whats:app

Seitdem ich WhatsApp verwende wird die Verwandtschaft, Freunde und Bekannte mit Schnappschüssen vom Urlaubsgeschehen versorgt. Auch die Urlaubsgrüße werden so schnell und kostengünstig versendet. Das Nachsehen haben die Verkäufer von Ansichtskarten, selten verirrt sich noch ein Tourist zu einem Kartenständer. Auf den Sozial Media fallen beim Verreisen alle Hüllen. Von den Reiseveranstaltern, welche ökologisch nachhaltige Reisen anbieten wird man  aufgefordert, während des Urlaubs beim Fotografieren mit anderen Personen respektvoll umzugehen. Meine Passion ist abseits von den Sehenswürdigkeiten, die Stimmung eines Ortes oder Augenblickes zu erfassen. Mit der Kamera einen liebevollen Blick auf das nicht Aufgeräumte, etwas schlampige Geschehen zu werfen. Als Mitteleuropäer sind wir fixiert auf das absolut Perfekte. Meinem Auge tut es gut, wenn ich bei einem Stadtbummel etwas Desolaten begegne. In unserer Optimierungsgesellschaft wirkt es für mich erlösend, stolpere ich über eine menschliche Schlampigkeit. Am Dorfrand an einer Ansammlung von wertlosem Gerümpel vorbeigehe, ausrangierten landwirtschaftlichen Geräten, kaputten Fahrrädern, beschädigte Behälter und Sessel. Vielleicht gibt es dafür irgendwo eine Verwendung und es erspart einen Neukauf.

Stark frequentiert ist in Rovinj die Gries Gasse, welche mit glatten Stufen steil zur Kathedrale der Ephemera emporführt. In dieser schmalen Gasse sind eine Unzahl von kleinen Ateliers und Kunsthandwerks Läden angesiedelt. Zu sehen sind kreative Objekte in Holz und Ton, Landschaftsbilder in Acryl-, Öl- und Aquarellmalerei.

Dieses reizvolle Gässchen ist ein Touristenmagnet und es wäre sinnvoll die Läden finanziell zu unterstützen. Die Stadtgemeinde könnte für die Miete aufkommen. Für die Innenstadt sind die Künstler eine Bereicherung. Diese Förderung könnte man mit der EU-Förderung für die Bauern, für die Bewirtschaftung der Almen, vergleichen. Nicht fördern muss man ein Restaurant an der Uferpromenade, wo man bei der Bestellung Spaghetti mit Meeresfrüchten, Spaghetti mit Meeresabfällen bekommt.

Muscheln

geheim:tipp

Kommen Verwandte aus anderen Bundesländern für ein paar Tage zu Besuch nach Kärnten, dann gibt es Lieblingsorte welche wir ihnen zeigen wollen. Von den Südkärntnern wird gerne als erstes Ausflugziel Tarvisio in Italien oder Kranjska Gora in Slowenien vorgeschlagen. Beide Orte befinden sich nur wenige Kilometer hinter der österreichischen Grenze. Man befindet sich mit einigen Schritten in einer anderen Kultur- und Sprachlandschaft. Es ändert sich auch die Art des Menschenschlages und der Charakter bei den Speisen. Vor drei Jahrzehnten gab es im Dreiländereck noch unterschiedliche Währungen. Ein besonderer Nervenkitzel bei der Heimfahrt war, im Auto etwas über die Grenze zu schmuggeln. Aus Tarvisio waren es Schuhe,Textilien und Lederwaren. Bei der Rückfahrt von Kranjska Gora Zigaretten, Parfüme und Spirituosen aus dem Duty-free-Shop. Nach dem Genuss von ein paar Achterln Wein war die Frage des Zöllners, „haben sie etwas zu verzollen“, nicht der Rede wert.

Zuweilen entführen wir den Besuch in das etwas weiter entfernte Venzone oder nach Gemona. Unser Geheimtipp ist das Schmetterlingsdorf Bordano in der Nähe von Venzone. Die Hausfassaden sind mit farbenprächtigen Schmetterlingsmotiven bemalt. Einmal einzelne Schmetterlinge, dann wieder Fantasy Szenen in denen Schmetterlinge eingebunden sind. An manchen Häusern sind die Farben und Motive schon etwas verblasst, es kommen aber immer wieder neue Malereien hinzu. Im Ort wurde ein Schmetterlingshaus errichtet, ein Gehege mit tropischem Klima und Pflanzen, darin freifliegende Schmetterlinge aus allen Erdteilen. Dazu kommen verschiedene Terrarien mit heimischen und exotischen Reptilien. Informationen gibt es auf Schautafeln und bei Filmvorführungen. Im Eingangsbereich befinden sich Schaukästen mit präparierten Schmetterlingen, von den einige die Größe von einem Vogel haben. Von diesem Schmetterlingsdorf hat uns eine Kundschaft aus dem Kanaltal erzählt. Im Geschäft in Arnoldstein hat diese ein paar Jahre lang regelmäßig die neuesten Burda Handarbeitshefte gekauft. Diese hat er für eine Strick- und Stickgruppe im Kanaltal geholt. Bei jedem Wetter, Kälte, Regen und Schnee, ist er mit seinem dreirädrigen Kleinauto nach Arnoldstein gekommen. Diesem führerscheinfreien Fahrzeug begegnet man auf italienischen Straßen öfters. Die Beliebtheit dieser Ausflugsziele liegt darin, dass sie weniger als hundert Kilometer von Villach entfernt sind und ein völlig anderes Ambiente bieten.

Umschauen

global:tourist

Der Trend zur Verwendung einer globalen Sprache fördert die Einheitskultur, ähnlich wie wir es von den Fastfoodketten kennen. Dort kann ich weltweit, vom Nordkap bis zum Amazonas meinen Rindfleisch Burger bestellen. Die Sprachenvielfalt wird früher oder später genauso verschwinden wie die lokale Speisenvielfalt. Bald die lokalen Sprachformen wie Kärntnerisch, Friulanisch oder Plattdeutsch. Bei den Dialekten kommt es zu einem ähnlichen Artensterben wie bei den Pflanzen und Insekten. Unlängst habe ich in einem Magazin gelesen, dass es ehemals mehr als tausend verschiedene Maissorten gegeben hat, inzwischen hat sich der Schwerpunkt beim Anbau auf zehn Sorten reduziert. Auch diese Sortenvielfalt ist in Gefahr, weil man durch Genmanipulationen nur noch ertragreiche und schädlingsresistente Maissorten anpflanzen will. Damit einher kommt das Ende der regionalen Maisbauern, vor allem in den Entwicklungsländern. Dadurch verteuert sich das Saatgut und wird für die Kleinbauern unerschwinglich. Maissorten, die sich über Jahrhunderte an die klimatischen Bedingungen angepasst haben, werden von den genmanipulierten Sorten verdrängt.

Beim Reisen mit einem öffentlichen Verkehrsmittel ergeben sich oftmals Zufallskontakte und man hat Zeit, interessante Gespräche zu führen. Während einer Bahnreise hat mir eine Unternehmerin erklärt, dass sie mit Hilfe von Satellitenaufnahmen Profile erstellt, wo, welche Getreidesorten am besten gedeihen. Diese Erkundungen führt sie weltweit durch, auf den Feldern von Indien genauso wie in Argentinien, Weißrussland oder Texas. Aus ihrer Perspektive ist das elektronische Auge präziser, als wenn Bauern einen Bericht nach persönlichen Erfahrungen liefern würden.

Ladinisch

english:tourist

Wahrscheinlich ergeht es vielen Reisenden ähnlich wie mir, ich freue mich auf eine neue Umgebung, auf die Tage wo ich bedient werde. Auf ein mildes Klima, mehr Sonne und höhere Temperaturen und auf Begegnungen mit anderen Menschen. Wie diese Begegnungen zustande kommen ist unterschiedlich. Es gibt Reisende, welche vor Ort versuchen mit der Bevölkerung in das Gespräch zu kommen. Vorausgesetzt man beherrscht die Sprache des Urlaubslandes. Bei der Sprachenvielfalt, allein in Europa, ein schwieriges Unterfangen. So beginnt man die Urlaubsreise in der Annahme, sich mit geringfügigen Englischkenntnissen überall zu verständigen können. Von den Volkshochschulen werden spezielle Express-Sprachlehrgänge angeboten, wie Englisch für Tourist. Diese Kurse werden besonders gern von Senioren besucht. Für Personen, die vor fünfzig oder sechzig Jahre in die Schule gegangen sind, war es nicht selbstverständlich, dass sie Englisch als Pflichtfach hatten. Heute sind die Senioren ein vielreisendes Völkchen, erlaubt es die Gesundheit und die Brieftasche. Da kämpft man sich mit den wichtigsten Englischphrasen durch den Urlaubsalltag. Diese Sprachfetzen erschließen keine andere Kultur, aber die Unbeholfenheit mit der Fremdsprache zaubert ein Lächeln auf die Gesichter der Gastgeber.

In Österreich gab es bis in die siebziger Jahre in der Hauptschule zwei Klassenzüge: A und B. Im B-Zug gab es keinen Englischunterricht. Inzwischen hat man sich vom Begriff Hauptschule verabschiedet und verwendet für diesen Schultyp das Wort Neue Mittelschule.

Hello

bade:strand

Zwischen den sonnenhungrigen Schifahrern und den Badegästen lässt sich die eine und andere Verbindung herstellen. In den großen Skizentren, auf alpinen 2500 Meter, verpflanzt man gegen Ende der Skisaison etwas vom Mittelmeer Feeling. Auf den Sonnenterassen werden in 2500 Meter Höhe Palmen platziert, nachts über werden sie hinter einer Glasschiebefenster in Sicherheit gebracht. Die Touris holen sich die erste Bräune beim Schifahren. Das Outfit ist dem am Badestrand ähnlich, Bikinis oder Badehosen. An den Füßen Ski Schuhe statt Badelatschen. Ein Freizeitzwitterwesen, Sommertyp und Wintertyp. Es ist heute schwer einen Menschen rein äußerlich sozial zuzuordnen.

Die Badeorte entlang der Halbinsel von Istrien haben gegenüber den Badeorten an der Oberen Adria den Nachteil, an den Stränden in Istrien fehlt der Sand. Zumeist ist das Ufer mit Steinen gesegnet. Der Sand wird künstlich aufgeschüttet. Im Frühjahr wird mit Lkw Sand aus Österreich an den Strand in Portoroz und in Opatija gekarrt. Ein wenig erinnert dies an die künstliche Beschneiung in den Alpen, wenn es keinen natürlichen Schnee gibt. Wer den Transport von Sand an den Meeresstrand als Anarchismus empfindet, erinnere sich an eine der letzten Modeschauen von Lagerfeld. Für die Präsentation seiner Bademode hat er in einer Hotelanlage in Paris eine künstliche Uferlandschaft angelegt. Sandstrand und Wellen schlagen an das Ufer. Nach seinem Tod hat man für die neue Winterkollektion ein Alpendorf im Winter nach Paris verpflanzt.

Kunstschnee