sehn:sucht I

Von den abendländischen Ungläubigen, die den Verlockungen der Werbung nachhecheln, droht das Weihnachtsfest ausgehöhlt zu werden, es ist aber auch vom islamistischen Terror bedroht. Die weihnachtlichen Sendungen wurden mit einem Untertitel, dass sie am 16. Dezember  aufgenommen wurden, gesendet. Produziert vor dem Terroranschlag am Berliner Weihnachtsmarkt.  Alle Aussagen der Zuweihnachtenmüssenwiretwassagenpolitikerreden  zur Befindlichkeit Deutschlands, bezogen sich auf die Zeit vor dem Anschlag. Dabei dreht sich derzeit die Diskussion um die bereits Radikalisierten. Welche Haltung werden jene einnehmen, deren Asylanträge in den nächsten Jahren abgelehnt werden, die keine Arbeit finden und keine Unterstützung mehr bekommen. Welches Echo finden die Fürbitten in der heiligen Messe, für die Flüchtlinge, die Regierenden, wobei doch nur geholfen werden kann, wenn wir helfen. Inzwischen wird man auf der anderen Seite vom Uka Gebirge und von den Karawanken jammern, dass auch dieses Jahr zu Weihnachten kein Schnee liegt. In Opatija sind wir über den Sonnenschein und über Temperaturen um die fünfzehn Grad plus froh. Wo die Weihnachtsstimmung bleibt? An Weihnachtsdekoration gibt es keinen Mangel, auf den Straßenlaternen sind Sterne, Lichterbäume und Kugeln angebracht. Über die Fahrbahn sind Lichterketten gespannt. In einigen Schaufenstern der Cafés und Boutiquen werden Krippen ausgestellt. Dem Weihnachtsmann begegnet man persönlich im Hotel und vor einem Ladeneingang dem Elektronischen.

Auf welche Art und Weise kann man die katholische Weihnachtsbotschaft zu fassen bekommen?  Das Übernatürliche ist für einen Menschen nicht greifbar und nicht zu erklären. Diejenigen, welche eine Erklärung haben, müssen beim Nachfragen eingestehen, dass ihre Erklärungen und Ausblicke in das Jenseits nichts anderes als Vermutungen sind. Jesus beruft sich nicht auf ein irdisches Fundament, ein von Menschenhand geschaffenes Fundament, wie wir es vom  Hausbauen kennen, sondern auf seinen Vater im Himmel. So bleibt beim Jenseitigen alles offen, wie zu Beginn eines Jahres für jeden alles offen ist. Dort die Eile, hier die Muße.

Tagebuch…

mundl:II

In den Wochen vor Silvester haben wir im Geschäft Feuerwerksraketen und Knallkörper verkauft. Nach der Ausstrahlung von Jahreswende, zwei oder drei Tage vor dem Silvester 1977, kam es zu einem überraschenden Nebeneffekt. Bis zu dieser Sendung dümpelte der Verkauf der Feuerwerksartikel vor sich hin. Nach der Sendung wurde das Geschäft gestürmt. Die Szene, wie Mundl seine Silvesterraketen abgefeuert hat, wollten ihm viele gleichtun.

In den nächsten Jahren kamen die Jugoslawen um Petardi, Deutsche Kracher, zu kaufen. Die Einfuhr und der Besitz von Knallkörpern war, in dem damals noch kommunistischen Jugoslawien, streng verboten. Zumeist waren es Gastarbeiter, welche zu Weihnachten nach Hause fuhren und die Petardi im Kofferraum versteckten. Die besten Kunden kauften einen Überkarton zu je fünfzig Packungen. Beliebte Schmugglerware waren auch Kaffee und Waschpulver.

In den achtziger Jahren kam es bei den Besucherströmen im Grenzgebiet Italien- Österreich zu einer Trendwende. Die Jahrzehnte vorher fuhren die Österreicher nach Italien um in den Märkten entlang der Staatsstraße, von Tarvis bis Udine, einzukaufen. Plötzlich entdeckten die Friulaner Kärnten. Zu dieser Zeit gab es zwischen Österreich und Italien noch die Personen- und Warenkontrolle. Um Weihnachten und Silvester kamen viele Bewohner aus dem oberitalienischen Raum nach Kärnten und besuchten die hiesigen Adventmärkte. Andere kamen zum Schifahren auf das  Dreiländereck.

Am Dreiländereckparkplatz steckten wir hinter die Scheibenwischer Flugzettel in italienischer Sprache, wo wir für die Silvesterraketen Werbung machten. Das Abfeuern und der Besitz von Raketen der Klasse II war in Italien verboten. Trotzdem blieben immer mehr Italiener nach dem Skifahren beim Geschäft stehen und deckten sich mit Feuerwerksartikel ein. Dabei legten sie Wert auf Raketen mit einer großen Steighöhe und schönem Bukett. Wer seine Gäste zu Silvester beeindrucken wollte, teilweise wurde in Berghütten gefeiert, tat dies mit einem privaten Feuerwerk. So wurde unser Geschäft bei den südlichen Nachbarn zu einem Geheimtipp für Feuerwerksartikel. Nach dem Beitritt Österreichs zur EU ging das Raketengeschäft zurück. Den Markt für Feuerwerkskörper mussten wir mit neuen Anbietern, wie Baumärkten und Direktverkäufer vor den Einkaufszentren, teilen.

Alles hat seine Zeit.

mundl:I

In einem Alt Wiener Caféhaus sehe ich auf einem Plakat die Ankündigung für ein Theaterstück, Orgien im Gemeindebau.  Dies dürfte ein Volksstück, ein Schwank sein? Als Nichtwiener denke ich an die Fernsehserie, Ein echter Wiener geht nicht unter. In der zweiten Hälfte der 70er Jahre waren die Folgen mit dem Mundl als Hauptdarsteller ein Aufreger, inzwischen hat die TV-Serie Kultstatus erlangt. Bei der Erstausstrahlung habe ich mich über die deftigen Ausdrücke schon ein wenig gewundert. Ob dies daherkam, dass wir in Kärnten zur Provinz zählten und für uns die Wiener die Gscherten oder Goscherten waren? So hat man sich gegenseitig mit Kosenamen verwöhnt. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden die Highlights der Serie öfters wiederholt. Die Folge, Jahreswende, gehört zu den Fixpunkten im österreichischen Silvesterprogramm.

Wie es damals der Fall war wurden die Männer, um den Hausfrauen in der Küche nicht im Wege zu stehen, am Silvestertag zum Friseur oder in ein Gemischtwarengeschäft geschickt. Zumeist gab es eine kleine Besorgung zu erledigen. So konnten die Frauen ungestört mit den Vorbereitungen für das Festessen beginnen. Dies war auch in den Landgemeinden üblich. Während des Vormittags waren in der Stadt und auch im Dorf vor allem Männer unterwegs. Im Friseursalon wurde den Herrn ein Glas Sekt oder ein Schnaps angeboten, es gab einen Grund zu feiern, Jahreswechsel. Auf offener Straße begegnete man seinen besten Freund und ging gemeinsam in eines der Gasthäuser oder zu einer Silvesterpunschhütte und stieß auf das neue Jahr an. Derweil bereitete die gute Seele von einer Ehefrau das Silvestermenü vor. Am späten Nachmittag meldete sich bei den meisten Ehemännern das schlechte Gewissen und mit einer Packung Leuchtraketen steuerte man, leicht schwankend, das Zuhause an. Angeheitert trafen sie in der Wohnung ein und ernteten einen strafenden Blick der Ehefrau. Es erschien nicht nur der Christbaum in einem schiefen Licht, auch der Haussegen geriet in Schieflage.

Bei der Fernsehserie kommt Herr Sackbauer, Mundl, am späten Nachmittag vom Friseur nach Hause, wo schon die ersten geladenen Gäste eintrudeln. Frau Sackbauer weiß nicht was sie zuerst tun soll, sich um den angeheiterten Ehemann kümmern, die Gäste begrüßen oder in der Küche weiter das Menü zubereiten. Zudem gibt es Turbulenzen bei den Kindern und Schwiegerkindern. Dramatisch wird es, als Mundl kurz vor Mitternacht seine Feuerwerkskörper vom Balkon aus abschießt. Diese zertrümmern die Fensterscheibe der gegenüberliegenden Wohnung und explodieren dort im Wohnzimmer. Polizei, Feuerwehr und Seitensprünge, bis das Geläute der Pummerin alle versöhnt.

Goldregen.