bistum:gurk II

Unter den Christen, welche die Gottesdienste oder kirchliche Vorträge besuchen, ist der Anteil von älteren Leuten groß. Die Verlagerung zum älteren Publikum irritiert mich beim Besuch der Sonntagsmessen. Erst unlängst hatte ich in Villach den Verdacht, beim Pfarrgottesdienst am Sonntagvormittag wurde an der Kirchentür ein Schild, Eintritt für Kinder und Jugendliche verboten, angebracht. Soweit mein Blick es erfasste, waren beim Gottesdienst keine Kinder oder Jugendliche anwesend. Der Priester handelte am Altar alleine, auch die üblichen Ministranten fehlten. Die Optik ist deprimierend, wenn im Altarraum, der etwa 80 Quadratmeter umfasst, ein einzelner Mensch, der Pfarrer, agiert. Trotz des seit dem 2. Vatikanischen Konzil üblichen Volksaltar ist die Ferne zwischen dem Zelebranten und den Kirchenbesuchern zu spüren. Zumeist sind die ersten Bankreihen leer. Sie sind sozusagen für die Kinder und die Jugend reserviert, dessen Reservierung es erst gar nicht bedarf. Die ersten Sitzbänke sind nur an vier bis fünf Sonntagen besetzt, wenn die Erstkommunion- und Firmungskandidaten vorgestellt oder in den Gottesdienst eingebunden sind. Die Jugend fehlt und die Erwachsenen nehmen lieber in den hinteren Kirchenbänken Platz. Es entsteht keine Nähe, keine nonverbale Kommunikation zwischen dem Priester und den Mitfeiernden. So besteht eine große Distanz. Den wenigsten Pfarrern gelingt es in der Predigt einen Kontakt herzustellen, die Gläubigen an sich heranzulassen.

Die Internatszöglinge des Marianum Tanzenberg verbrachten die Schulschiwochen im Ferienhaus des Bistum Gurk auf der Flattnitz. Bereits in den sechziger Jahren gab es dort eine Jugendherberge und einen Schlepplift. In den Sommermonaten fanden dort die Ferienlager der Jungschar statt.

Soloauftritt

bistum:gurk I

Wird der Name Bischof Schwarz genannt, wissen selbst kirchenferne Menschen in Kärnten und darüber hinaus in ganz Österreich, dass es einiges an Gerüchten und Fakten gibt. Seitdem der Bischof unerwartet von Kärnten nach Niederösterreich versetzt wurde, wurden kirchenintern viele seiner Tätigkeiten hinterfragt. Was das Bistum Gurk betrifft teilweise als unrechtmäßig angeprangert. Ausgeplaudert wurden diese Unregelmäßigkeiten vom höchsten kirchlichen Gremium, dem Gurker Domkapitel. Dieses hat in einer Presseaussendung von einem System Bischof Schwarz gesprochen. Weiters davon, dass er durch ein Naheverhältnis zu einer Frau, der Glaubwürdigkeit des Bischofsamtes schweren Schaden zugefügt hat. Obendrein so in Zölibats Angelegenheiten erpressbar wurde.

In meiner Erinnerung, ich habe ihn zwei oder dreimal bei einer Bischofsmesse in Villach erlebt, konnte er einnehmend predigen. Er hat die Menschen, auch mich, in seine Gedankengänge eingebunden. Ich hatte das Gefühl, seine Gedanken sind meinen Gedanken ähnlich. Hervorgehoben wird auch sein herzliches Zugehen auf die Menschen. Eine große Zahl von Radio Kärnten Hörern haben die Radiostunden mit Bischof Schwarz, zu Weihnachten und zu Ostern, sehnlichst erwartet. Die Hörer stellten Fragen an ihn, er hat ihnen zugehört, sie getröstet und ermutigt. Dies war seine Stärke. Jene Personen, welche in einem Familienverbund leben, mit seinen Schwächen und Fehlern, ahnen nicht, dass es viele Alleinstehende oder Alleingelassene gibt. Diese hungern nach jedem Wort der Zuwendung und dies konnte Bischof Schwarz auch über das Radio vermitteln.

Im Zusammenhang mit dem System Bischof Schwarz wird der Forstbesitz des Bistums erwähnt, der ca. zehntausend Hektar umfasst. Über deren Erlöse konnte der Bischof alleine verfügen. Zum Besitz gehört die Felfernigalm auf der Flattnitz. Auf dieser Alm kreuzten sich meine Wege mit dem Bistum Gurk.

Ansprechpartner

hu:hu

Die Vorderseite des Glückwunschbillet ziert eine freundliche Eule, rundherum ein Kranz aus Herzen. Darunter der Text HuHu, wohl weil Eulen nachtaktiv sind. HuHu hat etwas Schreckhaftes in sich. Möchte man jemanden erschrecken, dann lauert man bei einer Hausecke auf und schreit beim Kommen huhu. Es gibt unheimlichere Orte als die nächste Haus- oder Straßenecke. Mein Heimweg führte während der Lehrzeit, vom Bahnhof zum Bauernhof am Berg, durch einen Hohlweg.Dieses Stück war besonders unheimlich. Der Hohlweg zweigte von den letzten Häusern im Tal auf die Anhöhe ab. Tief eingeschnitten in den Waldboden, rechts und links mit Sträuchern und Büschen bewachsen. Man bewegte sich wie in einem Tunnel vorwärts. Es gab keine Möglichkeit rechts oder links auf die höher gelegenen Wiesen auszuweichen. Im Herbst wurde es schon früh dunkel und im Hohlweg war es stockdunkel.

Es gehörte Mut dazu, den Hohlweg abends zu benützen. Jedes Mal war ich erleichtert, wenn ich auf der überschaubaren Wiese anlangte, obwohl auch hier weit und breit kein Haus stand. Schon die Möglichkeit, im Falle eines Falles, davonlaufen zu können, beruhigte mich. Eines Abends, ich war im oberen Drittel vom Hohlweg, hörte ich hinter mir undefinierbare Laute in verschiedenen Tonlagen. Es waren keine menschlichen Laute, nichts eindeutig Tierisches, ich konnte sie nicht einordnen. So schnell wie möglich brachte ich den Hohlweg hinter mir und versteckte mich auf der Wiese hinter einem freistehenden Busch. Kurz danach kam ein kleingewachsener Mann aus dem Hohlweg auf die Wiese und stieß dabei gurgelnde Laute aus. Beim Näherkommen erkannte ich den Hausl vom Nachbarhof. Um meinen Schrecken loszuwerden sprang ich, als der Hausl an mir vorüberging, hinter dem Busch hervor und schrie laut Huhu. Diesem ist das Grausen in die Glieder gefahren und so rasch er konnte, ist er den steilen Feldweg davongelaufen.

Haha

senior:chefin

Am Eingang zum Montafon liegt die kleine Bezirksstadt Bludenz. In der Bahnhofstraße befindet sich eine Papierhandlung traditioneller Machart. Als Papierhändler in Muse werde ich neugierig, wenn vor dem Geschäft zwei Billettständer stehen. Ich benötige eine Geburtstagskarte. Ich suche nach einer Karte, von der ich noch nicht weiß, was sie darstellen soll. Das kleine Glück ist mir hold. Im Geschäft sehe ich alles, was man sich von einem Papiergeschäft erwartet. Von den Schultaschen bis zu den Mappen, eine Vielzahl an einzelnen Papieren, sowie eine schöne Auswahl an einzelnen Stiften. Einerlei ob es sich um Bleistifte, Farbstifte oder einzelne Gelschreiber handelt. In den Supermärkten findet man diese Artikel, wohl auch zur Vermeidung eines Diebstahles, nur mehr in einer Großpackung. Irrtümlich wird dies Vorteilspackung genannt, weil zumeist braucht man nur eine Farbe, die anderen Stifte trocknen aus. In einer Lokalzeitung habe ich unlängst gelesen, dass die Farbstifte einer österreichischen Bleistiftfabrik von Gefangenen in der Justizanstalt Klagenfurt einsortiert und verpackt werden.

Noch arbeitet die Senior Chefin im Papiergeschäft mit und bietet mir zur Glückwunschkarte eine Breitfüllfeder von Lamy an. Der gute Umsatz wäre die Breitfüllfeder gewesen. Eine geschäftstüchtige Dame, trotz ihres fortgeschrittenen Alters. Seit über fünfzig Jahren steht sie schon im Geschäft, erzählt sie mir auf Nachfrage, nachdem ich mich als Branchenkollege geoutet habe. Sie will noch ein Jahrzehnt dazulegen oder länger, zumindest so lange es ihre Füße erlauben. Während meiner Papierhandelslehre ist jeden Vormittag die Seniorchefin in den Laden gekommen.Sie hat dabei immer etwas entdeckt, was sich seit ihrer Zeit verändert hat. Sie war Mitte achtzig, manchmal eine Frage gestellt oder nur unverständlich den Kopf geschüttelt. Was würde diese Generation zu den Veränderungen, welche sich heute innerhalb von zehn Jahren abspielen, sagen?

Turbozeit

unter:nehmer

Es gibt noch gestandene Unternehmer, die weit über den Siebziger hinaus im Geschäft oder im Handwerksbetrieb tätig sind. Für manche ist es ihr Leben, solange sie mobil sind im Laden zu stehen und darum nicht in die Krankheit abrutschen. Es passiert öfters, dass von den eigenen Kindern niemand den Gemischtwarenladen, die Schneiderei oder Schlosserei übernehmen will. Solche Unternehmer leben, wie bei einer christlichen Hochzeit, nach dem Gelöbnis: „Bis euch der Tod scheidet“. In diesem Fall bis der Tod dem Unternehmersein ein Ende setzt. Im Hochmontafon steht ein 92-jähriger Kaufmann noch täglich im Gemischtwarenladen. Der Herr ist von kleiner korpulenter Statur und trippelt vorsichtig zwischen den Regalen hin und her. Sein Refugium ist der Kassenbereich, wo er sich tapfer mit der neuen Registrierkassa herumschlägt, morgens die Tageszeitungen und Zeitschriften auflegt. Die letzte Frage an den Kunden ist, ob man eine Packung Zigaretten mitnehmen will. Ist man während eines Aufenthaltes zweimal in seinem Laden, weiß er über die Waren Bescheid, welche man täglich braucht. Sei es Joghurt, Mineralwasser oder eine Zeitung. Ein Kaufmann vom alten Schlag, wobei alt in vielerlei Hinsicht zutrifft. Zu hause wäre er allein, im Geschäft ist er täglich unter Menschen. Soziologen und Gerontologen weisen darauf hin, wie wichtig auch im zunehmenden Alter das Gespräch mit anderen Menschen ist. Dies trägt zur Verlängerung des Lebens bei, der 92-Jährige ist ein lebendes Beispiel dafür.

Einen Schicksalsgenossen hat er schräg gegenüber, den Schneidermeister, der bereits dreimal aus dem Ruhestand zurückgekehrt ist. Es gibt immer wieder Leute, die bei ihm maßgefertigte Jagdbekleidung bestellen. Nach dem Tod seiner Frau hat er beschlossen seinem Couchdasein im Wohnzimmer ade zu sagen. Sein neues, altes Wohnzimmer ist jetzt seine Schneiderei. Auf den ersten Blick möchte man sagen eine Bude, darin hunderte Schnittzeichnungen auf weißem Packpapier, die aus den offenen Wandregalen quellen. Am Boden Stapeln von Modezeitschriften aus den sechziger und siebziger Jahren. Auf einem Seil dümpeln halbfertige Kleidungsstücke vor sich hin, welche niemand geholt hat. Sein Leben hat sich hierher verlagert, sieben Tage die Woche. Auch sonntags sitzt er nachmittags an der Nähmaschine.