VORTRAG:„Wer bloggt hat mehr vom Leben“, AAU-Klagenfurt, 20.Mai 2015
arbeit:muse II
Mit dem Zustand der Muse wissen die meisten Erwachsenen nichts anzufangen. Dieser könnte zu einem Schwebezustand führen, der Fragen zulässt, welche man verdrängt. Ganz allgemein nimmt man an, dass man den Zustand der Beschaulichkeit am Wochenende, am Feierabend oder im Urlaub erreichen kann. In meinen frühen Jahren habe ich als Fließbandarbeiter in einer Schuhfabrik täglich über zweitausend Damenschuhabsätze verschraubt. Dabei könnte ich mich auch im Zustand der Muse befunden haben. Meine Gedanken schweiften zu Fantasien von einem abwechslungsreicheren Leben ab. Bei der Arbeit genügte es, ohne nachzudenken, mit den Fingern die Absätze zu positionieren. Mit einer Fußbewegung wurde der Absatz mit einer Schraube fixiert. War dies eine Arbeitsmeditation? Ich habe gelesen, in den indischen Klöstern gehört auch die Küchen- und Gartenarbeit zur Zenmeditation. Auf meine Situation bezogen, eine Damenschuhabsatzschraubermeditation. Diese Aussage widerspricht der Auffassung von Jürgen Habermas, welcher der Fabrikarbeit eine tierische Benommenheit zuschreibt. Anderseits haben viele Menschen eine große Freude an ihrer Arbeit. Ihre Fröhlichkeit kann man mit der Fröhlichkeit vergleichen, wie sie Kinder beim Spielen zeigen, wenn es ihnen Spaß macht. Wahrscheinlich gibt es bei den profanen Handwerkern, die einen Türstock einmauern, ein Vorhaus verfließen oder einen Badezimmerspiegel montieren dasselbe zufriedene Empfinden, als wenn ein Künstler eine Skulptur oder Aquarellbild fertiggestellt hat.
Ich könnte sagen, dass die Welt, dieser Begriff ist zu allgemein, wohl eher die täglichen Dinge, wie die Wohnung, der Arbeitsplatz, die Menschen mit welchen man zusammenlebt, wenn man sechzig ist zwar dieselben sind, einem aber anders erscheinen. Es ist anzunehmen, dass einem der Alltag mit sechzig anders vorkommt, als dies mit vierzig der Fall war. Er ist zwar äußerlich derselbe, aber innerlich lassen die Erfahrungen, die Erkenntnisse, der Überblick über das Leben, einem dieselben Zustände anders erscheinen. So sah Aristoteles in der Muse, das wirkliche Leben, dort wo sich der Mensch zum Menschen entfalten kann. Für Martin Heidegger ist die Langweile das größte Gut des Menschen, etwas was den Tieren fremd sei. Sie würden von ihren Trieben und Instinkten immerzu getrieben. Im täglichen Leben haben sich diese Vorstellungen nicht wirklich durchgesetzt, die Wörter Muse und Langweile wurden zu den Unwörtern des Jahrzehnts erklärt.
Damenschuhabsatzschraubermeditation.
arbeit:muse I
Die Erzählungen über die Befindlichkeit bei Stress und Burnout sind heute zahlreicher, als die Schilderungen über den Zustand der Muse. Selbst im Urlaub soll keine Muse aufkommen, denn dies klingt nach Langeweile und Fadheit und dies will man um jeden Fall vermeiden. Nichts stößt auf so viel Unverständnis wie das Wort Langeweile. Anderseits ist es so, dass man auch für den Urlaub ein umfangreiches Programm bucht damit keine Eintönigkeit aufkommt. Bei vielen kommt hinzu, dass sie sich für unentbehrlich halten und eventuelle Zeitlücken mit einer Arbeit aus der Firma überbrücken. Den modernen Medien sei Dank. Gerade wie in der Kinderstube, wo man es nicht immer schaffte es ständig zu beschäftigen. Sofort war es ihm langweilig. Gehen Kinder zu einem Verwandtenbesuch mit und es gibt dort keine Gleichaltrigen zum Spielen und Herumtoben, dann ist man schnell damit konfrontiert, dass dem Kind eintönig wird. Auf seine Frage, was soll ich tun, hat man zumeist keine passende Antwort.
Auf den ersten Blick betrachtet haben es heute die Kinder leichter, es vergehen keine zehn Minuten und sie tippen auf ihrem Handy. Was genau, entzieht sich dem Einblick der Erwachsenen. Auch in der Gruppe ziehen sie oft die Beschäftigung mit dem Handy, dem gemeinsamen Spielen vor. Um jede Langeweile zu vermeiden, hält man für die Kinder, neben dem Schulbesuch, ein großes Freizeitprogramm bereit. Einzig und allein dazu, damit sie nicht zu viele Fragen stellen.
Zweifeln erlaubt.
Die Verlosung ist eröffnet. Die Teilnahme ist bis 30. April 2015, 24 Uhr möglich. Unter den richtigen Antworten werden drei eigene Bücher verlost.
PREISFRAGE: Wie lautete der Titel meiner Kurzgeschichte, erste Veröffentlichung, welche in der “Volkszeitung” abgedruckt wurde. Zu finden unter “Meine Bücher”, weiter zu “Kärntner Schriftstellerverband”. Viel Spass. Richtige Antwort per Email senden: schlagloch@hotmail.com
Danke für die Teilnahme, die Bücher wurden verlost, Aktion beendet.
duft:spur II
Geht man vor der Mittagszeit durch das Stiegenhaus eines Mehrparteienhauses, dann weht einem eine Mischung aus verschiedenen Gerüchen entgegen. Aus den Wohnungen dringen die unterschiedlichsten Essensdüfte. Besonders intensiv empfindet man den Geruch von Kohl, Kartoffeln, Fisch, Bratwürsten oder Sauerkraut. Mit unserem Riechorgan, der Nase, haben wir es nicht einfach. Schon seine markante Form und der Sitz inmitten des Gesichtes stellt für manche ein Ärgernis dar. Besonders dann, entspricht das Aussehen nicht den gängigen Schönheitsidealen.
Unter vielen ist der Urlaub auf dem Land oder direkt auf einem Bauernhof beliebt. Die meisten sind dann doch etwas irritiert, wenn sie mit den Gerüchen des Landlebens konfrontiert sind. Am intensivsten erlebt man es direkt am Bauernhof. Betritt man den Viehstall, egal ob Kühe, Schweine oder Schafe, die Düfte können einem den Atem wegnehmen. Kommt der Gast in den Bereich wo der Mist und die Gülle entsorgt werden, dann endet dort zumeist die Begeisterung für das Landleben. Die meisten Gäste sind verärgert, wenn durch das gekippte Zimmerfenster der Gülleduft weht.
Ähnlich ertragen wir es kaum, als Liebhaber des Wiener Schnitzel und des Zwiebelrostbraten, wenn wir bei einem Bauer, Zuschauer einer Schlachtung werden. Zumeist passiert dies nicht ohne Gegenwehr des Schlachtviehs. Wer beim Sauschlachten schon dabei war, erwehrt sich nicht des Gefühls, das Schwein wüsste, was ihn als nächstes erwartet. Für alle Fleischliebhaber ist es gut, dass beim Fleischhauer oder beim Bauer beim Schlachten so etwas wie Routine herrscht. Bei den Kleinbetrieben wird für die Tiere bis zur Schlachtreife für eine artgerechte Haltung gesorgt. Auch beim Metzgern wird mit der notwendigen Behutsamkeit vorgegangen. Letztendlich endet alle Fürsorge bei den Nutztieren mit dem Vermarkten, dem Tod.
Schlachtschmaus