine und Situationen hinter sich hat. Zumeist ist man mit Erfolg in die Firma zurückgekehrt, eine hundertprozentige Erfolgsquote schafft niemand. Ähnlich ist es bei den Arztterminen, bei regelmäßiger Kontrolle kommt man mit kleinen Korrekturen davon. Unsere Gedanken reagieren manchmal irregeleitet und blasen ärztliche Diagnosen zu einem Schrecken Szenario auf. Dies kann uns so beschäftigen, dass wir von unserer nächsten Umgebung wenig wahrnehmen. Kaum jemandem aufmerksam zuhören und seinen Aussagen folgen. Wer die Gunst hat ein Haustier zu halten, für den besteht die Möglichkeit sich dem Haustier zu widmen und sich damit etwas Freiraum zu verschaffen. Bei der Katze, dem Hund oder dem Hamster seine Seele zu erleichtern.

Der schwierigste Weg ist zu vertrauen, dass es erfreulich ausgehen wird. Sich bewusstwerden, dass jede Vorhersage zu früh sein kann. Die einen Menschen neigen zum Grübeln, andere haben ein fröhliches Naturell, vielfach spielt die Jahreszeit eine Rolle. Der Hang zu Pessimismus und Mutlosigkeit kann vererbt sein, es liegt an den Genen. In manchen Familiengeschichten hat es immer wieder Melancholiker gegeben. Bei einem Vortrag erschien mir ein Beispiel der Psychologin zu plakativ: Leidet eine Frau während der Schwangerschaft an einer Mäusephobie, so könnte sich diese auf das ungeborene Kind übertragen.