corona:u-bahn

Die U-Bahn-Stationen und U-Bahn- Garnituren sind in der Pandemiezeit ein Austragungsort zwischen Coronaleugnern und Mundnasenschutzgegnern versus Aufsichtspersonal der Wiener Verkehrsbetriebe. Erschöpfte sich vor der Pandemie die Kontrolle des Zugspersonal in der Überprüfung der Fahrscheine, Einhaltung der Sauberkeit, gibt es jetzt ein Ziel, die Kontrolle ob der Mundnasenschutz im Wartebereich und in den Fahrzeuggarnituren getragen wird. Dort erlebte ich Nachlässige, welche erst nach Aufforderung einen Mundnasenschutz anlegen, die Vergesslichen, welche keinen MNS bei sich haben und denen der Einstieg in die U-Bahn verwehrt wird. Die Radikalen, welche mit wüsten Beschimpfungen auf die Aufforderung einen Mundnasenschutz zu tragen reagieren. Sie entscheiden selbst was für sie gut ist, sie lassen sich von einer Mücke keine Impfung und keinen MNS vorschreiben. Die Aggressiven, welche mit Drohgebärden auf das Sicherheitspersonal zugehen und sie als KZ-Schergen und als KZ- Aufseher im Namen von Nehammer beschimpfen. Auf Aufforderung verlassen sie mit drohender Faust die U-Bahn-Station. Die Angepassten, welche vor dem Betreten des Bahnhofbereichs die Masken aufsetzen und nach dem ersten Schritt aus dem Bahngelände die Masken wieder vom Gesicht nehmen.

Die Fotos von den COVID Tests erinnern mich an die Untersuchung vom Schularzt in der Volksschule. Der Arzt im weißen Kittel war eine respekteinflößende Person, nach dem Wiegen und Messen ging es zum Doktor und dort mussten wir den Mund öffnen und die Zunge rausstrecken. Ein lautes ahaa sagen, während er mit einer Holzspachtel die Zunge herunterdrückte. Dieses ahaa sagen entfällt beim COVID Test, es entkommt einem ein sonstiger Urlaut. Trotz des hohen technischen Fortschrittes in der medizinischen Diagnostik hat sich nicht alles geändert. Bei manchen Beschwerden ist es die erste Pflicht des Patienten die Zunge rauszustrecken und der Arzt macht unter Zuhilfenahme einer Holzspachtel einen tiefen Blick in den Rachen. Besonders im Winter und im Frühjahr wo vermehrt Halsschmerzen auftreten.

corona:duftmarke

Könnte mein Weitergeben verschiedener Korrespondenz an Archive und Musen ein ähnliches Verhalten wie das der Katze Sissi sein? Bekommt sie Freigang in das Stiegenhaus der Wohnanlage, dann markiert sie mit Ihren Duftdrüsen am Kopf das Stiegen Geländer, Türstöcke und Treppenstufen. Die Monate der Corona Pandemie habe ich benützt um mein persönliches Archiv zu durchforsten. Dabei bin ich auf wenige, aber feine archivarische Schätze gestoßen. Intuitiv habe ich den Briefverkehr zwischen Schriftstellerkollegen und Literaturzeitschriften aus meiner frühen schriftstellerischen Epoche in Ordner abgelegt und nicht dem Papierkorb übergeben. Heute erfolgt der meiste Schriftverkehr über Emails, da haben die mit Schreibmaschine oder mit der Hand geschriebene Korrespondenz den Charme der Steinzeit. Aus meiner Lehrveranstaltung Literaturarchiv und was macht das Archiv mit seinen Archivalien weiß ich, niemand kann sagen welchen Stellenwert die einzelnen Schriften einmal einnehmen werden. Es passiert nicht eins zu eins, dass Schriften von derzeit bekannten Persönlichkeiten in hundert oder zweihundert Jahren denselben Stellenwert einnehmen werden wie heute.

Mit dem Weitergeben von Schriftstücken an verschiedene Archive zeige ich ein ähnliches Markierungsverhalten wie die Katze, ein Duftmarkensetzen. Die Plätze wo ich Duftmarken hinterlassen habe sind vielfältig. Wie im Kärntner Landesarchiv, im Musil Archiv und im Archiv der Literaturzeitschrift Manuskripte. Beiträge zum Corona Alltag im Stad Museum und Archiv von Villach. Werden die Orte vernetzt, könnte dies ein Mosaik bilden, das Analoge wird neuerdings auf internationalen Plattformen vernetzt. Die Beständigkeit des Papiers ist unübertroffen, zusätzlich wird eine digitale Bühne geboten. Lässt man sich auf den Besuch eins Archivs ein, dann wird man sich der Faszination dieses Ortes nicht entziehen können. Jedes Schriftstück ist Resultat mehrerer Gedanken uns unbekannter Menschen. In Archiven haben die Urheber der Schriftstücke teilweise die Erde verlassen, den Körper der Erde zurückgegeben und wir halten ein Stück von ihnen in unseren Händen. Die nächsten Augenblicke sind spannend, bekommen diese Äußerungen nochmals eine Bühne? Warum wurde gerade dieses Schriftstück, Tagebuchseite oder Brief unter hunderttausenden verfügbaren Dokumenten ausgewählt?

corona:ableben

Ende September bekomme ich am frühen Morgen einen Anruf von einem Familienmitglied mit der Aufforderung in der Kleinformat Zeitung die Seite vierzig aufzuschlagen. Zuerst will ich wissen warum, aber er drängt darauf, dass ich zuerst die Seite aufschlagen soll. In diesem Teil der Tageszeitung befinden sich die Veranstaltungshinweise, das Kinoprogramm aber auch die Todesanzeigen. Nicht zu übersehen ist auf der Seite vierzig eine Todesanzeige für Herrn Franz S. Ich bin im Moment sprachlos, dies ist mein Name, dies bin ich. Beim Lesen des Kleingedruckten erfahre ich, dass diese Person von Beruf Gastwirt war und in einem anderen Ort gelebt hat. Diese Namensgleichheit, welche auch auf den Vornamen zutrifft. Schon der Familienname Supersberger ist in Kärnten nicht so gebräuchlich. Der Eine und die Andere von den ehemaligen Kunden wird sich beim Drüberlesen wohl gedacht haben, jetzt ist der Supersberger auch gestorben. Der Anrufer will wissen wie es mir geht, nachdem ich den vermeintlichen eigenen Partezettel in der Zeitung gesehen habe? Als erstes der Gedanke, was wird aus meinen Plänen die ich für das kommende Jahr habe? Ich kann nur spekulieren, ob diese Vorhaben mir nach dem Tod fehlen würden?  Wie vorbereitet bin ich für den Tod und denke, nur wenige sind darauf vorbereitet. Kann uns ein friedvolles aus dem Leben gehen gelingen? Welchen Schmerzen bin ich dabei ausgesetzt?

Unterhalte ich mich mit älteren Menschen über ihr Lebensende haben die Meisten noch Wünsche und die Hoffnung wie: Eine Reise zu machen oder den Enkel heranwachsen sehen. Auch profane Dinge machen die Zukunft spannend, welche Funktionen wird das Smartphone noch übernehmen, werden sich die Innenstadtkaufleute gegen die Onlineriesen behaupten? Spielen unerfüllte Wünsche im Jenseits eine Rolle und verlieren die irdischen Sorgen und die Schmerzen ihre Daseinsberechtigung? Bei der Frage nach dem Jenseits sind wir auf Vermutungen und Gleichnisse angewiesen.

corona:medizin

Ein Allheilmittel gegen verschiedene Krankheiten ist noch nicht gefunden, eine Linderung für viele schon. Die Krankheit, das Altern und die Vergänglichkeit gehören zum Lebendigen dazu, ansonsten wären wir eine tote Masse. Schon einigen unserer Wohnungsbesucher habe ich an einer einfachen, bildlichen Situation das Leben von der Geburt bis zum Tod erklärt. Von unserer Loggia blicken wir auf die Obstbäume in des Nachbars Garten. Bei den Obstbäumen lässt sich anhand ihres verschiedenen Alters der menschliche Lebenszyklus gut erklären. Im Obstgarten befinden sich frisch gepflanzte Obstbäume, die viel Fürsorge brauchen, sie müssen bewässert und gedüngt werden, sie werden gehegt und gepflegt, es vergehen etwa fünf bis sieben Jahre bis sie die ersten Früchte tragen. Es gibt kräftige ausgewachsene Bäume um die dreißig Jahre, die voll im Saft stehen, mit einer gesunden Rinde und die jedes Jahr reichlich Früchte tragen. Zwischen den vielen Bäumen stehen knorrige alter Apfelbäume über fünfzig Jahre alt, ihre Rinde ist rissig und anfällig für Käfer und Insekten. Die Äpfel sind etwas kleiner und der Ertrag wird von Jahr zu weniger. Im Winter bricht bei einem ein großer Ast unter der Last des Schnees ab. Im Frühjahr beendete die Motorsäge sein pflanzliches Dasein, der Platz wurde für einen neuen Baum frei. Diese Abfolge ist für mich vergleichbar mit unseren Lebenszyklus und durch die Möglichkeit der visuellen Wahrnehmung ist für die Besucher das Prinzip Leben auf spielerische Art verständlich.

Es gibt eine Anekdote aus der Bekanntschaft, welche Auswirkungen es hat, da es in diesem Jahr weniger Obst gibt. Fleißig werden bei einem Keuschler die Äpfel und die Zwetschken aufgeklaubt und zu Marmelade verarbeitet. In diesem Jahr ist die Ernte etwas geringer ausgefallen und dies ist bei der Anzahl der Einmachgläser deutlich zu sehen. Von der Frau wurde der Mann aufgefordert, beim Frühstück für die Marmeladebrote nicht mehr drei Löffel Zwetschken Marmelade zu nehmen, sondern sich mit zwei Löffeln zu begnügen. Er soll seinen Bedarf rechtzeitig an die geringeren Marmeladevorräte anpassen. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.

corona:herbst lll

Der Arzt leiht mir sein Ohr und ich ihm den linken Oberarm. Seiner Meinung könnte ich mit einer weiteren Auffrischungsimpfung ein wenig zuwarten. Es ist eine Win – Win Situation, nicht unbedingt notwendig, aber auch nicht falsch. Ich würde in den Genuss eines, auch vom Ausland anerkannten grünen Impfpasses kommen, obwohl sich mein derzeitiges Impfzertifikat mit dem EU-Logo schmückt. Nachdem ich Gelegenheit habe einem Arzt ohne Zeitdruck Fragen zu stellen, habe ich nachgefragt, ob die Grippeimpfung dieses Jahr, 2021, obsolet sein wird? Seine persönliche Meinung war, impfen, er hat sich für die Grippeimpfung entschieden. Während des Gespräches hat er mich geimpft, ohne dass ich dies bemerkt habe. Zur Empfehlung für eine Grippeimpfung fällt mir ein, ich habe fünfzig Jahre auf eine Grippeimpfung verzichtet, auf mein Immunsystem vertraut. Sind solche persönlichen medizinischen Erfahrungen für die Katz? Ich wurde erst im siebzigsten Lebensjahr das erste Mal gegen Grippe geimpft und dann war die Grippe durch die Coronapandemie aus der medialen Berichterstattung verschwunden. In Europa gab es im Winterhalbjahr 2020 / 2021 keine Grippewelle oder haben sich die Grippeviren und die Coronaviren auf ein Packl ghaut? Werden die Wintermonate in Zukunft nicht mehr Grippezeit, sondern Coronazeit heißen? Das Rennen wer die Virenschlacht für sich entscheidet ist für das Winterhalbjahr 2021 / 2022 eröffnet.

In Österreich ist die dritte Impfung in vollem Gange, die ihrer am meisten bedürfen, wie es in den Gebeten der Messfeier heißt. Wobei es kritische Stimmen gibt, die bei der Bekämpfung des Coronavirus über den oft zitierten Tellerrand hinausschauen, über den Rand von Europa. Sie geben zu bedenken, dass in Afrika erst fünf Prozent der Bevölkerung gegen das Coronavirus geimpft sind. Dies lässt den Schluss zu, dass dort das Coronavirus ungehindert mutiert und dann auf Europa übergreift. Wir trotz Impfungen auf die mutierten Viren nicht vorbereitet sind.