15. 04 : 2019

Nach dem Frühstück fahren wir mit einem Bus Richtung Marseille. Die Landschaft ist durchwachsen, Karst, Föhren und Pinien und die mittelalterlichen Dörfer thronen wie Vogelnester auf den Hügeln. Unterwegs gibt es einen Stopp bei der Zisterzienserabtei Le Thoronet, gegründet im Jahr 1160. Die Zisterzienser lebten ohne Machtanspruch, vertrauten darauf, dass Gott für alles sorgt. Der Kirchenraum, Kreuzgang und Schlafsaal sind schlicht, aus Stein gehauen, ohne jedes dekorative Element. Im Jahr 1789 wurden in Frankreich die Klöster aufgehoben. Im Bus gab es einen Diskurs wie sich die Religiosität der Franzosen von den Österreichern unterscheidet. Die wenigsten Eltern in Frankreich lassen ihre Kinder taufen und es wird kaum kirchlich geheiratet. Für die Erhaltung der baulichen Substanz der Kirchen und Klöster kommt der französische Staat auf und kassiert für eine Besichtigung Eintritt.

Am späten Nachmittag kommen wir in Marseille an und fahren mit einem öffentlichen Bus vom Alten Hafen zur Besichtigung der Notre Dame de la Garde hoch. Ein eigenartiges Schauspiel bietet die Untersicht der Überdachung beim Busterminal. Auf der gespiegelten Decke tummeln sich alle Leute, welche auf die Busse warten oder den Platz überqueren. Die Kathedrale thront majestätisch über dem Alten Hafen, weithin sichtbar ist die vergoldete Marienstatue. Um 18 Uhr wird die Zugbrücke, beim Aufgang zur Kirche, hochgezogen.

Eine besondere Geste hat mittwochs in Frankreich Tradition, man teilt mit einem Nachbar das Essen. Man lädt einen Nachbarn zum gemeinsamen Kochen ein und isst gemeinsam. Die Volksschüler haben schulfrei und von Staats wegen gibt es für jedes Kind ab 10 Jahren ein Handy und einen PC.

           

14. 04 : 2019 : palmsontag

Wieder einmal stelle ich fest, dass jedes englische Wort welches man kennt, beim Reisen ein Segen ist. Am Vormittag spazieren wir mit einem Führer in Nizza die Küstenpromenade Anglais entlang. Wir machen beim Denkmal für die Terroropfer von 2016 einen Halt und gehen weiter zur Kathedrale. Es ist Palmsonntag, vor der Kathedrale werden spezielle Kreationen aus Holzspänen angeboten und vom Priester  geweiht. Danach ein Besuch am Blumenmarkt Marche. Beim Stadtrundgang erfahren wir etwas zur Geschichte von Nizza, gegründet von den Griechen. Auch zur Struktur der französischen Verwaltung, alle Macht geht von Paris aus. Die Provinzen und Städte sind politisch fast entmachtet. Durch die französische Revolution wurde der Einfluss der Kirche in Frankreich zurückgedrängt, Religion spielt im Alltag keine besondere Rolle. Es gibt keinen verpflichtenden Religionsunterricht. Am Nachmittag besuchen wir das Museum von Marc Chagall. Seine Bilder, mit den vielen „schwebenden Wesen“ faszinieren mich immer wieder.

Der Tag klingt mit einem kleinen Bier, € 12.–, im Café Le Negresco aus.

     

13. 04 : 2019

Bahnhof Sacile in Friaul, 7.30 morgens, wir sind mit dem Zug unterwegs nach Nizza. Das Gelände neben den Geleisen schaut fast überall gleich aus, zumeist Gestrüpp und ein Wildwuchs an Pflanzen. Um 4.45 Uhr sind wir in Villach abgefahren. Vor der Abreise der normale Countdown, Wohnung aufräumen, Garderobe einpacken und der Nachbarin die Fütterung der Katze Sissi anvertrauen. Zu sechst, eine Mutter mit drei Töchtern aus München, sitzen wir in einem Abteil. Sie sind auf dem Weg nach Venedig, für drei Tage. Wir tauschen Erfahrungen aus, was in Venedig Besuchens wert ist. Das Umsteigen in Mestre und Mailand hat wunderbar geklappt. Jetzt nähern wir uns im Sinkflug der Küste bei Genua. Uns gegenüber sitzt eine italienische Lehrerin, welche für die Schüler eine Hausaufgabe für die Osterferien vorbereitet: Esercicie per la Avance. Mit meinen Gedanken habe ich mich noch nicht ganz von Kärnten gelöst. Zuletzt über die Archivierung des Hans Haid Nachlasses Gespräche geführt. Auf die Reisegruppe, zu der wir in Nizza dazu stoßen, sind wir schon gespannt. Wir fahren die Meeresküste entlang, um 16.00 Uhr erreichen wir Nizza.

Gemeinsames Abendessen mit den anderen Reiseteilnehmern auf der Dachterrasse des Hotels.

     

Wir sind  auf die Coronakrise fixiert. Wie war es davor, vor einem Jahr? Vor einem Jahr waren wir mit einer Reisegesellschaft in Südfrankreich. Für die nächsten Tage werde ich täglich etwas aus dem Reisetagebuch online stellen…

corona:ostern III

Aufgrund der Ausreisebeschränkungen verbrachten wir die Osterwoche 2020 in der Draustadt und der Karsamstag kam näher. Wir hätten die Möglichkeit an der Fleischweihe teilzunehmen, die es aber in der traditionellen Form nicht gab. Auch die Fleischweihe musste dieses Jahr via Fernsehen stattfinden. Wir platzierten die Zutaten zur Osterjause in einem Korb im Wohnzimmer und schalteten den Fernseher ein. Auf einem offenen Feld, in naturbelassener Umgebung, ohne den sakralen Pomp einer Kathedrale, vor dem Schloss Seggau in der Steiermark, schritt der Bischof von Graz zur Speisensegnung. Mit ein paar Worten zur schwierigen Situation aller Österreicher in Zeiten der Coronakrise, dem Vorlesen des Evangeliums und einem gemeinsamen Vaterunser begann die kirchliche Feier. Begleitet wurde die Feier von einem Flöten- und einer Harmonikaspielerin.

Der Bischof nahm jeweils aus dem Weidenkorb die Zutaten für die Osterjause in die Hand und legte diese auf den Gabentisch. Durch das Einblenden des Textes am Bildschirm konnten wir den Segensspruch mitbeten. So haben wir zu zweit die Osterjause, anstatt einer Meeresbrise genossen. Bei mir selbst erlebe ich es, wie undankbar der Mensch ist, am liebsten wäre mir beides, eine Osterjause mit Meerblick. Bescheidenheit ist keine menschliche Eigenschaft, wir haben uns allzu sehr an einen gewissen Standard gewöhnt. Jeden Einschnitt empfinden wir als schmerzlich, auch wenn wir auf nichts Lebensnotwendiges verzichten müssen.

covid – 19/Ostern 2020