ANT:wort

Kaum ein anderes Verkehrsmittel verbindet so viele Vorteile, ein großes Platzangebot und komfortable Sitze in den Waggons, wie die Eisenbahn. Die Bahnhöfe befinden sich zentral in der Stadt und es gibt Anschlüsse an die anderen öffentlichen Verkehrsmittel. In den Großstädten kann man vom Zug in die U-Bahn umsteigen und in Bahnhofsnähe befinden sich mehrere Hotels. Beim Kauf einer Fahrkarte ist es möglich eine Unterkunft mitzubuchen. Für die Zugreisenden gibt es keinen Megastau wie wir es vom Autoverkehr kennen. Als Lenker muss man beim Autofahren auf den Verkehr achten und nimmt die Landschaft, die Orte, durch die man fährt nur eingeschränkt wahr. Als Bahnfahrer kann man seine Aufmerksamkeit der Landschaft widmen. Ist die Sicht, wie  hier auf den Semmering, durch Nebel eingeschränkt, dann kann man sich der spätherbstlich gestimmten Innenwelt zuwenden.

Der Zug hat die Ebene des Wiener Beckens erreicht und fährt Richtung Wiener Neustadt. In den Ortschaften, rechts und links der Bahnstrecke, leben und arbeiten Menschen aus den unterschiedlichsten Motivationen. Durch die räumliche Trennung, ich im Zugabteil und die Anderen im Freien, stellt sich für mich die Frage: Warum und wozu nehmen wir uns die  Mühen im Alltag, der unterschiedlichsten Art, auf uns? Ich kenne für mich keine zufriedenstellende Antwort und werde sie wahrscheinlich auch nicht in einem der vielen  Bücher auf der Buchmesse in Wien  finden.

Antworten. 

VER:ständigung

Wie breit soll die Basis der Verständigung zwischen einem Übergeber und einem Übernehmer bei einer Betriebsübergabe sein?  Was und wie viel soll man voneinander wissen. Manches wird durch die Öffentlichkeit zugetragen und mit manchen Informationen wird man überrascht. Wie soll man sich austauschen, wenn sich der Anrufbeantworter mit der Ansage meldet: „Hinterlassen sie nach dem Signalton eine Nachricht“. So werkt auf der Baustelle jeder auf seiner Seite, nach seiner Sicht, an der Betriebsübergabe. Zum Schluß soll ein gemeinsames Haus entstehen.

Es ist wie auf einer Brücke, wo jeder von einer anderen Seite kommt, um sich in der Mitte zu treffen. Der eine bewegt sich unter der Brücke, der andere im Schatten des Brückengeländers, um unerwartet den anderen damit zu überraschen, wie weit man schon vorgedrungen ist. Man bewegt sich durch gegenseitige Zurufe aufeinander zu.   

Ein Weg.

VER:spannt

Schnell kann eine fordernde Arbeitssituation zu Verspannungen führen, dies habe ich beim Saisongeschäft gespürt. Die andauernde einseitige Haltung und Bewegungen, das Verharren in einer nach vorne geneigten Position haben im Bereich der Schultern zu Schmerzen geführt. Die Tage sind geschäftlich gut verlaufen, aber auch die Befürchtungen, dass etwas passieren könnte, führen zu Verspannungen. Obwohl alles zufrieden erledigt, halten die Spannungen an. Bei der Entspannung im Liegestuhl lösen diese noch Beschwerden aus. Niemand kann von sich sagen, dass sein Leben beschwerdefrei sein wird und das man immer einsatzbereit sein wird. Genau diese Anforderung stellt man an Kleinunternehmer. Eigentlich  müssten diese um Jahre früher in Pension gehen, weil sie wenig bis keine Arbeitszeit durch Krankenstand, Stempeln oder Urlaub verloren haben, dafür müsste es einen Bonus geben. Die Wirklichkeit ist, dass viele um einige Jahre länger arbeiten.

Überstundenabbau.

PARA:dies II

Eine der Ambitionen die wir Österreicher haben, wenn wir nicht mehr ganz jung sind, ist die Aussicht auf die Pension. Es ist noch nicht lange her, da hat man sich vor der Auswahl des Arbeitsplatzes darüber Gedanken gemacht, nach wie vielen Jahren kann ich bei diesem Job und bei dieser Firma in Pension gehen. Auch nach dem Kriterium wie sicher ist der Arbeitsplatz. Bei staatlichen Unternehmen hat man ab dem ersten Arbeitstag gewusst, an welchen Tag man in Pension gehen kann. Trotz des geringeren Anfangsgehalts im öffentlichen Bereich, hat man sich gerade wegen dieser Pensionsaussichten um eine Anstellung beworben.

Steuert man auf die Pension zu dann hört man schon Jahre vorher von Freunden, dass man sich darauf freuen soll. Es wird vorgeschwärmt was man alles machen kann. Im engsten Familienkreis wird davon gesprochen, dass sich vieles bessern wird, wenn der Tag der Pension da ist. Selbst denkt man auch daran, dass man seinen Leidenschaften und seinen Hobbys nachgehen kann, die im Arbeitsalltag zu kurz gekommen sind.

Im Vorfeld werden die Schwierigkeiten der Umstellungsphase, von der Berufswelt in die Pensionswelt, unterschätzt.  Es kann sich auch nach Monaten das Pensionsparadies nicht einstellen. Es ist niemand in der Nähe der sagt: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein“,  im irdischen Paradies. Dabei werden Dinge, die sich angenehm von der Berufsphase unterscheiden, übersehen: Die tägliche Verpflichtung zur Arbeit, die Forderungen der Kunden und des Arbeitgeber voll zu erfüllen.

Die Altersweisheit und die Dankbarkeit an den Schöpfer lassen auf sich warten. Ohne Arbeitsleistung wird eine wertbeständige Pension ausbezahlt.

 Paradiesverdächtig.

PARA:dies

In verschiedenen Lebenssituationen beneidet man den Schächer der mit Jesus am Kreuz hingerichtet wurde. Ihm hat Jesus versprochen: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein“. Hinzufügen muss man, dass diesem Versprechen der Tod vorausgegangen ist. Auch wir kommen in Situationen, von denen es im vornhinein geheißen hat, das wird das Paradies sein. Die Prospekte der Reiseveranstalter versprechen uns für die Urlaubswochen einen Aufenthalt wie im Paradies. Für den Urlaub den man zu zweit verbringt erhofft man sich dies erst recht, auch dann, wenn es zuhause Probleme gegeben hat. Paare erzählen, dass es auch dann im Urlaub Unstimmigkeiten gegeben hat, obwohl man zu Hause  miteinander gut zusammen gelebt hat. Eine andere Paradiesvorstellung ist ein Arbeitsplatz, der einem Spass macht. Er soll an einem Ort mit einer schönen Umgebung, an einem See oder an einem interessanten Ort, wie in der Innenstadt, gelegen sein.  Plätze, wo durch den ständigen Wechsel von  Menschen die Welt ins Haus kommt. Schöne Plätze haben oft nichts mit dem Paradies zu tun, meistens befindet sich das Paradies dort, wo wir nicht sind, auf der gegenüberliegenden Seite.

Der Bezug einer neuen Wohnung ist der Einzug in ein Paradies, bis es mit den Nachbarn zu Meinungsverschiedenheiten kommt. Schon bei der Frage der Belüftung des Stiegenhauses oder ob es im Stiegenhaus Blumen geben darf, kann das gute Einverständnis scheitern. Verschiedene Meinungen können zu einem Glaubenskrieg ausarten. Man hat den Eindruck, dass die Menschen darauf drängen aus dem Paradies vertrieben zu werden. Den Frieden im Paradies gegen die Wirrnisse der Wildnis tauschen. In uns steckt ein Stück Steinzeitmensch, dessen Reflexe auf Angriff ausgerichtet sind, von Harmonie war damals noch keine Rede. So laufen wir in vielen Bereichen, sei es in der Freizeit, im Beruf und im Alltagsleben dem Paradies hinterher. Auf die Idee, dass das Paradies in uns selbst liegt, in unserer Ausgeglichenheit und Zufriedenheit, kommen die wenigsten.

Klosterregeln.