aus:dauer

Anerkennung bei den Nachbarn findet ein Rentner, wenn er in seiner Pension den Rasen mäht und das Gemüse im Garten betreut. Den Enkel in die Schule begleitet und die reifen Zwetschken pflückt. Es folgt die sich über mehrere Tage dauernde Autopflege und die Frau mit dem Sportwagen regelmäßig zum Einkaufen in den Supermarkt fahren. Den Einkauf erledigt die Gattin, weil selbst bereitet es einem ob des Alters Mühe aus der tollen Limousine auszusteigen. Die eigene Beweglichkeit hält mit dem eleganten Äußerem des Autos nicht  Schritt.

Anderseits kann es Freude bereiten,abseits von Pensionistenträumen, eine Kunstausstellung zu besuchen. Es ist die reine Freude am Schauen, von den kreativen Ideen überrascht sein. Von der Fülle der Ausstellungstücke bleibt zumeist ein kleiner Teil in der Erinnerung haften. Für zu Hause gibt es Fotos als Notnagel, die an die Sinnlichkeit der Originale nicht herankommen. So stellt sich bei einem von vielen als sinnlos eingestuften Ausflug Freude ein. In drei oder fünf Jahren kann dies körperlich, zeitlich oder finanziell nicht mehr möglich sein. Der Partner muss nicht dieselben Interessen teilen oder die Zeit und die Temperaturen erlauben es nicht. Es kommt zu Eigeninitiativen, welche man sonst nicht gewöhnt ist. Wie ratlos zeigt sich dabei die Ratgeberliteratur. Das Festhalten und Ausarbeiten der täglichen Beobachtungen bereitet mir Freude, davor stehen das Bemühen und Durchhalten.

Der Augenblick.

schnitzel:jagd ll

In den schmalen Gassen von der Lagunenstadt herrscht ein ununterbrochenes Gedränge und ein schnelleres Vorwärtskommen ist ausgeschlossen. Paketzusteller müssen sich ihren Durchgang erkämpfen. Ein  Hindernis in den engen Gassen und auf den vielen Brücken sind die Radfahrer. Es muss für sie ein besonderes Erlebnis sein, Venedig mit dem Fahrrad zu erkunden, etwas für Unerschrockene.

Bei der Fahrt mit dem Intercitybus von Villach nach Venedig bin ich mit einer Gruppe von Fachschülern aus dem Lungau in das Gespräch gekommen. Sie werden die Stadt auf ihre Art erkunden, unter dem Motto „Schnitzeljagd“. Aufgeteilt in kleinen Gruppen müssen sie verschiedene Sehenswürdigkeiten in Venedig ansteuern und zum Beweis mit dem Handy ein Foto machen. Für die erfolgreichste Gruppe gibt es am Abend Schnitzel oder doch eine Pizza, dies ist noch offen. Abends wird es in Gassen noch quirliger, die Museen, Kirchen und Palazzi haben bereits geschlossen. Jetzt sieht man erstmals ältere Venezianer, die sich mit den Touristen treiben lassen und sich die Zeit nehmen in einer Bar einen Aperolspritzer oder ein Glas Wein zu genießen. Auf dem Arm tragen sie kleine Hunde, die nicht müde werden die vorbeiströmenden Menschen anzubellen. In der Dämmerung tauchen auf den Plätzen afrikanische Straßenhändler auf, welche auf dem Asphalt ein Stück Tuch ausbreiten und darauf ihre Handtaschen stellen. Wirft Frau einen Blick dahin, wird sie den Straßenhändler die nächsten dreihundert Meter nicht mehr los. Unangenehm, das Angenehme dabei, der Preis wird alle fünfzig Meter billiger. Gesehen auch Quallen, die sich platt auf den Boden drücken und wieder die ursprüngliche Form annehmen. Besonders aufgefallen sind die, in verschiedenen Farben leuchtenden Fallschirme, welche vom Himmel schweben. In Windeseile ist der Zauber der Straßenhändler verflogen, taucht in der Gasse ein Carabineri auf.

Rialtobrücke.

schnitzel:jagd l

Wer das erste Mal Venedig besucht wird andere Prioritäten setzen als jemand, der schon einige Male in Venedig war. Es gibt die verschiedensten Gründe für eine Venedigreise. Kommt man mit dem Zug nach Venedig und verlässt den Bahnhof, dann blickt man auf den Canale Grande. Man wundert sich darüber, wie breit und wie stark befahren der Canal ist. Mit Frühlingsbeginn strömen täglich tausende Menschen nach Venedig und alle wollen befördert werden. Dieses Jahr wurden neue Vaprettos  in Betrieb genommen. Sie sind zweifärbig gestrichen, ein dunkleres und ein helleres Grün. Neu sind auch Passagierschiffe mit Elektroantrieb.

Der erste Weg in Venedig führte mich zum Postamt, welches in einer kleinen Seitengasse, in der von mir so bezeichneten Bahnhofsstraße, versteckt ist. Um ein paar Briefmarken zu besorgen muss ich eine Nummer ziehen und mich in der Reihe anstellen. Man kann zwar an allen Ecken und Enden, in jedem der vielen kleinen Geschäfte in der Bahnhofstraße, weiteres bei den mobilen Verkaufsständen, Ansichtskarten erwerben, aber nirgendwo gibt es die Briefmarken dazu. Ich habe Touristen beobachtet, dass sie die ausgesuchten Postkarten wieder hingelegt haben, nachdem sie erfahren haben, dass dazu keine Briefmarken verkauft werden. Briefmarken sind nur bei der Post erhältlich. Der Verkauf von Ansichtskarten ist, wo das Handy bei jeder verzierten Türschnalle für ein Foto gezückt wird,  kein Geschäft mehr, noch weniger der Verkauf von Briefmarken. Die Post gewährt für den Verkauf von Briefmarken drei Prozent Wiederverkaufsrabatt. Es ist von Vorteil, sich mit kleinen Euroscheinen einzudecken. Man erntet nur Kopfschütteln, versucht man einen Betrag von zehn Euro mit einem Hunderteuroschein zu bezahlen. Auch die Kassiererinnen vom Billamarkt weigern sich den Schein anzunehmen. Mit einigen Euromünzen in der Hosentasche hat man einen Triumpf  in der Hand. Ein Euro kostet die Benützung eines öffentlichen WC, und um einem Euro kann man aus einer Fülle von Mitbringsel wählen. Entlang der Hauptgehwege finden sich überraschend in regelmäßigen Abständen die „Ein Euro Shops“.

Zufallstreffer.

kunden:falle ll

Von den Jahreszeiten und Jahresfesten wird man in den verschiedenen Branchen, egal ob Textilbranche, Sport- und Buchhandel,  Blumen- und Schuhgeschäft, angetrieben. Hier spricht man vom Saisongeschäft, man denke an die Eisdielen im Sommer und den Maronibratern im Winter. Bei den zwei Letzteren ist man großen Verkaufsanstrengungen ausgesetzt, hat man nicht ein diametrales Geschäft in einer anderen Jahreszeit. Wie bei einem Hamster, man sitzt im Käfig und wird von den saisonalen Produkten angetrieben, es gibt kein Entrinnen. Privat ist man es oft überdrüssig den Zeilenwechsel mitzumachen, bis zum Überdruss hat man diesen beim Verkauf im Geschäft erlebt. Wer in einem Einkaufszentrum von September bis Dezember arbeitet und täglich sechs Stunden lang Weihnachtslieder hört, will am Weihnachtsabend kein „ Stille Nacht, heilige Nacht“ mehr hören.Diese Dauerberieselung kann eine „Stille Nacht, heilige Nacht Allergie“ auslösen. Mit allen möglichen Folgen, gerade wenn sich die Familie unter dem Christbaum versammelt hat. Bei einer Geburtstagsfeier mit einem Eisdessert als Nachtisch wird es denen ähnlich ergehen, die täglich in der Eisdiele stehen.

Erträglich wird die Arbeit ist eine Saison vorbei, die Artikel verräumt werden.Im Alltag sieht es so aus, dass die Artikel von zwei oder drei Saisonen gleichzeitig präsentiert und verkauft werden. Das mehrdimensionale Saisongeschäft: Halloween, Krampus, Nikolo, Weihnachten und Silvester, alles gleichzeitig. Wer viele verschiedene Speisen gleichzeitig isst, verdirbt sich den Magen. Wir verderben uns mit dem Trend, alle Feste gleichzeitig, das Gemüt.

Stillenachtallergie.

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Alle Handwerksbetriebe, sei es Spengler, Installateur, Automechaniker oder Konditor, haben im Jahresverlauf eine ganz unterschiedliche Anzahl von Aufträgen zu bewältigen. Der Idealfall wäre, eine gleichmäßige Auslastung das ganze Jahr über, dies ist ein Wunschdenken. Bei einer Anhäufung von Aufträgen kann es für den Chef, den Werkstattmeister und die Bürokraft zu Stresssituationen kommen. Genauso wie für den  Arbeiter vor Ort, auf der Baustelle oder in der Backstube. Oft wird gerade in dieser Zeit zusätzlich jemand krank oder es kommt zu Schwierigkeiten bei der Durchführung der Arbeit. Nicht selten gibt es von Kundenseite massiven Druck, wenn man nicht rechtzeitig vor Ort ist und nicht termingemäß fertig wird. Diese Situationen werden dadurch verschärft, dass man mit dem Handy überall erreichbar ist und dadurch oftmals der Arbeitsfluss gestört wird. Wer nicht ständig erreichbar ist befürchtet, dass er den Einen und den anderen Auftrag versäumen könnte. So schaukeln wir uns gegenseitig hoch und üben gegenseitig Druck aus. Wir wundern uns dann, wenn es zu Leidenszuständen kommt.

Nur am Festnetz und während der Geschäftszeiten war ich bis zu meiner Pensionierung erreichbar. Zur Abstimmung der Termine mit der Frau braucht es jetzt in der Pension ein Handy. Von vornherein bemesse ich die Zeiten für die Aufgaben großzügig ein.

Handyklingelton.