hörig:keit IV

Die  stärkste Betroffenheit löst die Hörigkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen aus. Hat man sich aus der Abhängigkeit von den Eltern befreit, dann gerät man in eine Abhängigkeit zu einem anderen Menschen, zum anderen Geschlecht. Es hängt damit zusammen, dass der Partner es versteht seine Erfahrungen, sein Selbstbewusstsein, seine Lebensfreude auszuspielen. Eigenschaften wie Fröhlichkeit, Ausstrahlung und Lebensmut können faszinieren. Schöne Worte und viele  Versprechungen führen zur Hörigkeit. Starke Persönlichkeiten neigen dazu, andere Bezugspersonen auszuschalten, den Gedankenaustausch mit anderen zu verhindern.

Bei weiblichen Person ersetzt die Hörigkeit zu einem Mann oft den Vater. Man verliebt sich in einen besseren Vater. In einer wirtschaftlichen Angelegenheit signalisiert, die meist selbstbewusst und entschlussfreudig auftretende Person, dass sie wie ein kleines Mädchen den Übervater anhimmelt. Jedes Wort wird von seinen Lippen abgelesen, wie ein Tropfen Wasser aufgesaugt. Sie gibt dem Übervater das Gefühl, dass er ihr die zukünftigen Entscheidungen leicht macht. Was ist der Preis der Hörigkeit?

Spielautomat.

radio:müll

Wer glaubt, dass diese Wortkomposition für eine neue Recyclingidee steht, bei der man aus Recyclingstoffen ein preiswertes Radio erzeugt, dem gestehe ich zu, dass diese Möglichkeit besteht. Es ist bestimmt möglich ein günstiges Radio, einen Universalempfänger für Dritte Weltländer herzustellen, nach dem Vorbild  der PC Branche. Ob dort überhaupt überall eine Infrastruktur für den Rundfunkempfang besteht?  Von Afrika weis man, dass das Festnetztelefon übersprungen wurde und die Afrikaner beim Handy gelandet sind. So dürfte  wohl auch manche Radiotradition übersprungen worden sein.

Beim Wort Radiomüll denke ich an die Frühsendung des Regionalsenders. Frühmorgens bin ich sehr empfindlich für das, was ich zu hören bekomme. Meine Psyche liegt nackt auf dem Frühstückstisch, für Alles und Jeden zugänglich. Während der Nacht hat sich eine Schutzfolie um die Andere von der Seele entfernt, der letzte Schutzfilm wurde durch die Träume aufgelöst. Die Seele hat es, im Schutz der Nacht, nicht notwendig sich mit einer Folie zu schützen. So spaziert sie in der Früh unbekleidet durch die Wohnung und will von keinem Wort und von keiner Unterhaltungsmusik berührt werden. Mit vertrauten Ritualen zieht sie sich eine Schutzfolie für den Tag an. Dieser Prozess ist ähnlich, wie wenn bei einer Wunde  ein neuer Verband angelegt wird.  

Die morgendlichen „Weckersendungen“, wie sie in vielen Haushalten oder die ersten Stunden am Arbeitsplatz gehört werden, sind ein Feuerwerk an Gift, das auf meine Seele abgefeuert wird. Gutelaunegiftpfeile die meine Seele treffen. Der Gutelaunebecher der den Hörern verabreicht wird,  ist für mich ein seelischer Giftbecher. Eine Aufforderung an mich, bei fröhlicher Schlagermusik den Giftbecher zu leeren. Dazu kommen die aktuellen Nachrichten: Die Aufzählung  der Verkehrsunfälle und der Einbrüche, die Toten bei einer Bombenexplosion und Raketenangriff. Jede Viertelstunde werden die Wetteraussichten wiederholt, einmal wird die Seele der Sonne, in der nächsten Viertelstunde dem Schneefall ausgesetzt. Der musikalische Müll ergießt sich über meine ungeschützte Seele.

Gutelaunegiftpfeile.

 

pension:vorsorge

In diesem Jahr wurden in Österreich die Pensionen um 1.8 Prozent erhöht und ständig ändern sich die Gesetze zum Pensionsantrittsalter und der Pensionsbemessung. Auf diesen Umstand verweisen die Kundenbetreuer in der Raiffeisenbank und empfehlen der mittleren Generation den Abschluss einer Pensionsvorsorgeversicherung.

Pensionisten, die schon länger im Ruhestand sind, empfehlen anderen, welche kurz vor der Pension stehen, dass sie sich über die Gestaltung des künftigen Pensionsalltags rechtzeitig Gedanken machen sollen. Ein Berufstätiger versteht diese Warnung nicht, da es für ihn nichts Schöneres geben kann, als wenn man plötzlich nichts mehr zu tun hätte. Kein Arbeitspensum ist zu erledigen, nichts ist geplant. Tag für Tag tun und lassen was einem gerade einfällt und Spass macht. Am Morgen spät aufstehen, frühstücken und dabei die Zeitung durchblättern und sich Gedanken über das Mittagessen machen: „Den lieben Gott einen guten Menschen sein lassen“. Dies täglich, keine Termine, keine vorgegebenen Aufgaben und dafür bekommt man noch bezahlt.

Trotzdem beschleicht einen ein schales Gefühl, wenn man weiß, dass viele Kontakte mit Kollegen, Kunden und Zufallsbegegnungen wegfallen werden. Man wird mit sich und den Familienmitgliedern beschäftigt sein. Am Abend wird sich das Gefühl etwas Sinnvolles gemacht zu haben, die Zufriedenheit über einen geglückten Tag, nicht mehr so oft einstellen. Das Nichtstun kann auch zu einer Belastung werden.

Den Vorschlag für eine  Beschäftigung vorzusorgen, sollte man nicht ablehnen. Ein Ansatz wäre, am Freitag früher aufzustehen und nach dem Frühstück in der Tabak Trafik  die Tageszeitung „Die Presse“ zu kaufen. „Die Presse“ bietet reichlich Lesestoff bis zum Mittagessen.

Der geglückte Vormittag.

pension:tag

Solange man im Berufsleben integriert ist kann man sich schwer vorstellen, wie man einen Monat ohne Arbeit verbringt.  Man hat Erfahrungen mit den Krankentagen, den freien Wochenenden und mit dem Urlaub. Die Krankentage kann man nicht zu den freien Tagen rechnen, da man zumeist geschwächt durch Fieber oder andere Schmerzen zu Hause im Bett liegt.  Dabei wird nicht nur die akute Krankheit auskuriert,  sondern es kommt die Müdigkeit dazu  und man ist  froh über ein wenig Auszeit. Die Wochenenden und die Urlaubstage sind zumeist mit verschiedenen Aktivitäten, sei es Sport und Unterhaltung, mit Heimwerken oder Verreisen ausgefüllt. In wenigen Fällen geht es dabei um Erholung und Auspannen, eher um Abwechslung. Für die berufstätigen Frauen trifft dies besonders zu, weil von der Hausarbeit manches unerledigt ist und vieles an den Wochenenden erledigt wird. So verfügt man  über arbeitsfreie Tage, aber diese sind zumeist verplant.

Wie stellt sich die Situation  dar, wenn man über freie Monate verfügt, wo die Tage nicht zum Großteil durch Arbeit  bestimmt werden?  Auch die Arbeitszeiten sind nicht mehr vorgegeben.  Steht man im Arbeitsleben fällt es leicht die Frage zu beantworten, was man den ganzen Tag gemacht hat. Beim Aufzählen ergibt dies eine Litanei, obwohl man keinen Wert auf Vollzähligkeit legt.  Meistens wird darüber geklagt, dass man aus Zeitmangel manches nicht erledigen konnte. 

Anders ist die Situation in der Pension  und man wird von Verwandten mit der Frage konfrontiert, wie man den Tag verbringt?  Gibt es eine Tätigkeit, die mit den früheren Aktivitäten vergleichbar ist?  Man erzählt, dass man meistens später aufsteht, länger frühstückt und sich  entschließen muss das Frühstück zu beenden. Es wird die Zeitung aus dem Briefkasten geholt und darin ein wenig gelesen. Gelingt es noch an der Telegymnastik teilzunehmen, dann war es  ein geglückter Vormittag.  Es bleibt Zeit für ein Buch, um dann zu besprechen  was zu  Mittag  gekocht wird.  Vielleicht fehlt dafür  die eine und  andere Zutat und muss vom Supermarkt geholt werden.

Dalli Dalli.  

 

uni:erfahren II

In der Siedlungspolitik gibt es neueste Bestrebungen, unter den Bewohnern einen
gesunden und produktiven Mix zwischen Alt und Jung herzustellen. Dieser Mix
wird angewendet bei Wohnanlagen und in größerem Stil bei der Planung von ganzen
Straßenzügen, er gereicht Allen zum Vorteil. Man schafft keine Gettos mehr mit
dem Vorsatz, dies wird eine Wohnsiedlung für junge Leute und hierher bauen wir
eine Siedlung für ältere Leute. Man versucht die Bauvorhaben
ineinanderzuschieben, den Kindergarten neben dem Altersheim und neben der
Volksschule zu errichten. Heute muss man sich des Alters nicht schämen und kann
selbstbewusst auftreten. Wir, die ältere Generation, haben in unserer Jugend
Respekt und auch Furcht vor den älteren Leuten gehabt. Der jungen Generation
muss man zugestehen, dass sie mit älteren Leuten unbekümmert umgeht. Respekt,
im damaligen Sinne, hat die heutige Jugend nicht mehr. Man muss dies
akzeptieren, es ist die größere Freude, wenn man von den Jungen anerkannt wird.
Man sollte nicht darauf bestehen, dass man etwas besser weiß, es ist alles
offen, wenn man auch die längere Erfahrung hat.

Meine Erkenntnis ist, dass man als Seniorstudent zu den selbstgewählten
Lehrveranstaltungen etwas aus der eigenen Erfahrung beitragen kann. Aus der
Hausbibliothek  und aus dem eigenen Gehirn etwas einbringen. Es ist eine Freude
etwas vom eigenen Wissen weiterzugeben, anderseits Neues zu erfahren. Wichtig
ist die Bereitschaft sich auf eine fremde Welt einzulassen, die Welt der
Studenten und der Professoren. So ist der Besuch der Uni  schon nach
kurzer Zeit eine Bereicherung meines Alltags.

Aufgefallen ist mir, dass sind spezielle Aufgaben am PC gefordert, die über einfache
Wordanwendungen hinausgehen, die PC-Generation damit Schwierigkeiten hat. Sie
verlangt  genaue  Erklärungen, Versuche und Experimente sind nicht
ihre Sache.

Labor.