kind:schlaf

Von manchen Fernsehdokumentationen und Besuchen im  Altersheim habe ich erfahren, dass man im fortgeschrittenen Alter, in einigen Fällen, wieder die Fürsorge wie für ein Kind braucht. Wegen fortschreitender Gebrechlichkeit und Krankheit gehunfähig oder bettlägerig wird. Gepflegt werden muss wie ein Kleinkind, gefahren im Rollstuhl, gefüttert und versorgt im Bett. Dies sind Zukunftsszenarien, die sich keiner der älter wird wünscht. Dagegen man sich wehrt, mit der  Schutzbehauptung, dies muss mir nicht zustoßen. Aktiv Gott bittet, dass einem dies nicht passiert und passiver, Gott möge dies mir ersparen. Wobei wir im vorhinein keine genauen Vorstellungen haben, wie die letzten Lebensjahre einmal sein werden. So, wie Neunzigjährige im Fernsehen gezeigt werden beim Schifahren und wie sie die Kirchglocke läuten. Fünfundsiebzig-jährige die gerade ein Studium abgeschlossen haben oder noch jeden Tag in der Hotelhalle die ankommenden Gäste begrüßen? So würden wir es wünschen, keinesfalls wie wir es bei einem Besuch in der Geriatrie im  Krankenhaus erleben, mit dahin dösenden Patienten in einem Bett mit Gitternetz. Im Spittal freut man sich über Patienten, welch einen guten Schmäh draufhaben, das ganze Zimmer unterhalten können und sich optimistisch geben.

In Rentnerheimen gleichen manche Tageszeiten der frühen Kindheit, dass nach dem Mittagessen ein Mittagsschläfchen ansteht. Dies weckt Erinnerungen an den Kindergarten, wo die Tante uns alle aufgefordert hat, sich auf eine Decke am Boden zu legen und zu schlafen. Keiner von uns durfte sich rühren, kein herumtollen mehr und die Vorhänge wurden zugezogen. Die Tante wachte mit Argusaugen darüber, dass alle Mucksmäuschenstill  waren. So geschieht es auch in manchen Seniorenwohnheimen, zum Mittagsnickerchen ist absolute Stille  angesagt. Kein Herumwandern in der Wohnung, kein Rascheln beim Umblättern der Zeitung, selbst der Hund wird angehalten sich an das  verordnete Silentium zu halten. Die einzige Ausnahme ist der Gang auf das Topferl, heute ist es das WC. Die Unterschiede zwischen Kindergartenzeit und Altersteilzeit werden nivelliert, im Leben wiederholt sich alles wieder.

Es besteht auch die Aussicht, dass sich beim Sterben der Geburtsvorgang wiederholt. Man wird in eine “andere Welt” hineingeborenen, von der wir noch nicht wissen, wie sie aussehen wird. Unmöglich, dies  mit unserem Wortschatz zu beschreiben, wir haben dafür keine Wörter, außer unsere Hoffnungen.

Der weite Horizont.

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Einen persönlichen Aspekt gewinnt die These von der Selbstbestimmtheit des Menschen, wenn in der Verwandtschaft ein Neunzigjähriger ankündigt, das Essen in Zukunft zu verweigern. Er ist mit verschiedenen Gebrechen behaftet und er sieht für ihn keinen Sinn darin, weiterzuleben. Sollen jetzt andere darüber entscheiden ob dieses  Vorhaben seinem persönlichem freiem Wille entspricht, sein geistiger Zustand ausreichend ist oder handelt es sich um eine depressive Verstimmung? Ist die geeignete Reaktion auf diese Ankündigung die Verabreichung von  Antidepressiva und eine künstliche Ernährung?  Nehmen wir die Selbstbestimmung des Menschen, seine Willensfreiheit wirklich ernst, dann müsste man dem Verwandten die Entscheidung über die Nahrungsaufnahme, ja oder nein, selbst überlassen. Außer, wir stellen die älteren Menschen auf die gleiche Stufe wie die Kinder im Straßenverkehr, dass sie nicht zurechnungsfähig sind. Für Kinder gilt der Vertrauengrundsatz  in der Straßenverkehrsordnung nicht.

In einem offenen Gespräch hat ein erfolgreicher österreichischer Bauunternehmer zu seinem runden Geburtstag davon gesprochen, dass er für sich die aktive Sterbehilfe in Anspruch nehmen will. Wenn er sterbenskrank ist oder ein Pflegefall wird,wenn nicht in Österreich, dann in der der Schweiz. Wie legt man den Zustand Sterbenskrank aus, schließt dies den baldigen Tod ein? Haben wir nicht mehr die Geduld auf den Tod zu warten? Wir haben heute keine Geduld um zu warten bis bei uns das Obst reif ist, sondern transportieren es aus allen Himmelrichtungen in unsere Supermärkte.

Es gibt mehr Fragezeichen als Antworten, weil jede Person, jeder Fall verschieden ist. Es wird dies eine der schwersten Entscheidungen sein, die wir im Diesseits treffen müssen. Wird uns diese Entscheidung erspart, könnte man dies als ein Geschenk Gottes betrachten, als das Erscheinen Gottes in unserem Leben.

Alles offen.

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Zu den Vorsorgeuntersuchungen zähle ich die Brustmammografie, eine Magen- und Darmspiegelung oder eine Prostatauntersuchung, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Der Impfkalender bietet auch für Ältere einiges, so wird ab einem gewissen Alter eine Impfung gegen Grippe und gegen Lungenentzündung empfohlen. Meist steht hinter diesen Maßnahmen ein Anreiz, dass Krankenkassen oder Versicherungsbeiträge reduziert werden. Wer aus guten Gründen dagegen ist kann dies ablehnen oder anderwärtig vorsorgen.

Eine weitere Schwierigkeit beim  Älterwerden ist, ob man sämtliche medizinischen Behandlungen zulässt, die manches Mal nur das Leiden und die Schmerzen verlängern und nicht heilen. Oder im Vorhinein bei einem  Organversagen lebenserhaltende und lebensverlängernde Maßnahmen ablehnt? Dies rechtzeitig durch eine Patientenverfügung festlegt. Darin befindet sich der Passus, dass man diese Anordnung bei guter geistiger Gesundheit freiwillig verfügt. Eine leichte, weil häufig auftretende Altersdepression wäre schon ein Ausschließungsgrund. Anhand von einigen Beispielen aus der Vorlesungsliteratur lässt sich darüber leicht diskutieren. Der größte Anteil der Studierenden ist Mitte zwanzig sind und für sie sind solche Lebenssituationen etwas abstraktes, in die sie nie kommen werden. Betroffener sehen dies die Seniorstudenten und dies merkt man auch an den Zwischenfragen. Noch konkreter wird dies, wenn über die Zulassung der Sterbehilfe in Österreich spekuliert wird.  Der freiwillige Wunsch bei Unheilbarkeit sterben zu dürfen. Darf der Betroffene selbst bestimmen, wann er davon Gebrauch machen will und anderseits, vielleicht wird ihm dies auch freundlichst nahegelegt.  Von den Erben des Sparbuches, der Wohnung, von der Solidargemeinschaft oder von Staatswegen wegen der hohen Pflegekosten.  

Zukunftshoffnung.

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In einer Lehrveranstaltung der AAU  beschäftigten wir uns damit, inwieweit sind wir als Menschen noch natürlich,  was ist in der heutigen Zivilisation noch natürlich. Wieweit hat der Mensch die Natur verändert und ist der Mensch Teil der Natur, dann ist letztendlich alles was der Mensch herstellt natürlich. Egal ob es sich dabei um Autos, Megacitystädte oder chemische Waffen handelt. Es gibt dabei den Aspekt, ob wir alles was uns möglich ist auch tun sollen oder uns beschränken sollten. Im Sinne von Giorgio Agamben der meint, dass die größte Freiheit des Menschen darin besteht, etwas nicht zu tun. Vertritt man die Position des Nichtstuns, dann sei dies nicht eine Form der Schwäche, sondern die größte Potenz die dem Menschen zur Verfügung steht. Beim  Aspekt des Nichtstuns kommt man schnell zum persönlichen Bereich, zum eigenen Körper. Muss ich mich dem medizinischen Zwang, den Empfehlungen für die Impfprogramme anschließen? Bei den Volksschulkindern stehen eine Reihe von Impfungen auf den Stundenplan, wozu die Zustimmung der Eltern einholt wird. Wer kann sich dem Kollektiv entziehen und eine Masern- oder Kinderlähmungsimpfung ablehnen. Dabei ist zu bedenken, dass man für ein drittes Wesen entscheidet, dass bei einer Erkrankung die Frage stellen könnte: Warum man der Impfung  nicht zugestimmt hat.

Anders ist die Situation als Erwachsener, dem verschiedene gesundheitliche Vorsorgemaßnahmen empfohlen werden. Ich meine Behandlungen, welche nicht durch einen akuten Krankheitsausbruch notwendig sind.

Eigennutzen.

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Wer akute Schmerzen hat und sich untersuchen lässt, kann in den meisten Fällen mit einer klaren Diagnose rechnen. Zumindest erwartet man sich nach einer Reihe von Untersuchungen einen genauen Befund und Behandlung. Ein großes Feld für viele Spekulationen eröffnet eine Vorsorgeuntersuchung.  Im besten Vertrauen begibt man sich in die Ordination von Fachärzten.  Bei einer Vorsorgeuntersuchung werden auch mögliche Krankheitsbilder, von denen niemand genau sagen kann ob sie akut werden können, angezeigt und mitgeteilt. Es ist wie in der Genforschung, wo man sagt, dies und jenes Gen könnte später eine Krankheit verursachen. Ist dies jetzt ein medizinischer Fortschritt oder sehen die meisten Menschen dies als Belastung für die nächsten Jahre?  Wüssten wir, was uns in den kommenden Jahren erwartet, so würden dies die Meisten nicht als Glück sondern als Unglück empfinden. Es kann schnell vorkommen, dass im Kopf immer wieder die Frage auftaucht, wie wird sich dieses Gen entwickeln?  Für was wird es sich entscheiden, für Stillhalten, für die guten oder die schlechten  Eigenschaften?

Ein Ausweg ist, die immer wieder auftauchenden Fragen zu personalisieren, den einzelnen Fragen einen Namen zu geben, Michael, Fritz,  Fina, Hanna usw.  Die Fragen gerecht zwischen männlichen und weiblichen Vornamen aufzuteilen, im Sinne der Gleichberechtigung. Es könnten auftretende Fragen auch geschlechtslos oder beiderlei Geschlechts sein.  Ich zähle nicht zu jenen, die über die Information von vermeintlichen Risiken glücklich ist. Glück ist für mich anders. Es ist schlimm, dass im finanziellen Bereich spekuliert wird, noch schlimmer finde ich es, dass bei den Diagnosen spekuliert wird.

Genforschung.