BLICK:muster

Ein Sprichwort heißt, „Wie man sich bettet, so liegt man”. Mein Sprichwort heißt, „Wie man sich setzt, so sieht man”. Das man etwas sehen und beobachten kann, hängt davon ab, wo man sich hinsetzt. Die Sitzposition entscheidet. Dies gilt für viele Alltagssituationen, beim Sitzen in einem Park, am Hauptplatz, in einer Fußgeherzone,  im Schwimmbad, in einem Cafe oder im Speisesaal. In einem Hotel kann man beim Frühstück viele Leute beobachten. Die beliebtesten Plätze sind die, mit Blick in die Natur, auf einen See, auf einen Berg oder eine Burg. Andere bevorzugen den Blick auf die Menschen, welche  das Frühstück vom Büfett holen. Hier lassen sich die verschiedenen Menschen mit ihren unterschiedlichen Essgewohnheiten beobachten. Die einen bedienen sich bei Wurst und Käse, andere mögen es sauer und nehmen  Essiggurken, Tomaten und Zwiebel.  Andere lieben es  klassisch, mit heißen Würstchen, gegrilltem Speck und Eierspeise. Mehr Zurückhaltung üben die Frauen, sie greifen zu verschiedenen Getreidesorten, Früchten und Kompott oder zu Butter, Marmelade und Honig. Jugendliche sind oft selbstsicherer am Büfett, als Erwachsene. Die meisten mögen es üppig.  Es gibt die unterschiedlichen Menschentypen mit verschiedenen Umgangsformen am Frühstücksbüfett.  Da sind die schnell Entschlossenen, die genau  wissen was sie wollen.  Die Zauderer,  die von einer Anrichte zur nächsten eilen,  die einmal von Diesem etwas nehmen, dann etwas von der anderen Seite. Die Fröhlichen, die einfach von jeder Speise etwas nehmen und mit einem vollen Teller zu ihrem Tisch zurückkehren. Manche sehen sich genau um und kosten vor, um dann doch etwas anderes auszusuchen. Auch die äußeren Erscheinungsformen sind grundverschieden.  Männer mit Bauchansatz, mit und ohne Bart, zarte Frauen  und untersetzte junge Frauen mit sanftem Gesicht. Mollige Senioren und Seniorinnen, spindeldürre Kinder, sportliche Endvierziger,  antriebslose Spätberufene mit dem Durchhalteblick. 

Der böse Blick.    

HARN:drang

Es wird darüber gelächelt, wenn Menschen erzählen, dass sie eine Zeitung, eine Illustrierte oder ein Buch auf die Toilette mitnehmen. Hier können sie ungestört lesen,  abgeschieden vom Treiben des Hauses, abgekoppelt vom Lärm des Tages. Schöpferische Menschen sagen, dass sie hier kreativ denken können. Oftmals findet man auf dem stillen Örtchen einen Block mit Bleistift, wo man die Blitzgedanken niederschreiben kann. In den sechziger und siebziger Jahren wurden alte Zeitungen als Kloopapier verwendet. Da passierte es, dass man in einer Zeitung einen interessanten Artikel entdeckt hat und der Aufenthalt am Klo dauerte länger. Heute ist das Rauchen an vielen Orten verboten, so wird am Klo schnell eine Zigarette geraucht. In vielen Betrieben wird verlangt, dass für das Klogehen die Zeitkarte abgestempelt werden muss. Als Akkordarbeiter in einer Schuhfabrik, am Montageband, musste ich dem Meister Bescheid geben, wenn ich das  WC aufsuchen wollte. Er übernahm für kurze Zeit meine Arbeit am Montageband. Es durfte keine Unterbrechung bei der Montage geben.   

Bei einem Wochenendaufenthalt in einem frisch renovierten Hotel in Kroatien wird man damit überrascht, dass sich ein Internetanschluss im Bad, neben dem WC befindet. Es entspricht dem Trend, dass man nicht mehr eine Zeitung am WC liest, sondern den Laptop auf das WC mitnimmt. Das Internet prägt auch den Urlaubsaufenthalt, dies kann man in der Hotelhalle bei den frei zugänglichen Internetplätzen beobachten. Nach der Anmeldung bei der Rezeption führt bei vielen der erste Weg zum PC -Terminal. Dort kommt es zu Wartezeiten, sodass die Urlauber in der Hotelhalle auf- und abgehen, als müssten sie dringend auf das WC gehen, aber es ist besetzt. 

Harndrang im Internet.  

TELFON:zelle

Gegenstände und Einrichtungen die für uns heute selbstverständlich sind und den Alltag bestimmen, waren vor einigen Jahrzehnten nicht selbstverständlich. Nicht jedes Haus oder Wohnung hatte einen Telefonanschluss. Es war ein Fortschritt, dass von der Post auch in kleineren Ortschaften so genannte Telefonzellen errichtet wurden. Von diesen öffentlichen Telefonzellen aus konnte man am Wochenende mit Bekannten Telefongespräche führen und war nicht an die Öffnungszeiten der Postämter gebunden. Es war möglich im Notfall einen Arzt, Polizei, Rettung, Feuerwehr oder Tierarzt  zu verständigen. Die Telefonzelle bildete einen Treffpunkt für die Jugend, sie ersetzte oft einen Bildstock oder Wegkreuz. Für die Ortschaft bedeute eine Telefonzelle den Einzug der modernen Zeit. Am Samstagabend ist  es zu Wartezeiten bei der Telefonzelle gekommen, weil manche lange mit ihrer Freundin oder ihrem Freund in der Stadt telefoniert haben. Man hielt die Tür der Telefonzelle geschlossen, sodass niemand die Möglichkeit hatte mitzuhören. In Möselstein wurde von den Flüchtlingen aus Bosnien und Kroatien,  welche aus ihrer Heimat wegen dem Jugoslawienkrieg geflüchtet sind, viel von den öffentlichen Telefonzellen aus telefoniert. 

Heute sind in vielen Orten die Telefonzellen verschwunden, sie wurden abmontiert, weil sie nicht mehr benützt werden. Das Handy hat sich überall verbreitet. Es gibt keine privaten Gespräche mehr. Auf öffentlichen Plätzen, in Cafes oder Schwimmbädern wird für jeden hörbar telefoniert. Es gibt keine Tabuzonen mehr. 

Nicht privat.   

DREIECK:schnitte

Dass sich vieles ändert, bemerkt man an den kleinen Dingen des Alltags. Als ich die erste Klasse in der neu errichteten Volksschule in St. Paul besuchte, wurde gegenüber der Volksschule ein kleiner Kiosk mit Schulartikel, Süßigkeiten und Wurstsemmeln eröffnet. Im Kiosk bediente der Sohn vom nahe gelegenen Gemischtwarengeschäft. Sein Wunsch war Schlagersänger zu werden, das Radio war immer eingeschaltet. Jeden Schlager hat er mitgesungen oder mitgepfiffen. Er wurde später Mitglied des Männergesangsvereins und übernahm das elterliche Geschäft. Unter dem Druck der Supermärkte musste er zusperren. Die letzten Arbeitsjahre verbrachte er als Lagerarbeiter in einem Lebensmittelabholmarkt. Er ist kein Einzelschicksal. In vielen Großhandelshäusern findet man Angestellte die selbst einmal einen Laden geführt haben, diesen aber schließen mussten. Sie sind  dankbar einen Job gefunden zu haben und sind die fleißigsten Arbeiter. Nur wenige Kinder konnten sich außer den Schulartikeln noch Süßigkeiten kaufen, heute sind die Kinder mit Süßigkeiten übersättigt. In der Pause tauschten wir Bergbauernkinder unsere Speckbrote gegen die Wurstbrote der Arbeiterkinder.  Die Lehrerin sammelte Obst für die Kinder in Heiligenblut am Großglockner.  

Die Volksschule wurde mit acht Schulstufen geführt, nicht alle Schüler besuchten nach der vierten Klasse die Hauptschule oder das Gymnasium. 

Die Dreieckschnitte.

GOLD:grube

 Vor kurzem ist der Computerwissenschaftler Joseph Weizenbaum gestorben. Er war Mathematiker und Entwickler von Softwareprogrammen. Er sah sich als Warner vor der bedingungslosen Wissenschafts- und Zukunftsgläubigkeit. Über das Internet meinte er: „ Es ist ein Misthaufen. Neunzig Prozent sind Schrott, es finden sich aber auch ein paar Perlen und Goldgruben darunter.”

In allen Lebensbereichen haben wir es mit den unterschiedlichen Qualitäten zu tun. Nehmen wir die Vielfalt bei den Zeitschriften und bei den  Fernsehsendungen. Jeder muss für sich entscheiden, was für ihn Schrott und was für ihn eine Perle ist. Man kann damit argumentieren, dass Schrott eine Fundgrube für Rohstoffe ist. In einer Recyclinganlage werden aus Schrott wertvolle Rohstoffe gewonnen. In einer Müllverbrennungsanlage gewinnt man aus dem Müll Energie. Ob mein Blog eine Schrott- oder Goldgrube ist,  kann jeder Besucher selbst entscheiden.

Die Internetmüllverbrennungsanlage.