imbiss:verbot

Visavis vom Bahnhof erstreckt sich das große Einkaufszentrum Europapassagen, wo alle Güter der Welt zu finden sind. Darunter ein international tätiges Fastfood Restaurant, mit Tischen im Freien. Nach vielen Stunden des Umherlaufens ein willkommener Anblick,  um etwas zu bestellen und ein wenig auszuruhen. Nicht alle die hier ein Sandwich kaufen sind gleichermaßen willkommen. Ein älterer Herr mit gekraustem Haar, großen Lippen und dunkelbrauner, wenn nicht schwarzer Hautfarbe, wird von einer Abräumerin von seinem Platz auf der Bank „verscheucht“. Es könnte ein Sudanese sein, der schon einige Jahre in Hamburg verbracht hat. Das Vorgehen der Abräumerin kann ich nicht nachvollziehen. Er hat für sein Sandwich dasselbe Geld bezahlt wie ich und damit dasselbe Recht auf einen Sitzplatz. Ich war über das Vorgehen des Personals erbost, habe mich aber nicht in den Verweis eingemischt. Als er sich wieder dem kleinen Gastgarten genähert hat, habe ich ihm fünf Euro zugesteckt. Eine Entschädigung für mein schlechtes Gewissen? In den nobleren Geschäften, Cafés und Restaurant wird man nach dem äußeren Erscheinungsbild, der Kleidung, dem Auftreten und der Hautfarbe beurteilt. Kaum nach den Charaktereigenschaften.

Für den an Kultur- und Städtebau interessierten Besucher sind die Uhren, in den Schaufenstern der Alsterarkaden in Hamburg, unerschwinglich. Die deutschen Präzisionsuhren der Marke Glashütte  haben nach oben keine Preisgrenze. In den Auslagen  finden sich Modelle von dreißigtausend bis über hunderttausend Euro. Der Stolz, dass man eine Armbanduhr um dreihundert Euro trägt bleibt bei dieser Auswahl  auf der Strecke.

Aus dem Tagebuch…

werbe:verbot

Firmenwerbung, welche überregionale Aufmerksamkeit auf sich ziehen will, hat es heute schwerer, als etwa vor vierzig Jahren. Damals waren die goldenen Zeiten der Werbeprofis. Dazumal wurde über verschiedene Werbekampagnen mehr diskutiert, als über weltpolitische Ereignisse. Oder war es das goldene Zeitalter der friedlichen und wirtschaftlichen Koexistenz und haben uns die Krisen aus allen Teilen der Welt nicht im Sekundentakt erreicht? Wohl auch damit verbunden, dass man in den achtziger Jahren  an ein sozial friedliches, wirtschaftlich erfolgreiches Europa geglaubt hat. Damals konnten Plakatsujets wie ein küssendes Paar, Priester und Nonne, das abgenabelte Baby oder ein Popo mit einem HIV positiv Stempel mehr Reaktionen hervorrufen als eine Parlamentsdiskussion zum neuen Budgetvoranschlag. Benetton versuchte die Menschen für Veränderungen, für andere Lebensstile zu sensibleren, indem er auf vielen Plakaten mit andersfarbige Menschen um Verständnis warb. Schon früh zeigte Benetton, im November 2013, ein überaltertes, verrostetes Schiff auf dem sich viele Flüchtlinge befinden. Zugleich drängen noch viele Flüchtlinge auf das Schiff. Der Ort, wo das Schiff vor Anker liegt, ist nicht ersichtlich. Die Botschaft war klar. Die Menschen fliehen, weil es ihnen menschlich und wirtschaftlich schlecht geht, vor Krieg, Terror oder politischer Verfolgung.

Die Werbung von der Firma Saturn, geiz ist geil, Anfang des neuen Jahrtausends, brachte viele Polemiker, Psychologen und Soziologen auf den Plan. Man befürchtete eine moralische Beschädigung ganzer Gesellschaftsgruppen. Weniger gesellschaftskritisch äußert sich die McDonalds Werbung. Sie setzt mehr auf Wortspielereien, auf aktuelle Bezüge zu zeitgleichen Events. Wohl wissend, dass im Gastronomiebereich neben Coca Cola, McDonald zu den meist bekannten Marken zählt. So gibt es in Europa, je nach Größe der Stadt  mehrere McDonalds Imbissstuben. Zumeist in 1A Lagen, wo die Mietpreise für jeden kleinen Händler unerschwinglich sind.

Fußgängerzone.

warum:wie II

In eine Glaubensgemeinschaft mit vielen Geboten und Verboten hineingeboren zu sein, erscheint mir als ein Glaubenshindernis. Die Freiheit selbst über den Beitritt zu einer Religionsgemeinschaft zu entscheiden wäre eine Hinwendung zu Gott.

Der Ausspruch von Friedrich Nietzsche, Wer ein WARUM hat, wird mit jedem WIE fertig, zeigt uns eine Form an, wie wir unser Leben gestalten könnten. Egal ob es sich um ein Studium oder den Aufbau einer Firma handelt. Auch Häuslbauer mobilisieren für die Fertigstellung des Eigenheimes ihre ganzen Energien. Bei den Sportlern erbringen manche extreme Leistungen, der Antrieb dafür dürfte im Siegeswillen, im Streben nach Ruhm zu finden sein. Wobei das Warum nicht immer persönlicher Art sein muss, auf uns selbst gerichtet. Eine Plattform, um uns selbst zu verwirklichen und die eigenen Ziele zu erreichen. Meiner Meinung liegt die größere Kraft zum Durchhalten dann vor, wenn das Warum nicht sich selbst gilt, sondern etwas, was außerhalb seiner selbst liegt. Dazu nenne ich ein Beispiel: Die über achtzigjährige Mutter steckt ihre ganze Energie und Fürsorge in die Begleitung ihres beeinträchtigten Sohnes, der an die fünfzig Jahre alt ist.

Bei gemeinnützigen Organisationen wie Feuerwehr und Rettung setzen sich die vielen Freiwilligen bis zur Selbstaufgabe für andere ein. Bei Hochwasser oder Erdlawinen, bei Verkehrs- oder Sportunfällen, sie haben ein Warum, da werden sie mit jedem Wie fertig. Vor kurzem hat man in Kärnten über ein Alterslimit von fünfundsechzig Jahren, für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, diskutiert. Inzwischen hat man die Altersgrenze auf siebzig Jahre angehoben.

Samariter.

warum:wie I

In einem Fernsehbericht über das Karmeliterinnenkloster bei Innsbruck äußerten die Nonnen die feste Überzeugung, dass sie durch ihr Gebet sehr viel für die Menschen und die Weltgemeinschaft erreichen können. Der Orden ist dafür bekannt, dass sich die Klostergemeinschaft hauptsächlich dem Beten und Schweigen hingibt. Auf ihrer Webseite besteht die Möglichkeit für ein persönliches Anliegen ein Email an sie zu senden und um ihr Gebet zu bitten. Ob das Stellvertretergebet dieselbe Wirksamkeit entfaltet, als wenn man um das Anliegen persönlich betet? Im Laufe der Reportage haben verschiedene Klosterschwestern erzählt, warum sie den Weg in das Kloster gewählt haben. Einigen war die neue Freiheit hinter den Klostermauern wichtig. Sie müssen nicht am Treiben und Trubel der Welt teilnehmen, sie haben ein Ziel, sich mit Gott zu vereinen. Die Gewissheit, dass ER für sie da ist und für sie sorgt. Für die meisten heutigen Menschen würde ein einfaches Leben, keine Zerstreuung, kein Entertainment, keine digitale Vernetzung, einen Verzicht bedeuten. Für außenstehende Personen ist das keusche Leben der Nonnen schwer nachvollziehbar. Auf diesen Verzicht angesprochen hat eine junge Schwester mit einem Zitat von Friedrich Nietzsche geantwortet: Wer ein WARUM hat, wird mit jedem WIE fertig. Ohne Scheu hat die Novizin Nietzsche zitiert, der gesagt hat:Gott ist tot.

Alles was die Klosterfrauen gesagt haben klang sehr plausibel, manchem würde ich als Mensch mit einigen Jahrzehnten auf den Schultern, in Kärnten sagt man am Buckel, gleich zustimmen. Manches Mal habe ich selbst Sehnsucht nach Bedürfnislosigkeit, den Wunsch mich vom Trubel und dem Lärm der Welt abzukoppeln. Wahrscheinlich wächst dieses Bedürfnis bei vielen altersbedingt. Ehrlicher ist es, wenn man sich dafür in der Blüte des Lebens entscheidet, nicht aus Resignation, sondern aus ganzer Überzeugung. Der weiterverbreiteten Logik, sich im späteren Alter dem Religiösen zuzuwenden, begegne ich mit Skepsis. Dies erscheint mir wie ein Rettungsanker, an den man sich klammert. Dadurch erhoffen sich manche ein längeres irdisches Dasein und eine Verlängerung des Lebens im Jenseits.

Schwimmweste.

zu:frieden lll

Werden zwischen Pensionisten gute Wünsche ausgetauscht, so steht die Gesundheit an erster Stelle. Spielte mir das Unterbewusstsein  einen Streich, weil ich mich zuerst den Gefahren der Finanzkrise zugewandt habe? Wahrscheinlich aus dem einen Grund, weil ich über Jahrzehnte eine finanziell unsichere Existenz als Selbständiger Papierhändler geführt habe. Dabei war während dieser Zeit die eigene Gesundheit das Wichtigste. Der Fortbestand der Papierhandlung beruhte auf der Annahme, dass ich gesund bleibe. Ein längerer Arbeitsausfall wegen Krankheit wurde von mir nie angedacht und ist glücklicherweise auch ausgeblieben. Manche Korrekturen, die nur der körperlichen Schönheit geschuldet wären, habe ich bewusst unterlassen. So lebe ich schon über  fünfundzwanzig Jahren mit einem Nabelbruch. Dieser wurde erst nach Jahren von einem Internisten bei einer Routineuntersuchung entdeckt. Nach einer Operation hätte ich bestimmt über einen Zeitraum von sechs Monaten keine schweren Gegenstände heben dürfen. Ich spreche jetzt von Papierwaren und Schulbüchern von über zehn Kilogramm. Ich war ganzjährig mit dem Anliefern und Ausliefern von Papierwaren und Schulbüchern beschäftigt. Jeder kann für sich einmal das Gewicht von Papierwaren testen. Für diesen Test werden von mir zehn Pakete Kopierpapier oder zwanzig Stück Atlanten empfohlen. Dies in großem Umfang, weil die Hauptbelastung für diese Tätigkeit auf meinen Schultern gelandet ist. Wie hätte die Papierhandlung  meine operationsbedingte Auszeit verkraften können und in welchem Zeitraum wäre ich wieder belastbar gewesen? So lebe ich aus meiner Sicht mit einer dritten Brustwarze.

Eine leidvolle Erfahrung habe ich trotz alldem gemacht. Es ist einem glücklichen Umstand geschuldet oder verdanke ich es einem Engel an meiner Seite, dass ich dabei nicht geköpft wurde. Ein Lkwzug blockierte schlagartig die ganze Fahrbahn und mir wurde die Sicht durch herumfliegende Teile eines Wohnanhängers genommen. So prallte ich mit dem Auto ungebremst gegen die Vorderreifen des Lkw. Wäre ich weiter Links gewesen, hätte sich mein Auto unter die Ladefläche des Lkw geschoben und ich wäre im wahrsten Sinne des Wortes geköpft worden.

Schutzengel