Mit dem Wachsein haushalten.
Neben dem Mangel an Pflegepersonal sind die körperlichen Beanspruchungen, denen die Pflegekräfte ausgesetzt sind ein Grund für den Einsatz von technischen Hilfsmittel in der Pflege. Pensionierte Pflegekräfte erkranken oft an einer gekrümmten Wirbelsäule und haben Schmerzen in den Handgelenken. Die knappen Zeitvorgaben für die Handgriffe sind Ursachen für Herzrasen, Appetit- und Schlaflosigkeit. Erleichterung erfuhren im letzten Jahrzehnt die Pfleger durch neue Pflegebehelfe. Ein in allen Höhen und Lagen verstellbares Pflegebett ist Standard. Erweitert werden die Pflegebetten der neuen Generation mit Halterungen und Vorinstallationen für die Aufnahme eines Bildschirmes zum Fernsehen, Internetsurfen und alles was heute zum modernen Medienkonsum dazugehört. Eine pensionierte Diplom Pflegefachfrau hat darin eine überflüssige Sache gesehen. Ihrem Dafürhalten geht es den bettlägerigen Menschen nicht darum im Internet zu surfen oder bis spät abends fernzuschauen. Sie müssen zumeist mit ihren Energiereserven, ihrem Wachsein haushalten und schlafen zwei Drittel am Tag, aus Erschöpfung und Ermüdung. Ich mache den Fehler von meiner guten Befindlichkeit aus Wünsche zu äußern, sollte ich einmal ein Pflegebett brauchen. Viele Wünsche eines mobilen Menschen sind dann nebensächlich. In der aktiven Berufszeit der Pflegefachfrau hat niemand nach einem Pflegebett mit integrierten Multimedia Funktionen verlangt. Hätte dies jemand gewünscht, dann hätte sie für jene Person die Dosis bei den Psychopharmaka erhöht.
Unverständlich ist mir, dass bis dato in den Matratzen keine Sensoren eingebaut werden, welche für automatische Verlagerung des Körpers sorgen. Damit könnten die Auflagepunkte des menschlichen Körpers wechseln und so ein Wundwerden der Haut verhindern. Vieles an medizinischen Daten könnte dabei übermittelt werden. Ich versuche mich von den üblen Gedanken zu Pflegebett und Pflegeroboter zu lösen und lese wieder in einer Biografie über Franz Kafka. Seine Gemütsschwankungen, Vorbehalte gegen eine Beziehung, seine Aversion gegen die eigene Familie und sein Gefühl ein Gefangener im Beruf zu sein, lassen meine Gedanken zur Pflege als einen liebenswerten Spaziergang durch den Park erscheinen.