ewig:leben II

Den Umgang mit der Zeit als sinnvoll zu erleben, wird immer schwieriger. Im selben Moment sind wir mit mehreren Tätigkeiten beschäftigt. Kommt der Ärger über die knappe Zeit daher, dass wir fühlen, wir haben für keine Sache mehr ausreichend Zeit. Eine Definition über das Phänomen Zeit abzugeben, erscheint in vielem aussichtslos. Trotz unserer Auffassung, im Frühmittelalter hatten die Menschen Zeit in Fülle, antwortete der Kirchenlehrer Augustinus auf die Frage: Was ist die Zeit?, mit einer philosophischen Idee. „Wenn ich nicht danach gefragt werde was die Zeit ist, dann weiß ich es genau. Werde ich aber danach gefragt,dann kann ich die Zeit nicht mehr erklären.“ Schon damals haben die Menschen versucht den Alltag zu optimieren. So wurden die Verkehrswege, zu Land und zu Wasser für einen optimalen Warentransport und zur schnelleren Nachrichtenübermittlung ausgebaut.

Zwei Besonderheiten des Osterfestes beschäftigen mich. Die Auferstehung und das Ewige Leben. Vielleicht hat sich das Christentum deshalb so weitum verbreitet und so viele Anhänger gefunden, weil es den Menschen verkündet, nach dem Tod erwartet die Gläubigen die Auferstehung und das Ewige Leben im Himmel. Kindlich ausgedrückt. Der Tod, der uns nach einem anstrengenden Leben erwartet, wurde ausgehebelt. Bei der Begrenztheit an Lebensjahren gab es immer schon die Suche nach einem Weg, wie man das Leben verlängern könnte. Heute, aber auch schon in früheren Jahrhunderten stellt man zuallererst an die Medizin die Forderung, das Leben zu verlängern. Wer noch mehr fordert, wünscht sich eine Existenz in Gesundheit und Schönheit. Die Grenze des menschlichen Könnens wird nirgendwo so deutlich, als wenn es darum geht, das Leben zu verlängern. Letztendlich müssen wir Abstriche machen und stoßen an unsere Grenzen. Willkommen war deswegen die Prophezeiung der Religionsstifter, dass wer glaubt und einen glaubhaften Lebenswandel führt, den erwartet das Ewige Leben. Anders als in unserem Erdendasein, eine Existenz ohne Krankheit und Arbeit, ohne Streit und Leid, alles in eitler Wonne.

Verklärung.

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In einem Interview in der SZ vom 7. März 2015 fragt Pater Alfred Tönnis nach einer Krebserkrankung, Gott warum ich? Als seine Mutter mit sechsundfünfzig Jahren einen qualvollen Krebstod stirbt, fragt er: „Wie kann Gott barmherzig sein, wenn er meine Mutter so grausam sterben lässt? Sie hat doch jeden Tag den Rosenkranz gebetet.“ Er wendet sich von der Kirche ab, dann doch wieder der Religion zu und tritt in einen Orden ein. Er kümmert sich zurzeit um Flüchtlinge und ist oftmals in Krisengebieten unterwegs, obwohl er kürzer treten sollte. Dies haben ihm die Ärzte nach seiner Magenkrebsoperation empfohlen. Wissen Sie, sagte er im Interview, wenn ich eines Tages vor Gott stehe, werde ich ihm die Frage stellen, warum musste der Tod meiner Mutter so grausam sein?

In Österreich wird über eine Lockerung der Gesetze in Sachen Sterbehilfe diskutiert. Dazu frage ich mich, wer will freiwillig sterben?  Wenn wir völlig daneben stehen oder wie es jemand ausgedrückt hat, dass bei ihm die Sicherungen durchgebrannt sind. Kann das Schicksal, welches Schicksal, so brutal in eine menschliche Idylle einschlagen, dass man nach einer Sterbehilfe verlangt? Heute bekommt man erzählt, am 28. März bekommen wir eine Enkelin. Der normalen Geburt wird ein Kaiserschnitt zu einem  vorbestimmten Termin vorgezogen. In einigen Jahrzehnten wird es heißen, am 17. April stirbt mein Onkel. Man hat an seine Freiwilligkeit zur Inanspruchnahme der Sterbehilfe appelliert. Ob dies immer freiwillig und auf Grund sogenannter medizinischer Indikatoren passieren wird? Dies bedeutet bei unheilbaren und mit großen Schmerzen verbundenen Krankheiten, auf innigen Wunsch des Kranken selbst.

Am offenen Grab wird der Verstorbene vom Pfarrer als ein herzensguter Mensch beschrieben. Der Durst nach einem lieben Wort ist bei Älteren zu Lebzeiten besonders groß. Im Alter werden die Zuwendungen spärlicher. Begleitet man als Oma oder Opa sein Enkelkind auf eine Veranstaltung erlebt man, dass die Enkelin als ein schönes und braves Kind bezeichnet wird. Es zieht die Aufmerksamkeit vieler Anwesender auf sich und man kommt mit anderen Besuchern leichter in das Gespräch. Der Anknüpfungspunkt ist zumeist die Frage nach dem Alter der Enkelin. Besucht man ein Fest ohne Enkelkinder, dann ist es zumeist mit der Aufmerksamkeit vorbei. Die Jungen gehen untereinander mit Komplimenten und Liebkosungen großzügiger um. Sie ziehen die meiste öffentliche Aufmerksamkeit und Bewunderung auf sich.

Aus dem Tagebuch…

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Man fragt sich wie geht dies zusammen, Valentinstag, Faschingssamstag, Faschingssonntag und auf der Sonnseite findet um 14 Uhr ein Begräbnis statt. Die Betroffenheit bei den Angehörigen und Bekannten ist groß. Eigentlich unfassbar, auch unter den Freundinnen und Freunden. Einige Jahre vor ihrem fünfzigsten Geburtstag erleidet eine Frau, ohne deren Mithilfe kein Fest in der Gemeinde stattgefunden hat, vor dem Gottesdienst einen  Zusammenbruch. Eine klaglos funktionierende Rettungskette bringt sie in das Landeskrankenhaus, dort wird sie in einen Tiefschlaf versetzt. Diagnose Gehirnschlag. Nach einer Woche, bevor sie aus dem Tiefschlaf geholt werden soll, stirbt sie. Fassungslosigkeit beim Ehemann, den Kindern und den pflegebedürftigen Eltern, um die sie sich die letzten Jahre gekümmert hat. Eine lebenslustige Person, die als Lektorin während der Messfeier das Evangelium vorgetragen hat. Bei der katholischen Frauenbewegung mitgearbeitet und im Kirchenchor gesungen hat. Zum anderen war sie in der Dorfgemeinschaft bei der Theatergruppe und bei den Kinderfreunden aktiv tätig. Sie war bei vielen Vereinen eine verlässliche Mitarbeiterin.Wie kann Gott dies zulassen?

Bestürzt über den plötzlichen Tod ist auch ihre beste Freundin. Von ihr wurde gerade erst das Schlimmste abgewendet. Ihr Mann erlitt bei einem Arbeitsunfall schwere Verletzungen. Gerade verbringt er den letzten Teil seines Reha Aufenthalt in Niederösterreich. Ihr wurde eine Verschnaufpause  geschenkt. Nach dem Arbeitsunfall des Mannes trifft sie der nächste Schicksalsschlag, der plötzliche Tod ihrer Zwillingsschwester. Sie waren wie Zwillinge, beide haben im selben Jahr geheiratet und zur selben Zeit ihre Kinder geboren. In der Pfarre und in den Vereinen waren sie gemeinsam aktiv.

Aus dem Tagebuch…

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Auch wer welches Mädchen hofierte gab es feine Unterschiede. War es standesgemäß, passte es zum Berufsstand der Eltern und dem Eigenen, dies wurde nicht nur in Adelskreisen thematisiert. Für den überwiegenden Teil der katholischen Einwohner gab es die Abgrenzung und das Verbot sich mit den Lutherischen zu unterhalten oder eine Lutherische zu umwerben. Man konnte beobachten, ging ein Katholischer an einer Lutherischen vorbei, so machte er schnell ein Kreuzzeichen. Um dem Teuflischen keine Möglichkeit zu geben sich auszubreiten. Die Voraussetzung für eine Partnerschaft zwischen den beiden Konfessionen war, dass der oder die evangelische Partner-in zum katholischen Glauben übergetreten ist. Die Eheschließung in Form einer ökumenischen Feier war damals unbekannt. Die Lutheraner wurden im Dorf von manchen als etwas Minderwertiges betrachtet. Sie hatten nur ein Bethaus und keine Kirche mit dazugehörigen Kirchturm.

Als Einzelkind hatte der Cousin immer die schicksten Pullover und Schuhe. Er besaß ein Paar Ski und eine Skiausrüstung, für keinen von uns war dies aus finanziellen Gründen möglich. Bei den Spielsachen übertrumpfte er uns mit seinen Batterieautos und der elektrischen Eisenbahn. An den Nachmittagen war er oft am Bauernhof zum Spielen da. Seine Jausenbrote, bestrichen mit Butter und belegt mit feiner Salami, tauschten wir gegen unsere Speckbrote mit Stangenkäse ein. Als Volksschüler unterhielten wir uns darüber, wer von woher kommt, was der Vater macht? Über die Mutter gab es bei allen sozialen Schichten wenig zu erzählen, die meisten waren Hausfrauen. In der Zeit des Erwachsenwerdens lehnten wir uns gegen die Eltern auf, aber zumeist geschah dies mit beiderseitigen Abstrichen. Die Eltern zeigten sich an dem technischen Fortschritt interessiert. In der Regel waren die Meisten dankbar, dass es wirtschaftlich besser ging und sie sich manches leisten konnten.

warum:wie II

In eine Glaubensgemeinschaft mit vielen Geboten und Verboten hineingeboren zu sein, erscheint mir als ein Glaubenshindernis. Die Freiheit selbst über den Beitritt zu einer Religionsgemeinschaft zu entscheiden wäre eine Hinwendung zu Gott.

Der Ausspruch von Friedrich Nietzsche, Wer ein WARUM hat, wird mit jedem WIE fertig, zeigt uns eine Form an, wie wir unser Leben gestalten könnten. Egal ob es sich um ein Studium oder den Aufbau einer Firma handelt. Auch Häuslbauer mobilisieren für die Fertigstellung des Eigenheimes ihre ganzen Energien. Bei den Sportlern erbringen manche extreme Leistungen, der Antrieb dafür dürfte im Siegeswillen, im Streben nach Ruhm zu finden sein. Wobei das Warum nicht immer persönlicher Art sein muss, auf uns selbst gerichtet. Eine Plattform, um uns selbst zu verwirklichen und die eigenen Ziele zu erreichen. Meiner Meinung liegt die größere Kraft zum Durchhalten dann vor, wenn das Warum nicht sich selbst gilt, sondern etwas, was außerhalb seiner selbst liegt. Dazu nenne ich ein Beispiel: Die über achtzigjährige Mutter steckt ihre ganze Energie und Fürsorge in die Begleitung ihres beeinträchtigten Sohnes, der an die fünfzig Jahre alt ist.

Bei gemeinnützigen Organisationen wie Feuerwehr und Rettung setzen sich die vielen Freiwilligen bis zur Selbstaufgabe für andere ein. Bei Hochwasser oder Erdlawinen, bei Verkehrs- oder Sportunfällen, sie haben ein Warum, da werden sie mit jedem Wie fertig. Vor kurzem hat man in Kärnten über ein Alterslimit von fünfundsechzig Jahren, für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, diskutiert. Inzwischen hat man die Altersgrenze auf siebzig Jahre angehoben.

Samariter.