götter:gräber:gelehrte

Götter, Gräber und Gelehrte ist heute in einer Neubearbeitung lieferbar.

Ein Höhepunkt beim Wohnungssputz ist einmal jährlich das Bücherregal und die darin aufbewahrten Bücher abzustauben. Es ist erstaunlich wieviel Staub sich auf den Büchern sammelt, vorsichtig werden sie mit einer Bürste vom Staub befreit. So, wie ich es während meiner Buchhandelslehre in Spital/ Drau gelernt habe. Dort haben wir zum Jahresende / Jahresanfang die Bücher abgestaubt und Inventur gemacht. In einen Blogartikel hat eine Bloggerin über das Ausmisten und Wegwerfen von unnötiger Haushaltsware, Kleidern und Büchern berichtet. Sie hat das Loslassen und Entsorgen von nicht benützten Gebrauchsgegenständen des Alltags, als eine Erleichterung empfunden. Das Ballastabwerfen hat sie auch seelische erleichtert, ein Akt der Befreiung. Im Blog wurde darüber diskutiert, ob beim Ballstabwerfen auch Bücher dazugehören oder fallen diese in eine höhere Kategorie? Eine Variante ist, dass man alle gelesenen Bücher entsorgt, es bleiben dann immer noch genug Bücher übrig. Bücher, die zwar im Regal stehen, aber nicht gelesen wurden. Dazu kommen einige dutzend Lieblingsbücher und Bücher aus Kindheitstagen. Auch die Bücher, welche ich mir von der Lehrlingsentschädigung gekauft habe.

Eines der ersten Bücher, welche mir die Eltern geschenkt haben, war eine Empfehlung vom Lateinprofessor. Er hat uns zwischen Vokabeln und Grammatik spannende Geschichten von den alten Römern und Ägypter erzählt. Dieser Geschichtsunterricht in der Lateinstunde war spannender als die reguläre Geschichtsstunde. Der Professor war zuvor einige Jahre als Archäologe in Ägypten tätig. Es war das Buch Götter, Gräber und Gelehrte, von C.W. Ceram, Roman der Archäologie, erschienen im Rowohlt Verlag. Der Verkaufspreis steht noch auf der Innenseite vom rückwärtigen Buchdeckel, es hat damals Schilling 158,40 gekostet. Im Jahre 1949 erstmals erschienen, wurde es bis zum Jahre 1962 über 1,3 Millionen Mal verkauft. Ein Long- und Bestseller der fünfziger und sechziger Jahre. Götter, Gräber und Gelehrte ist heute in einer Neubearbeitung lieferbar und hat bis dato eine Auflage von über fünf Millionen Stück erreicht.

internat:regel

Bei manchen Zöglingen haben sich die Schuldzuweisung im Kopf verfangen.

Manche Regeln aus dem Internat in Tanzenberg habe ich abgeschüttelt, manche Startmechanismen durchschaut. Oftmals wurde bei einer Zusage angenehmer Natur, welche von Seiten der Heimleitung nicht erfüllt werden konnte, der Spieß umgedreht. Die Schuld für die Absage wurde uns Zöglingen in die Schuhe geschoben. Vor dem Mittagessen kam das Tischgebet und es wurde nach dem Ertönen der Tischglocke verlangt, dass bei über dreihundert Zöglingen völliges Stillschweigen herrschte. Ein abenteuerliches Unterfangen, wie die Dressur von Ameisen. War der Filmvorführer verhindert und  die Kinovorstellung im Festsaal musste entfallen, wurde vom Präfekten als Vorwand die Vernachlässigung des Silentium konstruiert. Bei manchen Zöglingen haben sich die Schuldzuweisung im Kopf verfangen, sie werden im weiteren Leben, immer wenn etwas schief läuft, die Schuld bei sich suchen.

Bei meiner Nachfrage unter Seniorstudenten, warum sie beim Universitätslehrgang Senior Studium liberale  keinen Abschluss anstreben, gab es eine Erklärung: Sie wollen nach einem Leben mit allerlei Prüfungen keine Seminararbeiten mehr schreiben oder sich mündlichen Prüfungen stellen. Mir war wichtig, dass ich den Abschluss schaffe, im besseren Drittel. Mit guten Noten bin ich in meiner Schulzeit nicht verwöhnt worden, dies war schon in Tanzenberg so.

fern:beziehung

Solche Nahverhältnisse bei den Wohnungen, zwischen Eltern und Kinder, werden immer weniger. Bei den Generationen nach der Jahrtausendwende haben sie kaum noch Gültigkeit. Viele besuchen eine Höhere Schule, studieren an den verschiedenen Universitäten in Österreich und kehren nicht mehr in die Heimatgemeinde zurück. Eine der wenigen Ausnahmen bilden die weichenden Kinder von einem Bauernhof. Wer ein Eigenheim errichten möchte, bekommt als Erbe zumeist ein Stück Baugrund aus dem landwirtschaftlichen Besitz. Zu beobachten in der Landgemeinde Feistritz im Gailtal, wo sich die Jungen aus dem alten Ortskern, wo über viele Monate keine Sonne scheint, verabschieden. Durch das Erben von Baugrundstücken, in den Gail Auen, wo die Sonne im Winter nur für kurze Zeit hinter dem Oisternig verschwindet, entsteht hier ein neuer Ortsteil, Feistritz Gail neu.

Zwischen den Großeltern und den Enkeln gibt es heute eine Fernbeziehung, durch die Verbreitung des Smartphones ist ein Kontakt jederzeit herstellbar. Die fitten Senioren bevorzugen den Austausch von Fotos und Textnachrichten mittels WhatsApp. Glücklich sind Großeltern darüber, wenn sich die Enkel melden. Die Besuche zu den heiligen Zeiten wie es früher Weihnachten, Ostern und die Geburtstage waren kommen unter die Räder. So vergehen zuweilen Monate oder Jahre bis es wieder zu einer persönlichen Begegnung kommt. Der Telefonstatus wird als tatsächlicher Wohlfühlstatus angenommen. Dieser verzerrt zumeist die Wirklichkeit, der telefonische Austausch suggeriert eine gewünschte Befindlichkeit, die gewünschte Mobilität oder die gewünschte Leistungsfähigkeit der Großeltern. Großeltern und Eltern sind es gewohnt vor den Enkelkindern oder den Kindern ihre eigenen Sorgen, Ungewissheiten oder gesundheitlichen Störungen zu verbergen. Lieber öffnen sie ihre Ohren und ihr Herz für die Enkelkinder, wenn diese von der hektischen und kräfteraubenden Jetztzeit berichten. Sie verschweigen, dass ihnen nur ein Bruchteil der Möglichkeiten von heute zur Verfügung gestanden ist und die Eltern von ihnen früh erwartet haben, dass sie sich selbst erhalten. So geht es über Jahre, bis eine Kluft entsteht, was die Großeltern oder Eltern vorgeben zu können und was sie körperlich leisten können.

Kommen die Enkelkinder zu Besuch erwarten sie, dass die Oma wieder für alle kocht und aufdeckt, dass sie dieselbe agile Oma ist, wie vor fünf oder zehn Jahren. Bei den Ausflügen bei allem mitmacht, kein Hügel zu steil und keine Besichtigung zu langatmig ist. Weiterhin über einen finanziellen Topf verfügt, der über alle ihre Lebenslagen darübergestülpt werden kann. Die telefonische Fernbeziehung hat vieles geschönt.

gabler:siedlung

Wie gestalten sich heute die Beziehungen zwischen Eltern und Kinder, zwischen den Großeltern und den Enkelkindern? Die liebgewonnenen Vorstellungen, dass die Kinder in nächster Nähe bleiben, in derselben Stadt eine Wohnung mieten oder kaufen wird immer unwahrscheinlicher. In den Landgemeinden von Kärnten war es in den sechziger und siebziger Jahre nicht ungewöhnlich, dass die scheidenden Kinder in der Nähe vom Elternhaus einen Grund gekauft haben und ein weiteres Einfamilienhaus errichtet haben. In der Gemeinde Ferndorf hat sich daraus eine dafür typische Kleinsiedlung, Sonnwiesen, entwickelt. Arbeiter, welche in der Heraklithfabrik gearbeitet haben. Auf Baugründen, welche von der Gemeinde zu günstigen Konditionen verkauft wurden. Die landwirtschaftlichen Flächen gehörten dem Maler Josef Gabler, der sich ab den 1960 Jahren völlig der Malerei gewidmet hat. Bekannt ist Josef Gabler für seine, von ihm so genannten Schwebeschaubilder. Die Perspektive auf seinen Stilleben- und Landschaftsbildern ist so gewählt, als würde ein Betrachter über dem Motiv auf dem Bild schweben. In seine Sichtweise konnte man sich hineinversetzten, wenn man sich vorgestellt hat, man ist ein Vogel und fliegt über das Drautal. Seine Bilder hängen in verschiedenen österreichischen Galerien, wie dem Belvedere.  

Heute würden wir sagen er hat sich, um eine Vorlage für seine Stilleben- und Landschaftsbildern zu erhalten, einer Drohne bedient. Josef Gabler hatte schon damals die Vision, dass sich die Welt von einer anderen Seite zeigt, allein durch die Veränderung des Blickwinkels. Wie oft machen wir uns die Mühe, den starren Blick zu verlassen. Im ersten Jahrzehnt wurde die neue Siedlung Gabler Siedlung genannt. Es wäre einem der wenigen Künstler aus Ferndorf geschuldet, dass man die Bezeichnung Gabler Siedlung beibehalten hätte. Ob der sonnigen Lage, auf der Sonnseite des mittleren Drau Tales, wurde die profane Bezeichnung Sonnwiesen vorgezogen.

pension:arbeit II

Im Bereich der digitalen Kompetenz wird von außen viel Augenmerk daraufgelegt, dass die Generation 60 plus sich bei den digitalen Medien auskennt. Die genauen Gründe welche dahinter stecken sind mir unbekannt. Wird es gefördert um zu vermeiden, dass die Rentner in der Bank oder im Rathaus die Kundenschalter mit ihrem Papierkram blockieren? Papierkram nennt man dies, wenn man einen Zahlungsauftrag oder einen Antrag auf Heizkostenzuschuss auf einen Blatt Papier in handschriftlicher Form einreicht.

Gut kann ich mich an die Zeit erinnern, als es in der Raiffeisenbank Arnoldstein noch keine Überweisungs- und Geldautomaten gegeben hat. Stattdessen eine Handvoll von geöffneten Bankschaltern, wo ich auf Wunsch Erlagscheine mit Bargeld bezahlen konnte und dafür wurden keine Gebühren eingehoben. Die Kontoauszüge wurden mir von einem Schalterbeamten überreicht, welcher auch die Überweisungsaufträge entgegengenommen hat. Die Einzahlung der Tageslosung und Bargeldbehebungen erfolgten ebenso analog. Für die Beträge bekam ich eine handschriftliche Bestätigung von der Kassiererin. Für Geschäftskunden gab es den einen Fortschritt, dass für uns der Nacht Tresor und ein Postfach zur Verfügung standen.

Über Jahrzehnte waren Senioren oftmals ein lästiges Übel für die Betriebe, denn nach dem allgemeinen Verständnis waren ältere Arbeitnehmer nicht mehr so leistungsfähig. Im Gegenzug erhielten sie aber wegen ihrer vielen Arbeitsjahre ein höheres Gehalt. Sowohl die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer waren darüber glücklich, wenn es von Staatswegen Angebote für einen frühen Pensionsantritt gegeben hat. In den letzten Monaten ist es bei der Beschäftigung von Senioren zu einer Trendwende gekommen. Fast vor jedem Lebensmitteldiskonter steht ein Plakatständer, wo Pensionisten als Mitarbeiter angeworben werden. Im Schulwesen wurden pensionierte Lehrer aufgefordert, aus der Pension in den Unterricht zurückzukehren.     

Für das passive Sporterlebnis gibt es unter den Pensionisten genug Befürworter. Zu den Hits zählen Fußball, Schifahren, Tennis und Autorennen. Wären die Sportübertragungen im Fernsehen eine Motivation zur Fitness, wäre dies ein Beitrag zur körperlichen Gesundheit der 60 plus Generation.