lungo:mare

Bei meinem Aufenthalt in Opatija fiebere ich den Spaziergängen nach Lovran, genauso wie nach Volosko, auf dem Lungomare entgegen. Zumeist wähle ich zum Eingewöhnen den kürzeren Weg, von Opatija in das Fischerdorf Volosko. Bei lieblichen Frühsommerwetter werden die gemütlich plaudernden Spaziergänger von vorbeidrängenden Joggern überholt. Es gibt unter den Spaziergängern zwei Klassen, solche die ohne Hund und solche die mit Hund unterwegs sind. In manchen kleinen Buchten kann man den Geruch von Hundeurin wahrnehmen, eine leichte Brise bereitet den unangenehmen Gerüchen ein Ende. Das Wasser ist in ständiger Bewegung, wenn es auf die Felsen aufläuft schäumt es, zischt und der Salzgeruch ist in der Nase. An den sonnigen Stellen sind auf den Ufersteinen die flinken Eidechsen unterwegs. In Volosko angekommen spaziere ich an der Bar Kontiki vorbei und nehme im Restaurant nebenan Platz, bei Spagetti mit Meeresfrüchten.

Am frühen Morgen sitze ich auf einer Bank in der Nähe vom Hotel Admiral. Hinter der Bank wuchern eine Kolonie von Bodenpalmen, von derselben Art wie in den Blumentrögen auf der Loggia zu Hause. Am Lungomare übertreffen sie unsere Gewächse um ein Vielfaches. Die Möwen und Tauben verharren unter den Bäumen auf einem Steg noch in der Morgenstarre, die Sonnenstrahlen erschaffen einen großen, rechteckigen Spiegel auf der Meeresoberfläche. Zwei Containerschiffe steuern den Hafen von Rijeka an. Vier Segelboote, wie Nussschalen, kreuzen auf dem Wasserspiegel, ein paar Jogger laufen vorbei. Die Beweglichkeit der linken Hüfte bessert sich von Tag zu Tag. Dem Wunsch eines älteren Ehepaares mit ihrer digitalen Kamera ein Erinnerungsfoto aufzunehmen, bin ich gerne nachgekommen. Hier kann ich die vermeintlichen unvollkommenen Seiten von Opatija hinter mir lassen. Aus den Tageheften…

graz:reise II

Auf der Plattform vom Kunsthaus in Graz entsteht mein Originalfoto zum siebzigsten Geburtstag, in mitten einer Schutthalde. Eine Installation von Martin Roth. Von hier gibt es einen schönen Blick auf die Dachlandschaft und zum Grazer Schlossberg. Der Schlossberg war das erste Ausflugsziel, in Ausgehuniform und Wintermantel, Anfang April 1970. An einigen Samstagvormittagen bin ich am Marktgelände vom Kaiser Franz-Josef-Platz gestanden und habe mit einer Blechbüchse für das Rote Kreuz Spenden gesammelt. Mich mit lautem Scheppern der Blechbüchse bei den Vorbeigehenden bemerkbar gemacht. Heute steht hier eine Schwarze und versucht die Straßenzeitung der Obdachlosen zu verkaufen. Nichts geändert hat sich in den Jahrzehnten am Grazer Hauptplatz. Hier versucht eine Ökoinitiative die Menschen mit recht drastischen Bildern und Videovorführung auf die Tierversuche und die Massentierhaltung aufmerksam zu machen. Der bekannteste Treffpunkt für ein Rendezvous ist bei der Weikhard Uhr am Hauptplatz. Im Zeitalter des Smartphones dürfte der Platz etwas an Bedeutung eingebüßt haben. Um neunzehn Uhr treffen wir uns bei der Weikhard Uhr, eine solche Abmachung hatte Bestand über den Zeitraum von einer Woche. Damals gab es keine kurzfristigen Absagen von Rendezvous, wie es heute mit dem Smartphone gang und gebe ist.   

Das Kaufhaus Kastner & Öhler krönt eine Dachterrasse. Einen Cappuccino zu trinken oder einen Toast zu essen wird derzeit zu einer offiziellen Angelegenheit. Den Impfpass zeigen und sich mit dem Handy registrieren. Bei Problemen mit dem Registrieren sind die Kellnerinnen behilflich.

Die Sporgasse, eine schmale und belebte Gasse, führt vom Hauptplatz zum Schlossberg hoch. Am Ende der Gasse befindet sich die Pizzeria Santa Catharina, deren feingewürzte Pizzas sind einen Umweg wert. In der Pizzeria setzen sich am Nebentisch drei Frauen in der Lebensmitte nieder. Eine von ihnen ist ganz außer Atem und meint zu den Freundinnen, mit siebzig Jahren komme ich hier nur noch mit dem Rollator hoch. Seit der Corona Pandemie hat sie weniger Sport betrieben, der innere Schweinehund, die Freundinnen nicken ihr zustimmend zu…

graz:reise

In der Morgendämmerung erwache ich an meinem Geburtstag im Hotel Emmaquelle in Bad Gleichenberg bei Vogelgezwitscher aus einem Traum: „Der Mensch ist ein Fragender, ein Suchender, bis an sein Lebensende.“ Beim Frühstück gibt es für mich eine Geburtstagskerze und Geburtstagswünsche von der Hoteliers Familie Tropper. Die Chefin hat mir geraten beim Ausblasen der Kerze etwas zu wünschen: Ich wünsche der Partnerin einen erholsamen Aufenthalt. Der Siebziger kommt mir nicht bedenklicher vor als der 60er oder 50er. Zum sechzigsten Geburtstag war die Freude groß, ich konnte in Pension gehen und das Papiergeschäft verpachten. Es besteht bis heute. Das Gute am Ruhestand ist, dass ich mir einige besondere Wünsche erfüllen konnte und jetzt auf freiwilliger Basis weitermache.

Mit der S-Bahn fahre ich von Feldbach nach Graz, meine Geburtstagsreise. Der siebzigste Geburtstag klingt ein wenig nach alt. Mit dreißig Jahren habe ich über einen Siebzigjährigen gedacht eine ehrenwerte, zumeist gebrechliche Person. Müde und gezeichnet vom Leben, geschätzt in der Gemeinde oder bei seinem Verein. Als Jugendlicher war ich diesen Personen gegenüber bei allem behilflich. Gerade Gleisdorf bei Graz passiert. Bis hierher bin ich während der Bundesheerzeit vor fünfzig Jahren beim Fahrschulunterricht mit dem LKW gefahren. Davor war ich noch nie am Steuer von einem Auto gesessen und jetzan absolvierte ich mit einem LKW meine Fahrstunden. Während der ersten Fahrstunden beschränkte ich mich auf das Lenken, Bremsen und Gas geben. Das Kuppeln und Schalten erledigte zu Anfang der Fahrlehrer. In den siebziger Jahren war das Getriebe bei den Lkws nicht synchronisiert, das bedeutete beim Schalten Zwischengas zu geben. Dieser Vorgang ist bei den heutigen Lkw und Pkw völlig unbekannt. Auf dem Jakobminiplatz trafen der Pkw- und Lkw-Verkehr auf die Straßenbahnlinien. Von allen Seiten staute sich der Verkehr, alle wollten den Platz überqueren, einzig geleitet von der Rechtsregel.

Welche Hoffnungen hatte ich damals als Zwanzigjähriger? Im journalistischen Bereich, im Buchhandel oder in der Werbung tätig zu werden. Nicht erwartet habe ich einmal selbstständiger Buchhändler in Arnoldstein zu sein. Den Ort habe ich nur aus dem Heimatkundeunterricht gekannt. In meiner vierzigjährigen Zeit als Kaufmann und kultureller Impulsgeber habe ich manches in der Gemeinde mitgestaltet, im besten Sinne umgestaltet…  

venedig:ade

In Kärnten stehen Ausflugziele je nach Jahreszeit und körperlicher Fitness der Besucher in ausreichender Menge zur Verfügung. Vom Spaziergang am Wörthersee bis zum Besuch der Insel im Faakersee. Es gibt eine Reihe schöner Aussichtsberge, die zu Fuß oder mit der Seilbahn erreichbar sind. Wer sich auf das Land einlässt entdeckt eine Vielfalt, die nicht überall zu finden ist. Ein buntes Gemisch aus Gebirge, Flusslandschaften, Naturparks, Seen, dazwischen Städte, Burgen und Schlösser. Hat ein Kärnten Besucher Lust auf eine Reise rund um die Welt, der ist im Minimundus, der kleinen Welt am Wörthersee, gut aufgehoben. Dort stehen Miniaturnachbildungen von Sehenswürdigkeiten aus allen Staaten der Welt. Mit ein wenig Fantasie kann man eine Weltreise in drei Stunden machen.

Sind bei uns Verwandte aus anderen Kontinenten zu Besuch, dann kommt schnell der Wunsch die Lagunenstadt Venedig zu besuchen. Wer im letzten Jahrzehnt mit dem eigenen Pkw anreiste benützte die Parkinsel außerhalb der Stadt. In den achtziger Jahren war es noch möglich mit dem Auto auf die Piazza Roma zu fahren und es in einem der Parkgaragen abzustellen. Beim Hochfahren in die oberen Parkdecks brauchte es autofahrerisches Geschick. Die Parkhäuser wurden in den fünfziger Jahren errichtet und zu der Zeit waren die Autos Kleinformate. Inzwischen hat bei der Größe und Ausstattung der Autos eine Explosion eingesetzt. Im Parkhaus auf der Piazza Roma gab es fallweise einen Stau, wo kein Vorbeikommen und Vorwärtskommen mehr möglich war. Vom Personal wurde ich aufgefordert das Auto abzustellen, den Autoschlüssel stecken zu lassen und auszusteigen. Je nach freiwerdenden Parkplätzen wurde das Auto vom Garagenpersonal eingeparkt. Der Portier stellte als Bestätigung einen Handzettel mit der Autonummer aus. Danach konnte ich mich in den Trubel der Lagunenstadt stürzen. Abends fand ich mein Auto eingeparkt und unversehrt im Parkhaus vor.

rail:jet

Stehend verfolgen wir im Railjet gespannt die ständig wechselnde Anzeige auf dem Monitor. Unter den Fahrgästen herrscht eine nervöse Spannung, da es darum geht, die Anschlüsse von Regionalzügen zu erreichen. Die Anzeige am Monitor revidiert die planmäßige Ankunft des Railjet im Salzburg Hauptbahnhof nach oben. Aus fünf Minuten werden zehn Minuten und mehr an Verspätung. Die Nervosität und der Unmut unter den Reisenden war im Großraumwagon zu spüren. Die Situation wurde verschlimmert, da bereits am späten Nachmittag die Dämmerung einsetzt und dadurch das subjektive Zeitgefühl um einiges gestört wird. Einige Reisende telefonierten lautstark mit Bekannten, welche sie am Bahnhof erwarteten und teilten ihnen die Verspätung mit. Dramatischer hörten sich die Gespräche bei den Leuten an, welche den Anschlusszug versäumen und zu einem viel späteren Zeitpunkt im Heimatort eintreffen werden. Dabei wurden wartende Kinder oder die Oma welche noch versorgt werden soll, genannt.

In diese aufgebrachte Stimmung mischte ich mich ein, auch bei mir wird der Anschlusszug bereits das Weite gesucht haben. Selbst wenn ich durch die Bahnhofshalle stürmen würde und die Stiege in Riesenschritten nehme, würde ich nur die roten Schlusslichter meines Zuges nach Villach sehen. Meine einzige Wahl ist, in zwei Stunden den nächsten Fernverkehrszug von Salzburg nach Villach zu nehmen. Insofern bin ich in der besseren Situation, da ich mit niemanden telefonieren und meine Verspätung ankündigen muss. Zuhause wartet auf mich unsere Wohnungskatze Sissi. Bei all ihrer Intelligenz und den Fähigkeiten die wir ihr zuschreiben, weiß sie nicht, ob ich zum geplanten Zeitpunkt ankomme. Einerlei ob ich zu Hause zwei Stunden später eintreffen werde. Sissi orientiert sich an den Liftgeräuschen und steht rechtzeitig bei der Wohnungstüre, wenn ich eintrete. Sie verzeiht es mir allemal, wenn ich später nach Hause komme und hat sich diesbezüglich kein einziges Mal beklagt, respektive miaut.