kunst:apfel I

Sitze ich in einer lockeren Runde beim Stammtisch, im Cafe oder wie aktuell beim Heurigen, in Kärnten ist dies eine Jausenstation bei einer Kärntner Brettljause, so ist das Wetter ein Thema. Zumeist gab und gibt es nie das Wetter welches man sich wünscht. Der zurückliegende Sommer hat nicht alle Erwartungen erfüllt. Denen einen war er zu heiß, den anderen zu trocken und es gibt schon lange nicht mehr den Sommer, wie er dereinst war. Gerne wird dabei Rudi Carrell mit den ersten Zeilen aus seinem Gassenschlager zitiert: „Wann wird es einmal richtig Sommer, ein Sommer wie es einmal war…“. Nachdem auch die aktuelle politische Lage diskutiert ist, wobei es einige unterschiedliche Meinungen zum Ausgang der Wiener Gemeinderatswahlen gibt. Nach der Sommerpause, wegen der Flüchtlingskrise früher als sonst, haben die Politfunktionäre ihre Arbeit im Parlament wieder aufgenommen.

Gerne wechselt man danach zum Thema Kunst, zu moderner, zeitgenössischen Kunst. Über eines ist man sich im Allgemeinen einig, die großen erhabenen Künstler, wie sie die prachtvollen Dome in Rom oder in Salzburger zieren, die waren wahre Könner. Dessen Kunst, ob Malerei oder Bildhauerei steht außer Diskussion. Es geht um die Moderne, wie es österreichische Maler Cornelius Kolig und der Bildhauer Walter Pichler sind. Beide gehören schon der älteren Generation an. Sofort kommt die Frage, worin besteht ihr Können, soll dies Kunst sein oder muss dies weg? Bis zu, dies kann ich auch. Plötzlich entdeckt jeder seine künstlerische  Ader. Er sieht dabei darüber hinweg, dass er bestenfalls ein Nachahmer oder Kopist wäre. Gleichwohl wird übersehen, dass das Wort modern lateinischen Ursprungs  ist und auch gegenwärtig, zeitgemäß bedeutet. Was wäre eine moderne Kunst wert, wenn sie nicht die gegenwärtige soziale, gesellschaftliche und politische Lage in ihr Schaffen miteinbeziehen würde? Diese Zustände hinterfragen und reflektieren würde?  So könnte sich die Diskussion an die vorhergehende Debatte über Politik anschließen. Vielleicht lässt sich der zeitgemäße Künstler von den täglichen Livebildern aus Facebook und YouTube inspirieren. Er kann diese Bilder aus seinem Schaffen nicht ausklammern oder er wird zum künstlerischen Radikalist und beschränkt sich auf seine persönliche Wahrnehmung in seinem eigenen Umfeld.

Genau sowenig wie man nicht über die Politiker, über eine Regierung und ihre Maßnahmen im Allgemeinen schimpfen kann, ohne konkreter zu werden, so ist es auch beim Gespräch über die Kunst. Einerlei ob  es sich dabei um die sogenannte Alte oder die moderne Kunst handelt, man muss gegenständlicher werden. Sich auf ein Genre beschränken, nehmen wir die Malerei, dann einen Maler und ein Bild von ihm. Darüber lässt sich reden.

Runder Tisch.

smart:phone I

Durch unser Verhalten wird bei Kleinkindern vieles bereits im Babyalter fixiert. Die meisten verwöhnen das Baby, bei einer kleinen Regung nehmen sie es aus dem Kinderwagen oder dem Gitterbett und gehen mit ihm im Zimmer spazieren. So beruhigt es sich und wer dies zwei bis dreimal macht kann sicher sein, es wird dies öfter einfordern. Moderner ist das Verhalten jener Kleinkinder welche, wenn sie am Rücksitz mit dem Auto mitfahren, am schnellsten Einschlafen. Können junge Väter ihren Stammhalter nicht beruhigen, drehen sie mit ihm noch eine schnelle Runde um den Häuserblock. Die meisten Babys schlafen dabei auf wundersame Weise ein. Vor einigen Jahrzehnten war es unter der Landbevölkerung weit verbreitet, den tröstenden Schnuller ein wenig in den Honig einzutauchen. Das Baby saugte genüsslich daran. In manchen Fällen konnte man nicht unterscheiden, ob dem Baby etwas unangenehm war oder schreit es, weil es Lust auf einen Honigschnuller hatte. Bei den Bergbauern war es allgemein üblich, dass die älteren Geschwister auf die Jüngeren aufgepasst haben. Für sie gab es einen Babyschnuller der besonderen Art. Den Zutz tauchte man in den hauseigenen Apfelmost und steckte ihn dem greinenden Geschwisterchen in den Mund. Ob dies etwas mit dem späteren Alkoholkonsum zu tun hatte, ist nicht näher untersucht.

Eine Ähnlichkeit zwischen der Wirksamkeit von Honigschnuller und dem Apfelmostzutz besteht, wenn im Strandhotel die Eltern dem quirligen einjährigen Mädchen beim Frühstück und beim Abendessen ein IPod vorsetzen. Auf dem Bildschirm läuft ein Disneymärchen. Der Vater versucht dem Mädchen mit dem Löffel das Müsli in den Mund zu schieben. Dabei schaut das Mädchen gebannt auf den Bildschirm, öffnet und schließt den Mund automatisch. Während des einwöchigen Aufenthaltes verläuft kein Frühstück und kein Abendessen ohne den elektronischen Tischassistenten. Wird damit im Babyalter die Internetsucht vorbereitet, die nächste Sucht nach Alkohol und Drogen? Oft spielen Kleinkinder mit dem Smartphone vom Papa oder der Mama, sie erlernen das Tippen und Wischen früher, als sich verständlich auszudrücken. Damit verbunden wird immer weniger mit den Kleinkindern gesprochen und vorgelesen. Im besten Fall werden Märchen auf das Smartphone heruntergeladen oder eine DVD in den Fernseher eingelegt. Der elektronische Kinderzimmertür.

Traummännlein.

leben:mitte

Vor acht Monaten ist Udo J. bei einem Spaziergang in Gottlieben in der Schweiz zusammengebrochen und gestorben. Er hatte gerade Tournee Pause, Mitten im Leben, welche er in diesem Jahr in Österreich fortsetzen wollte. Zu seinem achtzigsten Geburtstag hatte ihn das Fernsehen mit einer großartigen Show gefeiert. Wir suchten nach einer passenden Fernsehsendung für den Abend, da wurde in den Nachrichten verkündet, dass Udo J. gestorben sei. Aus diesem Anlass wurde die Geburtstagsgala zu seinem 80er aus Freiburg wiederholt. Bei den Liedvorträgen durch die verschiedenen Interpreten hatten wir ein zwiespältiges Gefühl. Dabei hatten wir immer die Stimme und die Interpretation von Udo im Kopf und so haben uns die Auftritte nicht so gut gefallen. Ungewollt haben wir die Art der Interpretationen verglichen. Jene Auftritte haben uns am meisten überzeugt, die Udo nicht nachgeahmt haben, sondern seine Lieder neu interpretiert haben. Bei dieser  TV-Gala konnte man Udo seine Emotionen ansehen, weil viele jüngere Sänger und Sängerinnen seine Lieder weiterverbreiten. Etwas auch die Erschöpfung von der Tournee. Zu den schönsten Momenten und Stunden gehören für einen Künstler, wenn er miterlebt, dass sein Werk weiterlebt. Bei einem schöpferischen Menschen, egal in welchem Genre, steht immer das Werk im Mittelpunkt.

Der Titel, Mitten im Leben, war etwas gewagt. In Österreich gibt es ein Gedächtnistrainingsprogramm für Senioren, welches Mitten im Leben  heißt. Mit allerlei Themen, entsprechend der Jahreszeit, Worträtseln und Rechenaufgaben wird versucht das Gedächtnis aktiv zu halten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, üblicherweise nehmen mehr Frauen als Männer teil, sind in einem Alter von sechzig bis neunzig Jahren.

Dabei stellt sich die Frage, wann ist es Mitten im Leben, ist dies mit 40, 50 oder 66 Jahren?  Soll es so verstanden werden, dass Mitten im Leben einfach heißt, am Leben teilnehmen. Jeder der aktiv an den Mitmenschen Interesse zeigt, am Alltagsgeschehen teilnimmt, befindet sich Mitten im Leben, da spielt das kalendermäßige Alter keine Rolle. Wer sich aus dem Alltag, aus den Beziehungen zu anderen Menschen ausklinkt, befindet sich auch mit vierzig Jahren nicht mehr Mitten im Leben. Der Tournee Titel von Udo J. war ein positives Signal für aktive ältere Menschen. Schon einmal hat er mit seinem Schlager, Mit 66Jahren fängt das Leben erst an…, älteren Personen Mut gemacht.

Aus dem Tagebuch…

fernseh:oma

Wie unkontrolliert die unter Vierzehnjährigen mit dem Smartphone, dem Internet und den Sozial Medien umgehen ist bedenklich. Wer heute die Acht- bis Zehnjährigen das Handy unbegrenzt nützen lässt, steigert die Gefahr, dass dies bei ihnen zu einer Sucht werden könnte. Bei der Entwicklung eines Kindes hängt vieles vom Vorbild der Eltern ab. Dies besagt nichts anderes, als benützen die Eltern das Handy unbeschränkt, beim Frühstück, beim Spaziergang und beim Autofahren, darf es nicht verwundern, wenn dies die Kinder nachahmen. Bei den Erziehungsmethoden hat sich seit den siebziger Jahren wenig verändert, nur das Medium. Anstatt des Fernsehens wird jetzt das Handy als Strafe oder Belohnung eingesetzt. Bei schlechtem Betragen und bei schlechten Noten droht man den Jugendlichen damit, das Smartphone wegzusperren. Umgekehrt gibt es für gute Schulnoten einen Gutschein für ein Gesprächsguthaben. Die Oma wird damit von der Qual, was dem Enkel schenken, erlöst. Über einen Aufladebon für sein Smartphone freut er sich immer.

Bewusst geschenkt.

fernseh:opa

In den sechziger und siebziger Jahren ist das Fernsehen in die Haushalte eingezogen, davon betroffen waren auch die Kinderzimmer. Rückblickend kann ich sagen, dass die Kindersendungen im ORF in die Erziehung des Nachwuchses miteingebaut wurden. Jahre später sind eigene Kinderfernsehkanäle dazu gekommen. Um selbst Ruhe zu haben, setzte man die Kinder vor den Fernseher. Anderseits, um die Kinder zu bestrafen, verbot man ihnen für ein paar Tage das Fernsehen. Für die Kinder der 60er, 70er und 80er Jahre war das Fernsehen, ob Belohnung oder Bestrafung, ein Bestandteil der Erziehung. Im Internat war in den 60er und 70er Jahren das Fernsehen ein brauchbares Mittel um ganze Schulklassen zu bändigen. Herrschte in der Studierstube nicht die notwendige Ruhe, dann drohte der Präfekt damit, dass die TV Sendung um siebzehn Uhr, Fury, gestrichen wird. So wurde auch dort das Fernsehen als leicht benützbares Zuchtmittel eingesetzt. In Österreich diskutierte man dazumal, wie man die Fernsehabhängigkeit der Kinder  vermeiden kann.

Eine der ersten Fragen von Urlaubern an den Rezeptionisten ist heute, gibt es in den Hotelzimmern einen Flachbildschirm und wie viele TV-Programme können wir empfangen.Neu dazugekommen ist die Frage, ob es einen kostenlosen Internetzugang gibt. Für viele ist dies wichtiger als eine große Auswahl beim Frühstücksbuffet. Am Morgen wird gleichzeitig das Frühstück eingenommen und mit dem Smartphone telefoniert. Bei der Benützung des Handys wartet man nicht bis nach dem Essen oder bis man in der Hotelhalle sitzt. Die Kommunikation mit dem Partner, beim Abendessen, besteht darin, dass man sich gegenseitig die neuesten Nachrichten oder SMS auf dem Handy zeigt. Für die Generation Web 3.0 ist dies ganz normal, die ältere Generation blickt deshalb verstohlen zum Nebentisch.

Silenzium