corona:party

Im Dschungel vieler guter Ratschläge bleibt die zentrale Erkenntnis, dass der Mensch sehr vergesslich ist, unberücksichtigt.  Wer zu sich ehrlich ist, erinnert sich bestimmt an eine kritische Lebenssituation, wo er gute Vorsätze für danach gefasst hat. Als die Gefahr vorüber war, wurden die guten Vorsätze schnell vergessen.

Ich wundere mich über die vielen Aussagen der Weltverbesserer, welche jetzt Hochkonjunktur haben. Sie erwarten eine geläuterte Menschheit, wenn die Coronavirus Pandemie vorbei sein wird. Eine Staatengemeinschaft die sich in zukünftigen Notzeiten gegenseitig unterstützt, eine Bevölkerung welche sich massiv dem Umweltschutz verschreibt und viele Menschen die ihren Alltag Entschleunigen werden. Die momentane Krisensituation bedingt ein klimafreundliches Verhalten und eine Zwangs- entschleunigung des Alltags. Wer etwas gegen die Erderwärmung beitragen und seinen Alltag entschleunigen will, der braucht keine Pandemie, sondern macht dies freiwillig. Eine gewisse Ähnlichkeit haben die Appelle der Weltverbesserer mit früheren Argumenten der christlichen Kirchen. Damals wurden Seuchen und Naturkatastrophen zur Strafe Gottes für das sündige Verhalten der Gläubigen erklärt und zu Umkehr und Buße aufgerufen.

Ich erinnere mich noch genau an das Erdbeben in Friaul im Mai 1976, welches wir in Südkärnten stark gespürt haben. Nach dem ersten Schock und der Betroffenheit über tausend Tote in Friaul waren an den darauffolgenden Wochenenden die Gasthäuser und die Tanzlokale in Kärnten gerammelt voll. Jeder versuchte vom Leben etwas zu erhaschen, bevor es zu spät sein könnte. Genauso wird die Weltenparty weitergehen, wenn die Corona Pandemie vorbei sein wird.

covid-19/31

corona:segen

Den Senioren wurde in den ersten Wochen der Coronakrise vom persönlichen Einkaufen abgeraten, es wurde empfohlen das Service der Gemeinde oder Nachbarschaftshilfe in Anspruch zu nehmen. Damit wurde ein Vergnügen des Alters gestrichen, soweit als möglich die nötigen Lebensmittel im Supermarkt selbst zu besorgen. Heikel wurde es, wenn es bei der Nachbarschaftshilfe darum gegangen ist, für die Wohnungskatze oder das Meerschweinchen Futter zu besorgen. Die Auswahl der Tiernahrung hat beim Einkaufen die höhere Priorität als die der Nahrungsmittel. Eingestellt wurde auch das Gedächtnistraining für Senioren, der fixe Termin bei der Fußpflege abgesagt. Für Rentner sind dies Termine mit Bedeutung, welche von der arbeitenden Bevölkerung im Vorübergehen erledigt werden. Für Senioren sind es Stützen ihres sozialen Umfeldes und tragen zu ihren menschlichen Kontakten bei. Zuhause Fernsehen und Zeitunglesen geht immer, neuerdings die teilweise von den Senioren geschmähte Technik am Smartphone. In den ersten Tagen der Krise wurde schnell die WhatsApp installiert, um so den Kontakt zu den Kindern und Enkelkinder fortzuführen. Ich konnte mitverfolgen, wie viel Zugespieltes weitergeleitet wurde, der persönliche Alltag war bei den Posts nicht so präsent. Die Comics zu den Hamsterkäufen beim Klopapier haben inzwischen Kultstatus. Zumeist endeten die Telefongespräche mit dem Wunsch, dass man sich bald beim Gymnastikklub, beim Spielenachmittag sehen möchte. In der Anfangszeit der Pandemie dachte man an einen Zeitraum von einem Monat oder kürzer.

Es ist wahrscheinlich, dass abseits des allgemeinen Stimmungsbildes für manche die stille Zeit des Corona Lockdown ein Segen war. In diesem Jahr können die Monate März und April als die stille Zeit genannt werden, bestimmt nicht die kommende Stille Zeit, die Advent- und Weihnachtszeit. Diese wird sich von der Hektik der vergangenen Jahre nicht unterscheiden, wie es viele erwarten. Als die Stille Zeit wird man die acht Wochen des österreichischen Lockdowns bezeichnen. Es war so ruhig auf den Straßen und in der Luft. Ich hatte das Gefühl, es waren dieses Frühjahr dreimal so viele Singvögel in den umliegenden Gärten als an anderen Jahren. Umso vieles lauter und intensiver haben die Vögel gesungen. Etwas von der verordneten stillen Zeit des Frühjahrs, wünsche ich mir für die kommende Adventszeit.

covid – 19/30

corona:sperre

Jetzt melden sich auffallend ältere Leute zu Wort und beschweren sich darüber, dass man sie während der Corona Epidemie weggesperrt hat. Damit hoffte man, für sie eine Ansteckung zu vermeiden. Nach ein paar Wochen Isolation spürten sie, dass ihnen der Rhythmus des Alltags abhanden gekommen war. In der Pension versucht man einigen Tätigkeiten nachzugehen, soweit die körperliche Gesundheit es zulässt. Einmal wöchentlich zur Gymnastik, einen Spielnachmittag, an einen fixen Wochentag zum Schwimmen. Den Seniorentag in der Therme Warmbad Villach zu genießen, um zwanzig Euro gibt es einen Tageseintritt und einen Mittagsteller. Bei der Ausgabe vom Mittagsteller erlebte ich die Fürsorge der jungen Buffetkräfte. Sie richten den Senioren einen reichlichen Mittagsteller an, so wie es die Meisten von ihnen aus ihrer Familie kennen. Man achtet bei Oma und dem Opa darauf, dass sie reichlich zu Essen haben. Dies trifft auch bei Feiern zu, wird ein höherer runder Geburtstag gefeiert.

Selten werden von dem Durchschnittsbürger Geburtstage in einem Nobelrestaurant gefeiert, wo am Teller ein abstraktes Kunstwerk serviert wird, die eigentliche Essensportion aber klein ist. Bei älteren Leuten hinterlässt dies einen herben Nachgeschmack, sie haben noch Hunger. Vorsorglich wählt man eine traditionelle bürgerliche Gaststätte, von der man weiß, es gibt Hausmannkost und eine gscheite Portion. Bei der Geburtstagsfeier passiert folgendes, zuerst beklagen sich die Älteren lautstark, steht der Schweinsbraten oder das Wienerschnitzel am Tisch, es sei zu viel und zu guter Letzt bleibt am Teller nichts übrig.

covid – 19/29

corona:risiko

Während der Corona Krise gab es für viele Menschen Einschränkungen. Ich muss die umfangreichen Seiten des Lockdowns nicht ausführlich anführen, besonders betroffen waren in den ersten eineinhalb Monaten Berufstätige, Schüler und fast alle Betriebe, quer durch den Handel, das Gastgewerbe und das Dienstleistungsgewerbe. Aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis könnte ich einige Beispiele anführen, dies würde bedeuten, dass ich Erzähltes wiedergebe. Nichts, was ich am eigenen Leib in meinem Alltag gespürt und erlebt habe. Wiedergegeben aus einer gesicherten Position, als Rentner. Was mir, im Falle einer Ansteckung zum Verhängnis hätte werden können, dass ich zur Risikogruppe zähle. Nach derzeitigem Stand nicht zur Hochrisikogruppe, ich habe keine gravierenden Vorerkrankungen. Bei den schockierenden Meldungen, die in den ersten Wochen durch Zeitungen, Fernsehen und anderen Medien verbreitet wurden, war dies eine moralische Stütze. In den Medien wurde auch immer wieder von pumperlgesunden jungen Menschen berichtet, welche schwer am Virus erkrankt sind. Mit der Absicht verbreitet um sicherzustellen, dass sich niemand in Sicherheit wiegt und von den Vorschriften und gesetzlichen Maßnahmen leichtfertig abweicht.

Frei nach dem Bibelwort: Seid wachsam, es weiß niemand wann der Bräutigam kommt, damit ist auch der Tod gemeint. Zum anderem überlegte ich mir, wer weiß von sich, ob er ein intaktes und ein starkes Immunsystem hat. Dies erlebt man erst im Anlassfall.

covid-19/28

corona:zeit

Zur vielzitierten Krise und der schrittweisen Normalität ist es eine Überlegung wert, wie vieles durch das Coronavirus aus der Wahrnehmung verschwunden ist. Vor der Corona Krise gab es Jahr für Jahr eine wochenweise Diskussion über den Sinn und den Unsinn der Zeitumstellung, von der Normalzeit auf die Sommerzeit. Dazu war man mit den Meinungen von Schlafforscher, Mediziner, Psychologen, Landwirten und Wirtschaftsexperten konfrontiert. Dieses Jahr gab es zur Zeitumstellung in den Medien nur einen kurzen Hinweis. Keinerlei Expertenmeinung zu Risiken und Nebenwirkungen für die Menschen, Heimtiere und Nutztiere. Speziell die Kühe, wie lange brauchen sie bis sie sich an die Sommerzeit gewöhnt haben und geben sie weniger Milch? Erst die Schulkinder, lässt der Lerneifer nach und müssen sie durch die Zeitumstellung mit schlechteren Noten rechnen? Der Ausbruch der Coronaepedemie hat all diese Spekulationen aus der Angel gehoben.

Die Geschäfte haben wieder geöffnet und nach vier Wochen Shopping Abstinenz stellt man fest, dass viele Wünsche, die vor der Krise vorhanden waren, vergessen sind. Der Wunsch nach einer neuen Lampe, Couch oder Matratze ist bedeutungslos geworden. Plötzlich entdeckt man, dass diese Dinge noch Jahre ihren Dienst versehen werden und dies keinerlei Einschränkung der Lebensqualität bedeutet. Manches ist für den Alltag weniger notwendig als man es gewohnt war, der Besuch eines Caféhauses, des Lesesaal oder des Rückenstudio. Von allen Wünschen und Bedürfnissen geblieben ist der Wunsch, gesund zu bleiben. Aus dem Tagebuch…

covid-19/27