KEIN:rasen

In der Sommerzeit fahren viele schneller als sonst. Sind es die sommerlichen Temperaturen, das helle Sonnenlicht, die drückende Hitze oder die vielen Termine? Vieles lässt uns im Sommer schneller und stärker auf das Gaspedal steigen. Dazu kommt, dass manche Autofenster geöffnet sind und die Musik alle Häuser entlang der Ortsdurchfahrt in Möselstein beschallt. Es kann oft nicht schnell genug gehen und so wird der Vordermann auch bei einer Sperrlinie oder in einer Ortsdurchfahrt überholt. Viele nützen die Sommermonate dazu, wenn es die Distanz erlaubt, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, um den Rasern auf der Strasse zu entkommen. Dabei kann man abseits der Bundesstrasse auf dem Gailradweg erleben, wie ein Hase über eine Waldlichtung springt oder ein Reh inmitten eines Feldes seinen Kopf hebt. Die Vögel haben am Morgen die schönste Stimme und die Stimmen werden immer kräftiger, je heller der Tag wird. Auf der Wiese blühen die Blumen in den Farben weiß, gelb, violett, hellblau. Dagegen sind die Rasen rund um die Wohnanlagen eintönig grün. Dort versucht man mit tropischen Blumen und Pflanzen Farbe auf den Rasen zu bringen.

 

Die Blumenwiese.

ÜBER:drüber

Ein Modewort in der heutigen Eventgesellschaft heißt, man lebt  überdrüber. Damit will man sagen, dass man aufgrund seiner Beziehungen, seines Erfolges oder seiner Ideen sich von vielen anderen Mitmenschen abhebt. Es drückt manches Mal das Lebensgefühl aus, dass viele Leute vorgeben, keiner will ein normales Leben führen. Auch ohne besondere Leistungen entwickelt man ein Überdrüberimage. Im Sommer ist es chic von einem überdrüber Fest zum Nächsten zu wechseln. So können sich viele nicht mehr daran erinnern, bei welchen Partys sie in der letzten Woche gewesen sind. Die Tourismuszentren bieten für die Urlaubszeit eine Vielzahl von verschiedenen Events, ein vierundzwanzig Stunden Überdrüberprogramm an. Diese Eventhäufigkeit verdeckt die Beschwerden, die Frage zum Sinn des Daseins, die Zeit danach, für einen Sommer lang.

 

Zu meinen Mundartgedichten hat jemand gesagt: „Wir leben in einer Spaßgesellschaft, es darf nur Gaudi geben, alle haben wir einen Schmäh auf den Lippen und mit meinen Gedichten schaue ich hinter die Fassaden“.

 

Eine Sommernacht. 

 

BRUCH:stellen

Von der Erdkunde wissen wir, dass es auf der Erdoberfläche viele Bruchstellen gibt, die von Erdbeben oder von Hangrutschungen stammen. Durch Satelliten können diese Bruchstellen aus der Luft geortet werden. Am Bahnsteig kann man beim Warten auf den Zug in den Gesichtern der Menschen die Lebensbruchstellen ablesen. Die Mühen von zwei Kindern in den Gesichtern der Eltern, den straffen Blick von vier Radfahrern, der zeitlose Ausdruck von drei Trampern die ihren Schlafsäcken entsteigen. Das strahlende Gesicht von zwei Nonnen und ihr aufheiterndes Lachen nach allen Seiten. Eine überforderte Mutter mit einem Kleinkind. Das Mittelalter zeigt sich von der heiteren Seite, dem Altertum ist nicht nach Fröhlichkeit zu Mute.

 

Die Bruchstellen im Berufsleben der  jungen Generation sind um vieles größer, als es die ältere Generation erlebt hat. Oft gibt es große Schwierigkeiten die richtige Auffahrt auf die Berufsautobahn zu finden, manchmal bedarf es einiger Versuche, um dann bei der nächsten Abfahrt die Autobahn, die Arbeitsstelle, wieder zu verlassen. Viele schaffen diese schwierigen Verkehrsverhältnisse nur mit einem Beifahrer, mit ausreichender Berufsberatung. Nach dem Schulabschluss erfolgte bei unserer Generation der Berufseinstieg meistens problemlos. Die Autobahn führte geradeaus durch das Berufsleben. Erst im letzten Jahrzehnt gab es auf der Autobahn Frostaufbrüche, unerwartete Baustellen und Umleitungen, die zur Neuorientierung gezwungen haben. Für eine Berufsberaterin hat, wer im Beruf glücklich und zufrieden ist, eine stabile Lebensgrundlage als ganze Person.

 

Die Hacklerregelung.  

 

LEHR:meisterIn

Das Wort LehrmeisterIn hat viele Bedeutungen und jeder verbindet damit seine persönlichen Erfahrungen. Es kommt darauf an welche Schule man besucht hat, welchen Beruf man erlernt hat. Es gibt LehrmeisterIn im Sport, LehrmeisterIn in der Liebe, LehrmeisterIn im Beruf oder in der Lebensbewältigung. Früher war der  patriarchalische Begriff Lehrherr gebräuchlich. Von meinem Lehrherrn in einer Buchhandlung am Bahnhof in Spittal an der Drau habe ich vieles gelernt. Genauer ausgedrückt  hat er mir Raum gelassen vieles zu lernen, meine Neugierde und Wissenshunger nicht eingebremst oder eingeengt. Eine Buchhandlung ist ein Ort des Lernens, wie eine Bibliothek ein Ort des Wissens ist.

 

Zur Arbeit fuhr ich mit dem Zug. Damals waren die Übergänge von einem Waggon zum Nächsten offen und die Waggons mit Holzbänken ausgestattet. Heute ist der Zug eine  geschlossene Einheit und man sitzt auf gepolsterten Sitzen in klimatisierten Abteilen, ohne Zugluft. Mir gegenüber setzt sich ein älterer Herr und packt aus seiner Frischhaltedose zwei Speckbrote aus. Speck vom Nachbarn, wie er mir erzählt. In meiner Lehrzeit waren zwei Speckbrote meine Jause.

 

Täglich Speckbrote.

 

AUS:zeit

Es gibt jetzt die Möglichkeit in einem Arbeitsverhältnis eine „Auszeit” zu nehmen. In der Praxis bedeutet dies, dass man für ein halbes oder für ein ganzes Jahr Urlaub machen kann, um sich einen Lebenstraum, meistens ist es eine lange Reise, zu erfüllen. Die Firma garantiert, dass man nach der Auszeit weiter beschäftigt wird und geht dafür ein Jahr später in Pension. Bei vielen Firmen wird die Auszeit von den Arbeitsabläufen und den Aufstiegsmöglichkeiten nicht möglich sein. Andere können sich ein Jahr Auszeit finanziell nicht leisten. Oft bleibt der Wunsch ein Land, die Orte und die Bevölkerung besser kennen zu lernen, ein unerfüllter Traum. Bereist man als Junger mit dem Zug ein Land, fährt mit dem Fahrrad oder ist zu Fuß unterwegs, dann ist der  Kontakt mit der Bevölkerung sehr intensiv. Viele erhoffen sich diese Reise wenn sie in Pension sind, dann wird die Zeit vorhanden sein und das Geld. Eine organisierte Busreise hat nur den halben authentischen Charakter. Ist man über sechzig, dann ist man bei den Busreisen manchmal einfach müde und kann nicht alles aufnehmen. Oft sind Busreisen einseitig. Man glaubt, wenn man viele so genannter Sehenswürdigkeiten besichtigt hat und mit einer Fülle von Fakten und Zahlen gefüttert wurde, dann hat man die Stadt gespürt. Versteht man die Sprache, dann erfährt man bei einem Marktbesuch mehr über die Stadt, als bei einer fünfstündigen Führung. 

Der schönste Ort in einer Stadt anzukommen ist der Bahnhof. Bei den Kiosken in der  Bahnhofshalle begegnete man den ersten typischen Stadtbewohnern, nicht immer der Mittelschicht. Die Kioske verkaufen auch regionale Speisen. Durch den Trend in den Bahnhofsgebäuden Einkaufszentren zu errichten droht  eine Einheitskultur. 

Fischmarkt in Triest.