therme:neu

Am Kirchenplatz und im Wirtshaus in den Dörfern am Land hört man oft den Satz: „Die Kinder und Narren sagen die Wahrheit“. In der Umgangssprache:“ Die Gschroppn und de Deppn sogn de Woahrhat“. Wo und wie oft man dies in der Stadt hört weiß ich nicht, weil ich am Stadtrand lebe. Eine Ausnahme ist, wenn ich einmal am Hauptplatz der Draustadt, die ja dörflichen Charakter hat, spazieren gehe.  Dass Kinder die Wahrheit sagen habe ich im Geschäft einige Male erlebt. Es hat Kunden gegeben die einen Schreibartikel umtauschen wollten, wobei ich von der Marke her feststellen konnte, dass dieser Artikel nicht in unserem Geschäft gekauft wurde. Meistens beharrte die Kundschaft darauf, obwohl sie darauf hingewiesen wurde, dass wir diese Marke nicht führen. Dabei ist es manchmal zu einem grotesken Wortwechsel gekommen, bis die Kinder nicht länger geschwiegen haben und die Mama darauf aufmerksam gemacht haben, dass sie das Federpenal in der Stadt gekauft haben. Damit hat sich der Umtausch, der Ersatz oder die Reklamation erledigt.

Denkt man an ein Bad in einem Thermalwasserbecken, dann wünscht man sich eine Wassertemperatur von etwa dreißig bis fünfunddreißig Grad. Anderes erlebt man, wenn man in das Ursprungsbecken einer Therme steigt. Dort kostet es einige Überwindung, dass man sich in die kühlen Fluten stürzt. Manche begnügen sich damit, dass sie bis zu den Knien in das Wasser steigen und sich dann frösteln abwenden und zum wärmeren Ozonbecken gehen. Von denen, die sich schon im Ursprungsbecken befinden, werden diese milde belächelt und wohl auch für Feiglinge oder Schwächlinge gehalten. Niemand wagt zu sagen, dass an manchen Tagen das Wasser einfach zu kalt ist. Eine Ausnahme bildete ein, in der Entwicklung zurückgebliebener jungen Mann.  Als er in das Wasser stieg rief er seiner Begleitperson lauthals zurief: „Hier ist es aber kalt“.

Frühling.

 

sechzig:jahre

Was denkt ein Neunzigjähriger über das Alter, wenn er zur Feier eines Sechzigjährigen eingeladen wird? Sein äußeres Erscheinungsbild ist tadellos, Anzug mit Krawatte und mit voller Aufmerksamkeit folgt er den Gesprächen am Tisch. Die meisten anderen Gäste werden ihm jung vorkommen. Er erhebt sich jedes Mal vom Stuhl, wenn er eine  Dame begrüßt. Der Großteil der Eingeladenen ist zwischen fünfzig und siebzig Jahre alt. Er spricht von ihnen, als von den Jungen. 

Junge Alte.

pension:wann

Es gibt Beispiele, dass manche Menschen länger arbeiten,  als von Seiten der Pensionsversicherung notwendig ist. Sie gönnen sich auch im fortgeschrittenen Alter keine Ruhe. In manchen Fällen ist es die Furcht vor der Einsamkeit, weil man keinen Partner oder er/ sie vor Jahren verloren hat. So verbleibt man,  solange es möglich ist im angestammten Beruf, bis einem der Arbeitgeber in Pension schickt. Eine bessere Position, was die Verlängerung der Lebensarbeitszeit  betrifft, haben die Selbständigen. Sie können zwischen ihrem frühesten und spätesten Pensionsantritt frei wählen. Es ist ein Vorteil der Selbstständigen, dass man nicht in die Anonymität zurück muss, in die Anonymität einer Privatwohnung oder  eines Privathauses.  Erlauben es die körperlichen Kräfte kann man in der Öffentlichkeit  bleiben und so außerfamiliäre Kontakte haben, sich mit der Kundschaft auf ein Gespräch einlassen. Man hat einen strukturierten Tagesablauf, eine Aufgabe, die man nicht suchen muss, die einem zufällt.  Dieses Privileg kennt man auch in der Landwirtschaft, dass die Altbäuerin und der Altbauer sich bis zu letzt, solange die Kräfte es erlaubten, am Hof nützlich machen. So entkommt man der Nutzlosigkeit,  dass man sich nur noch als überflüssiger Esser sieht, den viele schon in das Grab wünschen. Nur eine Krankheit  zwingt einen zum Aufhören.

Hof kehren.

ein:sichten

Mit dem Alter bringt man gerne die Eigenschaften Weisheit, das Erlangen von neuen Einsichten und neuen Freiheiten in Verbindung. Eine Bewußtseinsveränderung  kann sich ergeben, wenn jemanden ein Unglück zustößt, wenn man einen Verlust erleidet oder eine Krankheit ausbricht. Plötzlich ist man in der Rolle des Geläuterten, des Lehrenden, die andere auffordern ihr Leben zu ändern. Über Dinge nachzudenken, welche nicht mit  Beruf, Erfolg, Geld und Besitztum zu tun haben. Können neue Einsichten in späteren Jahren  noch helfen sein Leben zu ändern? Oder fällt man nach einer kurzen Schock- und Einsichtphase wieder in die alten Denk- und Lebensmuster zurück? Oft ist es die ausschweifende Lebensweise, die eine Krankheit heraufbeschwört und auslöst. Das Bestreben jedes Einzelnen sollte darin liegen frühzeitig in den Alltag und in den Beruf, Einsichten und Weisheiten zu integrieren.

Manche hoffen auf den heiligen Geist, auf das Pfingstwunder und helfen dabei ein wenig nach. In der  Völkendorfer Kirche schickte der Pfarrer während der Sonntagsmesse die Kinder zu den Erwachsenen und gab ihnen den Auftrag, die Erwachsenen „anzuhauchen“ und damit den heiligen Geist zu übertragen. Mancher Kirchenbesucher zeigte sich sehr verwundert.

Komm heiliger Geist.

nutz:tier II

Der Mensch beurteilt alles was ihn umgibt aus dem Blickwinkel, welchen Nutzen es für ihn hat. Egal ob Freude oder Schmerz, wir überlegen uns, welchen Vorteil wir daraus ziehen können.  Im Innersten sind wir Menschen Nutztiere mit höherem Bewusstsein. Jeder trachtet danach, dass Andere, mit denen man in  Kontakt kommt, zum eigenen Vorteil werden. Die Wertschätzung für andere Personen erfolgt meistens aus dem Blickwinkel, welchen Gewinn werde ich vom Gegenüber für mein weiteres Leben haben.

Die Religion ist ein Gewinn für den Menschen, wenn man sie verinnerlicht und es der Seele gutgeht. Eine himmlische Perspektive kann von Nutzen sein, wenn man Sorgen und Ängste hat und sich hier im Leben nicht wohlfühlt. Die Religion ist ein Nutztier auf mythologischer und moralischer Ebene.

Den größten Gewinn erzielen wir aus dem eigenen Verhalten. Wir geben uns hilfsbereit, aber im Grunde sehen wir darin die Hoffnung, dass uns einmal geholfen wird. Wir sagen  wir lieben dich und dahinter steckt der Wunsch nach Anerkennung. So nützt jeder jeden aus. Erwarten wir für unser Leben keinen Gewinn mehr, dann fühlen wir uns nutzlos und werfen das nutzlose Leben weg. 

Nützlich sein.