hagel:sturm I

Eine Woche nach dem Unwetter über weite Teile von Villach, Sturmwind mit Sturzregen und Hagelschauern, ist man überall dabei die Schäden zu beseitigen. Wie ein Grexit, haben der Aufruhr der Elemente den östlichen Stadtteil, die Ortschaften Magdalen und Wernberg, heimgesucht. An vielen Gebäuden sind das Dach und die Fensterscheiben kaputt, das Wasser ist in tieferliegende Häuser eingedrungen,die Sturzbäche konnten nicht mehr abfließen. Teilweise waren Unterführungen überschwemmt, Fuß- und Radwege, sowie Autostraßen durch entwurzelte Bäume unpassierbar. Dabei wurden bei zahllosen Autos die Heckscheiben und die Karosserie zerstört. Die tennisballgroßen Hagelschlosse fügten vielen Personen Platzwunden am Kopf oder Prellungen an den Schultern zu. So plötzlich wie der Hagel einsetzte, konnten sich die Menschen oftmals nicht in einen Hauseingang oder in ein Lokal retten.

Am Morgen danach sah ich in der Bahnhofstraße die Eishaufen der zusammengeschobenen Hagelschloten. An allen Ecken kontrollierten Dachdecker die Hausdächer und erneuerten zerbrochene Ziegel. Mitarbeiter vom Wirtschaftshof waren dabei die Gehsteige vom Laub und den Ästen freizumachen. An der Wetterseite sah man an den Hausfassaden Einschläge, als wäre auf die Fassade geschossen worden. Teilweise ganz gesprenkelt. Wobei die mit Mörtel verputzten Fassaden widerstandsfähiger waren, als die Wärme-gedämmten mit den porösen Styroporplatten. Die Jalousien mancher Ordination- und Büroraumfenstern waren zerknittert  wie ein Hemd. Bei der Fahrt durch die Italienerstraße sah ich im Innenhof einen umgestürzten Baum, welcher auf das benachbarte Stiegenhaus gestürzt war, dort die Scheiben zertrümmerte und die Fassade arg beschädigt hat.

Beim Trinken eines Aperolspritzer auf der Terrasse  vom Park Café wähne ich mich inmitten eines Holzschlages. Ständig brummt von irgendwo eine Motorsäge und ein Greiflader hievt Baumstämme und Äste auf einen Transporter. Im ganzen Gelände werden die, vom Sturm abgebrochenen Stämme und Äste, beseitigt. Auf der Terrasse ist es viel heller, weil in der Ecke die Bäume durch den Sturm beschädigt wurden und radikal gekürzt werden mussten. Es war furchterregend sagt die Serviererin, die Sitzmöbel im Freien mussten sie nach dem Sturm vom Hauptplatz holen. Zu Hause war das Dach kaputt und Wasser im Keller.

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gehen:laufen

Dasselbe Wort kann in einem Satz eine unterschiedliche Bedeutung haben, nach Sinnhaftigkeit verschieden angewendet werden. Unsere Ausdrucksweise ist im Umgang mit Bekannten anders, als wenn wir im Berufsleben Kontakt mit den Vorgesetzten oder mit Kunden haben. Bei den engsten Freunden genügt die Unterhaltung in der Mundart, wobei sich diese auf die Menschen aus demselben Bundesland beschränkt. Zwischen Kärntner und Vorarlberger kann es bei einer Unterhaltung im Dialekt schon zu inhaltlichen Missverständnissen kommen. So entsteht bei dem einen oder anderen Satz eine Gedankenlücke. Mit der Umgangssprache sollte es zwischen Österreichern keine Probleme geben. Unterhält man sich mit Urlaubern, dann versucht man in der Schriftsprache zu sprechen, wie man sie auf einer Behörde oder bei einer Prüfung anwendet. Eigenartig verdreht klingen meistens die Sätze, spricht man mit Zuwanderern oder Migranten, dann verfällt man auch selbst in einen Zuwanderer Slang. Wir drücken uns bei der Unterhaltung mit verschiedenen sozialen Schichten jeweils anders aus, auch bei den Inhalten.

In Kärnten ist es gebräuchlich, dass man sagt: Man geht in den Supermarkt einkaufen. Ist die Zeit knapp, dann würde man sagen: Man geht einmal schnell in den Supermarkt etwas holen. Die Steigerung von gehen ist, dass man ein schnell vorsetzt. Dafür gäbe es noch viele Beispiele. Laufen hat in Kärnten eine ganz andere Bedeutung, dies bringt man meistens mit dem Sport in Verbindung. Der große LaufEvent heißt, Ganz Kärnten Läuft. Die Sportlichen laufen eine Runde im Park oder den See entlang. Nur bei Notfällen wird man das Wort laufen verwenden: Lauf schnell einen Arzt holen oder lauf schnell zu der Feuerwehr. Die Aufforderung zum Laufen in Notfällen wird heute durch das immer verfügbare Handy ersetzt. Dabei ist es notwendig, schnell, im Sinne von geschickt, das Handy zu bedienen.

Ein zu Besuch weilendes fünfzehnjähriges Mädchen aus Vorarlberg sagte: Sie läuft geschwind in den Supermarkt einen Laib Brot kaufen. Oder sie sagt: Sie läuft geschwind zum Nachbarn Äpfel holen. Auf meinen Einwand, sie hat genug Zeit um einen Laib Brot zu kaufen, erwidert sie: Sie wird nicht laufen, wie das  Wort vermuten lässt, sondern in Vorarlberg sagt man generell statt gehen laufen. Nach meiner Privatphilosophie  drückt sich darin etwas über die Bereitschaft der Vorarlberger zum Schaffen aus. Ihnen geht es darum viel zu machen und alles mit Tempo, sei es einen Laib Brot zu kaufen.

Tscherfl und Tscherfln

duft:spur III

Wie sehr wir uns bemühen, uns von misslichen Gerüchen fernzuhalten zeigt sich darin, wieviel Aufmerksamkeit wir der Körperpflege widmen. Wer durch einen Drogeriemarkt flaniert erkennt, dass wir mit den Ausdünstungen die unser Körper absondert nicht einverstanden sind. Auf jeden Fall versuchen wir diesen Geruch bestmöglich zu beschönigen. Dazu haben wir die Möglichkeit aus einer Unzahl von Deodorants und Parfüms zu wählen. Jedes Jahr kommen neue Düfte für beiderlei Geschlecht dazu. Ich bin kein Kenner der Essenzen, aber ich nehme an, dass sich die Düfte alle Jahrzehnte verändern. Was man vor einem Jahrzehnt als angenehm empfunden hat, ekelt einen heute an, man kann es nicht mehr riechen. Wechselt der Partner seinen Duft, reagiert man besonders sensibel. Plötzlich steht vor einem eine andere Person, zumindest wenn es nach der Nase geht. Es hat einen gewissen Wahrheitsgehalt, wenn es in einem Sprichwort heißt: Immer der Nase nach. Damit dürfte keine geografische Orientierung gemeint sein, sondern die Orientierung nach den Gerüchen. Ein anderer Spruch lautet: Ich kann dich nicht mehr riechen.  Dies bedeutet zumeist ein schweres Zerwürfnis innerhalb der Partnerschaft.

Die Katze, der Hund oder das Meerschweinchen nehmen ihre Umgebung an vorderster Stelle durch die Gerüche wahr. Alles wird beschnuppert, seien es die Möbel, die Kleider und die Schuhe, selbst die Hände. Für die Katze gibt es in der Wohnung kein Möbelstück, keine Tür oder Teppich, die von ihr nicht markiert werden. Manche Spazierwege am Stadtrand sind für die Hunde das reine Duftparadies. Unser Vorteil ist, dass wir nicht so einen feinen Geruchssinn haben wie die Tiere. In einem Park hätten wir dann wahrscheinlich ein menschliches Problem. Unser Eingreifen in die natürlichen Abläufe führt bereits so weit, dass versucht wird, bei den Rassehunden und –Katzen nicht nur darauf zu achten, dass das Fell pflegeleicht leicht ist, sondern auch, dass Hund und Katz gut duften.

Maiglöckchen.

fernseh:oma

Wie unkontrolliert die unter Vierzehnjährigen mit dem Smartphone, dem Internet und den Sozial Medien umgehen ist bedenklich. Wer heute die Acht- bis Zehnjährigen das Handy unbegrenzt nützen lässt, steigert die Gefahr, dass dies bei ihnen zu einer Sucht werden könnte. Bei der Entwicklung eines Kindes hängt vieles vom Vorbild der Eltern ab. Dies besagt nichts anderes, als benützen die Eltern das Handy unbeschränkt, beim Frühstück, beim Spaziergang und beim Autofahren, darf es nicht verwundern, wenn dies die Kinder nachahmen. Bei den Erziehungsmethoden hat sich seit den siebziger Jahren wenig verändert, nur das Medium. Anstatt des Fernsehens wird jetzt das Handy als Strafe oder Belohnung eingesetzt. Bei schlechtem Betragen und bei schlechten Noten droht man den Jugendlichen damit, das Smartphone wegzusperren. Umgekehrt gibt es für gute Schulnoten einen Gutschein für ein Gesprächsguthaben. Die Oma wird damit von der Qual, was dem Enkel schenken, erlöst. Über einen Aufladebon für sein Smartphone freut er sich immer.

Bewusst geschenkt.

fernseh:opa

In den sechziger und siebziger Jahren ist das Fernsehen in die Haushalte eingezogen, davon betroffen waren auch die Kinderzimmer. Rückblickend kann ich sagen, dass die Kindersendungen im ORF in die Erziehung des Nachwuchses miteingebaut wurden. Jahre später sind eigene Kinderfernsehkanäle dazu gekommen. Um selbst Ruhe zu haben, setzte man die Kinder vor den Fernseher. Anderseits, um die Kinder zu bestrafen, verbot man ihnen für ein paar Tage das Fernsehen. Für die Kinder der 60er, 70er und 80er Jahre war das Fernsehen, ob Belohnung oder Bestrafung, ein Bestandteil der Erziehung. Im Internat war in den 60er und 70er Jahren das Fernsehen ein brauchbares Mittel um ganze Schulklassen zu bändigen. Herrschte in der Studierstube nicht die notwendige Ruhe, dann drohte der Präfekt damit, dass die TV Sendung um siebzehn Uhr, Fury, gestrichen wird. So wurde auch dort das Fernsehen als leicht benützbares Zuchtmittel eingesetzt. In Österreich diskutierte man dazumal, wie man die Fernsehabhängigkeit der Kinder  vermeiden kann.

Eine der ersten Fragen von Urlaubern an den Rezeptionisten ist heute, gibt es in den Hotelzimmern einen Flachbildschirm und wie viele TV-Programme können wir empfangen.Neu dazugekommen ist die Frage, ob es einen kostenlosen Internetzugang gibt. Für viele ist dies wichtiger als eine große Auswahl beim Frühstücksbuffet. Am Morgen wird gleichzeitig das Frühstück eingenommen und mit dem Smartphone telefoniert. Bei der Benützung des Handys wartet man nicht bis nach dem Essen oder bis man in der Hotelhalle sitzt. Die Kommunikation mit dem Partner, beim Abendessen, besteht darin, dass man sich gegenseitig die neuesten Nachrichten oder SMS auf dem Handy zeigt. Für die Generation Web 3.0 ist dies ganz normal, die ältere Generation blickt deshalb verstohlen zum Nebentisch.

Silenzium