Nach dem Platznehmen…

…im Waggon wird nach dem Smartphon gegriffen.

Die erste Handlung, nachdem der passende Platz gefunden, der Koffer verstaut und die vorgesehene Reiselektüre am Tisch liegt ist, mein Jausensackerl zu öffnen.  Darin befindet sich ein Kornspitz mit Salami und dazu eine Dose Coca-Cola. Beim Zugfahren schmeckt mir eine Jause am besten. Mit diesem Ritual bin ich nicht allein, die Hälfte der neu Zugestiegenen zaubern aus ihrem Handgepäck einen kleinen Imbiss.  Die einen essen aus einer Plastikbox mit einer Gabel verschiedene Salate, andere vertiefen sich in Schurgebäck und bestellen dazu beim Zugbegleiter einen Milchkaffee. Die Genügsamen schälen sich einen Apfel oder eine Banane. In den ersten dreißig Minuten der Bahnfahrt wird vielerorts gekaut und dazu ein Schluck getrunken. Es hat etwas mediatives, wenn sich im Abteil ein Großteil dem leiblichen Genuss hingibt. Erst danach mustere ich mit verstohlenem Blick die Mitfahrenden und versuche ein Gespräch anzufangen, wenn ich beim Gegenüber dazu eine Bereitschaft erkenne.

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Während des Lockdowns…

Wer für einige Tage am Strand in Lignano an der Oberen Adria war, kennt die fliegenden Händler, welche mit ihren Sonnenbrillenkollektionen, angeblich Original Ray Pan oder Dice für fünf bis zehn Euro hausieren gehen. Andere Verkäufer probieren es mit Badetüchern, Strandkleider und Sonnenhüten. Zumeist sind es Schwarze, aus dem Inneren Afrikas, welche die pralle Mittagshitze nicht stört. Neu dazugekommen sind in den letzten Jahren die fliegenden Masseurinnen. Asiatische Frauen, die ihre Dienste an Ort und Stelle anbieten, bequem auf dem eigenen Liegestuhl. Eine Teilkörpermassage gibt es um zehn Euro, welche im Hotel um fünfunddreißig Euro erhältlich ist. Die Qualität der Massage besteht jede Prüfung. Nach einer Massage schlägt die Masseurin vor, ob sie am nächsten Tag um dieselbe Zeit vorbeikommen kann. Man kann am Sandstrand ein Massagepaket für den eigenen Liegeplatz buchen. Ein Störfaktor sind die Kontrollen der Strandpolizei bei den fliegenden Händlern und bei den mobilen Massagediensten. Beim Auftauchen der Polizisten unterbrechen die Masseurinnen kurzfristig die Massage. Ist der Streifendienst vorüber, sind die fliegenden Händler und die fliegenden Masseurinnen wieder da.

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zeissaktien

Zehn Sekunden im Blindflug unterwegs.

Nach der Verordnung einer Brille durch den Augenarzt ist die Auswahl einer neuen Brillenfassung etwas Besonderes. Die Dioptrien sind vorgegeben, für die Gläser wähle ich Qualität, im europäischen Raum Zeiss Gläser. Diese haben sich bei meinen Gleitsichtbrillen bewährt. Auf die Verwendung von Zeiss Gläsern lege ich Wert, da ich als Alternative zum Sparbuch ein paar Zeiss Aktien besitze. Das Sparbuch ist in den letzten Jahren in Verruf geraten, gilt als altmodisch. Gerade als Angehöriger der älteren Generation habe ich gute Erfahrungen mit dem Sparbuch gemacht. Heute steht es unter dem Motto: „Es war einmal…“.  Die Zeiss Aktien erweisen sich seit dem Kauf als keine gute Alternative zum Sparbuch, sie rutschen immer mehr in das Minus.  Dagegen waren die drei bis fünf Prozent Zinsen am Sparbuch ein Erfolgserlebnis. Ob mein Betrag von etwa siebenhundert Euro etwas zur Kurssteigerung der Aktien beitragen wird, werde ich in drei Monaten feststellen. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es.

Ich bin schon seit sechzig Jahren Brillenträger, je nach Ausbildung des Optikers erfahre ich zu den Gläsern etwas Neues. So auch bei meinem letzten Besuch, dass durch die Blau Tönung der Gläser ein Großteil der UV-Strahlen herausgefiltert werden. Dies ist ein Schutz für die Augen, damit sie nicht mit UV-Strahlen bombardiert werden. Bei einer optischen Sonnenbrille erweitert sich die Funktion um den Blendschutz, durch die dunkle Färbung wird man nicht von den Sonnenstrahlen geblendet. Vorneweg, ich bin kein begeisterter Sonnenbrillenträger. Ich finde es unhöflich, wenn ich oder das Gegenüber bei einem Gespräch die Sonnenbrille nicht abgelegt wird. Meinerseits habe ich das Gefühl, diese Person will vor mir etwas verheimlichen. Bei einem Gespräch will ich meinem Gegenüber in die Augen schauen. Ich kann mich an eine kurze Zeit erinnern, wo ich eine Brille getragen habe, welche sich bei starkem Sonnenschein verfärbt hat. Im Freien war sie ein vollwertiger Ersatz für eine Sonnenbrille. Betrat ich einen Raum bildete sich die Tönung zurück. Bei dieser Variante ist im Straßenverkehr ein Handicap aufgetreten. Nach der Einfahrt in einen Straßentunnel hat es gefühlt eine Ewigkeit gedauert bis sich die Gläser angepasst haben. Kein angenehmes Gefühl, wenn ich etwa zehn Sekunden im Blindflug, unterwegs war.  Wer den Autobahnabschnitt zwischen Villach und Udine kennt, kennt auch die vielen Tunnels und hier ist es ein Vorteil, wenn ich Sehens unterwegs bin.

hergottsfahrer

Auf Landstraßen mit Unbekümmertheit unterwegs.

In der Zeit, wo die Automobilität so richtig Fahrt aufgenommen hat, aber noch nicht dieses Getümmel auf unseren Straßen geherrscht hat wie heute, hat es für die unbekümmerten Autofahrer die Bezeichnung Hergottsfahrer  gegeben. Bei manchen Personen hat man sich gewundert wie diese, ausgeschult nach fünf Klassen Volksschule, die Fahrprüfung bestanden haben?  In den sechziger Jahren war man auf den ländlichen Straßen mit einer gewissen Unbekümmertheit unterwegs. Die Bewohner der kleinen Ortschaften am Land wussten, wer welches Auto fährt. Viel unterwegs auf den Kärntner Straßen waren die Marken VW, Opel und wegen der Italiennähe Fiat. Ein Schlupfloch der Kärntner, sie konnten bei einem Gebrechen an ihrem Fiat in das benachbarte Friaul fahren. Dort haben sie ihr Auto in eine Fiat Werkstatt gestellt oder sich Ersatzteile in Tarvisio besorgt. Beides war in Italien um einiges günstiger als in Österreich. Bis in die Neunzigerjahre gab es zwischen Italien und Österreich Grenzkontrollen. Wer mit einem Fiat über die Grenze von Italien nach Österreich gefahren ist musste damit rechnen,  dass er von den Zöllnern eingehend kontrolliert wurde.  Die erste Frage lautete, haben sie etwas zu verzollen? Gezielt hat die Frage in erster Linie darauf, ob welche Autoersatzteile eingeführt werden oder im Ausland eine Reparatur erfolgt sind, beides war zollpflichtig. Hatte der Zollbeamte aus dem Bauchgefühl  einen Verdacht oder bemerkte ein verdächtiges Benehmen der Autoinsassen, dann erfolgte der nächste Schritt. Der Zollinspektor befahl  den Kofferraum und die Motorhaube zu öffnen. Mit einer Taschenlampe und Kennerblick  untersuchte er den Motorraum, ob Spuren vorhanden waren, dass in einer Werkstätte Teile getauscht wurden. Bei einem Fund war eine Zollgebühr fällig und der erhoffte Preisvorteil hinfällig. Entdeckt wurden dabei noch ein paar Kleidungsstücke, welche ansonsten vom Zollbeamten unbemerkt geblieben wären.

Bei allen Einreisenden wurde nach Zigaretten, Kosmetika, Spirituosen und Lederbekleidung gefragt.  Bei einem Glas Wein hat mir ein Zollinspektor erzählt, dass er geschmuggelte Lederkleidung beim Öffnen des Autofensters riechen konnte. Besonders streng waren die Grenzkontrollen in der Weihnachtszeit und in der Osterzeit. In dieser Zeit wurde der Tarviser Markt von Einkaufstouristen, aus Vorarlberg bis in das Burgenland, gestürmt. Der Markt war damals das heutige Outlet Center und Einkaufscenter. Inzwischen hat der Tarviser Markt viel von seinem Charme und von seiner Preisattraktivität verloren, nicht ohne Grund haben einige Marktstände nicht mehr geöffnet.

albrecht dürer haus

Haften bleiben die skurrilen, die schreckhaften oder lustigen Episoden.

Wie soll man eine Führung durch eine Bilderausstellung, zur Zeitgeschichte, zur Umweltfrage, einen Stadtrundgang oder durch ein historisches Gebäude, nacherzählen? Was bleibt nach einer Führung von etwa eineinhalb Stunden im Gedächtnis haften? Es werden Erinnerungen sein, welche an eigene Erfahrungen anknüpfen, an ein Vorwissen oder man hat sich mit einer speziellen Frage an den Führer gewandt. Eine Besichtigung lebt zumeist davon, ob es der Führer versteht, seine Klientel mitzunehmen. Vorteilhaft erweist sich, wenn er eine kurze Umfrage macht, woher die Besucher kommen, welche an der Führung teilnehmen. Zumeist bleiben einem die skurrilen, die schreckhaften oder lustigen Episoden haften. Schnell verlieren die Teilnehmer das Interesse, wenn die Ausführungen mit Jahreszahlen bespickt sind und es zu viel in das Detail geht.

Bei meinem Besuch in Nürnberg folgte ich der Einladung von Frau Agnes, Ehefrau von Albrecht Dürer, an einem Rundgang durch das guterhaltene Wohn- und Arbeitshaus der Familie am Tiergärtnertor teilzunehmen. Dabei will sie uns aus dem Alltag der Künstlerwerkstatt und dem Eheleben erzählen. In einer mittelalterlichen Tracht stellte sich Michaela als Frau Agnes vor und zeigt gleich ihre Dursetzungskraft. Sie duldet nicht, dass Fragen, welche sie an eine Person richtet, von anderen beantwortet werden. Agnes bewältigte zu ihrer Zeit den Haushalt, tätigte die Einkäufe für die Malerwerkstätte, führte aber auch Verhandlungen mit Auftraggebern, bei Abwesenheit von Albrecht. Im Eingangsbereich vom Dürerhaus, die sogenannte Tenne, hatte sie in erhöhter Position ein kleines Zimmer, von wo aus sie die Malergesellen und die Haushaltshilfen beaufsichtigen konnte. War sie das eine- und andere Mal mit dem Arbeitseifer nicht zufrieden, dann ließ sie ihre kräftige Stimme erschallen.